Studie von Allen & Overy zeigt: Komplexe Regulierung gefährdet den Kreditfluss

04.12.2012

Frankfurt am Main, 3. Dezember 2012. Die Maßnahmen zur Regulierung des Finanzsystems lassen kein klares Konzept erkennen, um einen reibungslosen Kreditfluss zu gewährleisten, der zur Ankurbelung des Wirtschaftswachstums dringend notwendig wäre. Dies ist eines der Kernergebnisse der heute veröffentlichten Studie "The Future of Credit" der internationalen Anwaltskanzlei Allen & Overy LLP.

Die Studie wurde im Vorgriff auf die Veröffentlichung des Berichts des Finanzstabilitätsrats (FSB) über eine Verschärfung der Regulierung alternativer Kreditgeber in Auftrag gegeben. Sie zeigt deutlich die Auswirkungen der Regulierung auf die globale Kreditvergabe auf und stellt dabei besonders die Unsicherheiten heraus, die sich aus einer immer strenger werdenden Regulierung ergeben.

Die wichtigsten Ergebnisse der Studie "The Future of Credit" im Überblick:

• Chancen für Investmentfonds: In den meisten europäischen Ländern verfügen schwach regulierte und nicht regulierte Investmentfonds über einen recht großen Spielraum bei der Kreditvergabe. Es ist jedoch fraglich, ob der vom FSB vorgelegte Entwurf signalisiert, dass dies nur ein kurzlebiger Trend sein wird und die Regulierer demnächst auch in diesem Sektor den Kredithahn zudrehen und damit diese Quelle dringend benötigter Kreditmittel versiegen lassen. Auch ist es wenig wahrscheinlich, dass Investmentfonds in der Lage sein werden, die Finanzierungslücke im Alleingang zu schließen. Sie können daher nur Teil einer Gesamtlösung sein.

• Höchste Zeit, das Potenzial der Versicherer zu nutzen: Trotz der Unsicherheiten, die nach wie vor im Zusammenhang mit dem Solvency-II-Projekt in Europa bestehen, birgt der Versicherungsmarkt immer noch großes, bislang aber ungenutztes Potenzial. Es bleibt jedoch die Frage, ob die Regulierer Versicherungsunternehmen als alternative Finanzierungsquelle fördern werden und, wenn ja, in welchem Maße. Die Tatsache, dass die Regulierer den Versicherern in Bezug auf deren Rolle als Finanzierungsgeber grundsätzlich neutral gegenüberstehen, könnte jedoch angesichts der Position, die die Versicherer im Wettbewerb mit anderen Marktteilnehmern innehalten, durchaus als positiv bewertet werden.

• Aufsichtsrechtliche Spielräume bei der Liberalisierung regulierter Fonds in Europa (OGAW): Die regulierten Fonds in Europa (OGAW) stellen eindeutig eine Finanzierungsquelle für die Märkte für klassische und gedeckte Schuldverschreibungen (Pfandbriefe) dar. Den Regulierern bietet sich hier jedoch die Möglichkeit einer Liberalisierung dieser Strukturen, um den Fonds eine wichtigere Rolle an den Kreditmärkten zu ermöglichen.

• Banken sind nach wie vor die Grundpfeiler des Systems: Von allen Marktteilnehmern sind Banken dem größten regulatorischen Druck ausgesetzt. Der Dominoeffekt wird schon jetzt deutlich. Doch trotz aller Neuerungen bleiben Banken die dominierenden Akteure bei der Strukturierung großer komplexer Finanztransaktionen, in deren Rahmen mehrere Finanzierungsquellen angezapft werden müssen.

Da das traditionelle Kreditgeschäft der Banken schon jetzt unter anderem von den Auswirkungen der Basel-III-Vorschriften betroffen ist, gibt der vom FSB vorgelegte Regulierungsentwurf Anlass zu ernsthaften Bedenken, ob Nichtbanken in ihrer Rolle als Kreditvermittler überhaupt in der Lage sein werden, die von den Banken hinterlassene Lücke bei der Kreditvergabe zu füllen. Besonders besorgniserregend ist dies in Anbetracht der vom FSB selbst veröffentlichten Statistiken, wonach die Banken als Einzige zwar ihren Anteil an Finanzanlagen in den vergangenen fünf Jahren gesteigert haben (um 26,6 Billionen US-Dollar seit 2007), bei der Kreditvergabe aber nach wie vor eine starke Zurückhaltung zu spüren ist.

Trotz der Vorteile, die alternative Kreditgeber der Realwirtschaft zu bieten haben, macht die Ankündigung des FSB deutlich, dass auch die alternativen Kreditgeber in Zukunft der gleichen Regulierung unterworfen werden sollen wie die Banken. Dabei wird jedoch nicht bedacht, dass die verschiedenen Finanzmarktteilnehmer unterschiedlich große systemische Risiken darstellen und unter Umständen gar keinen Anlass für eine Intervention bieten.

Vor dem Hintergrund der Unmenge an Regulierungsvorschriften für die Finanzmärkte, die bereits die einzelnen Instanzen durchlaufen (allein die EU wird es wohl auf 60.000 Seiten mit neuen bankaufsichtsrechtlichen Vorschriften bringen*) sind die Experten von Allen & Overy überzeugt, dass es Jahre dauern wird, bis der Regelungsgehalt der immer zahlreicher werdenden Vorschriften genau geklärt ist. Die Folgen werden Unklarheiten und Unsicherheiten im Markt sowie eine länger andauernde Phase der Kreditverknappung sein.

Frank Herring, Leiter der Praxisgruppe International Capital Markets bei Allen & Overy in Frankfurt, zur Lage auf dem deutschen Markt: "Versicherungsunternehmen, Pensionskassen und andere Kapitalsammelstellen haben im gegenwärtigen Niedrigzinsumfeld einen hohen Investitionsdruck, um die geforderten Renditen zu erzielen. Unternehmen und öffentliche Einrichtungen hingegen haben einen hohen Finanzierungsbedarf, den die Banken zunehmend nicht mehr decken werden können. Wenn Kapitalangebot und Kapitalnachfrage zusammenfinden, ist dies volkswirtschaftlich sinnvoll, und sollte nicht durch eine holzschnittartige 'Schattenbanken-Regulierung' verhindert werden. Die gegenwärtig diskutierten Regulierungsvorschläge sind durch politischen Aktionismus, und nicht durch eine rationale Abwägung des Für und Wider weiterer Regulierung geprägt."

"Aufgrund der grundlegenden Unterschiede ihrer Geschäftsmodelle erscheinen Überlegungen, Versicherungsunternehmen, die die Kreditvergabe lediglich im Rahmen der für sie geltenden Kapitalanlagevorschriften betreiben, ähnlich wie Banken regulieren zu wollen, als undifferenziert und nicht risikoadäquat. Die volkswirtschaftlich wichtige Finanzierungsfunktion der Versicherungswirtschaft würde dadurch in nicht sachgerechter Weise beschränkt", so Dr. Jan Schröder, Leiter des Bereichs Versicherungsunternehmensrecht bei Allen & Overy in Düsseldorf.

Link zur Studie: www.allenovery.com/SiteCollectionDocuments/future-of-credit-2012.pdf

Anmerkungen für den Herausgeber:

www.allenovery.de

1. * Aus der kürzlich in den USA gehaltenen Rede von Andrew Haldane, Direktor für Finanzmarktstabilität bei der Bank of England.

2. Methodik Die Studie "The Future of Credit" wurde von führenden Anwälten der Finanzrechtspraxis von Allen & Overy erstellt. Diese sind der Frage nachgegangen, ob die durch die neue Gesetzgebung eingeführten Rechtsnormen (also die tatsächlich verabschiedeten Maßnahmen) positive, neutrale oder negative Auswirkungen unter anderem auf die Kreditvergabe in 11 verschiedenen Finanzierungsbereichen in 13 wichtigen Rechtsordnungen weltweit haben werden.

3. Allen & Overy ist eine internationale Anwaltsgesellschaft mit etwa 5.000 Mitarbeitern, darunter etwa 512 Partner, an 42 Standorten weltweit.

Allen & Overy ist in Deutschland an den Standorten Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Mannheim und München mit etwa 200 Anwälten, darunter 43 Partner, vertreten. Die Anwälte beraten führende nationale und internationale Unternehmen vorwiegend in den Bereichen Bank-, Finanz- und Kapitalmarktrecht, Gesellschaftsrecht und M&A, Steuerrecht sowie in anderen Bereichen des Wirtschaftsrechts.

Diese Pressemitteilung wird von Allen & Overy LLP herausgegeben. In dieser Pressemitteilung bezieht sich „Allen & Overy“ auf „Allen & Overy LLP bzw. ihre verbundenen Unternehmen“. Die genannten Partner sind entweder Gesellschafter, Berater oder Mitarbeiter der Allen & Overy LLP und/oder ihrer verbundenen Unternehmen.

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