Taylor Wessing verteidigt Open-House-Modell vor EuGH
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat heute die Auftragsvergabe im Open-House-Modell für zulässig erklärt (Rs. C-410/14). Mit diesem Urteil erhält die Vergabepraxis vieler Krankenkassen bei Arzneimittelrabattverträgen eine gesicherte Grundlage im Vergaberecht. Das Verfahren hat die internationale Sozietät Taylor Wessing auf Seiten des beigeladenen Pharmaunternehmens Kohlpharma begleitet.
Hintergrund des Vorabentscheidungsverfahrens war eine Ausschreibung der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK) aus dem Jahr 2013. Die DAK hatte im Rahmen eines Open-House-Verfahrens die Vertragsabschlüsse von Arzneimittelrabattverträgen mit einer unbegrenzten Anzahl an Pharmaherstellern angestrebt. Der in Europa marktführende Arzneimittel-Importeur Kohlpharma schloss im Zuge dessen einen Vertrag mit der DAK ab. Diesen Rabattvertrag ließ das Pharmaunternehmen Dr. Falk Pharma im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens prüfen. Seit 2014 haben sich die Vergabekammer des Bundes, das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf und schließlich der EuGH mit dem Verfahren beschäftigt. Die Vergabekammer des Bundes gab den Anträgen von Dr. Falk Pharma teilweise statt (Beschluss vom 20. Februar 2014, VK 1-4/14) und erklärte das Open-House-Verfahren für vergaberechtswidrig. In zweiter Instanz hatte das OLG Düsseldorf dem EuGH Fragen hinsichtlich der vergaberechtlichen Zulässigkeit des Open-House-Modells vorgelegt (Beschluss vom 13. August 2014, VII-Verg 13/14).
Nach der heutigen Entscheidung steht fest, dass das Open-House-Modell mit dem Unionsrecht vereinbar ist. Dies hat erhebliche Auswirkungen auf Ausschreibungen von Arzneimittelrabattverträgen. Sein Urteil begründete der EuGH damit, dass das Modell allen Pharmaunternehmen zu gleichen Bedingungen zugänglich sei und Krankenkassen keine Auswahlentscheidung zwischen einzelnen Wettbewerbern träfen. Somit liege kein öffentlicher Auftrag im vergaberechtlichen Sinne vor. Selbst wenn das Vergaberecht nicht anwendbar sei, müsse das Open-House-Modell aber grundsätzlich transparent und nicht-diskriminierend ausgestaltet werden, wenn der Gegenstand des betreffenden Vertragssystems „ein eindeutiges grenzüberschreitendes Interesse aufweist“.
Nach dem Open-House-Modell werden bereits seit Jahren Rabattverträge mit Auftragsvolumina im Milliardenbereich zwischen Krankenkassen und Pharmaunternehmen geschlossen. Allein im Gesundheitssektor wächst der Anteil von abgeschlossenen Arzneimittelrabattverträgen nach dem Open-House-Modell stetig. Freilich eignet sich das Open-House-Modell auch zur Übertragung auf andere Sektoren.
Rechtliche Berater Kohlpharma:
Taylor Wessing: Prof. Dr. Dr. Christoph Stumpf (Federführung; Partner, Vergaberecht/Pharmarecht); Dr. Klaus Willenbruch (Of Counsel, Vergaberecht); Michael Götz (Associate, Vergaberecht) alle Taylor Wessing Hamburg
Rechtliche Berater Dr. Falk Pharma: Oppenländer
Rechtliche Berater DAK: Bird & Bird