TILP Litigation Rechtsanwaltsgesellschaft und BROICH Partnerschaft: Dieselgate-Anlegerklagen: Landgericht Stuttgart hält Täuschung des Kapitalmarkts durch die Porsche Automobil Holding SE bereits ab November 2010 für möglich - Vernehmung hochrangiger Zeugen ab September - Anordnung gegenüber Bosch-Mitarbeitern als Zeugen, Schlüsseldokumente zum Beweistermin mitzubringen

08.06.2018

Kirchentellinsfurt/Frankfurt a.M., 08.06.2018

Die Kanzleien TILP Litigation Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (TILP Litigation) und BROICH Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB (BROICH) kooperieren bekanntlich bei der Prozessführung gegen die Porsche Automobil Holding SE (Porsche SE) sowohl bei der Klägervertretung in dem Kapitalanlegermusterverfahren vor dem Oberlandesgericht (OLG) Celle wegen der „gescheiterten Übernahme“ der Volkswagen AG (VW) durch die Porsche SE im Jahr 2008 als auch in den Dieselgate-Anlegerklagen im Zusammenhang mit den Abgasmanipulationen vor dem Landgericht (LG) Stuttgart.

In einer von BROICH geführten Dieselgate-Klage gegen die Porsche SE unter dem Gerichtsaktenzeichen 22 O 348/16 hat das LG Stuttgart am 28. Mai 2018 durch den Einzelrichter Dr. Fabian Richter Reuschle eine sogenannte Terminsverfügung erlassen, in der das Gericht umfangreich zu seiner vorläufigen Einschätzung der Sach- und Rechtslage ausführt und zugleich das Programm für eine ab dem 12. September vorgesehene umfangreiche Beweisaufnahme bekanntgibt. Eine entsprechende Verfügung erwartet auch TILP Litigation in dem von ihr geführten Klageverfahren für die Effecten Spiegel AG unter dem Gerichtsaktenzeichen 22 O 343/16.

Die aktuelle Verfügung des LG Stuttgart stellt nach Einschätzung der Kanzleien BROICH und TILP Litigation einen weiteren Meilenstein bei der Durchsetzung der Schadensersatzforderungen der getäuschten Porsche-Vorzugsaktionäre dar. Bislang war das LG Stuttgart noch der Auffassung, die sogenannte Desinformationsphase, mithin der Zeitraum, in dem die Porsche SE den Kapitalmarkt pflichtwidrig nicht über die Abgasmanipulationen und die damit zusammenhängenden Risiken für den Konzern informiert hat, beginne frühestens im Mai 2014. Nun aber dehnt das LG Stuttgart diesen Zeitraum weit nach vorne aus und hält eine pflichtwidrige Desinformation des Marktes ab November 2010 für möglich. Eine „den Kapitalmarkt täuschende Information“ könne nach Auffassung des LG nämlich bereits darin gesehen werden, dass die Volkswagen AG im Rahmen ihres Geschäftsberichts für das Geschäftsjahr 2009 vorgab, dass ihre „CleanDiesel“-Motoren die Euro-6-Abgasnorm erfüllten, obwohl tatsächlich durch die Verwendung der Abschalteinrichtungen die Prüfzykluswerte dieser Motoren verfälscht worden seien. Die Porsche SE, die diesen Geschäftsbericht der Volkswagen AG in ihrem Konzernlagebericht 2009/2010 uneingeschränkt wiedergegeben habe, hafte deshalb nach Auffassung des LG gegebenenfalls wegen „sittenwidriger Schädigung der Kapitalanleger“ ab Veröffentlichung ihres Konzernabschlusses im Bundesanzeiger am 11. November 2010.

„Diese deutliche Ausweitung des möglichen Haftungszeitraumes ist nicht nur für die betroffenen Porsche-Anleger eine sehr erfreuliche Entwicklung“, kommentiert Rechtsanwalt Andreas W. Tilp, „denn auch den von der TILP-Gruppe vertretenen tausenden VW-Anlegern müsste auf dieser Grundlage erst recht Schadensersatz wegen sittenwidriger Schädigung zugesprochen werden. Derartige deliktische Ansprüche verjähren erst zum 31.12.2018“, so Tilp weiter.

Zur weiteren Aufklärung der Abgasaffäre hat das LG Stuttgart in seiner Verfügung das Programm für eine umfangreiche Beweisaufnahme ab dem 12. September 2018 bekanntgegeben. Über 14 Terminstage hinweg hat das LG Stuttgart die Vernehmung von (zunächst) 28 hochkarätigen Zeugen geplant, darunter etwa der vormalige Vorstandsvorsitzende von Volkswagen, Martin Winterkorn, der Vorstandsvorsitzende der Audi AG, Rupert Stadler, der Geschäftsführer des Zulieferers Bosch, Volkmar Denner, sowie die in Untersuchungshaft befindlichen Manager Wolfgang Hatz und Jörg Kerner. Darüber hinaus beabsichtigt das LG Stuttgart, den vormaligen Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer und dessen damaligen parlamentarischen Staatssekretär und heutigen Bundesverkehrsminister, Andreas Scheuer, als Zeugen zu hören in Bezug auf eine Unterrichtung des Bundesverkehrsministeriums durch die Deutsche Umwelthilfe im Jahr 2011 über die Verwendung von Abschalteinrichtungen durch VW. Die Erteilung einer entsprechenden Aussagegenehmigung hat das LG hierzu beim Bundestagspräsidenten, Wolfgang Schäuble, beantragt. Eine Vernehmung der „Auslandszeugen“ Michael Horn, James Liang und Oliver Schmidt hält das LG schließlich ebenfalls für geboten und kündigt bereits jetzt eine entsprechende Beschlussfassung und ein Rechtshilfeersuchen gegenüber den US-Behörden an.

„Mit der Bekanntgabe dieses umfangreichen Beweisprogrammes setzt das Landgericht Stuttgart das deutliche Zeichen, dass es um eine ernsthafte und detaillierte Aufklärung dieses größten Skandals der deutschen Industriegeschichte bemüht ist und hierbei selbst vor der Einbestellung der prominentesten Beteiligten nicht zurückschreckt“, stellt Dr. Olaf Gierke, Partner der Kanzlei BROICH, fest. „Wir gehen davon aus, dass mit Hilfe des LG Stuttgart endlich Licht ins Dunkel kommen wird, zumal bestimmte Zeugnisverweigerungsrechte, auf die sich der Zulieferer Bosch bislang beruft, um die Vorlage von Dokumenten zu Dieselgate zu verweigern, für die geladenen Zeugen persönlich nicht gelten“, erläutert Gierke. Zu der davon unabhängigen Frage, ob und inwieweit das Unternehmen Bosch selbst zur Verweigerung der Vorlage von Dokumenten berechtigt ist, wird im BROICH-Verfahren vor dem LG Stuttgart bereits am 13. Juni 2018 mündlich verhandelt.

Das LG Stuttgart beschränkt sich in seiner Terminsverfügung auch nicht auf die bloße Ladung von Zeugen, sondern gibt einigen von ihnen überdies das Mitbringen konkreter Schlüsseldokumente zum Beweistermin auf. So wird beispielsweise dem Bosch-Geschäftsführer Volkmar Denner aufgegeben, ein Schreiben von Anfang Juni 2008 mitzubringen, mit dem Bosch von Volkswagen die Freistellung von jeglicher Haftung gegenüber Dritten im Zusammenhang mit der Verwendung der illegalen Abschalteinrichtungen verlangt haben soll. „Mit diesem Dokument könnte die Haftung der beteiligten Unternehmen zeitlich möglicherweise noch weiter nach vorne ausgedehnt werden, nämlich jedenfalls ab dem 06. Juni 2008“, so die Rechtsanwälte Gierke und Tilp. „Die bisherige akribische Arbeit des Richters Dr. Reuschle wird von ihm konsequent fortgesetzt. Bosch, VW und der Porsche SE wird es nicht gelingen, die Wahrheit weiterhin zu leugnen“, so das Fazit von Gierke und Tilp.

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