TILP Rechtsanwälte: Erstes obergerichtliches Urteil welches Vorsatz einer Bank beim Verschweigen von Kickback-Zahlungen bejaht – Oberlandesgericht Stuttgart verurteilt Kreissparkasse Tübingen zu Schadensersatz und sieht Fragen der Strafbarkeit ihrer Organe aufgeworfen

23.03.2011

Stuttgart/Kirchentellinsfurt, 22.03.2011 - Der Bankrechtssenat des Oberlandesgerichtes (OLG) Stuttgart hat in einem von TILP Rechtsanwälte erstrittenen Urteil vom 16.03.2011 als erstes Obergericht eine Bank zu Schadensersatz verurteilt, weil diese einer Kundin Kickback-Zahlungen vorsätzlich verheimlicht hat; ebenfalls als erstes Obergericht sieht das OLG im Zusammenhang mit verschwiegenem Kickback Fragen nach der Strafbarkeit der Organe der Bank aufgeworfen (Az.: 9 U 129/10). Diese Fragen würden sich aus der „Entscheidung, Provisionsvereinbarungen zu treffen mit dem darin liegenden Vorsatz, die vereinnahmten Provisionen nicht an die Kunden weiter zu geben“ ergeben (Urteil S. 8). Es liege „nahe, das Verschweigen der Bank, die diese Provisionen für sich behalten will, als vorsätzlich zu bewerten. In Betracht kommt der Tatbestand der Untreue, § 266 StGB oder des Betruges, § 263 StGB“ (Urteil S. 9).

Betroffen waren Käufe von Deka-Investmentfonds-Anteilen aus dem Jahr 2000. Das OLG Stuttgart verurteilte die Kreissparkasse Tübingen zur Zahlung von € 23.171,40 zuzüglich Zinsen und außergerichtlichen Anwaltskosten Zug um Zug gegen Übertragung der Investmentfonds-Anteile. Eine Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) wurde nicht zugelassen.

Hinweis des OLG auf Strafbarkeit der Organe der Bank

„Das OLG leitet den Vorsatz der Bank aus einem naheliegenden kriminellen Verhalten ab. Damit hat die Aufarbeitung der Schadensfälle wegen verschwiegenem Kickback eine neue Qualität in der Rechtsprechung erreicht. Konsequenz des vorsätzlichen Verhaltens ist die Aushebelung der bis 4. August 2009 für Wertpapieranlagen geltenden kurzen 3-jährigen Verjährungsfrist“, stellt Rechtsanwalt Andreas Tilp fest.

Keine kurze Verjährung bei Vorsatz

Die Klage war erstinstanzlich vom Landgericht (LG) Tübingen wegen Verjährung abgewiesen worden. Das LG meinte noch, die Bank habe nicht vorsätzlich gehandelt. Die Kreissparkasse sei auf Grund von Ausführungen des Württembergischen Sparkassen- und Giroverbandes davon ausgegangen, beim Vertrieb von Deka-Fonds-Anteilen nicht über Rückvergütungen aufklären zu müssen. Dabei hätte sie darauf vertrauen dürfen, „dass die Rechtsansicht des Verbandes nicht vorsätzlich falsch ist.“ Dieser Auffassung erteilt das OLG eine klare Absage: „Vor dem Hintergrund der eindeutigen Rechtslage zur Provisionsherausgabepflicht sowie der offensichtlichen Widersprüchlichkeit der Ausführungen des Württembergischen Sparkassen- und Giroverbandes ist es nicht ausgeschlossen, dass die Beklagte auf Grund ihres Interesses an dem Erhalt der Provisionen ihre Augen vor der Rechtslage und der Aufklärungspflicht verschlossen hat“.

Kapitalanlagen der letzten 30 Jahre betroffen

„Damit hat sich unsere Kanzlei argumentativ voll durchgesetzt. Wie von uns stets prognostiziert, können damit beinahe alle Geschäfte in Investmentfonds der letzten 30 Jahre erfolgreich rückabgewickelt werden, wie auch sonstige Kapitalanlagen, bei denen Kickback floss“, erläutert Fachanwalt Alexander Heinrich, welcher die obsiegende Anlegerin vertreten hat.

Nach Auffassung von TILP Rechtsanwälte wird die Kreissparkasse nunmehr prüfen müssen, ihre damaligen Organe sowie den Württembergischen Sparkassen- und Giroverband in Regress zu nehmen.

Hintergrund

Die klagende Anlegerin erwarb im April 2000 bei der beklagten Kreissparkasse Tübingen 540 Stück des Investmentfonds Deka–Technologie CF für zusammen 23.171,40 €. Der Ausgabeaufschlag betrug 3,75 %, die jährliche Verwaltungsgebühr 1,25 %. Dem Erwerb vorausgegangen war ein Beratungsgespräch durch eine Mitarbeiterin der Kreissparkasse. Bei diesem Gespräch hatte die Mitarbeiterin nicht darüber aufgeklärt, dass wesentliche Teile des Ausgabeaufschlags, der von der Deka-Bank berechnet wurde, an die Kreissparkasse zurückfloss, und diese im Übrigen einen Teil der jährlichen Verwaltungsgebühr erhält.

Das frühere Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel (BAWe) hatte im Mai 1997 eine Richtlinie entlassen, welche in ihrer Ziffer 2.2 unter anderem folgendes ausführte:

„Vereinbart das Wertpapierdienstleistungsunternehmen mit Maklern oder anderen eingeschalteten Unternehmen die teilweise Rückzahlung von dem Kunden als Aufwendungsersatz in Rechnung gestellten fremden Kosten an sich („Kickback-Vereinbarungen“), so hat das Wertpapierdienstleistungsunternehmen den Kunden über die kommissionsrechtliche Verpflichtung zur Rückzahlung dieser Beträge aufzuklären.“

Diese Vorschrift war der Kreissparkasse Tübingen bekannt gewesen. Sie meinte gleichwohl, dass dies für Deka–Investmentfonds-Anteile nicht gelten würde. Sie berief sich dabei auf ein Rundschreiben des Württembergischen Sparkassen- und Giroverbandes vom 19.09.1997 (V 2 Nr. 290/1997), dessen Anlage zur vorzitierten Ziffer 2.2 der BAWe-Richtlinie unter anderem folgendes ausführte:

„Davon ausgenommen ist das Investmentgeschäft mit bestimmten Produkten z.Bsp. der Deka–Bank, da der Ausgabeaufschlag (Classic–Fonds) und die Vertriebsprovision (Trading–Fonds) vom Wortlaut der Richtlinie her keine „fremde Kosten“ darstellen und diese explizit im Verkaufsprospekt aufgeführt werden. Das gleiche gilt für das „Agio“ bei geschlossenen Fonds. Nach unserem derzeitigen Kenntnisstand gehen wir davon aus, dass das Kommissionsgeschäft der württembergischen Sparkassen von dieser Regelung nicht betroffen ist.“

Wie dargelegt, hält das OLG diese Einschätzung für nicht nachvollziehbar.

Fazit

Vom Urteil des OLG betroffen sind alle Banken und Sparkassen sowie alle Kapitalanlagen der letzten 30 Jahre, in denen Kickback floss.

Über TILP Rechtsanwälte (vgl. auch www.tilp.de):

Die Tübinger Kanzlei TILP Rechtsanwälte („TILP“) ist eine der führenden und erfahrensten deutschen Kanzleien, die sich konsequent, effektiv und ausschließlich für die Interessen von Investoren engagiert, ob Institutionelle, Family Offices oder Private.

Diese Einschätzung teilen Medien und Wettbewerber: Seit vielen Jahren wird TILP zur hiesigen Marktspitze im Bank- und Kapitalmarktrecht gezählt. Die WirtschaftsWoche nennt Andreas Tilp „die Nummer eins unter den Kapitalanlagerechtlern“ (18.4.2009), für die Süddeutsche Zeitung ist er „der Nestor unter den Anlegerschutzanwälten“ (25.11.2008). Das Handbuch Wirtschaftskanzleien 2010/2011 des führenden Branchenmediums JUVE zählt TILP zur Spitzengruppe der vier führenden Kanzleien auf dem Gebiet Kapitalanlegerrecht. JUVE bewertet TILP als „eine führende Kanzlei im Kapitalanlegerschutz, die seit Jahren zu den ersten Adressen gehört und … das Rechtsgebiet entscheidend geprägt hat“, Wettbewerber bescheinigen ihr eine Art „Vorbildfunktion und hohe fachliche Kompetenz“.

TILP ist bereits seit 1994 im Bank-, Börsen-, Investment-, Kapitalanlage- und Kapitalmarktrecht erfolgreich tätig. Die Kanzlei hat inzwischen über 100 Entscheidungen des Bundesgerichtshofs sowie des Bundesverfassungsgerichts von grundsätzlicher Bedeutung für Anlegerrechte in Deutschland herbeigeführt – der FOCUS (11/2007) bezeichnet das von TILP 2006 erstrittene Kickback-Urteil des BGH zu verschwiegenen Provisionen bei Geldanlagen als „Sensationsurteil“, für Verbraucherschützer ist es ein "bedeutender Etappensieg für den Anlegerschutz". TILP gelang es auch als erste Kanzlei, mit einem rechtskräftigen Urteil Schadenersatz für einen EM.TV-Geschädigten gegen das Unternehmen einzuklagen. Zudem vertritt TILP vor dem Oberlandesgericht Frankfurt im "wohl größten Verfahren der deutschen Wirtschaftsgeschichte" (Der Spiegel vom 3.3.2008) jeweils den Musterkläger in den beiden so genannten KapMuG-Verfahren gegen die Deutsche Telekom, daneben vor dem selben Senat auch den Musterkläger im Schadensfall AHBR/CorealCreditBank. Seit Januar 2011 vertritt TILP den Musterkläger im Verfahren gegen die Hypo Real Estate vor dem OLG München.

Kanzleigründer Andreas Tilp ist für das Wirtschaftsmagazin Capital: „Der Etablierte…Er gilt als einer der erfahrensten Anwälte…“ (17/2006). Der Spiegel (31/2008) nennt ihn einen "international erfahrenen Anlegeranwalt". Nach Einschätzung der Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung ist er der „wohl bekannteste Anwalt der Republik“ (16.8.2009). Andreas Tilp war Sachverständiger der Regierungskommission „Corporate Governance“ – heute engagiert er sich vehement für die Interessen geschädigter Investoren in Gesprächsrunden im Deutschen Bundestag und in Anhörungen vor der Europäischen Kommission. Er vertritt diese Interessen auch im Arbeitskreis Verbraucherrecht der Bundesaufsichtsbehörde BaFin und in der Expertenrunde Recht der Stiftung Warentest. Andreas Tilp ist Autor zahlreicher namhafter Publikationen auf dem Gebiet des Bank- und Kapitalmarktrechts und Referent auf Veranstaltungen wie beispielsweise dem Bankrechtstag und dem Deutschen Anwaltstag sowie auf hochkarätigen Seminaren. Er ist Mitglied verschiedenster juristischer Vereinigungen.

TILP ist eine Partnerkanzlei der New Yorker Kanzlei TILP PLLC sowie der Schweizer Rechtsanwaltsaktiengesellschaft TILP International AG, die sich auf die Vertretung institutioneller Investoren und Unternehmen auf den Gebieten des Kapitalmarkt- und Kartellrechts spezialisiert haben.

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