Unvorbereitet in die Insolvenz – immer noch der Regelfall

27.09.2022

Die Insolvenz ist noch immer keine strategische Option der Unternehmensführung. Zu diesem Ergebnis kommt die jüngste Unternehmens- und Expertenbefragung der Hamburger Restrukturierungsberatung CompanyPartners. Befragt wurden 100 Aufsichtsratsmitglieder, Geschäftsführer und Insolvenzverwalter.

 

Nur knapp 15 Prozent der Befragten haben sich mit den Instrumentenbaukästen der Vorinsolvenz- sowie Insolvenzphase grundsätzlich beschäftigt, 1/3 davon kannten umfassend die Instrumente in der Insolvenz und suchten proaktiv das Gespräch mit Sanierungsberatern oder/und Insolvenzverwaltern.

 

Nur ein Unternehmen hat das Thema der Vorinsolvenz- wie auch der Insolvenzphase nach eigenen Angaben als strategische Option der Unternehmensführung in Strategiemeetings implementiert und erörtert sie grundsätzlich in Abschwungphasen.

 

Das ist umso überraschender, weil alle Geschäftsleiter von Kapitalgesellschaften mit Inkrafttreten des StaRUG (Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen) seit 1. Januar 2021 nach §1 verpflichtet sind, ein Früherkennungssystem von Krisen zu etablieren und im Krisenfall zu reagieren. Die Geschäftsleiter werden hier mit § 1 StaRUG verpflichtet, geeignete Gegenmaßnahmen zu ergreifen, wenn eine bestandsgefährdende Krise droht. Es wird folglich nicht nur die Früherkennung gefordert, sondern auch eine Planung von Gegenmaßnahmen und eine unternehmerische Entscheidung zu Krisenbewältigungsmaßnahmen. Damit ist die Früherkennung nicht mehr ein Thema in Strategiemeetings, sondern auch eine regelmäßige, idealerweise monatliche Berichtsaufgabe des Controllings an die Geschäftsleitungsorgane. Im Rahmen der Befragung konnte CompanyPartners die konkrete Umsetzung dieser Aufgabe jedoch ebenfalls nicht erkennen.

 

Das rein strategische Erfordernis einer Früherkennung und Kenntnis möglicher Gegenmaßnahmen ergibt sich auch aus dem Anfechtungsgesetz und der Insolvenzordnung. Ein Aspekt sind Rechtshandlungen von Unternehmen in der Krise wie etwa haftungsreduzierende Rechtsformwechsel oder Notverkäufe zum Sonderpreis. Diese können später vom Insolvenzverwalter anders betrachtet werden als von der Unternehmensführung zum Handlungszeitpunkt. Der Insolvenzverwalter kann solche Rechtshandlungen, die er als Schädigung der Gläubiger und damit der Masse betrachtet, rückwirkend bis zu vier Jahre anfechten. Das gilt insbesondere für Vermögenswerte, die eine Unternehmensführung an Gesellschafter und/oder nahestehende Personen veräußert.

 

Eine frühere Expertenbefragung von CompanyPartners vom Mai 2021 zeigte schon, dass dieses strategische Thema kaum an den Universitäten gelehrt und genauso wenig Gegenstand bzw. Option in Strategieplänen bzw. Aufsichts- oder Beiratssitzungen der Unternehmen ist.

 

Diese aktuelle Befragung von Aufsichtsratsmitgliedern, Geschäftsführern und Insolvenzverwaltern zeigt hier keinerlei Fortschritt. Die Folge ist dann meist der „sudden death“ mit der unkontrollierten Vernichtung von Firmen- und Privatvermögen.

Diese Auswertung basiert zu 95 Prozent auf telefonischen und persönlichen Befragungen von Geschäftsführern und Aufsichtsräten von Kapitalgesellschaften. Hinzu kamen fünf Insolvenzverwalter, die zu deren Erfahrungen mit ihren Kunden befragt wurden.

 

In der nun drohenden Rezession steigt das Insolvenzrisiko erheblich. Laut IWH (Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle) liegt die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften im August 2022 26 Prozent über dem Vorjahreswert – es wird ein weiterer Zuwachs erwartet. Die aktuelle Wirtschaftskrise hat im Unterschied zu den Auswirkungen von Corona auch eine gravierende und bisher unkontrollierbare Kostenexplosion zur Folge.

 

Handlungsempfehlungen für Unternehmen:

 

Der Handlungsbedarf ist akut – die Handlungsoptionen auch! Das empfiehlt CompanyPartners allen Unternehmen, soweit diese nicht bereits die folgenden Maßnahmen ergriffen haben:

 

Führen Sie eine rollierende 24-monatige Liquiditätsvorschau ein. Damit können Sie den häufigsten Insolvenzantragsgrund – die Zahlungsunfähigkeit – frühzeitig erkennen. Zudem erfüllen Sie damit eine wesentliche Forderung des neuen Gesetzes StaRUG und reduzieren als Geschäftsführer Ihre persönliche Haftung.

Informieren Sie sich in Gesprächen mit Sanierungsberatern und/oder Insolvenzverwaltern über die Instrumente der vorinsolvenzrechtlichen sowie insolvenzrechtlichen Möglichkeiten. Resultat aus den Gesprächen können im Krisenfall sowohl die Vermeidung einer Insolvenz als auch die gut vorbereitete Insolvenz sein. Der Idealfall ist dann am Ende ein saniertes Unternehmen, welches nachhaltig erfolgreich in seinem Markt operieren kann.

Ergreifen Sie bei einer aufkommenden Krise zeitnah Gegenmaßnahmen. Im Falle eines Regelinsolvenzverfahrens haben Sie das Ruder nicht mehr in der Hand.

 

Hamburg, 26. September 2022

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