Was denn nun? Rechtliche Merkwürdigkeiten zur Affiliate-Werbung von Nikolai Klute, .rka Rechtsanwälte, Hamburg

08.11.2005

.rka Reichelt Klute Aßmann Rechtsanwälte

Affiliate? Geben Sie`s zu: Auch Sie müssen kurz darüber nachdenken, was sich

hinter diesem Wort verbergen könnte. Aus dem Englischen übersetzt meint es

„verbundenes Unternehmen“. Entscheidend ist in der heutigen Lesart des

Internetgeschäftes die „Verbundenheit“. Partnerprogramme, Linktausch,

Bannerwerbung - all dies sind wesentliche Bestandteile des World Wide Web

und eben dies fassen Marketingexperten unter dem Begriff der

Affiliate-Progamme oder des -marketings zusammen: Professionelle

Kanalisierung der Vernetzung. Dass derartiges bisweilen auch zu unerwarteten

Haftungsrisiken führen kann, ist im Internet eigentlich wenig verwunderlich.

Dabei kommt man mit dem Grundsatz, das jeder für sein eigenes Handeln

verantwortlich ist, eigentlich ganz gut zu recht. Aber wenn der Partner

(der verbundene) über die Stränge schlägt? Den Juristen fällt da das

Schlagwort der „Störerhaftung“ ein. Wer die rechtliche oder tatsächliche

Möglichkeit hat, ein wettbewerbs- oder markenrechtswidriges Handeln zu

verhindern und dies nicht tut, ist dran.

Klingt eigentlich ganz einfach. Doch was bedeutet es, Möglichkeiten zu

haben? Selbst die Rechtsprechung ist sich nicht einig, wie zwei jüngere

Entscheidungen zeigen. Das Landgericht Hamburg (315 O 296/05) hatte unlängst

über den Streit zweier Reiseunternehmen zu entscheiden. Jenes mit

Affiliate-Programm wurde wegen einer Markenrechtsverletzung auf Unterlassung

in Anspruch genommen, die infolge der zur Verfügung gestellten Werbemittel

durch einen Dritten - dem Affiliate-Partner - auf dessen Internet-Seite

verursacht wurde. Von dem Verstoß in Kenntnis gesetzt, hat sie ihren

Werbepartner sofort dazu angehalten, das markenrechtswidrige Verhalten

abzustellen - und wurde vom Landgericht dafür belohnt: Bei einem

Partnerprogramm mit mehr als 15.0000 Teilnehmern könne es dem Unternehmen

nicht abverlangt werden, alles und immer zu überwachen. Es lange aus, wenn

im Falle der Kenntniserlangung von einem Verstoß sofort reagiert werde. Und

auch die Tatsache, dass ein Affiliate-Programm mit einer eigens zu

schreibenden Software überwacht werden könne (so das Verlangen des Klägers),

verpflichte die Beklagte noch nicht, sich - faktisch - die Möglichkeit zu

verschaffen, durch derartige Kontrollmechanismen das Verhalten ihrer

Werbepartner umfassend zu überwachen. Die Kosten hierfür stünden außer

Verhältnis, so die Hamburger Richter.

Das fanden die Richter beim Landgericht in Köln nun gar nicht (LG Köln 31 O

08/05): Ein Konkurrent beanstandete, dass der Werbepartner des dortigen

Beklagten auf seinen Internetseiten Werbung für die Beklagte geschaltet

hatte, aber zugleich auch einen für die Klägerin markenrechtlich geschützten

Begriff als Meta-Tag nutzte. Für die Kölner Richter in dieser brandneuen

Entscheidung keine Frage: Wer Werbung an Dritte delegiert, haftet - auch für

rechtswidrige Meta-Tags, gesetzt von Dritten, die an dem Partnerprogramm

teilnehmen. Es liege im Interesse der provisionsabhängigen Werbepartner,

möglichst viel Traffic bei der Beklagten zu erzeugen. Denn der Werbepartner

verdiene im Rahmen des Partnerprogramms der Beklagten nur dann Geld, wenn

Internetnutzer von seiner Seite auf die Webseite der Beklagten gelangten und

dort einkauften. Deshalb habe dieser für das beanstandete Verhalten seines

Werbepartners einzustehen. Knallharte Aussage: Wem seine Affiliate-Partner

aus dem Ruder laufen, ist dran. Dass dies die Kosten derartiger

Marketing-Stratgien explodieren lassen wird, liegt auf der Hand: Die

Teilnahme am Affiliate-Programm erfordert dann auch die lückenlose

Überwachung der Vertragspartner und im Grunde genommen die Überprüfung einer

jeden teilnehmenden Website auf Wettbewerbs- oder Markenrechtsverstöße.

Und der Bundesgerichtshof? „Eine Haftung als Störer setzt weiter voraus,

dass zumutbare Kontrollmöglichkeiten bestehen, um Markenverletzungen zu

unterbinden“, geben die Karlsruher Richter als Richtschnur mit auf den Weg

(BGH GRUR 2004, 860 - Internet-Versteigerung). Wird einem Domaininhaber

bspw. durch eine Abmahnung ein Fall der Markenverletzung bekannt, kann er

nach dieser höchstrichterlichen Entscheidung zwar verpflichtet sein,

technisch mögliche und zumutbare Maßnahmen zu ergreifen, um weitere

entsprechende Markenverletzungen zu verhindern (vgl. BGH a.a.O.). Dabei

kommt es jedoch auf den konkreten Einzelfall an.

Zumutbare Kontrollmöglichkeiten? Das Kölner Verfahren, so ist zu hören, soll

in die nächste Runde getragen werden. Und genau die Frage der Zumutbarkeit

ist diejenige, die in der zweiten Instanz zu beantworten sein wird. Was ist

den eigentlich zumutbar? Für alle diejenigen, die sich im Internet bewegen,

ist das ein Entscheidungstanz auf dem Vulkan. Denn die Parameter, mit denen

der rechtlich notwendige Prüfungs- und Überwachungsumfang bestimmt werden,

stehen noch längst nicht fest. Einstweilen ist zu empfehlen, in die Verträge

von Partnerprogrammen Haftungsfreistellungsklauseln aufzunehmen und

stichprobenartige Überwachungen vornehmen zu lassen. In Hamburg mag man dann

auf Wohlgefallen stoßen - in Köln würde man nach der Lesart der zitierten

Entscheidung auch dann scheitern.

Über .rka Rechtsanwälte und den Autor:

Nikolai Klute ist Rechtsanwalt in Hamburg und Partner der Sozietät .rka

Rechtsanwälte (www.rka-law.de). Er ist seit Jahren im gewerblichen

Rechtsschutz tätig. Den Autor erreichen Sie unter .rka Rechtsanwälte,

Rechtsanwalt Nikolai Klute, Rothenbaumchaussee 193/195, 20149 Hamburg, Tel.

040-442285, Fax: 040-452707, Kanzlei@rka-law.de

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