Was denn nun? Rechtliche Merkwürdigkeiten zur Affiliate-Werbung von Nikolai Klute, .rka Rechtsanwälte, Hamburg
.rka Reichelt Klute Aßmann Rechtsanwälte
Affiliate? Geben Sie`s zu: Auch Sie müssen kurz darüber nachdenken, was sich
hinter diesem Wort verbergen könnte. Aus dem Englischen übersetzt meint es
verbundenes Unternehmen. Entscheidend ist in der heutigen Lesart des
Internetgeschäftes die Verbundenheit. Partnerprogramme, Linktausch,
Bannerwerbung - all dies sind wesentliche Bestandteile des World Wide Web
und eben dies fassen Marketingexperten unter dem Begriff der
Affiliate-Progamme oder des -marketings zusammen: Professionelle
Kanalisierung der Vernetzung. Dass derartiges bisweilen auch zu unerwarteten
Haftungsrisiken führen kann, ist im Internet eigentlich wenig verwunderlich.
Dabei kommt man mit dem Grundsatz, das jeder für sein eigenes Handeln
verantwortlich ist, eigentlich ganz gut zu recht. Aber wenn der Partner
(der verbundene) über die Stränge schlägt? Den Juristen fällt da das
Schlagwort der Störerhaftung ein. Wer die rechtliche oder tatsächliche
Möglichkeit hat, ein wettbewerbs- oder markenrechtswidriges Handeln zu
verhindern und dies nicht tut, ist dran.
Klingt eigentlich ganz einfach. Doch was bedeutet es, Möglichkeiten zu
haben? Selbst die Rechtsprechung ist sich nicht einig, wie zwei jüngere
Entscheidungen zeigen. Das Landgericht Hamburg (315 O 296/05) hatte unlängst
über den Streit zweier Reiseunternehmen zu entscheiden. Jenes mit
Affiliate-Programm wurde wegen einer Markenrechtsverletzung auf Unterlassung
in Anspruch genommen, die infolge der zur Verfügung gestellten Werbemittel
durch einen Dritten - dem Affiliate-Partner - auf dessen Internet-Seite
verursacht wurde. Von dem Verstoß in Kenntnis gesetzt, hat sie ihren
Werbepartner sofort dazu angehalten, das markenrechtswidrige Verhalten
abzustellen - und wurde vom Landgericht dafür belohnt: Bei einem
Partnerprogramm mit mehr als 15.0000 Teilnehmern könne es dem Unternehmen
nicht abverlangt werden, alles und immer zu überwachen. Es lange aus, wenn
im Falle der Kenntniserlangung von einem Verstoß sofort reagiert werde. Und
auch die Tatsache, dass ein Affiliate-Programm mit einer eigens zu
schreibenden Software überwacht werden könne (so das Verlangen des Klägers),
verpflichte die Beklagte noch nicht, sich - faktisch - die Möglichkeit zu
verschaffen, durch derartige Kontrollmechanismen das Verhalten ihrer
Werbepartner umfassend zu überwachen. Die Kosten hierfür stünden außer
Verhältnis, so die Hamburger Richter.
Das fanden die Richter beim Landgericht in Köln nun gar nicht (LG Köln 31 O
08/05): Ein Konkurrent beanstandete, dass der Werbepartner des dortigen
Beklagten auf seinen Internetseiten Werbung für die Beklagte geschaltet
hatte, aber zugleich auch einen für die Klägerin markenrechtlich geschützten
Begriff als Meta-Tag nutzte. Für die Kölner Richter in dieser brandneuen
Entscheidung keine Frage: Wer Werbung an Dritte delegiert, haftet - auch für
rechtswidrige Meta-Tags, gesetzt von Dritten, die an dem Partnerprogramm
teilnehmen. Es liege im Interesse der provisionsabhängigen Werbepartner,
möglichst viel Traffic bei der Beklagten zu erzeugen. Denn der Werbepartner
verdiene im Rahmen des Partnerprogramms der Beklagten nur dann Geld, wenn
Internetnutzer von seiner Seite auf die Webseite der Beklagten gelangten und
dort einkauften. Deshalb habe dieser für das beanstandete Verhalten seines
Werbepartners einzustehen. Knallharte Aussage: Wem seine Affiliate-Partner
aus dem Ruder laufen, ist dran. Dass dies die Kosten derartiger
Marketing-Stratgien explodieren lassen wird, liegt auf der Hand: Die
Teilnahme am Affiliate-Programm erfordert dann auch die lückenlose
Überwachung der Vertragspartner und im Grunde genommen die Überprüfung einer
jeden teilnehmenden Website auf Wettbewerbs- oder Markenrechtsverstöße.
Und der Bundesgerichtshof? Eine Haftung als Störer setzt weiter voraus,
dass zumutbare Kontrollmöglichkeiten bestehen, um Markenverletzungen zu
unterbinden, geben die Karlsruher Richter als Richtschnur mit auf den Weg
(BGH GRUR 2004, 860 - Internet-Versteigerung). Wird einem Domaininhaber
bspw. durch eine Abmahnung ein Fall der Markenverletzung bekannt, kann er
nach dieser höchstrichterlichen Entscheidung zwar verpflichtet sein,
technisch mögliche und zumutbare Maßnahmen zu ergreifen, um weitere
entsprechende Markenverletzungen zu verhindern (vgl. BGH a.a.O.). Dabei
kommt es jedoch auf den konkreten Einzelfall an.
Zumutbare Kontrollmöglichkeiten? Das Kölner Verfahren, so ist zu hören, soll
in die nächste Runde getragen werden. Und genau die Frage der Zumutbarkeit
ist diejenige, die in der zweiten Instanz zu beantworten sein wird. Was ist
den eigentlich zumutbar? Für alle diejenigen, die sich im Internet bewegen,
ist das ein Entscheidungstanz auf dem Vulkan. Denn die Parameter, mit denen
der rechtlich notwendige Prüfungs- und Überwachungsumfang bestimmt werden,
stehen noch längst nicht fest. Einstweilen ist zu empfehlen, in die Verträge
von Partnerprogrammen Haftungsfreistellungsklauseln aufzunehmen und
stichprobenartige Überwachungen vornehmen zu lassen. In Hamburg mag man dann
auf Wohlgefallen stoßen - in Köln würde man nach der Lesart der zitierten
Entscheidung auch dann scheitern.
Über .rka Rechtsanwälte und den Autor:
Nikolai Klute ist Rechtsanwalt in Hamburg und Partner der Sozietät .rka
Rechtsanwälte (www.rka-law.de). Er ist seit Jahren im gewerblichen
Rechtsschutz tätig. Den Autor erreichen Sie unter .rka Rechtsanwälte,
Rechtsanwalt Nikolai Klute, Rothenbaumchaussee 193/195, 20149 Hamburg, Tel.
040-442285, Fax: 040-452707, Kanzlei@rka-law.de
Nikolai Klute
Rechtsanwalt
.rka
Reichelt Klute Aßmann
Rechtsanwälte
Rothenbaumchaussee 193/195
20149 Hamburg
Tel.: +49 (0)40-44 22 85
Fax: +49 (0)40-45 27 07
www.rka-law.de