White & Case Partner Dr. Biner Bähr gelingt Sanierung und Verkauf der Gießerei Piel & Adey
Wuppertal / Spremberg, 10. August 2020 – Dem White & Case Partner Dr. Biner Bähr ist es in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter nach fast einjähriger Fortführung des Unternehmens gelungen, die Traditionsgießerei Piel & Adey an zwei Wettbewerber zu verkaufen. Das Werk am Gründungsstandort in Solingen wird ab dem 1. August 2020 von der Breuckmann-Gruppe mit Sitz in Heiligenhaus übernommen. Das Werk in Spremberg/Lausitz wird ab dem 1. September 2020 von der ostdeutschen MGF Metallguss Finsterwalde GmbH mit Sitz in Finsterwalde fortgeführt. Damit verbunden ist ein Erhalt nahezu aller heute vorhandener Arbeitsplätze. Der Gläubigerausschuss hat dem Unternehmensverkauf bereits zugestimmt.
Piel & Adey, gegründet im Jahr 1900, entwickelt, produziert und vertreibt kundenspezifische Präzisionsformteile aus Stahl-, Leichtmetall- und Schwermetalllegierungen für die Bereiche Energietechnik, Maschinenbau, Verkehrs- und Medizintechnik sowie Automotive. Verfahrenstechnisch erfolgt dies durch die Anwendung des Schwerkraft- und Niederdruck-Kokillengusses bzw. des Feingusses nach dem Wachsausschmelzverfahren. Insgesamt erwirtschaftet Piel & Adey mit heute mehr als 130 Mitarbeitern einen Jahresumsatz von über 20 Mio. Euro.
Nach Stellung des Insolvenzantrags im September 2019 hat Dr. Bähr ungewöhnlich umfangreiche operative Sanierungsmaßnahmen vornehmen müssen. Insbesondere wurden im Unternehmen zahlreiche Prozesse überarbeitet und sämtliche Produkte vollständig neu kalkuliert. Der Kokillenguss wurde am Solinger Standort zentralisiert, der Feinguss in Spremberg. Insgesamt konnte dadurch erreicht werden, dass sich die Liefertreue gegenüber den Kunden deutlich erhöht hat und zu Beginn des Insolvenzverfahrens bestehende Lieferrückstände deutlich abgebaut wurden. Heute erwirtschaftet Piel & Adey wieder ein auskömmliches Ergebnis – Grundlage für weitere Investitionen durch die neuen Eigentümer. Kurzarbeit musste auch während der infolge der COVID-19-Pandemie herausfordernden Monate des Frühjahrs 2020 zu keinem Zeitpunkt beantragt werden.
„Über dieses Ergebnis bin ich ausgesprochen froh,“ so Dr. Bähr. „Das waren für alle Beteiligten, insbesondere die Mitarbeiter, Lieferanten und Kunden, sehr herausfordernde Monate. Ich kann mich an kaum ein Insolvenzverfahren erinnern, in dem wir so viel „auf den Kopf stellen“ mussten. Letztlich sind wir aber alle belohnt worden. Piel & Adey steht heute wieder toll da und blickt auch in der heute schwierigen gesamtwirtschaftlichen Lage in Deutschland in eine gute Zukunft. Nahezu kein Kunde hat das Unternehmen verlassen. Im Gegenteil: Als absehbar war, dass Käufer aus der Gießereibranche gefunden werden, sind einige Kunden bereits während des Insolvenzverfahrens zu Piel & Adey zurückgekehrt. Das ist ein schöner Vertrauensbeweis und zeigt, dass leistungswirtschaftliche Sanierungen mit viel Einsatz, Kommunikation, Fantasie und der Unterstützung aller Beteiligten auch in Corona-Zeiten möglich sind.“
Volker Breuckmann und Michael Breuckmann, geschäftsführende Gesellschafter der Breuckmann-Gruppe, äußern sich zu der Akquisition des Solinger Werkes wie folgt: „Mit der marktführenden Druckgusserfahrung im Hochtemperaturbereich bei Breuckmann und dem technologieführenden Kokillengusswissen bei Piel & Adey werden die zwei wichtigsten Dauerformverfahren, Druckguss und Kokillenguss, für die Verarbeitung von Legierungen auf Basis von Kupfer in einem Unternehmensverbund konsolidiert. Dadurch werden unsere Kunden einen umfassenden Anbieter für die Verarbeitung von Gussteilen nach Kundenzeichnung auf Basis von Kupfer finden. Je nach Anfrage können wir gemeinsam mit unseren Kunden das wirtschaftlichste Verfahren herausarbeiten.“
Jens Waldek, geschäftsführender Gesellschafter der MGF Metallguss Finsterwalde GmbH, hat ähnliche Überlegungen: „Durch den Zukauf des Werkes erweitern wir konsequent unser Technologiespektrum. Neben dem Sandguss in Finsterwalde und dem Kokillen- und Sandguss in Freiberg kommt jetzt noch der Feinguss in Spremberg hinzu. Wir möchten die Vorteile des Stahlfeingusses wie zum Beispiel hohe Maßgenauigkeit und höchste Oberflächengüte durch Anwendung innovativer Werkstoffe nutzen. Damit reagieren wir auf ein steigendes Interesse unserer Kunden.“
Dr. Biner Bähr ist einer der erfahrensten und bekanntesten deutschen Insolvenzverwalter und wird häufig mit komplexen Konzerninsolvenzverfahren betraut. Unter anderem verwaltet er den Kaufhauskonzern Hertie, den Energieversorger TelDaFax, den südpfälzischen Automobilzulieferer Schaidt Innovations („Autoradio Becker“), den Neusser Automobilzulieferer Whitesell, den Mönchengladbacher Hosenspezialisten GARDEUR und die Großbäckerei Kronenbrot. Derzeit ist er auch als Sachwalter bei dem Elektroautobauer e.GO Mobile in Aachen und dem internationalen Modekonzern ESPRIT in Ratingen tätig.
Zum White & Case-Team bei der Piel & Adey-Insolvenz gehörten u.a. auch der Partner Dr. Jan-Philipp Hoos (Restrukturierung/Insolvenz, Düsseldorf), der Local Partner Dr. Sebastian Stütze (Arbeitsrecht, Hamburg) und die Associates Stefanie Breitenströter-Brüggemann und Till Forster (beide Restrukturierung/Insolvenz, Düsseldorf).
Rechtlich beraten wurde Piel & Adey durch Rechtsanwalt Dr. Jens Schmidt, Rechtsanwältin Marion Rodine und Rechtsanwalt Hardo Siepe aus der Wuppertaler Kanzlei Runkel. Zusätzlich unterstützen die Unternehmensberatungsgesellschaft hahn, consultants gmbh aus Haan und der Interimsmanager Dr. David Tanriverdi aus Stuttgart. Mit dem M & A-Prozess war die Falkensteg Corporate Finance GmbH aus Frankfurt/Main betraut.