BFH: Zur Aufrechnung mit Steuerforderungen im Insolvenzverfahren

08.06.2009

InsO §§ 129 ff., § 96; UStG § 17 Abs. 2 Nr. 1; AO § 168

Zur Aufrechnung mit Steuerforderungen im Insolvenzverfahren

BFH, Beschl. v. 16. 10. 2008 – VII B 17/08

Leitsatz der Redaktion:

Die Erfüllung der gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen für den Eintritt der Uneinbringlichkeit des vereinbarten Entgelts für eine bereits erklärte steuerpflichtige Lieferung oder Leistung nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG stellt keine insolvenzrechtlich anfechtbare Rechtshandlung i.S.d. §§ 129 ff. InsO dar.

Tatbestand:

[1]

 I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist Insolvenzverwalter in dem im Februar 2000 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin. Im Januar 2004 gab der Kläger für die Schuldnerin eine Umsatzsteuererklärung für 2001 ab, mit der u.a. wegen Berichtigung von vor Insolvenzeröffnung entstandener uneinbringlicher Forderungen negative Umsätze erklärt wurden. Aus der Erklärung ergab sich nach Abzug bereits an den Kläger geleisteter Zahlungen ein Erstattungsbetrag, den der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt – FA) mit rückständiger Umsatzsteuer für Oktober 1999 verrechnete. Nachdem der Kläger insoweit Einwendungen erhoben hatte, erließ das FA einen entsprechenden Abrechnungsbescheid.

 

[2]

 Die hiergegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage, mit der der Kläger geltend machte, dass der verrechnete Erstattungsbetrag aus gem. § 131 Abs. 1 Nr. 1 und 2 InsO anfechtbaren Rechtshandlungen resultiere, wies das FG ab.

 

[3]

 Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, welche er auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache und der Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO) stützt.

Entscheidungsgründe:

[4]

 II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe jedenfalls nicht vorliegen, weshalb der Senat auf die Mängel bzgl. der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderlichen schlüssigen Darlegung der Zulassungsgründe nicht näher eingehen muss.ZIP 2009, Seite 1017

 

[5]

 Eine Entscheidung des BFH ist weder wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache noch zur Fortbildung des Rechts erforderlich, denn der Streitfall wirft keine Rechtsfragen auf, deren Beantwortung in dem angestrebten Revisionsverfahren aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt, und er gibt auch keine Veranlassung, Grundsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch auszufüllen.

 

[6]

 Die für den Streitfall im Hinblick auf das Aufrechnungsverbot des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO maßgebende Frage, ob das FA die Möglichkeit der Aufrechnung gegen den Erstattungsanspruch durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat, lässt sich nur so beantworten, wie es das FG getan hat. Auch wenn sich – wie die Beschwerde ausführt – in der Reihe von Ereignissen, die zu dem aus der Umsatzsteuererklärung 2001 resultierenden Erstattungsanspruch der Schuldnerin geführt haben, Rechtshandlungen i.S.d. § 129 InsO finden lassen, so beruht doch – wie das FG zutreffend ausgeführt hat – der Erstattungsanspruch der Schuldnerin und damit die entstandene Aufrechnungslage unmittelbar allein auf der Erfüllung der gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen des § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG, nämlich auf der Uneinbringlichkeit des vereinbarten Entgelts für eine bereits erklärte steuerpflichtige Lieferung oder Leistung. Der Eintritt der Uneinbringlichkeit eines vereinbarten Entgelts ist aber keine von einem Willen getragene Rechtshandlung i.S.d. § 129 InsO, sondern eine anhand objektiver Kriterien festzustellende Tatsache, mag er auch zuvor durch Rechtshandlungen bewirkt worden sein.

 

[7]

 Anders als die Beschwerde meint, kann auch in der vom FA gem. § 168 Satz 2 AO erklärten Zustimmung zur Umsatzsteuererklärung 2001 keine anfechtbare Rechtshandlung gesehen werden, was für den Streitfall bereits aus dem Umstand folgt, dass diese Zustimmung nicht vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 129 Abs. 1 InsO) erteilt wurde.

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