BGH: Anspruch eines Geschäftsführers auf Karenzentschädigung aus vertraglichem Wettbewerbsverbot nach Kündigung durch Insolvenzverwalter keine Masseschuld

01.12.2009

InsO §§ 103, 113, 55 Abs. 1; HGB § 74 Abs. 2, §§ 74b, 75

Anspruch eines Geschäftsführers auf Karenzentschädigung aus vertraglichem Wettbewerbsverbot nach Kündigung durch Insolvenzverwalter keine Masseschuld

BGH, Beschl. v. 8. 10. 2009 – IX ZR 61/06 (OLG Frankfurt/M.)

Leitsatz des Gerichts:

Kündigt der Insolvenzverwalter den Anstellungsvertrag eines Geschäftsführers der Schuldnerin (GmbH), ohne dass beiderseits weitere Erklärungen abgegeben wurden, so ist der Anspruch des gekündigten Geschäftsführers auf Karenzentschädigung aus einem vertraglichen Wettbewerbsverbot keine Masseschuld.

Gründe:

[1]  Die Beschwerde ist unbegründet. Gründe zur Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) bestehen nicht. Die Kündigung des Anstellungsvertrages gem. § 113 InsO schließt eine Erfüllungswahl des Insolvenzverwalters für die dadurch ausgelöste Wettbewerbsabrede nach § 103 InsO nicht aus (vgl. RGZ 140, 294, 298 ff.). Gegen die ganz herrschende Meinung im Schrifttum, nach welcher in der eröffneten Insolvenz § 103 InsO auch für vertragliche Wettbewerbsverbote nach dem Ausscheiden eines Dienstnehmers neben der Möglichkeit zum Verzicht gem. § 75a HGB (hier auch § 4 Abs. 3 des gekündigten Geschäftsführerdienstvertrages mit dem Kläger) steht (befürwortend etwa MünchKomm-Huber, InsO, 2. Aufl., § 103 Rz. 84; Wimmer/Eisenbeis, InsO, 5. Aufl., § 113 Rz. 99; Uhlenbruck/Berscheid, InsO, 12. Aufl., § 103 Rz. 33; Baumbach/Hopt, HGB, 33. Aufl., § 75 Rz. 4; ferner MünchKomm-Hefermehl, InsO, 2. Aufl., § 55 Rz. 186 zur Kündigung vor Insolvenz und Wahlrecht des Verwalters nach § 103 InsO für die fortdauernde Wettbewerbsabrede), beruft sich die Beschwerde nur auf eine einzige Stimme im Schrifttum, welche die Anwendung von § 103 InsO im Hinblick auf die Wertungen der §§ 75, 75a HGB als fraglich ansieht (siehe insoweit Gottwald/Heinze/Bertram, Insolvenzrechts-Handbuch, 3. Aufl., § 106 Rz. 112). Diese Zweifel sind offensichtlich unbegründet.

[2]  Das Risiko, Erfüllungsansprüche auf Karenzentschädigung nicht gem. § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO gegen die Masse durchsetzen zu können, trifft den gekündigten Dienstnehmer wie jeden Vertragspartner des Schuldners nach § 103 InsO. Den §§ 75, 75a HGB ist nichts zu entnehmen, wonach sie § 103 InsO verdrängen könnten. Der Insolvenzverwalter müsste sonst stets vor Kündigung eines Anstellungsvertrages und mit Entschädigungspflicht für die Masse auf das Wettbewerbsverbot verzichten, wenn er an seiner Erfüllung kein Interesse hat. Die Masse stünde damit schlechter, als wenn ein Verzicht des Dienstherrn auf die Wettbewerbsabrede ausgeschlossen wäre. Für einen solchen Willen des Gesetzes gibt es insolvenzrechtlich keinerlei denkbaren Grund.

[3]  Die Kündigung des Dienstvertrages hat die hier umstrittene Wettbewerbsabrede nicht erst begründet mit der Folge, dass die verlangte Entschädigung als Masseschuld gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO zu behandeln sein könnte. Dieser Anspruch wurzelt vielmehr in dem Anstellungsvertrag zwischen Schuldnerin und Kläger, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat. Auch dies bedarf keiner grundsätzlichen Klärung.

[4]  Soweit die Beschwerde ein Bedürfnis zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung im Hinblick auf das Urteil des OLG Karlsruhe vom 10. Februar 2005 – 9 U 59/04 geltend macht, ist dieser Zulassungsgrund nicht ausgeführt. Welche entscheidungserheblichen Rechtssätze das genannte Urteil im Blick auf den Streitfall enthalten soll, ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich.

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