BGH, Beschluss vom 10. Februar 2021 - XII ZB 284/19

19.04.2021

BUNDESGERICHTSHOF

vom

10. Februar 2021

in der Familiensache


Nachschlagewerk: ja


BGHZ: nein

BGHR: ja


VersAusglG § 13


Gegen die im Rahmen einer Mischkalkulation vorgenommene Pauschalierung von Teilungskosten in Form eines Prozentsatzes in Höhe von 2-3 % des ehezeitlichen Kapitalwerts eines Anrechts bestehen auch bei einem 500 € deutlich übersteigenden Höchstbetrag (hier: 4.284 €) keine grundsätzlichen Bedenken, wenn der Versorgungsträger nachweisen kann, dass er sich durch den Abzug von Teilungskosten keine zusätzliche Einnahmequelle verschafft, sondern den Ansatz des Höchstbetrags benötigt, damit seine Mischkalkulation aufgeht (im Anschluss an Senatsbeschlüsse vom 18. März 2015 ­ XII ZB 74/12 ­ FamRZ 2015, 913 und vom 25. März 2015 ­ XII ZB 156/12 ­ FamRZ 2015, 916).


BGH, Beschluss vom 10. Februar 2021 - XII ZB 284/19 - OLG Celle, AG Burgwedel


Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Februar 2021 durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richter Prof. Dr. Klinkhammer, Dr. Günter und Dr. Botur und die Richterin Dr. Krüger

beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu 2 wird der Beschluss des 17. Zivilsenats ­ Senats für Familiensachen ­ des Oberlandesgerichts Celle vom 22. Mai 2019 aufgehoben, soweit darin zum Nachteil der weiteren Beteiligten zu 2 entschieden worden ist, und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Auf die Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 2 wird der Beschluss des Amtsgerichts ­ Familiengericht ­ Burgwedel vom 24. Mai 2018 zum Ausspruch im dritten Absatz von Ziffer II. der Beschlussformel (interne Teilung der Anrechte des Antragsgegners bei der Volkswagen AG) geändert.

Zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der Volkswagen AG (Geschäftszeichen: ) wird im Wege der internen Teilung zu Gunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 76.293 € nach Maßgabe der Versorgungsordnung vom 29. September 1995 in der Fassung von 17. Juni 2010 (VO III) in Verbindung mit der Teilungsordnung, bezogen auf den 30. September 2014, übertragen.

Von der Erhebung gerichtlicher Kosten für die Rechtsmittelverfahren wird abgesehen. Die außergerichtlichen Kosten der Rechtsmittelverfahren werden nicht erstattet.

Wert: 4.600 €

Gründe:

[1] I. Der 1962 geborene Ehemann und die 1975 geborene Ehefrau schlossen am 27. Dezember 2004 die Ehe. Der Scheidungsantrag wurde am 9. Oktober 2014 zugestellt.

[2] In der gesetzlichen Ehezeit vom 1. Dezember 2004 bis zum 30. September 2014 haben beide Ehegatten Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben. Darüber hinaus hat der Ehemann in der Ehezeit ein betriebliches Anrecht bei der Beteiligten zu 2 (im Folgenden: Volkswagen) erlangt. Volkswagen hat den Ehezeitanteil der Versorgung ("Grundversorgung") in seiner Auskunft mit einem Kapitalwert von 156.870 € angegeben und bei Teilungskosten in Höhe von 4.284 € einen Ausgleichswert von 76.293 € vorgeschlagen. Der Erhebung dieser Teilungskosten liegt Ziffer 6 Abs. 2 der Teilungsordnung der Volkswagen AG in der Fassung vom 1. April 2014 zugrunde, wonach bei interner Teilung Teilungskosten in Höhe von 3 % des Kapitalwertes des Ehezeitanteils ­ höchstens aber 3 % der zweifachen jährlichen Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung nach §§ 159, 160 SGB VI (hier zum Ende der Ehezeit: 3 % von 71.400 € * 2 = 4.284 €) ­ zu veranschlagen und vom Ehezeitanteil in Abzug zu bringen sind.

[3] Das Amtsgericht hat die Ehe rechtskräftig geschieden und den Versorgungsausgleich geregelt. Dabei hat es zu Lasten des betrieblichen Anrechts des Ehemanns bei Volkswagen unter Berücksichtigung von Teilungskosten in Höhe von lediglich 500 € im Wege interner Teilung zugunsten der Ehefrau ein auf das Ende der Ehezeit bezogenes Anrecht in Höhe von 78.185 € übertragen. Der dagegen gerichteten Beschwerde von Volkswagen hat das Oberlandesgericht nur teilweise stattgeben und ­ bei Ansatz von Teilungskosten in Höhe von 1.260 € ­ zugunsten der Ehefrau ein auf das Ende der Ehezeit bezogenes Anrecht in Höhe von 77.805 € übertragen.

[4] Mit ihrer zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt Volkswagen das Ziel vollständiger Berücksichtigung der von ihr geltend gemachten Teilungskosten in Höhe von 4.284 € weiter.

[5] II. Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.

[6] 1. Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, dass die Teilungskosten auf die vom Versorgungsträger ermittelten tatsächlichen Stückkosten pro Teilung in Höhe von 1.260 € zu begrenzen seien und hat dies wie folgt begründet:

[7] Die Pauschalierung der Teilungskosten in Form eines prozentualen Anteils am auszugleichenden Deckungskapital diene im vorliegenden Fall nicht allein dazu, den Versorgungsträger vom Ermittlungsaufwand für die tatsächlich entstehenden Kosten des zu teilenden Anrechts zu entlasten. Volkswagen habe die mit der internen Teilung verbundenen tatsächlichen Stückkosten nachvollziehbar mit 1.260 € ermittelt, so dass es zur Erleichterung der Bemessung einer weiteren Pauschalierung nicht bedürfe. Die von Volkswagen in die Berechnung eingestellten Teilungskosten im Umfang des Höchstbetrags in Höhe von 4.284 € dienten ausdrücklich nur dazu, die bei geringwertigeren Anrechten vorgenommene Bemessung in Form eines prozentualen Anteils von 3 % des zu teilenden Kapitals für den Versorgungsträger kostenneutral zu ermöglichen. Um die interne Teilung insgesamt kostenneutral zu halten, müssten Anrechtsinhaber, bei denen 3 % des Ehezeitanteils die Höchstgrenze überschreiten, mehr als das Dreifache der tatsächlichen Stückkosten aufwenden, um die geringeren Beiträge von anderen Anrechtsinhabern zu subventionieren, bei denen ­ unter anderem aufgrund kürzerer Ehe ­ 3 % des Ehezeitanteils nicht mindestens die tatsächlichen Stückkosten erreichen. Obwohl sich Volkswagen mit der von ihm gewählten Bemessungsmethode keine Einnahmequelle erschließe, sondern nur eine insgesamt kostenneutrale Teilung erreiche, erscheine diese Form der Pauschalierung als unverhältnismäßiger Eingriff in das Eigentumsrecht der Ehegatten.

[8] Jedenfalls bei hohen Stückkosten scheide eine rein prozentuale Bemessung der Teilungskosten dann aus, wenn allein aufgrund der Zahl der zu teilenden geringwertigen Anrechte einige wenige Anrechtsinhaber für die Teilung Kosten aufzuwenden hätten, die mehr als 3.000 € über den tatsächlichen Stückkosten lägen. Es sei in solchen Fällen möglich, ausschließlich die tatsächlich angefallenen Stückkosten anzusetzen, zumal die damit verbundene Entwertung von Anrechten mit geringem Ehezeitanteil als Folge der eigenen Lebensentscheidung von den betroffenen Eheleuten hinzunehmen wäre. Es könne aber auch ein höherer Mindestbetrag angesetzt werden, um die Abweichung zwischen den tatsächlichen Kosten der konkreten Teilung und dem dann anfallenden Höchstbetrag erheblich zu vermindern. Die rein prozentuale Berechnung stelle sich als ermessensfehlerhaft dar. Ein vom Versorgungsträger angestrebter sozialer Ausgleich müsse bei der Ausübung des Ermessens außer Betracht bleiben, denn die Vornahme eines sozialen Ausgleichs ­ noch dazu allein unter geschiedenen oder zu scheidenden Ehegatten ­ obliege dem Versorgungsträger nicht. Ein Eingriff in den Bestand des als Eigentum im Sinne von Art. 14 GG geschützten Vermögens bedürfe der Rechtfertigung, die § 13 VersAusglG im vorliegenden Fall nicht darstelle. Dies gelte auch, wenn die Teilungsordnung das Ergebnis einer Vereinbarung zwischen Arbeitnehmervertretung und Unternehmen sei. Die erworbenen und unverfallbaren Rechte der betrieblichen Altersversorgung unterlägen nach ihrem Erwerb nicht mehr der Verfügung durch den Versorgungsträger, der Unternehmensführung oder der Arbeitnehmervertretung und die Zugehörigkeit zum Unternehmen begründe auch kein "besonderes Gewaltverhältnis", welches das Eigentumsrecht des Art. 14 GG beschränken würde.

[9] 2. Diese Ausführungen stehen ­ wie die Rechtsbeschwerde zu Recht rügt ­ nicht im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats und halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.

[10] a) Nach § 13 VersAusglG kann der Versorgungsträger im Rahmen der internen Teilung angemessene Teilungskosten mit den Anrechten beider Ehegatten verrechnen. Die Angemessenheit der geltend gemachten Teilungskosten hat das Gericht von Amts wegen (§ 26 FamFG) zu prüfen. Hält es diese unter Berücksichtigung aller wesentlichen Umstände für unangemessen, kann es einen geringeren als den vom Versorgungsträger beanspruchten Betrag verrechnen.

[11] b) Gegen eine Pauschalierung der Teilungskosten auf der Grundlage pauschaler Kostenabzüge in Höhe von 2­3 % des ehezeitbezogenen Kapitalwerts des auszugleichenden Anrechts hat der Senat in seiner ständigen Rechtsprechung keine grundlegenden Bedenken erhoben (vgl. bereits Senatsbeschlüsse vom 1. Februar 2012 ­ XII ZB 172/11 ­ FamRZ 2012, 610 Rn. 49 ff. und vom 4. April 2012 ­ XII ZB 310/11 ­ FamRZ 2012, 942 Rn. 17 ff.). Mit der Pauschalierung der Teilungskosten geht eine Mischkalkulation des Versorgungsträgers einher, nach der ­ systemimmanent ­ bei bestimmten Anrechten höhere Teilungskosten umgelegt werden als bei einem konsequenten Stückkostenansatz tatsächlich angefallen wären, damit im Gegenzug bei kleineren Anrechten auch niedrigere und den tatsächlichen Aufwand nicht deckende Teilungskosten erhoben werden können; insoweit hat der Senat ausdrücklich anerkannt, dass die Mischkalkulation (auch) eine Komponente des sozialen Ausgleichs enthält (vgl. Senatsbeschlüsse vom 18. März 2015 ­ XII ZB 74/12 ­ FamRZ 2015, 913 Rn. 13 und vom 25. März 2015 ­ XII ZB 156/12 ­ FamRZ 2015, 916 Rn. 9).

[12] Auch im Rahmen einer solchen Mischkalkulation wäre allerdings ein Kostenabzug unangemessen, der einerseits die Anrechte der Ehegatten empfindlich schmälern würde und andererseits außer Verhältnis zu dem tatsächlichen Aufwand des Versorgungsträgers stünde. Um dies zu vermeiden, ist es daher auch für diese Art der pauschalen Berechnung der Teilungskosten notwendig, die Teilungskosten für ein auszugleichendes Anrecht durch einen Höchstbetrag zu begrenzen. Übersteigt dieser Höchstbetrag 500 € nicht, muss der Versorgungsträger nicht näher zu seiner Mischkalkulation vortragen, sondern es ist regelmäßig von einem angemessenen Kostenansatz auszugehen. Macht der Versorgungsträger demgegenüber geltend, dass ein Höchstbetrag von 500 € für seine Mischkalkulation nicht auskömmlich sei, muss er im Versorgungsausgleichsverfahren nachvollziehbar zu den Grundlagen seiner Kalkulation vortragen. In diesen Fällen hat das Gericht seine Angemessenheitskontrolle im Ausgangspunkt daran zu orientieren, bis zu welchem Höchstbetrag der Versorgungsträger hiernach höherwertige Anrechte belasten muss, damit seine Mischkalkulation ­ gegebenenfalls unter Berücksichtigung eines von ihm erhobenen Mindestbetrags ­ insgesamt aufgeht (vgl. Senatsbeschlüsse vom 18. März 2015 ­ XII ZB 74/12 ­ FamRZ 2015, 913 Rn. 13 ff. und vom 25. März 2015 ­ XII ZB 156/12 ­ FamRZ 2015, 916 Rn. 9 f.). Hierzu ist regelmäßig ein konkreter Vortrag zu den tatsächlich zu erwartenden durchschnittlichen Stückkosten für die Einrichtung und Verwaltung eines neuen Anrechts erforderlich, die der Versorgungsträger entweder anhand einer Darlegung seiner internen Kostenstrukturen (vgl. Senatsbeschluss vom 25. März 2015 ­ XII ZB 156/12 ­ FamRZ 2015, 916 Rn. 12 f.) oder anhand eines Rückgriffs auf Teilungskostentabellen auf der Grundlage von Kostenstrukturen externer Dienstleister (vgl. Senatsbeschluss vom 18. März 2015 ­ XII ZB 74/12 ­ FamRZ 2015, 913 Rn. 17) ermitteln kann.

[13] c) Ein vom Versorgungsträger festgesetzter Höchstbetrag steht bei einer Mischkalkulation mit der ihr innewohnenden Komponente des sozialen Ausgleichs jedenfalls dann außer Verhältnis zum tatsächlichen Aufwand, wenn dadurch bezogen auf die Gesamtheit aller Teilungsfälle die Besorgnis begründet wird, dass sich der Versorgungsträger über die vollständige Kostenumlage hinaus eine zusätzliche Einnahmequelle erschließt. Kann der Versorgungsträger indessen darlegen, dass ein pauschaler Kostenabzug in Höhe von 2­3 % des ehezeitbezogenen Kapitalwerts ­ gegebenenfalls unter Berücksichtigung der von ihm festgelegten Mindest- und Höchstbeträge ­ lediglich zu einer vollständigen Umlage der Kosten sämtlicher zu erwartender Teilungsfälle, nicht aber zu einer Bereicherung des Versorgungsträgers führt, bestehen gegen den pauschalierten Kostenansatz keine Bedenken, ohne dass es im Grundsatz darauf ankäme, welchen absoluten Wert der Höchstbetrag erreicht und in welchem Umfang er von den durchschnittlichen Stückkosten der Teilung abweicht. Auch die Umstände des Streitfalls geben dem Senat keine Veranlassung, von dieser Beurteilung abzurücken.

[14] aa) Der Gesetzgeber des reformierten Versorgungsausgleichs hat in den Materialen zu § 13 VersAusglG ausdrücklich anerkannt, dass eine Pauschalierung von Kostenabzügen möglich ist und dabei auf die Rechtsprechung zur Realteilung nach dem früheren § 1 Abs. 2 VAHRG verwiesen, die pauschale Kostenabzüge von 2 % des Deckungskapitals bzw. 3 % des Barwerts gebilligt hat (BT-Drucks. 16/10144 S. 57, 117, 125). Die Möglichkeit des pauschalierten Kostenabzugs soll den Versorgungsträger von dem bürokratischen Mehraufwand freistellen, der ihm ansonsten entstehen würde, wenn er in jedem Einzelfall die den durchschnittlichen Stückkosten der Teilung zugrundeliegende betriebswirtschaftliche Kalkulation offenlegen müsste. Gleichzeitig soll der Ansatz einer Kostenpauschale auch das familiengerichtliche Verfahren entlasten, weil dem Gericht in der Regel die für die Überprüfung der Kalkulation erforderlichen betriebswirtschaftlichen Kenntnisse fehlen werden und die in diesem Zusammenhang gegebenenfalls erforderlich werdenden Sachverständigengutachten die Scheidungskosten für die beteiligten Eheleute oder die Staatskasse in die Höhe treiben würden (vgl. BT-Drucks. 16/10144 S. 117).

[15] Vor diesem Hintergrund kann dem gedanklichen Ausgangspunkt des Beschwerdegerichts, dass die Möglichkeit des Kostenansatzes mit einer Prozentpauschale dem Versorgungsträger (nur) die Ermittlung der konkret anfallenden Teilungskosten ersparen will und der pauschale Kostenansatz dann, wenn dem Versorgungsträger ­ wie hier ­ die durchschnittlichen Stückkosten der Teilung bekannt sind, nur noch dem von Sinn und Zweck des § 13 VersAusglG nicht mehr gedeckten Ziel einer sozialpolitisch motivierten Umverteilung der Teilungskosten innerhalb der Versorgungsgemeinschaft dient, nicht gefolgt werden. Auch wenn der Versorgungsträger ­ nach den Vorgaben der Rechtsprechung ­ die durchschnittlichen Stückkosten der Teilung ermittelt hat, erfüllt der pauschale Kostenabzug jedenfalls bei den weniger werthaltigen Anrechten weiterhin den ihm vom Gesetzgeber zugedachten Zweck der Verfahrensvereinfachung und der Kostenvermeidung im Scheidungsverfahren. Nach dem Vorbringen des Versorgungsträgers in der Beschwerdeinstanz hat Volkswagen im Zeitraum bis zum 31. Dezember 2013 in 346 von insgesamt 867 Fällen der internen Teilung von Anrechten der Grundversorgung Teilungskosten in einer 500 € nicht übersteigenden Höhe geltend gemacht, mithin in rund 40 % aller Teilungsfälle. Macht der Versorgungsträger im konkreten Einzelfall Teilungskosten geltend, die beim Kostenansatz mit einer Prozentpauschale 500 € nicht übersteigen, besteht für ihn generell keine Veranlassung, im familiengerichtlichen Verfahren zur Rechtfertigung eines Höchstbetrags und damit zu den Grundlagen seiner Stückkostenkalkulation vorzutragen; dadurch wird auch das Gericht von der Verpflichtung entbunden, eine ihm vorgelegte betriebswirtschaftliche Kalkulation zu überprüfen. Würde Volkswagen demgegenüber konsequent in jedem Teilungsfall den vom Beschwerdegericht für angemessen erachteten Stückkostenansatz verfolgen, müsste Volkswagen auch in jedem einzelnen Verfahren seine Stückkostenkalkulation offenlegen und zur familiengerichtlichen Überprüfung stellen.

[16] Unabhängig davon ist dem Gesetzgeber die fehlende Interdependenz zwischen dem Kostenansatz mit einer Prozentpauschale und den tatsächlichen Stückkosten der Teilung bewusst gewesen. Wenn er diese Form der Pauschalierung von Teilungskosten gleichwohl ausdrücklich zulassen wollte, dürfte es mit seinen Intentionen kaum in Einklang zu bringen sein, einem Versorgungsträger, der den Kostenansatz mit einer Prozentpauschale gewählt hat und nach den von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen zur Rechtfertigung eines über 500 € liegenden Höchstbetrags zu den durchschnittlichen Stückkosten der Teilung vortragen muss, entgegenzuhalten, er habe ­ da er die konkreten Stückkosten der Teilung nunmehr ermittelt habe ­ überhaupt kein schützenswertes Interesse an der Pauschalierung von Teilungskosten mehr. Im Übrigen hat Volkswagen im Beschwerdeverfahren zu Recht darauf hingewiesen, dass bei der Verwaltung einer betrieblichen Direktzusage ­ anders als bei einem versicherungsförmigen Versorgungssystem ­ nicht die Möglichkeit besteht, laufende Verwaltungskosten aus einem vorhandenen Deckungskapital zu entnehmen, so dass die interne Teilung einer Direktzusage für die betroffenen Versorgungsträger Zusatzkosten verursacht, für die ein Höchstbetrag von 500 € bei der Kostenpauschalierung in sehr vielen Fällen nicht auskömmlich ist.

[17] bb) Wie das Beschwerdegericht zutreffend ausführt, obliegt die Auswahl der für die Pauschalierung anzuwendenden Methode dem Versorgungsträger, der damit ein ihm gesetzlich zugewiesenes Ermessen ausübt. Das Familiengericht kann sein eigenes Ermessen nicht an die Stelle des von dem Versorgungsträger ausgeübten Ermessens setzen (vgl. Senatsbeschluss vom 27. Juni 2012 ­ XII ZB 275/11 ­ FamRZ 2012, 1546 Rn. 25). In den Gesetzesmaterialien wird zur Begründung insbesondere auf die strukturellen Unterschiede der Versorgungsträger hingewiesen, die sich in der Größe des Versicherungskollektivs, in der Finanzierungsform und in der Komplexität der Zusagen erheblich unterscheiden (vgl. BT-Drucks. 16/10144 S. 125 f.). Es ist deshalb beim Kostenansatz mit einer Prozentpauschale grundsätzlich der freien Wahl des Versorgungsträgers überlassen, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe er bei kleineren Anrechten eine feste Mindestpauschale in Ansatz bringen und bis zu welcher absoluten Höhe er sehr werthaltige Anrechte belasten will. Vor dem Hintergrund, dass die betriebliche Altersversorgung eine grundsätzlich freiwillige Sozialleistung des Arbeitgebers darstellt, ist es im Rahmen dieser Ermessensausübung kein generell sachfremdes Kriterium, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl der Pauschalierungsmethode die sozialpolitischen Zielsetzungen der betrieblichen Altersversorgung in den Blick nehmen und verhindern will, dass kleinere Versorgungsanrechte im Falle einer Scheidung des Arbeitnehmers durch den Ansatz von Teilungskosten weitgehend aufgezehrt werden. Verzichtet der Versorgungsträger aus diesen Gründen ­ wie hier im Rahmen einer Vereinbarung der Betriebspartner ­ in seiner Teilungsordnung bei der Wahl der Pauschalierungsmethode auf die Festsetzung eines Mindestbetrags, ist dies bei der familiengerichtlichen Angemessenheitskontrolle grundsätzlich hinzunehmen, wenn eine Bereicherung des Versorgungsträgers ausgeschlossen ist.

[18] d) Gegen den pauschalen Ansatz von Teilungskosten lassen sich auch mit Blick auf Art. 14 Abs. 1 GG keine verfassungsrechtlichen Bedenken erheben.

[19] Zutreffend ist dabei zwar im Ausgangspunkt, dass unverfallbare Anwartschaften auf Betriebsrenten nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eigentumsrechtlich geschützt sind. Dabei reicht der Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG allerdings nur so weit, wie Ansprüche bereits bestehen, verschafft diese selbst aber nicht (vgl. BVerfG FamRZ 2014, 1259 Rn. 38 und NZA 2012, 905 Rn. 41). Die Reichweite des Eigentumsschutzes hängt deshalb vom Inhalt der rechtsgeschäftlichen Versorgungszusage oder der normativen Versorgungsregelungen ab. Insoweit entscheiden die Arbeitsvertragsparteien, die Betriebspartner, die Tarifvertragsparteien oder gegebenenfalls der Gesetzgeber über die Ausgestaltung der betrieblichen Altersversorgung; eine über die dadurch eingeräumten Ansprüche hinausgehende Rechtsposition gewährleistet Art. 14 GG nicht (vgl. BAG NZA-RR 2005, 95, 97).

[20] Die Regelung des § 13 VersAusglG, die es dem Versorgungsträger gestattet, angemessene Kosten der internen Teilung hälftig mit den Anrechten der beiden Ehegatten zu verrechnen, stellt in eigentumsrechtlicher Hinsicht eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung dar, was auch das Beschwerdegericht nicht grundsätzlich in Zweifel zieht. Macht der Versorgungsträger ­ wie es unter den hier obwaltenden Umständen bei Ansatz einer Prozentpauschale mit einem Höchstbetrag der Fall ist ­ in einer dem Gesetzeszweck entsprechenden und (lediglich) seine Kostendeckung gewährleistenden Weise von dieser Befugnis Gebrauch, kann der Ansatz von Teilungskosten keinen Art. 14 Abs. 1 GG verletzenden Eingriff in die Eigentumsrechte der Versorgungsempfänger und ihrer Ehegatten darstellen. Denn Art. 14 Abs. 1 GG verschafft diesen keinen Anspruch auf eine bestimmte Ermessensausübung durch den Versorgungsträger.

[21] 3. Die angefochtene Entscheidung kann daher keinen Bestand haben. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden (§ 74 Abs. 6 Satz 1 FamFG), weil das Beschwerdegericht die erforderlichen Feststellungen dazu, dass sich Volkswagen durch den Ansatz des Höchstbetrags von 4.284 € keine zusätzliche Einnahmequelle erschließt, sondern allenfalls eine insgesamt kostenneutrale interne Teilung erreicht, bereits rechtsfehlerfrei getroffen hat.

Dose Klinkhammer Günter

Botur Krüger

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