BGH, Beschluss vom 7. November 2024 - V ZB 6/24

26.11.2024

BUNDESGERICHTSHOF

vom

7. November 2024

in der Grundbuchsache


Nachschlagewerk: ja


BGHZ: nein

BGHR: ja


GBO § 22, § 71 Abs. 2 Satz 1


Die Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Grundbuchberichtigungsantrags, der auf die ursprüngliche Unrichtigkeit einer unter dem Schutz des öffentlichen Glaubens des Grundbuchs stehenden Eintragung gestützt wird, ist gemäß § 71 Abs. 2 Satz 1 GBO unzulässig.


BGH, Beschluss vom 7. November 2024 - V ZB 6/24 - OLG Köln, AG Leverkusen - Grundbuchamt


Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. November 2024 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Brückner, die Richterin Haberkamp und die Richter Dr. Hamdorf, Dr. Malik und Dr. Schmidt

beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 30. Januar 2024 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass ihre Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Grundbuchamt - Leverkusen vom 1./4. Dezember 2023 als unzulässig verworfen wird.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 5.000 €.

Gründe:

[1] I. Mit notarieller Urkunde vom 28. April 2023 bestellten die Beteiligten zu 1 und 2 zugunsten der Beteiligten zu 3 eine Gesamtgrundschuld mit Brief in Höhe von 258.000 €. Die Gesamtbriefgrundschuld (nachfolgend: Briefgrundschuld) wurde am 9. Mai 2023 in das Grundbuch eingetragen und die Aushändigung des Grundschuldbriefes veranlasst. Am 2. Juni 2023 erstellte der Notar einen Nachtragsvermerk, der wie folgt lautet: "Auf Seite 1 Absatz 1 Satz 1 der Niederschrift habe ich (Gesamt-)Grundschuld mit Brief in (Gesamt-)Buchgrundschuld als offensichtliche Unrichtigkeit gemäß § 44a Abs. 2 BeurkG berichtigt."

[2] Unter Beifügung der mit dem Nachtragsvermerk verbundenen Urkunde vom 28. April 2023 hat der Notar sodann die Berichtigung des Grundbuchs dahingehend beantragt, dass es sich bei der eingetragenen Grundschuld um eine Buchgrundschuld handele. Das Amtsgericht - Grundbuchamt - hat den Antrag zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgen die Beteiligten ihren Berichtigungsantrag weiter.

[3] II. Das Beschwerdegericht, dessen Entscheidung u.a. in FGPrax 2024, 56 veröffentlicht ist, hält die Beschwerde für zulässig, allerdings für unbegründet. Die Voraussetzungen für eine Berichtigung des Grundbuchs gemäß § 22 GBO lägen nicht vor. Die Eintragung habe das Grundbuchamt auf der Grundlage der ursprünglich eingereichten notariellen Urkunde vom 28. April 2023 zutreffend vorgenommen. Darin hätten die Beteiligten die Eintragung einer Briefgrundschuld vereinbart und bewilligt. Hiervon habe das Grundbuchamt bei Vornahme der Eintragung auszugehen, und es sei nicht seine Aufgabe, zu ermitteln, ob die Bezeichnung des Eintragungsgegenstandes dem wirklichen Willen der Beteiligten entspreche. Daran ändere auch der Nachtragsvermerk des Notars gemäß § 44a Abs. 2 BeurkG nichts. Zwar könne der Notar eine Urkunde nach dieser Vorschrift zeitlich unbegrenzt berichtigen. Der Nachtragsvermerk stelle auch eine Urkunde gemäß § 418 ZPO dar und genüge dem Grundbuchverfahren gemäß § 29 GBO. Da aber aufgrund der ursprünglichen Urkunde eine seinerzeit richtige Eintragung erfolgt und somit das Vertrauen in die Richtigkeit des Grundbuchs entstanden sei, scheide eine Berichtigung des Grundbuchs allein aufgrund des Nachtragsvermerks gemäß § 44a Abs. 2 BeurkG aus. Zudem sei zweifelhaft, ob die Verwechslung von beurkundeter Briefgrundschuld und gewollter Buchgrundschuld eine nach § 44a Abs. 2 BeurkG berichtigungsfähige offensichtliche Unrichtigkeit darstelle.

[4] III. Die Rechtsbeschwerde ist infolge ihrer Zulassung durch das Beschwerdegericht nach § 78 Abs. 1 GBO statthaft und auch im Übrigen gemäß § 78 Abs. 3 GBO i.V.m. § 71 FamFG zulässig. In der Sache hat die Rechtsbeschwerde jedoch keinen Erfolg. Sie ist unbegründet, weil bereits die Beschwerde der Beteiligten gegen die Ablehnung der Berichtigung des Grundbuchs unzulässig war.

[5] 1. Die Zulässigkeit der (Erst-)Beschwerde ist im Verfahren der Rechtsbeschwerde von Amts wegen zu prüfen. Ist die Beschwerde unzulässig, fehlt es an der Sachentscheidungsvoraussetzung für das Beschwerdeverfahren (vgl. Senat, Beschluss vom 22. September 2016 - V ZB 70/16, juris Rn. 5; Beschluss vom 19. September 2024 - V ZB 29/23, WM 2024, 2063 Rn. 22).

[6] 2. Die Beschwerde der Beteiligten war, anders als das Beschwerdegericht meint, unzulässig.

[7] a) Die Zulässigkeit einer Beschwerde bemisst sich auch dann nach § 71 Abs. 2 Satz 1 GBO, wenn sie nicht direkt gegen eine Eintragung, sondern gegen die Zurückweisung eines auf eine ursprüngliche Unrichtigkeit der Eintragung gestützten Berichtigungsantrags gerichtet ist. Denn in beiden Fällen soll das Beschwerdegericht die Vornahme der Eintragung in das Grundbuch überprüfen, was nur in den Grenzen des § 71 Abs. 2 GBO zulässig ist (vgl. Senat, Beschluss vom 7. Dezember 2017 - V ZB 59/17, NZM 2018, 759 Rn. 6 f.). Nach § 71 Abs. 2 Satz 1 GBO ist die Beschwerde gegen eine Eintragung, die unter dem Schutz des öffentlichen Glaubens des Grundbuchs steht, grundsätzlich unzulässig (vgl. Senat, Beschluss vom 16. April 1975 - V ZB 22/74, BGHZ 64, 194, 198 mwN). Sie ist nur beschränkt, nämlich mit dem Ziel zulässig, dass das Grundbuchamt angewiesen wird, nach § 53 GBO einen Widerspruch gegen die Unrichtigkeit des Grundbuchs einzutragen (§ 71 Abs. 2 Satz 2 GBO). Das gilt auch dann, wenn die ursprüngliche Unrichtigkeit des Grundbuchs auf neue Tatsachen oder später bekannt gewordene Beweismittel gestützt wird (vgl. Bauer/Schaub/Sellner, GBO, 5. Aufl., § 71 Rn. 68 mwN; Meikel/Schmidt-Räntsch, GBO, 12. Aufl., § 71 Rn. 77; KEHE/Sternal, Grundbuchrecht, 9. Aufl., § 71 GBO Rn. 39).

[8] b) So ist es hier.

[9] aa) Die Beteiligten wenden sich gegen die Zurückweisung eines Antrags auf Berichtigung einer ursprünglichen Unrichtigkeit gemäß § 22 GBO. Sie stützen den Berichtigungsantrag und die gegen den Zurückweisungsbeschluss gerichtete Beschwerde darauf, dass die Beurkundung der Grundschuldbestellung durch den Notar fehlerhaft gewesen sei, weil statt der Briefgrundschuld eine Buchgrundschuld hätte bestellt werden sollen. Sie verlangen aber weder die Löschung der eingetragenen Briefgrundschuld noch die (Neu-)Eintragung einer Buchgrundschuld und auch nicht den nachträglichen Ausschluss des Grundschuldbriefs (§ 1116 Abs. 2, § 1192 Abs. 1 BGB). Sie sind vielmehr der Auffassung, dass durch die notarielle Berichtigung der Urkunde vom 28. April 2023 gemäß § 44a Abs. 2 BeurkG das Grundbuch rückwirkend unrichtig und deshalb zu berichtigen sei. Mit diesem Rechtsschutzziel ist die Beschwerde gemäß § 71 Abs. 2 Satz 1 GBO unzulässig. Die Eintragung der Briefgrundschuld unterliegt nach §§ 892, 1155, 1192 Abs. 1 BGB nämlich dem öffentlichen Glauben. Der Umstand, dass der Notar die Urkunde, die Grundlage für die Eintragung war, nach § 44a Abs. 2 Satz 1 BeurkG berichtigt hat, führt nicht zur Zulässigkeit der Beschwerde. Der Berichtigung mag zwar rückwirkende Kraft zukommen (vgl. BeckOGK/Regler, BeurkG [1.9.2024], § 44a Rn. 41 f.; Grziwotz/Sauer/Heinemann, BeurkG, 4. Aufl., § 44a Rn. 38; Winnen in Bremkamp/Kindler/Winnen, BeurkG, § 44a Rn. 48). Gleichwohl ist die Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Grundbuchberichtigungsantrags, der - wie hier - auf die ursprüngliche Unrichtigkeit einer unter dem Schutz des öffentlichen Glaubens des Grundbuchs stehenden Eintragung gestützt wird, aus den bereits genannten Gründen (oben Rn. 7) gemäß § 71 Abs. 2 Satz 1 GBO unzulässig.

[10] bb) Die Beschwerdebeschränkung des § 71 Abs. 2 Satz 1 GBO gilt nicht erst dann, wenn im Einzelfall ein gutgläubiger Erwerb stattgefunden hat oder droht, sondern schon dann, wenn eine bloß abstrakte Möglichkeit gutgläubigen Erwerbs besteht. Sie greift nur dann ausnahmsweise nicht ein, wenn eine

Rechtsänderung durch gutgläubigen Erwerb nach dem konkreten Inhalt des Grundbuchs rechtlich ausgeschlossen ist (vgl. zum Ganzen Beschluss vom 7. Dezember 2017 - V ZB 59/17, NZM 2018, 759 Rn. 9 mwN). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor.

[11] IV. 1. Da das Beschwerdegericht die Beschwerde als zulässig behandelt und in der Sache beschieden hat, ist die Rechtsbeschwerde mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Erstbeschwerde als unzulässig verworfen wird (vgl. Senat, Beschluss vom 3. Februar 2005 - V ZB 44/04, BGHZ 162, 137, 139; Beschluss vom 26. Februar 2015 - V ZB 86/13, FGPrax 2015, 150 Rn. 5; Beschluss vom 24. März 2022 - V ZB 60/21, BGHZ 233, 145 Rn. 6).

[12] 2. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 22 Abs.1 GNotKG). Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 36 Abs. 3 GNotKG.

Brückner Haberkamp Hamdorf

Malik Schmidt

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