BGH: Erstreckung einer Globalzession zur Sicherung aller Ansprüche aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung auch auf abgetretene Ansprüche gegen den Kreditnehmer aus einem Leasingvertrag

20.01.2009

BGB § 398; InsO §§ 50, 51

Erstreckung einer Globalzession zur Sicherung aller Ansprüche aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung auch auf abgetretene Ansprüche gegen den Kreditnehmer aus einem Leasingvertrag

BGH, Urt. v. 18. 11. 2008 - XI ZR 590/07 (OLG München)


Leitsatz des Gerichts:

Zur Frage, ob die Klausel eines von einem Kreditinstitut
vorformulierten Globalzessionsvertrags, nach der u. a. Anspr
üche aus Abtretungen gesichert werden, soweit das
Kreditinstitut diese Ansprüche im Rahmen seiner bankm
äßigen Geschäftsverbindung mit dem Kreditnehmer erwirbt,
auch abgetretene Ansprüche aus Leasingverträgen
erfasst.


Tatbestand:


[1] Die klagende Sparkasse nimmt den beklagten Insolvenzverwalter
über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin im Wege einer Teilklage
auf Auskehrung des Erlöses aus dem Einzug sicherungshalber
abgetretener Forderungen in Anspruch.

[2] Die Klägerin war die Hausbank der Insolvenzschuldnerin. Diese
trat ihr am 27. Juni 2003 zur Sicherung aller bestehenden und künftigen
Forderungen aus ihrer bankmäßigen Geschäftsverbindung ihre
Ansprüche aus Warenlieferungen und Leistungen gegen ihre Kunden
ab. Die Globalzession sicherte auch Ansprüche gegen die Insolvenzschuldnerin
aus Abtretungen, "soweit die Sparkasse diese Anspr
üche im Rahmen ihrer bankmäßigen Geschäftsverbindung mit
dem Kreditnehmer erwirbt".

[3] Am 1. Dezember 2003 unterbreitete die Klägerin der Insolvenzschuldnerin
auf deren Anfrage ein Leasing-Angebot. Die Insolvenzschuldnerin
schloss daraufhin am 19. Februar 2004 mit der Streithelferin
der Klägerin, der X. Leasinggesellschaft mbH, die dabei von der
Klägerin vertreten wurde, eine "Vereinbarung für sale-and-leaseback
 eines Lagersystems. In Abschnitt E 1.6 der vereinbarten Allgemeinen
Kauf- und Leasing-Bedingungen ist vorgesehen, dass die
Klägerin die Geldforderungen aus dem Leasingvertrag kauft oder zu
Gunsten des Leasinggebers eine Höchstbetragsbürgschaft übernimmt.
Am 27. Februar 2004 erteilte die Streithelferin der Klägerin
eine Abrechnung i. H. v. 61.314,70 . über den Verkauf der Leasingforderung.
Darin nahm sie auf einen Kooperationsvertrag vom 1./17.
Juli 1998 Bezug, in dem sie die Klägerin bevollmächtigt hatte, in ihrem
Namen und für ihre Rechnung Leasingverträge abzuschließen.
Der Vertrag sieht vor, dass die Klägerin das Bonitätsrisiko für den
Leasingnehmer übernimmt und die Forderungen aus dem Leasingvertrag
kauft.

[4] Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen
der Insolvenzschuldnerin im Jahr 2004 und der Kündigung des Leasingvertrags
verwertete der Beklagte das Leasinggut und kehrte den
Erlös i. H. v. 11.244,37 . an die Klägerin aus. Nach Verrechnung dieses
Betrags, der von der Insolvenzschuldnerin geleisteten Leasingraten
und angefallener Zinsen besteht noch eine Restforderung aus
dem Leasingvertrag i. H. v. 54.643,59 ..

[5] Die Klägerin ist der Auffassung, die ihr abgetretene Forderung
aus dem Leasingvertrag werde vom Sicherungszweck der Globalzession
vom 27. Juni 2003 umfasst, und nimmt den Beklagten mit einer
Teilklage auf Auskehrung des Erlöses aus dem Einzug der abgetretenen
Forderungen i. H. v. 20.000 . in Anspruch.

[6] Das LG hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ihr
stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision
erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:

[7] Die Revision ist unbegründet.

[8] I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung
imWesentlichen ausgeführt:

[9] Die Klägerin habe gegen den Beklagten einen Anspruch auf abgesonderte
Befriedigung gem. §§ 50, 51 Nr. 1, § 170 InsO.

[10] Die Globalabtretung sichere die Ansprüche aus dem Leasingvertrag,
die die Streithelferin der Klägerin verkauft und übertragen habe.
Die Klägerin habe diese Forderungen, auch wenn Leasinggeschäfte
nicht zu den Bankgeschäften i. S. d. § 1 Abs.1 Satz 2 KWG gehörten,
im Rahmen ihrer bankmäßigen Geschäftsverbindung mit der Insolvenzschuldnerin
erworben. (Wird ausgeführt.)

[11] Der Beklagte habe den Leasingvertrag nicht wirksam gem. § 123
Abs.1 BGB angefochten. Er mache ohne Erfolg geltend, der Insolvenzschuldnerin
sei bei Abschluss des Leasingvertrags die beabsichtigte
Forderungsabtretung nicht offengelegt worden; wäre sie hierüber
aufgeklärt worden, hätte sie den Leasingvertrag mit einem anderen
Leasinggeber geschlossen, um ihre der Klägerin gestellten Sicherheiten
nicht zu belasten und nicht von einem einzigen Finanzierungsgläubiger
abhängig zu werden. Eine Täuschung durch positives Tun mache
der Beklagte nicht geltend. Die Klägerin habe auch keine Aufklärungspflicht
verletzt. In Abschnitt E 1.6 der Allgemeinen Kauf- und Leasing-
Bedingungen des Leasingvertrags werde auf einen möglichen Forderungskauf
durch die Klägerin ausdrücklich hingewiesen.

[12] II. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung
stand. Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch
gem. § 50 Abs.1, § 51 Nr.1, § 170 Abs.1 Satz 2 InsO auf Zahlung
von 20.000 ..

[13] 1. Die vom Beklagten verwerteten Forderungen sind der
Klägerin durch die Globalzession vom 27. Juni 2003 abgetreten worden.
Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei und von der Revision
unangegriffen von der Wirksamkeit dieser Abtretung
ausgegangen. Die Voraussetzungen einer Insolvenzanfechtung
gem. §§ 129 ff. InsO (vgl. BGHZ 174, 297, 300 ff. =
ZIP 2008, 183 (m. Anm. Mitlehner, Bespr. Kuder, S. 289 u. Jacoby,
S. 385), Rz.14 ff., dazu EWiR 2008, 187 (Ries); BGH, Urt.
v. 26. 6. 2008 - IX ZR 47/05, ZIP 2008, 1437 = WM 2008,
1442, 1444, Rz. 21, dazu EWiR 2008, 659 (Schulz) und BGH,
Urt. v. 26. 6. 2008 - IX ZR 144/05, ZIP 2008, 1435 = WM
2008, 1512, 1513, Rz.17, dazu EWiR 2008, 689 (Eckardt)) sind
vom Berufungsgericht nicht festgestellt und vom Beklagten
nicht vorgetragen worden.

[14] 2. Die Globalzession diente nach dem vereinbarten weiten
Sicherungszweck zur Sicherung aller Ansprüche der Klägerin gegen
die Insolvenzschuldnerin aus ihrer bankmäßigen Geschäftsverbindung,
darunter auch der Ansprüche aus Abtretungen, soweit
die Klägerin diese Ansprüche im Rahmen ihrer bankmäßigen
Geschäftsverbindung mit der Insolvenzschuldnerin erworben
hat.Hierunter fallen, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei
angenommen hat, auch die der Klägerin abgetretenen Anspr
üche aus dem Leasingvertrag vom 19. Februar 2004.

[15] a) Als Geschäftsverbindung wird die tatsächliche Beziehung
zwischen dem Kunden und dem Kreditinstitut angesehen,
die auf eine unbestimmte Vielzahl von Geschäftsvorfällen
angelegt ist (Senatsurt. v. 13. 3. 2007 - XI ZR 383/06, ZIP
2007, 905 = WM 2007, 874, 875, Rz.16, m. w.N., dazu EWiR
2007, 417 (Toussaint)). Ein Forderungserwerb kann nach der
allgemeinen Verkehrsanschauung auch dann der bankmäßigen
Geschäftsverbindung zugerechnet werden, wenn eine
Bank Ansprüche gegen einen Kunden durch Abtretung erwirbt
(Senatsurt. v. 5. 4. 2005 - XI ZR 167/04, ZIP 2005, 1024
= WM 2005, 1076, 1078 und Senat ZIP 2007, 905 = WM
2007, 874, 875, Rz.16, jew. m. w.N.). Dies gilt insbesondere,
wenn ein Unternehmen, das für eine Bank Leasinggeschäfte
betreibt, die von der Bank refinanziert werden, dieser die Anspr
üche gegen die Leasingnehmer abtritt (BGH, Urt. v.
17.12.1980 - VIII ZR 307/79, ZIP 1981, 147 = WM 1981,
162). Anders liegt es allerdings, wenn die Abtretung rechtsmissbr
äuchlich zu dem Zweck erfolgt, dem Zedenten Deckung
aus den von der Bank nicht voll benötigten Sicherheiten
zu verschaffen (BGH, Urt. v. 31.1.1983 - II ZR 24/82,
ZIP 1983, 667 = WM 1983, 537, 538 und BGH, Urt. v.
28. 4.1987 - VI ZR 143/86, WM 1987, 834, 835; Senat ZIP
2007, 905 =WM 2007, 874, 875 f., Rz.16).

[16] b) Gemessen hieran sichert die Globalzession die Ansprü-
che aus dem Leasingvertrag, weil die Klägerin sie durch Abtretung
im Rahmen ihrer bankmäßigen Geschäftsverbindung
mit der Insolvenzschuldnerin erworben hat.

[17] aa) Der Forderungserwerb ist darauf zurückzuführen,
dass die Insolvenzschuldnerin sich wegen des Abschlusses eines
Leasingvertrags im Rahmen ihrer Geschäftsverbindung an
die Klägerin als ihre Hausbank wandte und diese mit ihr den
Leasingvertrag vom 19. Februar 2004 schloss. Die Klägerin
handelte dabei zwar nicht in eigenem Namen, sondern namens
und für Rechnung der Streithelferin. Diese Vorgehensweise
beruhte aber auf dem Kooperationsvertrag vom 1./17.
Juli 1998, der ausweislich des Prologs die Unterstützung der
Sparkassen, darunter der Klägerin, durch die Streithelferin in
ihren Geschäftsverbindungen zu Gewerbekunden wie der Insolvenzschuldnerin
regelte und die Marktführerschaft der Sparkassen im Bereich der
Gewerbekunden auf das Finanzierungsleasing ausdehnen und absichern
sollte. Der Vertrag sah die Übernahme des Bonitätsrisikos für die
Leasingnehmer und den Kauf der gegen sie gerichteten Forderungen
durch die Klägerin vor. Die Einschaltung der Streithelferin und
der Vertragsschluss in ihrem Namen hatten somit unmittelbaren Bezug
zu der Geschäftsverbindung zwischen der Klägerin und der Insolvenz-
schuldnerin und dienten der Unterstützung der Klägerin in dieser
Geschäftsverbindung.

[18] Die enge Zusammenarbeit der Klägerin und der Streithelferin
war für die Insolvenzschuldnerin offenkundig. Sie trat bei
Vertragsschluss nichtmit der Streithelferin, sondern nurmit der
Klägerin in Kontakt. Diese empfahl ihr die Streithelferin als
Vertragspartnerin und unterzeichnete für diese den Leasingvertrag.
In diesem Vertrag wird auf die Möglichkeit der Refinanzierung
und der Abtretung der Forderungen gegen die Insolvenzschuldnerin
an die Klägerin ausdrücklich hingewiesen.

[19] Angesichts dieser Umstände ist der Forderungserwerb im
Rahmen der bankmäßigen Geschäftsverbindung zwischen der
Klägerin und der Insolvenzschuldnerin erfolgt. Auf eine ausdr
ückliche Veranlassung oder Beauftragung der Klägerin durch
die Insolvenzschuldnerin mit dem Erwerb der Forderung
kommt es entgegen der Auffassung der Revision nicht an. Die
Revision beruft sich in diesem Zusammenhang auch ohne Erfolg
auf die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB.Die in der
Globalabtretung getroffene Sicherungsabrede stellt eindeutig
nicht auf Abtretungen auf Veranlassung der Insolvenzschuldnerin,
sondern auf Abtretungen imRahmen der bankmäßigen Gesch
äftsverbindungmit der Insolvenzschuldnerin ab.

[20] bb) Der Forderungserwerb ist nicht rechtsmissbräuchlich
erfolgt. Der Kooperationsvertrag vom 1./17. Juli 1998 hatte,
anders als die Revision meint, nicht den Sinn, Ansprüche der
Streithelferin unter den Schutz der Globalzession zu bringen,
um der Streithelferin den Verzicht auf eigene Sicherheiten zu
ermöglichen. Der Kooperationsvertrag diente, wie dargelegt,
eigenen Interessen der Klägerin und sollte ihre Marktposition
im Bereich der Gewerbekunden stärken. Im Rahmen dieser
Zielsetzung hat die Klägerin das Bonitätsrisiko für die Insolvenz-
schuldnerin übernommen und die gegen sie gerichtete Forderung
erworben. Einen Anhaltspunkt für die Absicht der Klägerin,
Ansprüche der Streithelferin in deren Interesse dem Schutz der
Globalzession zu unterstellen, hat das Berufungsgericht nicht
festgestellt und der Beklagte in den Tatsacheninstanzen nicht
vorgetragen.

[21] 3. Der Beklagte hat den Leasingvertrag vom 19. Februar
2004 nicht wirksam angefochten.

[22] a) Einen Anfechtungsgrund gem. § 123 Abs.1 BGB hat
das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei und von der Revision
unangegriffen verneint. Angesichts des ausdrücklichen Hinweises
auf die Möglichkeit der Forderungsabtretung in dem Leasingvertrag
kann von einer arglistigen Täuschung über die Abtretung
oder eine diesbezügliche Aufklärungspflichtverletzung
keine Rede sein.

[23] b) Entgegen der Auffassung der Revision befand sich die
Insolvenzschuldnerin bei Abschluss des Leasingvertrags auch
nicht in einem Inhaltsirrtum i. S. d. § 119 Abs.1 Alt.1 BGB.
Ein solcher Irrtum liegt vor, wenn der Erklärende seiner Äu-
ßerung einen anderen Sinn beimisst, als ihr objektiv zukommt,
d. h. wenn der Wille und die Vorstellung des Erklärenden über
das Erklärte und die rechtlich maßgebliche Bedeutung des
Erklärten auseinanderfallen (BGH, Urt. v. 8. 5.1980 -
IVa ZR 48/80, WM 1980, 875, 876; Erman/H.
Palm, BGB, 12. Aufl., § 119 Rz. 34; Palandt/Heinrichs/Ellenberger,
BGB, 67. Aufl., § 119 Rz.11).

[24] Dies hat der Beklagte nicht schlüssig dargelegt. Er hat in
den Tatsacheninstanzen lediglich vorgetragen, die Insolvenzschuldnerin
hätte den Leasingvertrag mit der Streithelferin nicht abgeschlossen,
wenn sie von der beabsichtigten Abtretung an die Klägerin gewusst
hätte. Sie habe eine Finanzierung außerhalb des Sparkassenverbands
angestrebt, um nicht von einem einzigen Finanzierungsgläubiger
ausschließlich abhängig zu sein. Der damit behauptete Irrtum der
Insolvenzschuldnerin darüber, dass die Klageforderung an die
Klägerin abgetreten werde und dort ihre Sicherheiten belaste, ist
kein Irrtum über den Inhalt und die Bedeutung ihrer Willenserklärung,
die zum Abschluss des Leasingvertrags geführt hat. Die Abtretung
der Forderung aus dem Leasingvertrag ist nicht Gegenstand des
Leasingvertrags zwischen der Klägerin und der Insolvenzschuldnerin,
sondern beruht auf einem Vertrag zwischen der Klägerin und ihrer
Streithelferin. Die - unterstellte - Annahme der Insolvenzschuldnerin,
eine solche Abtretung werde nicht erfolgen, kann lediglich ein
Beweggrund für den Abschluss des Leasingvertrags gewesen sein.
Ein solcher Motivirrtum begründet aber kein Anfechtungsrecht
gem. § 119 Abs.1 Alt.1 BGB (Palandt/Heinrichs/Ellenberger, a.a.O.,
§119 Rz. 29).

[25] III. Die Revision war demnach als unbegründet zurückzuweisen.

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