BGH, Urteil vom 15. August 2019 - III ZR 18/19

14.10.2019

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

Verkündet am:

15. August 2019

K i e f e rJustizangestellterals Urkundsbeamterder Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit


Nachschlagewerk: ja


BGHZ: ja

BGHR: ja


BGB § 839 A, B, Cb; BeamtStG § 36 Abs. 2; BBG § 63 Abs. 2


Die Remonstrationspflicht gemäß § 36 Abs. 2 BeamtStG und § 63 Abs. 2 BBG ist dem Grundsatz nach keine Amtspflicht, die dem Beamten Dritten gegenüber obliegt.


BGH, Urteil vom 15. August 2019 - III ZR 18/19 - OLG Bremen, LG Bremen


Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 15. August 2019 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Herrmann, die Richter Tombrink und Dr. Remmert sowie die Richterinnen Dr. Liebert und Dr. Arend

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen vom 23. Januar 2019 aufgehoben.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bremen vom 21. März 2018 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Rechtsmittelzüge zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

[1] Der Kläger macht gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch wegen der Ablehnung seiner Verbeamtung als Lehrer geltend.

[2] Der 1952 geborene Kläger war seit dem 1. Oktober 1978 bis zu seinem Ausscheiden wegen Erreichens der Altersgrenze am 31. Januar 2018 bei der Beklagten in einem Angestelltenverhältnis als Lehrer beschäftigt. Im Juni 1982 beantragte er erstmals die Übernahme in das Beamtenverhältnis. Dieser Antrag und weitere Anträge in den Folgejahren blieben ohne Erfolg.

[3] Mit Schreiben vom 8. Februar 2009 beantragte der Kläger erneut seine Übernahme in das Beamtenverhältnis. Am 19. Februar 2009 entschied das Bundesverwaltungsgericht zu einem aus Nordrhein-Westfalen stammenden Sachverhalt, dass die Bestimmung von Altersgrenzen für die Einstellung und Übernahme in eine Beamtenlaufbahn einer gesetzlichen Grundlage bedarf (BVerwGE 133, 143). Mit von der Mitarbeiterin L. unterzeichnetem Bescheid vom 3. Juni 2009 lehnte die Senatorin für Bildung und Wissenschaft den Antrag des Klägers mit der Begründung ab, er habe die in den Verwaltungsvorschriften zu § 48 der Landeshaushaltsordnung (LHO) geregelte Altersgrenze überschritten; eine Ausnahmegenehmigung komme nicht in Betracht. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch.

[4] Im November 2009 erfolgte eine E-Mail-Korrespondenz zwischen Mitarbeitern des Bildungsressorts im bremischen Senat und der P. N.

GmbH, einem Eigenbetrieb des Landes Bremen für Dienstleistungen aus dem Personal-, Finanz- und Versicherungswesen, in der die Auswirkungen der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Februar 2009 erörtert wurden (Anlage Bfg K8). Der für den Widerspruch des Klägers zuständige Bedienstete M. der Senatorin für Bildung und Wissenschaft erhielt diese E-Mail-Korrespondenz in Kopie ("cc") sowie einen Vermerk einer Mitarbeiterin der Senatorin für Bildung und Wissenschaft vom 11. Dezember 2009 betreffend den Kläger (Anlage Bfg K8). Mit Bescheid vom 23. März 2010 (Anlage Bfg K6) wies die Senatorin für Bildung und Wissenschaft den Widerspruch des Klägers zurück.

[5] Hiergegen erhob der Kläger Klage vor dem Verwaltungsgericht Bremen. Während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wurden § 48 Abs. 1 Satz 1 LHO neu gefasst und eine gesetzliche Altersgrenze eingeführt (Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Änderung der Haushaltsordnung der Freien Hansestadt Bremen vom 16. November 2010 [Brem.GBl. S. 590]). Daraufhin wies das Verwaltungsgericht die Verpflichtungsanträge des Klägers auf Übernahme in das Beamtenverhältnis zurück. Es stellte jedoch fest, dass die Ablehnung der Übernahme in das Beamtenverhältnis durch den Bescheid vom 3. Juni 2009 und den Widerspruchsbescheid vom 23. März 2010 rechtswidrig war, weil die Ablehnung zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides nicht auf die nur in einer Verwaltungsvorschrift geregelte Einstellungsaltersgrenze habe gestützt werden dürfen (Urteil vom 15. Januar 2013 - 6 K 505/10 [nicht veröffentlicht], Anlage K1). Das Oberverwaltungsgericht Bremen lehnte den Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts ab (Beschluss vom 22. September 2014 - 2 A 34/13 [nicht veröffentlicht], Anlage K2).

[6] Der Kläger begehrt die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für alle entstandenen und künftigen Schäden im Hinblick darauf, dass er seit Eintritt in den Ruhestand nicht Ruhestandsbezüge als Beamter bezieht. Er macht geltend, die Beklagte habe die Versagung der Verbeamtung nicht auf sein Lebensalter stützen dürfen. Das Verhalten der für die Beklagte handelnden Mitarbeiter sei amtsmissbräuchlich gewesen, da ihnen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Februar 2009 bekannt gewesen sei und sie gewusst hätten, dass keine gesetzliche Grundlage zur Ablehnung der Anträge auf Verbeamtung wegen Überschreitens der Altersgrenze vorhanden gewesen sei. Die Beklagte habe bewusst das verfassungsrechtlich garantierte Recht des Klägers aus Art. 33 Abs. 2 GG verletzt. Ihr Verhalten erfülle die Voraussetzungen von § 826 BGB.

[7] Den Beamten der Beklagten habe auch eine - drittschützende - Remon-

strationspflicht nach § 36 Abs. 2 BeamtStG oblegen.

[8] Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz des Schadens festgestellt, der dem Kläger dadurch entstanden ist und künftig entstehen wird, dass er bei Eintritt in den Ruhestand nicht Ruhestandsbezüge als Beamter bezieht.

[9] Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Zurückweisung der Berufung des Klägers weiter.

Entscheidungsgründe

[10] Die zulässige Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückweisung der Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts.

[11] I. Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:

[12] Die Bediensteten der Beklagten hätten ihre Amtspflichten verletzt, indem sie den Verbeamtungsantrag des Klägers in rechtswidriger Weise abgewiesen hätten, ohne zuvor gegen die Anwendung der Verwaltungsvorschrift zu § 48 LHO aF zu remonstrieren. Zwar handele ein Beamter, der aufgrund einer ihn bindenden Weisung einer vorgesetzten Stelle eine rechtswidrige Maßnahme treffe, nicht amtspflichtwidrig. Fraglich sei aber, ob eine Amtspflichtverletzung entfalle, wenn der insoweit dienstrechtlich gebundene Beamte eine Verwaltungsvorschrift befolge. Das sei jedenfalls dann nicht der Fall, wenn sich bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt durchgreifende Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Verwaltungsvorschrift ergäben. Der Beamte sei zwar gemäß § 35 Satz 2 BeamtStG an die Anordnungen und Richtlinien seines Vorgesetzten gebunden. Ihm obliege jedoch nach § 36 Abs. 1 BeamtStG die persönliche Verantwortung für die Rechtmäßigkeit seiner Diensthandlung, so dass er verpflichtet sei, dienstliche Anordnungen auf ihre Vereinbarkeit mit dem materiellen Gesetzesrecht zu überprüfen. Bedenken habe er nach § 36 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG auf dem Dienstweg geltend zu machen. Seine Haftung ende gemäß § 36 Abs. 2 Satz 3 BeamtStG erst, wenn das Remonstrationsverfahren durchlaufen und die Anordnung bestätigt worden sei. Vorliegend habe sich den Beamten aufdrängen müssen, dass die Verwaltungsvorschrift als Grundlage für die Ablehnung einer Verbeamtung nicht mehr geeignet gewesen sei und ihre Anwendung eine Verletzung der Rechte des Klägers nach sich ziehe. Gleichwohl hätten sie pflichtwidrig nicht gegen die Heranziehung der Verwaltungsvorschrift remonstriert. Dass die Weisung aus der E-Mail-Korrespondenz von November 2009 auf einer Remonstration beruhe, habe die Beklagte nicht dargelegt. Selbst wenn dies aber der Fall gewesen sei, ändere dies nichts an der Haftung der Beklagten, weil dann die Verantwortlichkeit auf die anweisende Vorgesetzte übergegangen sei. Deren Weisung erweise sich aus denselben Gründen als Amtspflichtverletzung, für die die Beklagte hafte. Dass die Anweisende eine Beamtin einer Landesbehörde gewesen sei, habe die Beklagte nicht dargelegt.

[13] Die Pflicht zur Remonstration sei vorliegend eine drittgerichtete Amtspflicht gewesen. Es handele sich zwar zunächst um eine binnenrechtliche Regelung im Verhältnis zwischen dem Beamten und seinem Vorgesetzten. Das Remonstrationsverfahren diene aber auch dem Zweck, die Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns zu gewährleisten. Als solches sei es drittgerichtet, wenn es um die Bescheidung von Anträgen gehe, die grundrechtlich geschützte Positionen des Antragstellers beträfen.

[14] Die Beamten hätten auch schuldhaft gehandelt. Bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt hätte sich ihnen die Rechtswidrigkeit der Verwaltungsvorschrift und die aus ihrer Anwendung folgende Verletzung des grundrechtsgleichen Rechts des Klägers aus Art. 33 Abs. 2 GG aufdrängen müssen. Sie hätten sich die für ihre Tätigkeit erforderlichen Rechtskenntnisse auch im Hinblick auf die einschlägige höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verschaffen, diese berücksichtigen und inhaltlich auf den vorliegenden Fall übertragen müssen. Hier hätten sich die Beamten sorgfaltswidrig der Einsicht verschlossen, dass nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Februar 2009 keine gesetzliche Grundlage für die Heranziehung der Altersgrenze bestanden habe. Der Ablehnungsbescheid befasse sich gar nicht mit dieser Entscheidung. Der Widerspruchsbescheid verschließe sich deren Begründung. Gehe man von einem Handeln des Beamten M. auf Weisung aus, sei die Weisung ebenfalls eine Amtspflichtverletzung. Die E-Mail-Korrespondenz spreche dafür, dass den anweisenden Beamten der Beklagten das Fehlen einer Grundlage für die Heranziehung der Altersgrenze bewusst gewesen sei.

[15] Die Amtspflichtverletzung sei auch kausal für den geltend gemachten Schaden. Eine fehlerhafte Ermessensentscheidung sei dann ursächlich für einen Schaden, wenn feststehe, dass er bei richtiger Handhabung des Ermessens nicht eingetreten wäre. Hier habe die Beklagte nicht vorgetragen, dass die Finanzsenatorin beziehungsweise der Senat die Verwaltungsvorschrift trotz Hinweises auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufrechterhalten hätten. Das Ermessen der Beklagten sei reduziert gewesen. Der Bewerber habe zwar regelmäßig nur einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Indes habe die Beklagte über die Verbeamtung ohne Berücksichtigung einer Altersgrenze entscheiden müssen. Andere Gründe hätten einer Verbeamtung des Klägers nicht entgegengestanden.

[16] Die Neuregelung in § 48 LHO hindere den Schadensersatzanspruch nicht. Zwar seien nachträglich eintretende Umstände, die mit dem schädigenden Ereignis in einem qualifizierten Zusammenhang stünden, zu berücksichtigen. Dieser Grundsatz finde jedoch keine Anwendung, wenn die pflichtwidrig handelnde Behörde die fehlende materielle Rechtsgrundlage für ihr Vorgehen nicht in alleiniger Zuständigkeit, sondern nur mit parlamentarischer Mitwirkung schaffen könne.

[17] II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Der Kläger hat gegen die beklagte Stadtgemeinde keinen Amtshaftungsanspruch nach § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB, Art. 34 Satz 1 GG (nachfolgend 1.) oder einen sonstigen Anspruch auf Schadensersatz oder Entschädigung (nachfolgend 2.)

[18] 1. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft einen Amtshaftungsanspruch nach § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB, Art. 34 Satz 1 GG bejaht. Die Amtsträger der beklagten Stadtgemeinde haben nicht deshalb amtspflichtwidrig gehandelt, weil sie den Verbeamtungsantrag des Klägers vom 8. Februar 2009 - objektiv rechtswidrig - abgewiesen haben, ohne zuvor gemäß § 36 Abs. 2 BeamtStG gegen die Anwendung der Verwaltungsvorschrift zu § 48 LHO aF zu remonstrieren (nachfolgend a). Sie handelten - eine Amtspflichtverletzung unterstellt - jedenfalls ohne Verschulden (nachfolgend b).

[19] a) Der Ausgangsbescheid vom 3. Juni 2009 und der Widerspruchsbescheid vom 23. März 2010 waren zwar, wie auf Grund der verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen im vorausgegangenen Verfahren (VG Bremen, Urteil vom 15. Januar 2013 aaO; OVG Bremen, Beschluss vom 22. September 2014 aaO) im Rahmen ihrer Rechtskraftwirkung nach § 121 VwGO für den Amtshaftungsprozess bindend feststeht (vgl. Senat, Urteil vom 9. Dezember 2004 - III ZR 263/04, BGHZ 161, 305, 309; BeckOGK/Dörr, BGB, § 839 Rn. 850 [Stand: 1. Juni 2019]; jew. mwN; siehe auch Senat, Urteil vom 18. April 2019 - III ZR 67/18 Rn. 17, zur Veröffentlichung vorgesehen), rechtswidrig. Denn die Ablehnung des Verbeamtungsantrags durfte zum Zeitpunkt des Erlasses der Bescheide nicht auf die (nur) in einer Verwaltungsvorschrift geregelte Höchstaltersgrenze gestützt werden.

[20] Gleichwohl haben die Amtsträger der beklagten Stadtgemeinde nicht ihre gegenüber dem Kläger bestehende Amtspflicht zu rechtmäßiger Amtsausübung verletzt, indem sie die Verwaltungsvorschrift zu § 48 LHO aF angewendet haben, ohne zuvor hiergegen zu remonstrieren.

[21] aa) Die Amtsträger waren in Bezug auf die Ablehnung des Antrags des Klägers auf Verbeamtung innenrechtlich weisungsgebunden.

[22] (1) Nach § 35 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG und § 62 Abs. 1 Satz 2 BBG sind Beamte verpflichtet, die dienstlichen Anordnungen ihrer Vorgesetzten auszuführen und deren allgemeine Richtlinien zu befolgen (sog. Weisungsgebundenheit und Folgepflicht). Dienstliche Anordnungen betreffen konkrete und individuell bestimmte Sachverhalte. Sie können generell (allgemeine Weisung) oder speziell (Einzelweisung) erfolgen. Unter allgemeinen Richtlinien in diesem Sinne sind hingegen Vorschriften - wie zum Beispiel Verwaltungsvorschriften - zu verstehen, die eine unbestimmte Zahl von Fällen betreffen, ohne diese in allen Einzelheiten zu regeln (vgl. Battis/Grigoleit, BBG, 5. Aufl., § 62 Rn. 4; BeckOK BeamtenR Bund/Werres, BeamtStG, § 35 Rn. 7 [Stand: 1. Februar 2019]; Metzler-Müller in Metzler-Müller/Rieger/Seeck/Zentgraf, BeamtStG, 4. Aufl., § 35 Erl. 3.2; Reich, BeamtStG, 3. Aufl., § 35 Rn. 3; Schachel in Schütz/Maiwald, Beamtenrecht - Kommentar, 16. Upd. 6/2019, § 35 BeamtStG Rn. 8). Die Folgepflicht besteht - abgesehen von den in § 36 Abs. 2 Satz 4 BeamtStG und § 63 Abs. 2 Satz 4 BBG genannten Fällen - grundsätzlich auch bei rechtswidrigen Weisungen (BVerfG, NVwZ 1995, 680; Reich aaO Rn. 4).

[23] Ein Beamter, der aufgrund einer ihn bindenden Weisung einer vorgesetzten Stelle eine - objektiv - rechtswidrige Maßnahme trifft, handelt nicht amtspflichtwidrig (st. Rspr.; s. nur Senat, Urteile vom 16. April 2015 - III ZR 333/13, BGHZ 205, 63 Rn. 18; vom 7. Februar 1985 - III ZR 212/83, NVwZ 1985, 682, 683; vom 16. Dezember 1976 - III ZR 3/74, NJW 1977, 713 und vom 21. Mai 1959 - III ZR 7/58, NJW 1959, 1629, 1630; Beschluss vom 11. Dezember 2008

- III ZR 216/07, NVwZ-RR 2009, 363 Rn. 5; s. auch BeckOGK/Dörr aaO Rn. 170, 478, 599; jew. mwN). Das geltende Recht bindet den Amtsträger grundsätzlich auch dann an die Weisung seines Vorgesetzten, wenn die Verwirklichung dieses Befehls eine Außenpflicht des Staates verletzt. Der Amtsträger hat in diesem Fall das getan, was das (Dienst-)Recht von ihm verlangt. Mit der Weisung gehen ein Stück Zuständigkeit und ein Teil von Amtspflichten, die generell bei einem bestimmten Beamten liegen, auf die anweisende Behörde und - für die Anwendbarkeit des § 839 BGB - auf einen Beamten dieser Behörde über. Diese Entlastung des angewiesenen Beamten ist keine Frage fehlenden Verschuldens, sondern eine solche der objektiven Haftungszurechnung. Dementsprechend haftet im Außenverhältnis zu dem Geschädigten allein die anweisende Behörde (Senat, Urteil vom 16. April 2015 aaO; Beschluss vom 11. Dezember 2008 aaO; BeckOGK/

Dörr aaO Rn. 478, 599).

[24] Jedoch begründen nach der Rechtsprechung des Senats Erlasse, die der nachgeordneten Verwaltung - wie hier - allgemein eine bestimmte Gesetzesanwendung vorschreiben, regelmäßig keine Amtspflichten gegenüber dem einzelnen Bürger, wenn unbestimmt viele Sachverhalte geordnet werden, so dass in diesen Fällen eine Haftungsverlagerung von der nachgeordneten auf die übergeordnete Behörde ausscheidet (Senat, Urteile vom 16. April 2015 aaO Rn. 19 f und vom 12. Dezember 1974 - III ZR 76/70, BGHZ 63, 319, 324).

[25] (2) Dies zu Grunde gelegt war die Amtsträgerin der Ausgangsbehörde, Frau L. , bei der Ablehnung des Antrags des Klägers durch Bescheid vom 3. Juni 2009 beamtenrechtlich an die Verwaltungsvorschrift zu 48 LHO aF gebunden, hat also das getan, wozu sie verpflichtet war (vgl. MüKoBGB/Papier/Shirvani, 7. Aufl., § 839 Rn. 10, 210; Papier in Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, 3. Aufl., § 180 Rn. 33). Der Weisungscharakter ist insbesondere nicht aufgrund der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Februar 2009 entfallen. Für den Fall, dass die Amtsträgerin der Ausgangsbehörde die Verwaltungsvorschrift - die auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für die Bestimmung einer Altersgrenze nicht ausreichend war (aaO Rn. 10) - unangewendet gelassen hätte, hätte sie vielmehr ihre Amtspflicht nach § 35 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG verletzt (zur Remonstrationspflicht nach § 36 Abs. 2 BeamtStG vgl. nachfolgend bb).

[26] (3) (a) Im Hinblick auf das Widerspruchsverfahren ist bereits die Passivlegitimation der beklagten Stadtgemeinde zweifelhaft.

[27] (aa) Der bremische Staat führt den Namen "Freie Hansestadt Bremen" (Art. 64 LV Bremen). Die Stadt Bremen bildet für sich eine Gemeinde des bremischen Staates und ist eine Gebietskörperschaft des öffentlichen Rechts (Art. 143 Abs. 1, Art. 144 Satz 1 LV Bremen). Der Senat ist die Landesregierung der Freien Hansestadt Bremen (Art. 107 Abs. 1 LV Bremen) und hat die Aufsicht über die Gemeinden (Art. 147 Abs. 1 LV Bremen). Er ist zugleich gesetzliches Organ der Stadtgemeinde Bremen (Art. 148 Abs. 1 Satz 1 LV Bremen).

[28] Bei Klagen aus dem Beamtenverhältnis, zu denen auch Klagen auf Einstellung in das Beamtenverhältnis gehören (BVerwGE 100, 280, 283 mwN; Eck in Schütz/Maiwald aaO § 54 BeamtStG Rn. 25; Burkholz in v. Roetteken/Rothländer, BeamtStG, 15. Upd. 5/2019, § 54 Rn. 16), erlässt gemäß § 126 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BRRG und dem am 1. April 2009 in Kraft getretenen, gleichlautenden § 54 Abs. 3 Satz 1 BeamtStG den Widerspruchsbescheid die oberste Dienstbehörde. Dies ist für das Land und die Stadtgemeinde Bremen gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 des Bremischen Beamtengesetzes (i.d.F. v. 15. September 1995; ähnlich § 3 Abs. 1 Satz 1 und 2 Bremisches Beamtengesetz i.d.F. vom 22. Dezember 2009) der Senat der Freien Hansestadt Bremen, das heißt des bremischen Staates (vgl. Art. 64 LV Bremen), und damit die Landesregierung. Der Bremer Senat hat die Entscheidung über Widersprüche nach § 126 Abs. 3 Nr. 2 BRRG (= § 54 Abs. 3 Satz 1 BeamtStG) auf seine Mitglieder für ihren jeweiligen Geschäftsbereich übertragen (Art. 3 Abs. 5 der Anordnung des Senats zur Übertragung von dienstrechtlichen Befugnissen vom 7. Dezember 1999).

[29] Nach der vorstehenden gesetzlichen Kompetenzverteilung hätte der Amtsträger der Widerspruchsbehörde, Herr M. , für den Senat der Freien Hansestadt Bremen als Landesregierung (oberste Dienstbehörde) und nicht als Organ der beklagten Stadtgemeinde handeln müssen. Dem Senat oblag einerseits die Ernennung der Beamten im Schuldienst (§ 9 Abs. 1 Satz 1 BremBG) als Organ der Stadtgemeinde Bremen (Art. 148 Abs. 1 Satz 1 LV Bremen) und andererseits die Entscheidung über Widersprüche nach § 126 Abs. 3 Nr. 2 BRRG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 des Bremischen Beamtengesetzes (i.d.F. v. 15. September 1995) als Organ der Freien Hansestadt Bremen, das heißt des Landes.

[30] (bb) Indes haben das Landgericht (S. 2 des Tatbestandes) und das Oberlandesgericht (S. 9 f der Entscheidungsgründe) festgestellt, dass der Amtsträger M. bei Erlass des Widerspruchsbescheides für die Beklagte gehandelt hat. Diese von der Beklagten nicht angegriffenen Feststellungen sind dem Revisionsverfahren zugrunde zu legen, auch wenn sie nicht der gesetzlichen Zuständigkeitsregelung entsprechen.

[31] (b) Der Amtsträger M. war allerdings bei der Zurückweisung des Widerspruchs des Klägers ebenfalls innen- beziehungsweise beamtenrechtlich gebunden. Auch für ihn gilt, dass der Weisungscharakter nicht aufgrund der

- ihm unstreitig bekannten - Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Februar 2009 entfallen war. Für den Fall, dass er die Verwaltungsvorschrift zu § 48 LHO aF unangewendet gelassen hätte, hätte vielmehr auch er seine Amtspflicht nach § 35 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG verletzt. Dabei kann dahinstehen, ob er unmittelbar aufgrund dieser ihn bindenden Verwaltungsvorschrift oder unter Berücksichtigung der E-Mail-Korrespondenz zwischen verschiedenen Mitarbeitern der Senatorin für Bildung und Wissenschaft sowie der P. N. GmbH oder des Vermerks der Mitarbeiterin L. vom 11. Dezember 2009 (Anlage Bfg K8) aufgrund einer dienstlichen Anordnung handelte. Für den Fall, dass er aufgrund der Verwaltungsvorschrift zu § 48 LHO aF handelte, unterlag er - wie die Amtsträgerin im Ausgangsverfahren - der Gehorsams- und Folgepflicht nach § 35 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG. Nichts anderes gilt, wenn er aufgrund einer dienstlichen Anordnung handelte, die nur den Kläger oder einen überschaubaren, den Kläger einschließenden Kreis bestimmter Personen betraf. Auch insoweit hätte er nur das getan, was das (Dienst-)Recht von ihm verlangte. In diesem Fall haftete im Außenverhältnis zu dem Geschädigten allein die anweisende Behörde (vgl. Senat, Urteil vom 16. April 2015 aaO Rn. 18 ff mwN).

[32] Soweit der Kläger dem Amtsträger M. vorwirft, amtsmissbräuchlich gehandelt zu haben, weil er sich angesichts des ihm bekannten Urteils des Bundesverwaltungsgerichts bewusst der geltenden Rechtslage widersetzt habe, blendet er zu Unrecht die beamtenrechtliche Folgepflicht und Weisungsgebundenheit aus. Auch sie ist geltendes Recht. Sie bindet den Amtsträger - wie ausgeführt - grundsätzlich auch an rechtswidrige Weisungen.

[33] bb) Eine haftungsbegründende Amtspflichtverletzung der Amtsträger der beklagten Stadtgemeinde ergibt sich nicht daraus, dass sie nicht gegen die Anwendung der Verwaltungsvorschrift zu § 48 LHO aF remonstriert haben. Denn bei der (unterstellten) Pflicht zur Remonstration nach § 36 Abs. 2 BeamtStG handelte es sich vorliegend - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - um keine den Amtsträgern der Beklagten gegenüber dem Kläger obliegende Amtspflicht.

[34] (1) Beamte unterliegen zwar der Weisungs- und Folgepflicht. Gleichwohl tragen sie beamtenrechtlich nach § 36 Abs. 1 BeamtStG, § 63 Abs. 1 BBG für die Rechtmäßigkeit ihrer dienstlichen Handlungen die volle persönliche Verantwortung. Von ihr werden sie nicht ohne Weiteres durch (individuelle oder generalisierende) Anordnungen entlastet. Vielmehr folgt aus der persönlichen Verantwortung die Verpflichtung, dienstliche Handlungen auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen. Diese Prüfung erfolgt anhand der einschlägigen Rechtsnormen, Rechtsverordnungen, Satzungen sowie allgemeinen Richtlinien durch Zurückgreifen auf Rechtsprechung und Fachliteratur (Battis/Grigoleit aaO § 63 Rn. 3; Zängl in Weiß u.a., BayBeamtenR, § 36 BeamtStG Rn. 42 [Stand: Dezember 2008]; jew. mwN).

[35] Soweit Beamte im Rahmen dieser Prüfung Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit dienstlicher Anordnungen haben, haben sie diese unverzüglich auf dem Dienstweg geltend zu machen (§ 36 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG; § 63 Abs. 2 Satz 1 BBG). Wird die Anordnung aufrechterhalten, haben sie sich, wenn die Bedenken fortbestehen, an den nächsthöheren Vorgesetzten zu wenden (§ 36 Abs. 2 Satz 2 BeamtStG; § 63 Abs. 2 Satz 2 BBG). Wird die Anordnung bestätigt, müssen die Beamten sie ausführen und sind von der eigenen Verantwortung befreit (§ 36 Abs. 2 Satz 3 BeamtStG; § 63 Abs. 2 Satz 3 BBG), abgesehen von den in § 36 Abs. 2 Satz 4 BeamtStG und § 63 Abs. 2 Satz 4 BBG geregelten Fällen.

[36] Diese sogenannte Remonstration ist nicht nur ein Recht des Beamten, sondern eine (Dienst-)Pflicht (Battis/Grigoleit aaO § 63 Rn. 4; Conrad in Weiß u.a. aaO § 36 BeamtStG Rn. 48 [Stand: September 2017]; Metzler-Müller aaO § 36 Erl. 3; v. Roetteken in v. Roetteken/Rothländer aaO § 36 Rn. 163; jew. mwN). Mit der Pflicht zur Ausführung der Anordnung nach § 36 Abs. 2 Satz 3 BeamtStG und § 63 Abs. 2 Satz 3 BBG wird die in § 35 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG und § 62 Abs. 1 Satz 2 BBG formulierte Verpflichtung, die durch § 36 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG und § 63 Abs. 2 Satz 1 BBG ausgesetzt wurde, wiederbelebt (Zängl aaO § 36 BeamtStG Rn. 86; Metzler-Müller aaO; Reich aaO § 36 Rn. 9).

[37] (2) Die Remonstrationspflicht ist indes grundsätzlich keine Amtspflicht, die dem Beamten Dritten gegenüber obliegt.

[38] Die Frage der Drittgerichtetheit der Remonstrationspflicht war bislang nicht Gegenstand der Senatsrechtsprechung. Von den Instanzgerichten und in der Literatur wird sie unterschiedlich beurteilt. Teilweise wird im Schrifttum vertreten, es handele sich bei der Remonstrationspflicht um eine Amtspflicht, die dem Beamten Dritten gegenüber obliege (BeckOK BeamtenR Nds/Neuhäuser, NBG, § 104 Rn. 3a [Stand: 1. Mai 2019]: in bestimmten Konstellationen; Staudinger/Wöstmann, BGB, Neubearb. 2013, § 839 Rn. 203). Nach anderer Auffassung handelt es sich nicht um eine drittschützende Amtspflicht (OLG Köln, Urteil vom 11. Dezember 2014 - 7 U 23/14, BeckRS 2015, 5658 Rn. 54; LG Bonn, Urteil vom 15. Januar 2014 - 1 O 271/12, BeckRS 2014, 2673; Felix, Das Remonstrationsrecht und seine Bedeutung für den Rechtsschutz des Beamten, 1993, S. 148 Fn. 5; Romann, Remonstrationsrecht und Remonstrationspflicht im Beamtenrecht, 1996, S. 95).

[39] Der Senat schließt sich dem Grundsatz nach der letztgenannten Auffassung an.

[40] (a) Die Drittgerichtetheit der Amtspflicht hat sowohl haftungsbegründende als auch -begrenzende Funktionen: Begründend, soweit klargestellt wird, gegenüber welchem Geschädigten die Verantwortlichkeit des Staates eintritt, begrenzend, soweit anderen Personen, die nicht zum Kreis der Dritten zählen, ein Anspruch auch dann zu versagen bleibt, wenn sich das pflichtwidrige Handeln des Amtsträgers für sie nachteilig ausgewirkt hat (st. Senatsrechtsprechung, s. etwa Urteile vom 26. April 2018 - III ZR 367/16, NVwZ 2018, 1333 Rn. 24 mwN; vom 20. Oktober 2016 - III ZR 278/15, BGHZ 212, 303 Rn. 21 mwN und vom 14. Juli 2016 - III ZR 265/15, BGHZ 211, 171 Rn. 15).

[41] Ob der Geschädigte dabei geschützter Dritter ist, bestimmt sich danach, ob die Amtspflicht - wenngleich nicht notwendig allein, so doch gegebenenfalls neben der Erfüllung allgemeiner Interessen und öffentlicher Zwecke auch - den Sinn hat, gerade sein Interesse wahrzunehmen. Aus den die Amtspflicht begründenden und sie umreißenden Bestimmungen sowie aus der besonderen Natur des Amtsgeschäfts muss sich ergeben, dass der Geschädigte zu dem Personenkreis zählt, dessen Belange nach dem Zweck und der rechtlichen Bestimmung des Amtsgeschäfts geschützt und gefördert werden sollen; darüber hinaus kommt es darauf an, ob in qualifizierter und zugleich individualisierbarer Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist. Da im Übrigen eine Person, der gegenüber eine Amtspflicht zu erfüllen ist, nicht in allen ihren Belangen als geschützter Dritter anzusehen sein muss, ist jeweils zu prüfen, ob gerade das im Einzelfall berührte Interesse nach dem Zweck und der rechtlichen Bestimmung des Amtsgeschäfts geschützt sein soll (st. Senatsrechtsprechung, vgl. nur Urteile vom 26. April 2018 aaO Rn. 25; vom 14. Juli 2016 aaO Rn. 16; vom 8. November 2012 - III ZR 151/12, BGHZ 195, 276 Rn. 14 f; vom 15. Oktober 2009 - III ZR 8/09, BGHZ 182, 370 Rn. 14; vom 20. Januar 2005 - III ZR 48/01, BGHZ 162, 49, 55; vom 1. Februar 2001 - III ZR 193/99, BGHZ 146, 365, 368 und vom 18. Februar 1999 - III ZR 272/96, BGHZ 140, 380, 382; zusammenfassend BeckOGK/Dörr aaO Rn. 278 ff).

[42] (b) Nach dieser Maßgabe war die (unterstellte) Remonstrationspflicht der Amtsträger der Beklagten nicht drittbezogen, weil sie nicht (auch) den Sinn hatte, gerade die Interessen des Klägers wahrzunehmen.

[43] (aa) Dabei kann dahinstehen, ob das Remonstrationsverfahren nur bei

(individuellen) dienstlichen Anordnungen im Sinne von § 35 Abs. 1 Satz 2

BeamtStG, § 62 Abs. 1 Satz 2 BBG oder auch bei allgemeinen Richtlinien anwendbar ist (vgl. einerseits Schachel aaO § 36 BeamtStG Rn. 11; andererseits Reich aaO § 36 Rn. 5 f; Zängl aaO § 36 BeamtStG Rn. 51; zusammenfassend v. Roetteken aaO § 36 Rn. 138 ff). Denn selbst in letzterem Fall wäre der Kläger vorliegend nicht geschützter Dritter einer Remonstrationspflicht.

[44] (bb) Bereits der Wortlaut und die Gesetzesssystematik der vorliegend einschlägigen §§ 35, 36 BeamtStG sprechen gegen den drittschützenden Charakter der Remonstrationspflicht. Die Vorschriften befinden sich in Abschnitt 6 des Beamtenstatusgesetzes über die "Rechtliche Stellung im Beamtenverhältnis", der neben der Folgepflicht (§ 35) und der Verantwortung für die Rechtmäßigkeit (§ 36) verschiedene weitere Einzelheiten des Dienstverhältnisses sowie die Folgen der Begehung von Dienstvergehen (§ 47) und die Pflicht zum Schadensersatz gegenüber dem Dienstherrn (§ 48) regelt. Sie betreffen damit das Beamtenverhältnis selbst, lassen jedoch keinen Außenbezug zu betroffenen Bürgern und deren Interessen erkennen. Dies zeigt etwa die Regelung in § 48 BeamtStG, die lediglich die dienstrechtliche Verantwortlichkeit des Beamten im Innenverhältnis bei der Verletzung der Pflichten nach §§ 33 ff BeamtStG betrifft, nicht hingegen die deliktische Verantwortlichkeit gegenüber geschädigten Dritten nach § 839 BGB. Die Eigenhaftung des Beamten nach § 839 BGB wird durch die Haftungsverlagerung in Art. 34 Satz 1 GG begrenzt. An die Stelle der hierdurch entfallenden Außenhaftung tritt im Innenverhältnis die Ersatzpflicht des Beamten nach § 48 BeamtStG, die auch das Rückgriffsrecht gemäß Art. 34 Satz 2 GG einschließt (vgl. Kohde in v. Roetteken/Rothländer aaO § 48 Rn. 10 ff m.zahlr.w.N.).

[45] (cc) Die Remonstrationspflicht ist auch nach ihrem Sinn und Zweck nicht drittschützend. Das Berufungsgericht hat im Ansatz zutreffend erkannt, dass die Remonstration nach § 36 Abs. 2 BeamtStG vorrangig der Lösung des Spannungsverhältnisses zwischen der Weisungsbindung beziehungsweise Folgepflicht (§ 35 BeamtStG) einerseits und der Verantwortung des Beamten für die Rechtmäßigkeit seiner dienstlichen Handlungen (§ 36 Abs. 1 BeamtStG) andererseits dient (vgl. Regierungsentwurf eines Bundesbeamtengesetzes, BT-Drs. 1/2846, S. 42 f; Conrad aaO § 36 BeamtStG Rn. 47; Metzler-Müller aaO § 36 Erl. 3; Schachel aaO § 36 BeamtStG Rn. 1, 11; Brägelmann in Schütz/Schmiemann, DisziplinarR, 4. Aufl., Teil C Rn. 200; v. Roetteken aaO § 36 Rn. 36 f; Felix aaO S. 13, 26). Es führt zu einer angemessenen Verteilung des Verantwortlichkeitsrisikos zwischen dem Beamten und seinem Dienstherrn sowie zur Klärung der Verantwortlichkeit, wenn Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer Anordnung bestehen, indem es den Beamten bei erfolgloser Remonstration von der eigenen Verantwortung befreit und sie auf den Vorgesetzten verlagert (Metzler-Müller aaO; v. Roetteken aaO; Conrad aaO; Felix aaO S. 24).

[46] Damit dient das Remonstrationsverfahren zwar auch der Sicherung der Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns und ist im öffentlichen Interesse, weil die Möglichkeit eingeräumt wird, eine dienstliche Anordnung unter Berücksichtigung der vorgetragenen Bedenken nochmals zu prüfen und so einen Schaden zu vermeiden (Schachel aaO § 36 BeamtStG Rn. 1; Brägelmann in Schütz/

Schmiemann aaO; Conrad aaO; Loschelder in Handbuch des Staatsrechts aaO § 107 Rn. 100). Die Sicherung der Rechtmäßigkeit der Verwaltung als Zweck der Remonstrationspflicht gibt dieser jedoch nicht ohne weiteres einen drittschützenden Charakter im Sinne des Amtshaftungsrechts. So dient etwa auch die Beanstandungspflicht des Bürgermeisters gegenüber rechtswidrigen Beschlüssen der Gemeindevertretung beziehungsweise des Gemeinderats (vgl. z.B. Art. 59 Abs. 2 GO Bay; § 63 Abs. 2 HGO; § 33 Abs. 2 KV M-V; § 54 Abs. 2 GO NRW; § 43 Abs. 3 GO SH; § 44 ThürKO) allein dem öffentlichen Interesse an der Gesetzmäßigkeit der kommunalen Verwaltung, ohne dass es sich um eine Amtspflicht handelt, die unmittelbar dem Schutz des einzelnen Bürgers dient, selbst wenn der zugrunde liegende Beschluss dessen subjektive Rechte verletzt (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 17. April 1975 - III B 1103/74, juris Rn. 10 ff;

Kosmider, NVwZ 1986, 1000, 1001; Meier, KommJur 2006, 209, 214). Welchem Interesse die Sicherung der Rechtmäßigkeit der Verwaltung als Zweck der Remonstration dient, kann vielmehr nur im Zusammenhang von Wortlaut und Gesetzessystematik sowie den vorgenannten, speziell binnenrechtlichen Zwecken des Beamtenverhältnisses beantwortet werden. Hieraus folgt - wie ausgeführt -, dass die im beamtenrechtlichen Statusrecht geregelte Remonstrationspflicht nicht der Wahrnehmung des individuellen Interesses eines (betroffenen) Dritten dient.

[47] Daraus, dass hinsichtlich des konkreten Verwaltungshandelns, vor dessen Vornahme die Remonstration des Beamten erfolgen müsste, im Einzelfall drittgerichtete Amtspflichten bestehen mögen, ergibt sich nichts Anderes. Die Drittgerichtetheit einer im Außenverhältnis zum Bürger bestehenden Amtspflicht schlägt aus den vorstehenden Gründen nicht auf die nach innen im Beamtenverhältnis bestehende Remonstrationspflicht durch. Es kann - entgegen der Auffassung des Klägers - auch nicht aus § 36 Abs. 2 Satz 4 BeamtStG der Schluss gezogen werden, dass die Remonstration auch in anderen Konstellationen dem Schutz der dem betroffenen Bürger zustehenden Rechte dient. Nach der vorgenannten Regelung entfällt die beamtenrechtliche Folgepflicht, wenn das durch eine dienstliche Anordnung aufgetragene Verhalten die Würde des Menschen verletzt. Soweit hierdurch auch der individuelle Schutz der Menschenwürde des von Verwaltungshandeln Betroffenen bestimmt wird, ist dies der überragenden Bedeutung dieses Grundrechts geschuldet. Schlüsse für den Schutz anderer - auch grundrechtlich geschützter - individueller Interessen Dritter, die nicht in § 36 Abs. 2 Satz 4 BeamtStG genannt werden, können aus dieser Sonderregelung nicht gezogen werden.

[48] b) Ebenfalls rechtsfehlerhaft ist die Annahme des Berufungsgerichts, die Beamten der Beklagten treffe ein Schuldvorwurf, weil sich ihnen die Rechtswidrigkeit der Verwaltungsvorschrift zu § 48 LHO aF habe aufdrängen müssen. Selbst wenn die beamtenrechtliche Remonstrationspflicht - entgegen den vorangehenden Ausführungen - (auch) die Interessen des Klägers schützen sollte, rechtfertigen die Feststellungen des Berufungsgerichts nicht die Wertung, die (unterstellte) Verletzung dieser Pflicht beruhe auf einem Verschulden der Amtsträger der Beklagten.

[49] aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist bei der Verschuldensprüfung auf die Anforderungen abzustellen, deren Beachtung von einem Amtsträger generell erwartet werden kann. Jeder Amtsträger muss die zur Führung seines Amtes notwendigen Rechts- und Verwaltungskenntnisse besitzen oder sich verschaffen (s. nur Senat, Urteile vom 10. Februar 2011 - III ZR 37/10, BGHZ 188, 302 Rn. 13; vom 9. Dezember 2004 aaO S. 309 und vom 11. Dezember 1997 - III ZR 52/97, NJW 1998, 1307, 1308). Er ist bei der Gesetzesauslegung und Rechtsanwendung verpflichtet, die Gesetzes- und Rechtslage unter Zuhilfenahme der ihm zu Gebote stehenden Hilfsmittel sorgfältig und gewissenhaft zu prüfen und danach aufgrund vernünftiger Überlegungen sich eine Rechtsmeinung zu bilden (Senat, Urteile vom 4. Juli 2013 - III ZR 342/12, BGHZ 198, 1 Rn. 10; vom 10. Februar 2011 aaO und vom 9. Dezember 2004 aaO). Dabei begründet nicht jeder objektive Rechtsirrtum ohne Weiteres einen Schuldvorwurf. Wenn die nach solcher Prüfung gewonnene Rechtsansicht des Amtsträgers als vertretbar angesehen werden kann, lässt sich aus der späteren Missbilligung dieser Rechtsauffassung durch die Gerichte ein Schuldvorwurf nicht herleiten (Senat, Urteile vom 4. Juli 2013 aaO; vom 9. Dezember 2004 aaO und vom 3. Februar 2000 - III ZR 296/98, BGHZ 143, 362, 371; jew. mwN).

[50] bb) Bei Anwendung dieses Maßstabes hält die Auffassung des Berufungsgerichts einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

[51] (1) Dies gilt zunächst in Hinblick auf die zur Entscheidung im Ausgangsverfahren berufene Amtsträgerin L. . Sie handelte nicht sorgfaltswidrig.

[52] (a) Zwar ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die mit Verbeamtungsanträgen befassten Amtsträger sich über die auf ihrem Sachgebiet einschlägige Gesetzgebung und Rechtsprechung auf dem Laufenden halten müssen (vgl. BeckOGK/Dörr aaO Rn. 146; Zimmerling in Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 8. Aufl., § 839 Rn. 66; jew. mwN). Hier hatte das Bundesverwaltungsgericht am 19. Februar 2009 entschieden (aaO Rn. 8 ff), dass durch Altersgrenzen für die Einstellung und Übernahme in ein Beamtenverhältnis der Leistungsgrundsatz gemäß Art. 33 Abs. 2 GG eingeschränkt werden kann, dies jedoch eine normative Regelung erfordert und nicht der Verwaltungspraxis überlassen werden darf. Damit hatte das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich seine frühere Rechtsprechung aufgegeben, nach der eine Bestimmung von Altersgrenzen durch Verwaltungserlasse für ausreichend erachtet wurde (aaO Rn. 10 unter Verweis auf Urteile vom 31. Januar 1980 - 2 C 15.78, juris und vom 23. Oktober 1980 - 2 C 22.79, juris; s. auch BVerwGE 160, 370 Rn. 37).

[53] (b) Der zur Entscheidung im Ausgangsverfahren berufenen Amtsträgerin mussten sich - auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts - dennoch keine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Verwaltungsvorschrift zu § 48 LHO aF aufdrängen (vgl. zu diesem Maßstab BeckOGK/Dörr aaO Rn. 478; RGRK/Kreft, BGB, 12. Aufl., § 839 Rn. 290; jew. mwN). Das Berufungsgericht überspannt insofern die Sorgfaltsanforderungen. Insbesondere ist nicht in jedem Fall der Unkenntnis der Amtsträgerin von der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Februar 2009 ein Fahrlässigkeitsvorwurf gerechtfertigt. Vielmehr konnte eine (dann unverschuldete) Unkenntnis schlicht darauf beruhen, dass die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts - wie die Revision geltend macht - erst nach dem ablehnenden Bescheid vom 3. Juni 2009 in den einschlägigen Fachzeitschriften veröffentlicht wurde.

[54] (aa) Dabei ist zu berücksichtigen, dass - worauf die Beklagte hingewiesen hat (Berufungserwiderung vom 20. August 2018, S. 5) - erfahrungsgemäß bis zum Bekanntwerden und der Veröffentlichung höchstrichterlicher Entscheidungen eine gewisse Zeit vergeht (Senat, Urteil vom 5. Februar 1968 - III ZR 162/66, VersR 1968, 788, 791). Dies wird vorliegend bestätigt durch den Vortrag des Klägers im Berufungsverfahren, er habe gegenüber der Beklagten am 2. Juli 2009 (und mithin nach dem Datum des Ausgangsbescheides vom 3. Juni 2009) auf das ihm "nunmehr bekannt gewordene" Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Februar 2009 Bezug genommen (Schriftsatz vom 17. September 2018, S. 6). Folgerichtig hat der Kläger zu keinem Zeitpunkt konkret vorgetragen, dass bereits der Amtsträgerin der Ausgangsbehörde, Frau L. , bis zu dem ablehnenden Bescheid vom 3. Juni 2009 die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts hätte bekannt sein müssen.

[55] Grundlage des vom Berufungsgericht auch für den Fall der Unkenntnis dieser Entscheidung erhobenen Fahrlässigkeitsvorwurfs ist, dass die Amtsträgerin L. zum Zeitpunkt des ablehnenden Bescheides im Rahmen der gebotenen sorgfältigen und gewissenhaften Prüfung der Gesetzes- und Rechtslage unter Zuhilfenahme der ihr zu Gebote stehenden Hilfsmittel (vgl. Senat, Urteile vom 4. Juli 2013 aaO und vom 9. Dezember 2004 aaO) Kenntnis von der Entscheidung hätte erlangen können. Da es - trotz des vorgenannten Parteivortrags - hierzu keine Feststellungen getroffen hat, kann hiervon jedoch nicht ausgegangen werden. Tatsächlich erfolgte die Veröffentlichung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts zum Beispiel in der Neuen Zeitschrift für Verwaltungsrecht erst in dem am 15. Juli 2009 erschienenen Heft 13/2009, in der - monatlich (bei zwei Doppelheften) erscheinenden - Zeitschrift für Beamtenrecht erst in Heft 11/2009 und in der Entscheidungssammlung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE) erst in dem im Jahr 2010 erschienenen 133. Band.

[56] Für einen Fahrlässigkeitsvorwurf im Hinblick auf die Unkenntnis der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Februar 2009 seitens der Amtsträgerin der den Ablehnungsbescheid erlassenden Ausgangsbehörde besteht nach alledem kein Anhalt.

[57] (bb) Bis zu dieser Entscheidung wurden Einstellungshöchstaltersgrenzen für Beamte traditionell durch Verwaltungsvorschrift bestimmt (s. auch BVerwGE 160, 370 Rn. 37). Dies wurde von der höchstrichterlichen Rechtsprechung lange Zeit ausdrücklich gebilligt (BVerwG, Urteile vom 23. Oktober 1980 aaO Rn. 18 und vom 31. Januar 1980 aaO) und betraf insbesondere auch die - § 48 LHO aF nahezu wortgleiche - Regelung in § 48 der Bundeshaushaltsordnung in der Fassung vom 19. August 1969. Das Oberverwaltungsgericht Bremen erkannte in einem - den Kläger betreffenden - Beschluss vom 1. Februar 2006 (2 A 445/04, juris Rn. 31) ebenfalls die Befugnis des Dienstherrn an, eine angemessene Mindestdauer des Beamtenverhältnisses durch die Bestimmung von Einstellungshöchstaltersgrenzen - wie in § 48 LHO aF vorgesehen - in generalisierender Weise durch Verwaltungsvorschrift sicherzustellen. Erst im Jahr 2009 vollzog das Bundesverwaltungsgericht eine Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung und verlangte eine normative Ausgestaltung (Urteil vom 19. Februar 2009 aaO).

[58] Die Amtsträgerin der Ausgangsbehörde hat somit in dem Bescheid vom 3. Juni 2009 auf der Grundlage und im Einklang mit der bis zum 19. Februar 2009 von der höchstrichterlichen Rechtsprechung gebilligten Verwaltungspraxis entschieden. Sie hat sich sorgfältig und gewissenhaft mit den vorangehenden, den Kläger betreffenden, verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen und mit seiner Argumentation aus dem Antrag vom 8. Februar 2009 auseinandergesetzt. Dabei hat sie auch die - aus ihrer Sicht - rechtmäßigen Bestimmungen zur Höchstaltersgrenze in § 48 LHO aF iVm der Verwaltungsvorschrift berücksichtigt. Dass - ohne Kenntnis der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Februar 2009 - in dem Ausgangsbescheid keine Auseinandersetzung mit der Frage der Vereinbarkeit von Höchstaltersgrenzen in Verwaltungsvorschriften mit höherrangigem Recht erfolgte, gereicht der Amtsträgerin der Ausgangsbehörde daher nicht zum Sorgfaltsverstoß.

[59] (2) Auch der den Widerspruchsbescheid vom 23. März 2010 erlassende Amtsträger M. , von dessen Handeln für die Beklagte - entgegen der gesetzlichen Kompetenzverteilung - aufgrund der Feststellungen der Vorinstanzen auszugehen ist (siehe vorstehend zu a bb (3) (a)), handelte nicht sorgfaltswidrig, als er eine Remonstration unterließ, obwohl er die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Februar 2009 kannte. Denn eine solche Remonstration wäre - wie für ihn erkennbar war - erfolglos geblieben. Ausweislich der ihm zur Kenntnis zugeleiteten E-Mail-Korrespondenz aus November 2009 und des an ihn gerichteten Vermerks vom 11. Dezember 2009 (Anlage Bfg K8) war seiner Vorgesetzten und anderen Mitarbeitern der Senatorin für Bildung und Wissenschaft bekannt, dass die Verwaltungsvorschrift zu 48 LHO aF den Anforderungen der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht genügte. Gleichwohl befürworteten sie - im Hinblick auf die beabsichtigte Änderung der Rechtslage - übereinstimmend die Ablehnung der vorliegenden Anträge auf Verbeamtung und diesbezüglichen Widersprüche. Für den Widerspruch des Klägers wies die Vorgesetzte, wie das Berufungsgericht festgestellt hat (S. 16 der Entscheidungsgründe), den Amtsträger M. mit Vermerk vom 11. Dezember 2009 entsprechend an. Eine Remonstration seinerseits hiergegen und im Hinblick auf die Verwaltungsvorschrift zu § 48 LHO aF hätte daher, wie für ihn erkennbar war, offensichtlich keinen Erfolg gehabt. Es erscheint bereits fraglich, ob die Unterlassung einer erkennbar aussichtslosen Remonstration überhaupt pflichtwidrig ist. Sie ist aber jedenfalls nicht sorgfaltswidrig.

[60] (3) Soweit das Berufungsgericht unter Berücksichtigung der E-Mail-Korrespondenz aus November 2009 und des Vermerks vom 11. Dezember 2009 eine schuldhafte Amtspflichtverletzung der die Weisung gegenüber dem Amtsträger M. erteilenden Beamtin bejaht hat und der Kläger auch in dieser Korrespondenz einen pflichtwidrigen Amtsmissbrauch erkennt, ist die Beklagte nicht passivlegitimiert.

[61] (a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats kommt es - anders als bei der vorliegend in Rede stehenden Verwaltungsvorschrift - zu einer Haftungsverlagerung von der nachgeordneten auf die übergeordnete Behörde, wenn es sich um eine Weisung handelt, die einen Einzelfall beziehungsweise einen überschaubaren Kreis bestimmter Personen betrifft (Senat, Urteile vom 16. April 2015 aaO Rn. 20 und vom 12. Dezember 1974 - III ZR 76/70, BGHZ 63, 319, 324). Sieht man - mit dem Berufungsgericht (S. 16 der Entscheidungsgründe) - in dem den konkreten Einzelfall des Klägers betreffenden Vermerk vom 11. Dezember 2009 eine Weisung gegenüber dem Beamten M. , geht die Haftung von dem angewiesenen Beamten und dessen Körperschaft auf den anweisenden Beamten und dessen Körperschaft über.

[62] (b) Das ist jedoch entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht die beklagte Stadtgemeinde. Denn die Weisung ging nicht von ihren Amtsträgern aus, sondern von Amtsträgern des Senats der Freien Hansestadt Bremen. Insofern wird auf die vorstehenden Ausführungen (zu a bb (3) (a)) Bezug genommen. Vorliegend wurde die Weisung im Verlauf des Widerspruchsverfahrens erteilt. Dort handelten zumindest die anweisenden Amtsträger nicht für die beklagte Stadtgemeinde, sondern für den Senat der Freien Hansestadt Bremen. Diesem oblag einerseits die Ernennung der Beamten im Schuldienst als Organ der beklagten Stadtgemeinde (Art. 148 Abs. 1 LV Bremen; vgl. § 9 Abs. 1 Satz 1 BremBG, §§ 4, 6 und 8 BremSchVwG) und andererseits - im Rahmen der Rechtsaufsicht (Art. 147 LV Bremen; § 11 Abs. 1 BremSchVwG) - als oberste Dienstbehörde die Entscheidung über Widersprüche nach § 126 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BRRG (= § 54 Abs. 3 Satz 1 BeamtStG). Soweit das Berufungsgericht ausführt, es sei nicht dargelegt, dass die Anweisende eine Beamtin einer Landesbehörde gewesen sei, geht dies fehl. Denn das Handeln der anweisenden Amtsträgerin für den Senat der Freien Hansestadt Bremen als Landesbehörde ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz. Dass auch die anweisende Amtsträgerin - entgegen der gesetzlichen Kompetenzverteilung - für die Beklagte handelte, haben die Vorinstanzen - anders als im Fall des Bediensteten M. - nicht festgestellt.

[63] Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Beklagen der Einwand fehlender Passivlegitimation nicht deshalb verwehrt, weil sich erst gegen Ende des vorliegenden Rechtsstreits in der Vorinstanz herausgestellt hat, dass die (geltend gemachte) Grundrechtsverletzung auf einer rechtswidrigen Weisung anderer öffentlicher Funktionsträger an die mit der Entscheidungsfindung beauftragten Beamten beruht. Der Kläger würde hierdurch keineswegs rechtlos gestellt. Ihm hätte frühzeitig aufgrund der Gesetzeslage (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 BRRG bzw. § 54 Abs. 3 Satz 1 BeamtStG iVm § 4 Abs. 1 Satz 1 Bremisches Beamtengesetz i.d.F. v. 15. September 1995) bekannt sein können, dass der Widerspruchsbescheid von dem Senat als Organ der obersten Dienstbehörde, das heißt als Organ der Freien Hansestadt Bremen und nicht der beklagten Stadtgemeinde, zu erlassen war, deshalb alle Handlungen von Beamten der Senatorin für Bildung und Wissenschaft im Widerspruchsverfahren dem Land Bremen und nicht der beklagten Stadtgemeinde zuzurechnen sein konnten und die Amtshaftungsklage, soweit mit ihr Amtspflichtverletzungen im Widerspruchsverfahren geltend gemacht werden sollten, gegen das Land Bremen zu richten war. Wäre letzteres geschehen, wären alle etwaigen amtspflichtwidrigen Handlungen von Amtsträgern der Senatorin für Bildung und Wissenschaft als Landesbehörde von der Klage umfasst gewesen und mithin auch amtspflichtwidrige Anweisungen an den für den Erlass des Widerspruchbescheides zuständigen Amtsträger M. . Ob solche amtspflichtwidrigen Handlungen von Amtsträgern des Landes vorliegen, hat der Senat nicht geprüft und bleibt ausdrücklich offen.

[64] 2. Aus den vorstehenden Gründen hat der Kläger auch keinen - von ihm erstmals im Revisionsverfahren geltend gemachten - Anspruch auf Schadensersatz aus § 826 BGB. Dies gilt gleichermaßen für einen Entschädigungsanspruch unter dem Gesichtspunkt des enteignungsgleichen Eingriffs. Denn weder ist - wie das Landgericht zutreffend ausführt - eine durch Art. 14 GG geschützte Rechtsposition betroffen noch haftet die Beklagte für die nachteiligen Folgen legislativen Unrechts. Schließlich hat der Kläger unter Berücksichtigung der vorangehenden Ausführungen auch keinen unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 2. September 2016 - 11 U 16/16, juris Rn. 38 ff).

Herrmann Tombrink Remmert

Liebert Arend

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