BGH, Urteil vom 22. Oktober 2024 - VI ZR 39/24
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
Verkündet am:
22. Oktober 2024
PasternakJustizangestellteals Urkundsbeamtinder Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
FernstrÜG § 10 Abs. 2; GG Art. 143e
§ 10 Abs. 2 FernstrÜG ist dahingehend auszulegen, dass "Die Autobahn GmbH des Bundes" zum 1. Januar 2021 nur in solche Gerichtsverfahren, sonstige Verfahren und Rechtspositionen eingetreten ist, für die aufgrund des Wegfalls der Zuständigkeit der Länder oder der nach Landesrecht zuständigen Selbstverwaltungskörperschaften für die Auftragsverwaltung an den Bundesautobahnen nach Art. 143e GG mit Ablauf des 31. Dezember 2020 Regelungsbedarf bestand.
StVG § 7 Abs. 1
Die Anwesenheit eines im Betrieb befindlichen Kraftfahrzeugs an der Unfallstelle allein rechtfertigt noch nicht die Annahme, dass ein Schaden bei dem Betrieb dieses Fahrzeugs entstanden ist. Erforderlich ist vielmehr, dass die Fahrweise oder der Betrieb dieses Fahrzeugs zu dem Entstehen des Schadens beigetragen hat. Dies ist nicht der Fall, wenn nur feststeht, dass sich die Ladung des Aufliegers einer Sattelzugmaschine, die auf einem Rastplatz abgestellt wurde, ohne Fremdeinwirkung selbst entzündete.
BGH, Urteil vom 22. Oktober 2024 - VI ZR 39/24 - OLG Nürnberg, LG Nürnberg-Fürth
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 22. Oktober 2024 durch den Vorsitzenden Richter Seiters, die Richterin Müller, die Richter Dr. Klein und Böhm sowie die Richterin Dr. Linder
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 6. Dezember 2023 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
[1] Die Klägerin, die Bundesrepublik Deutschland, verlangt von dem beklagten Verein, der Dachorganisation aller Versicherer in Deutschland, die Deckungen im Rahmen der sog. "Grünen Karte" anbieten, Schadensersatz nach dem Brand eines Anhängers auf einem Rastplatz.
[2] Am 18. September 2017 parkte der Fahrer einer Sattelzugmaschine mit slowakischem Kennzeichen, die mit einem Auflieger mit österreichischem Kennzeichen verbunden war, auf einem Rastplatz an der Autobahn A 6, um seine gesetzliche Pause einzuhalten. Haftpflichtversicherer der Sattelzugmaschine war ein slowakischer Versicherer. Der mit Elektroschrott beladene Auflieger geriet in Brand. Nachdem Löschversuche gescheitert waren, koppelte der Fahrer die Zugmaschine vom Auflieger ab und fuhr sie weg. Durch den Brand wurden Teile der Rastanlage beschädigt. Die Ladung des Aufliegers hatte sich selbst entzündet, ein Fremdverschulden wurde ausgeschlossen.
[3] Am 22. Dezember 2020 ist der Antrag der Klägerin auf Erlass eines Mahnbescheids gegen den Beklagten beim Amtsgericht eingegangen. Der Mahnbescheid ist dem Beklagten am 5. Januar 2021 zugestellt worden. Sein Widerspruch ist am 7. Januar 2021 beim Amtsgericht eingegangen, die Nachricht hierüber ist der Klägerin am 20. Januar 2021 zugegangen. Am 15. Juli 2021 ist der Antrag der Klägerin auf Durchführung des streitigen Verfahrens nebst Anspruchsbegründung beim Amtsgericht eingegangen. Mit ihrer Klage, bei der sie durch "Die Autobahn GmbH des Bundes" (im Folgenden: Autobahn GmbH) vertreten wird, hat die Klägerin beantragt, den Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 233.438,91 € nebst Zinsen und Auslagen an die Klägerin zu verurteilen. Der Beklagte hat unter anderem die Einrede der Verjährung erhoben. Das Landgericht hat den Klageantrag dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht das Grundurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts.
Entscheidungsgründe:
[4] I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
[5] Die zulässige Berufung führe zur Abweisung der Klage wegen Verjährung. Da sich der Brand am 18. September 2017 ereignet habe, wäre zum 31. Dezember 2020 Verjährung eingetreten. Der Antrag der Klägerin auf Erlass eines Mahnbescheids sei beim Amtsgericht am 22. Dezember 2020 eingegangen und dem Beklagten am 5. Januar 2021 und damit "demnächst" im Sinne des § 167 ZPO zugestellt worden, weshalb die Verjährung zunächst rückwirkend auf den Zeitpunkt des Antrags bezogen gehemmt worden sei. Nachdem der Widerspruch des Beklagten am 7. Januar 2021 beim Amtsgericht eingegangen und die Klägerin hierüber am 20. Januar 2021 benachrichtigt worden sei, sei der Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens nebst Anspruchsbegründung am 15. Juli 2021 beim Amtsgericht und damit innerhalb von sechs Monaten nach Zugang der Widerspruchsnachricht eingegangen.
[6] Allerdings habe die Klägerin zu diesem Zeitpunkt keine verjährungshemmenden Maßnahmen mehr ergreifen können, da die Autobahn GmbH nach § 10 Abs. 2 des Fernstraßen-Überleitungsgesetzes (FernstrÜG) zum 1. Januar 2021 im Rahmen der ihr zur Ausführung übertragenen Aufgaben in die Vergabe- und Gerichtsverfahren eingetreten sei. Es habe sich nicht nur die Vertretungsbefugnis geändert. Zwar sei die Autobahn GmbH in die Anordnung über die Vertretung der Bundesrepublik Deutschland im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur als vertretungsbefugt aufgenommen worden. Maßgeblich sei aber allein § 10 Abs. 2 FernstrÜG, der einen Eintritt in Vergabe- und Gerichtsverfahren vorsehe. Damit könne nur die Schaffung einer gesetzlichen Prozessstandschaft für die Autobahn GmbH mit der alleinigen Befugnis, im eigenen Namen über ein fremdes Recht einen Prozess zu führen, gemeint sein. Diese verdränge zugleich die Befugnis des bisherigen Rechtsträgers. Es liege ein gesetzlicher Parteiwechsel vor. § 265 ZPO greife nicht, da die Streitsache erst mit Zustellung des Mahnbescheids am 5. Januar 2021 rechtshängig geworden sei.
[7] Die seit dem 1. Januar 2021 richtige Partei, die Autobahn GmbH, habe das Verfahren nicht betrieben, so dass Verjährung eingetreten sei. Daran änderte sich nichts, wenn die Autobahn GmbH die Prozessführung der Klägerin genehmigen würde, weil nur die Klage des Berechtigten die Verjährung hemme. Für den Begriff des "Berechtigten" komme es nicht auf die Rechtsinhaberschaft, sondern auf die Befugnis zur klageweisen Geltendmachung des Anspruchs an. Nichtberechtigter könne dabei auch der Forderungsinhaber sein. Genehmige der Berechtigte die Klage, werde die Verjährung nur ex nunc und nicht rückwirkend gehemmt.
[8] II. Die zulässige Revision hat in der Sache Erfolg. Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann die Verjährung des von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzanspruchs nicht bejaht werden.
[9] 1. Nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des Landgerichts macht die Klägerin einen Schadenersatzanspruch gegen den Beklagten wegen Verletzung ihres Eigentums aus § 7 Abs. 1 StVG in der hier nach § 65 Abs. 6 StVG anzuwendenden, bis 16. Juli 2020 geltenden Fassung (im Folgenden: aF; nunmehr § 19 Abs. 1 Satz 1 StVG) i.V.m. § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG, § 2 Abs. 1 Buchst. b und § 6 Abs. 1 AuslPflVG in der nach § 20 Abs. 1 AuslPflVG bis 16. April 2024 geltenden Fassung (im Folgenden: aF) geltend. Dieser Anspruch ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht verjährt. Die Klägerin ist nach dem 1. Januar 2021 Partei des von ihr eingeleiteten Mahnverfahrens geblieben und hat am 15. Juli 2021 nach § 696 Abs. 1 Satz 1 ZPO wirksam einen Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens gestellt. Die Hemmung der Verjährung hat deshalb nicht gemäß § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB sechs Monate nach Zugang der Nachricht über den Widerspruch des Beklagten geendet.
[10] a) Die Verjährungsfrist von drei Jahren nach § 195 BGB, die im Streitfall gemäß § 199 Abs. 1 BGB Ende des Jahres 2017 begonnen hat, ist durch den am 22. Dezember 2020 nach § 688 Abs. 1 BGB gestellten Antrag der Klägerin auf Erlass eines Mahnbescheids gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB i.V.m. § 167 ZPO rechtzeitig gehemmt worden. Die Hemmung der Verjährung hat auch nicht sechs Monate nach Zugang der Nachricht über den Widerspruch des Beklagten als letzte Verfahrenshandlung gemäß § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB geendet. Als Verfahrenshandlung im Sinne von § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB ist jede Handlung zu verstehen, die zur Begründung, Führung und Erledigung des Rechtsstreits dient und vom Prozessrecht in ihren Voraussetzungen und Wirkungen geregelt ist (vgl. BGH, Urteile vom 24. Mai 2012 - IX ZR 168/11, NJW 2012, 2180 Rn. 28; vom 28. Januar 2010 - VII ZR 174/08, NJW 2010, 1662 Rn. 9 f.). Eine solche Verfahrenshandlung ist das Inkenntnissetzen der Klägerin vom Widerspruch des Beklagten durch das Gericht nach § 695 Satz 1 ZPO. Im Rahmen des § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB ist bei einer gerichtlichen Verfügung auf deren Zugang abzustellen (vgl. BGH, Urteile vom 28. Januar 2010 - VII ZR 174/08, NJW 2010, 1662 Rn. 13; vom 20. Februar 1997 - VII ZR 227/96, BGHZ 134, 387, 390 f., juris Rn. 12 ff. mwN). Die Nachricht über den am 7. Januar 2021 erhobenen Widerspruch des Beklagten ist der Klägerin am 20. Januar 2021 zugegangen. Diese hat mit Antrag vom 15. Juli 2021 nach § 696 Abs. 1 Satz 1 ZPO - und damit innerhalb von sechs Monaten seit der letzten Verfahrenshandlung des Gerichts - die Durchführung des streitigen Verfahrens beantragt.
[11] b) Die Klägerin war entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts zur Stellung des Antrags auf Durchführung des streitigen Verfahrens nach § 696 Abs. 1 Satz 1 ZPO berechtigt. Die Autobahn GmbH ist nicht nach § 10 Abs. 2 FernstrÜG mit Wirkung zum 1. Januar 2021 anstelle der Klägerin als Partei in das Mahnverfahren eingetreten.
[12] aa) Nach § 10 Abs. 2 FernstrÜG tritt zum 1. Januar 2021 eine Gesellschaft privaten Rechts im Sinne des Infrastrukturgesellschaftserrichtungsgesetzes (InfrGG) im Rahmen der ihr zur Ausführung übertragenen Aufgaben, einschließlich der hoheitlichen Aufgaben, mit deren Wahrnehmung sie aufgrund des § 6 InfrGG beliehen ist, in die Vergabe- und Gerichtsverfahren sowie in sonstige Verfahren und Rechtspositionen ein. Nach § 1 InfrGG in der bis 28. Dezember 2023 geltenden Fassung überträgt das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur die Planung, den Bau, den Betrieb, die Erhaltung, die Finanzierung und die vermögensmäßige Verwaltung von Bundesautobahnen, soweit es sich um Aufgaben des Bundes handelt, zur Ausführung auf eine Gesellschaft privaten Rechts. Diese Gesellschaft privaten Rechts ist die 2018 gegründete "Die Autobahn GmbH des Bundes".
[13] bb) Dem Wortlaut des § 10 Abs. 2 FernstrÜG sind keine weiteren Kriterien zu entnehmen, für wen und in welcher Rechtsstellung die Autobahn GmbH zum 1. Januar 2021 in Gerichtsverfahren eintritt. Die einzige Einschränkung, die sich aus dem Wortlaut des § 10 Abs. 2 FernstrÜG ergibt, ist, dass die Autobahn GmbH "im Rahmen der ihr zur Ausführung übertragenen Aufgaben" in Gerichtsverfahren eintritt.
[14] Dass der Wortlaut der Norm einschränkend auszulegen ist, ergibt sich aber bereits daraus, dass die Autobahn GmbH nach § 10 Abs. 2 FernstrÜG zum 1. Januar 2021 auch "in sonstige Verfahren und Rechtspositionen" eintritt. Eine "Rechtsposition" ist auch das Eigentum an Bundesautobahnen. Dieses verbleibt jedoch nach Art. 90 Abs. 1 GG beim Bund. Auch das Berufungsgericht legt den Wortlaut der Norm einschränkend aus, da es der Ansicht ist, dass die Klägerin Anspruchsinhaberin des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs geblieben ist und die Autobahn GmbH zum 1. Januar 2021 nicht auch in diese Rechtsposition eingetreten ist. Es vertritt die Ansicht, nur die Autobahn GmbH könne als Prozessstandschafterin den Anspruch der Klägerin geltend machen.
[15] cc) Nach der Systematik des Gesetzes, der Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der Norm ist § 10 Abs. 2 FernstrÜG dahingehend auszulegen, dass die Autobahn GmbH zum 1. Januar 2021 nur in solche Gerichtsverfahren, sonstige Verfahren und Rechtspositionen eingetreten ist, für die aufgrund des Wegfalls der Zuständigkeit der Länder oder der nach Landesrecht zuständigen Selbstverwaltungskörperschaften für die Auftragsverwaltung an den Bundesautobahnen nach Art. 143e GG mit Ablauf des 31. Dezember 2020 Regelungsbedarf bestand. Regelungsbedarf bestand jedoch im Streitfall weder hinsichtlich der Parteistellung der Klägerin im Mahnverfahren noch in Bezug auf ihre Gläubigerstellung am geltend gemachten Schadensersatzanspruch. Beides blieb vom Wegfall der Auftragsverwaltung durch die Länder unberührt.
[16] (1) § 10 Abs. 2 FernstrÜG ist Teil des "Gesetzes zu Überleitungsregelungen zum Infrastrukturgesellschaftserrichtungsgesetz und zum Fernstraßen-Bundesamt-Errichtungsgesetz sowie steuerliche Vorschriften". Die Ermächtigungsgrundlage zur Schaffung dieses Gesetzes findet sich in Art. 143e Abs. 1 Satz 2 GG (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 18/11135 S. 69 unter IV. Gesetzgebungskompetenz [zu Artikel 15]). Nach Art. 143e Abs. 1 Satz 1 GG werden Bundesautobahnen längstens bis zum 31. Dezember 2020 in Auftragsverwaltung durch die Länder oder die nach Landesrecht zuständigen Selbstverwaltungskörperschaften geführt. Gemäß Art. 143e Abs. 1 Satz 2 GG regelt der Bund die Umwandlung der Auftragsverwaltung in Bundesverwaltung nach Art. 90 Abs. 2 und 4 GG durch Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates.
[17] § 10 FernstrÜG enthält laut amtlicher Überschrift Regelungen für den "Übergang von Rechten und Pflichten, laufende Verfahren". Aus der Gesetzesbegründung zu § 10 FernstrÜG ergibt sich, dass sich der erste Teil der Überschrift ("Übergang von Rechten und Pflichten") auf die Regelung in § 10 Abs. 1 FernstrÜG bezieht (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 18/11135 S. 108). § 10 Abs. 1 FernstrÜG sieht den Eintritt des Bundes zum 1. Januar 2021 in Rechte und Pflichten aus den zu diesem Zeitpunkt bestehenden Vertragsverhältnissen, die von den zuständigen Straßenbaubehörden der Länder bis zum 31. Dezember 2020 im eigenen Namen mit Dritten im Rahmen der Wahrnehmung der Aufgaben aus der Straßenbaulast im Sinne des § 3 Abs. 1 des Bundesfernstraßengesetzes abgeschlossen wurden, vor. Der zweite Teil der Überschrift des § 10 FernstrÜG ("laufende Verfahren") bezieht sich auf dessen Absatz 2, der - so die Gesetzesbegründung - "eine notwendige Übergangsregelung für Vergabe- und Gerichtsverfahren sowie sonstige Verfahren und Rechtspositionen" enthält (Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 18/11135 S. 108).
[18] Dass der Gesetzgeber mit § 10 Abs. 2 FernstrÜG eine Norm schaffen wollte, die nicht nur die nach Wegfall der Auftragsverwaltung durch die Länder regelungsbedürftigen Sachverhalte erfasst, sondern weitere, vom Wegfall der Auftragsverwaltung durch die Länder nicht betroffene Sachverhalte regeln soll, ist nicht erkennbar. Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich das Gegenteil; danach ist Sinn und Zweck der Norm nur die Schaffung einer notwendigen Übergangsregelung.
[19] (2) Eine Übergangsregelung war im Streitfall, in dem die Klägerin einen ihr als Eigentümerin zustehenden Schadensersatzanspruch im eigenen Namen geltend macht, weder in Bezug auf die Parteistellung im Mahnverfahren noch hinsichtlich ihrer Gläubigerstellung notwendig.
[20] Schadensersatzansprüche bei Beschädigung des Eigentums des Bundes an Bundesautobahnen können vom Bund selbst im eigenen Namen geltend gemacht werden (vgl. etwa Senatsurteil vom 18. März 2014 - VI ZR 10/13, NJW 2014, 2874 Rn. 10; BeckOK/Remmert, Grundgesetz, Stand: 15.6.2024, Art. 90 GG Rn. 3). Bis zum 31. Dezember 2020 konnte ein Schadensersatzanspruch auch von einem im Rahmen der Auftragsverwaltung tätig werdenden Land in Prozessstandschaft für den Bund geltend gemacht werden (vgl. Senatsurteil vom 14. September 2004 - VI ZR 97/04, NZV 2005, 39, juris Rn. 9; Schwab, VersR 2012, 1229; zur Prozessstandschaft bei Auftragsverwaltung durch die Länder auch Senatsurteil vom 14. November 1978 - VI ZR 133/77, BGHZ 73, 1, 2 f., juris Rn. 13 f.).
[21] Aufgrund von Art. 143e Abs. 1 GG fiel mit Ablauf des 31. Dezember 2020 die Auftragsverwaltung für die Bundesautobahnen durch die Länder und die nach Landesrecht zuständigen Selbstverwaltungskörperschaften und damit deren verfassungsrechtliche Kompetenz, für den Bund in Prozessstandschaft tätig zu werden, weg. Insoweit bedurfte es einer Regelung für Verfahren, in denen bis 31. Dezember 2020 ein Land als Prozessstandschafter für den Bund tätig geworden ist. Ein solcher Sachverhalt, bei dem durch den Wegfall der Auftragsverwaltung durch die Länder Regelungsbedarf entstand, liegt im Streitfall nicht vor.
[22] (3) Aus den bisher zu § 10 Abs. 2 FernstrÜG ergangenen Gerichtsentscheidungen ergibt sich nichts anderes.
[23] Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat für ein Vergabenachprüfungsverfahren, in dem bis zum 31. Dezember 2020 der Freistaat Bayern nach §§ 174, 162 GWB verfahrensbeteiligt war, angenommen, dass ab dem 1. Januar 2021 die Autobahn GmbH und nicht der Bund Antrags- und Beschwerdegegner sei (OLG Düsseldorf, NZBau 2021, 694 Rn. 30 f.). Das Verfahren betraf damit einen Fall, in dem wegen des Wegfalls der Auftragsverwaltung durch das zuvor tätig gewordene Land zum 1. Januar 2021 Regelungsbedarf bestand.
[24] Das Bundesverwaltungsgericht hat für Klagen gegen Planfeststellungsbeschlüsse, die den Bau von Bundesautobahnen betreffen, angenommen, dass gemäß § 65 Abs. 2 VwGO seit dem 1. Januar 2021 die Autobahn GmbH als Vorhabenträgerin und nicht die Bundesrepublik Deutschland zum Verfahren beizuladen ist (vgl. BVerwG, NVwZ 2021, 1312 Rn. 4 mit Verweis auf § 3 Abs. 1 Satz 2 des Maßnahmengesetzvorbereitungsgesetzes in der bis 28. Dezember 2023 geltenden Fassung). Diese Entscheidung äußert sich nicht zur Auslegung des § 10 Abs. 2 FernstrÜG.
[25] 2. Die klageabweisende Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Das Berufungsgericht hat bisher nicht geprüft, ob die Voraussetzungen des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs vorliegen. Zu Recht weist die Revisionserwiderung aber darauf hin, dass die bislang getroffenen Feststellungen die Annahme, Eigentum der Klägerin sei "bei dem Betrieb" eines Kraftfahrzeugs oder Anhängers im Sinne des § 7 Abs. 1 StVG aF beschädigt worden, alleine nicht rechtfertigen.
[26] a) Das Haftungsmerkmal "bei dem Betrieb" in § 7 Abs. 1 StVG aF ist entsprechend dem umfassenden Schutzzweck der Norm weit auszulegen. Denn die Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG ist der Preis dafür, dass durch die Verwendung eines Kraftfahrzeugs erlaubterweise eine Gefahrenquelle eröffnet wird; die Vorschrift will daher alle durch den Kraftfahrzeugverkehr beeinflussten Schadensabläufe erfassen. Ein Schaden ist demgemäß bereits dann "bei dem Betrieb" eines Kraftfahrzeugs entstanden, wenn sich in ihm die von dem Kraftfahrzeug ausgehenden Gefahren ausgewirkt haben, d.h. wenn bei der insoweit gebotenen wertenden Betrachtung das Schadensgeschehen durch das Kraftfahrzeug (mit)geprägt worden ist. Erforderlich ist dabei stets, dass es sich bei dem Schaden, für den Ersatz verlangt wird, um eine Auswirkung derjenigen Gefahren handelt, hinsichtlich derer der Verkehr nach dem Sinn der Haftungsvorschrift schadlos gehalten werden soll; die Schadensfolge muss in den Bereich der Gefahren fallen, um derentwillen die Rechtsnorm erlassen worden ist. Für die Zurechnung der Betriebsgefahr kommt es damit grundsätzlich maßgeblich darauf an, dass die Schadensursache in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeugs steht. Der Betrieb dauert dabei fort, solange der Fahrer das Fahrzeug im Verkehr belässt und die dadurch geschaffene Gefahrenlage fortbesteht (vgl. Senatsurteil vom 7. Februar 2023 - VI ZR 87/22, NZV 2023, 265 Rn. 8 f. mwN).
[27] Diese Grundsätze sind entsprechend auf den Betrieb von Anhängern anzuwenden, die dazu bestimmt sind, von einem Kraftfahrzeug mitgeführt zu werden (vgl. Senatsurteil vom 7. Februar 2023 - VI ZR 87/22, NZV 2023, 265 Rn. 10 mwN).
[28] b) Den bisher getroffenen Feststellungen sind keine Umstände zu entnehmen, aus denen sich ergibt, dass die Schadensursache in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeugs steht.
[29] aa) Durch den Brand des zunächst noch mit der Sattelzugmaschine verbundenen Aufliegers sind nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststellungen im unstreitigen Tatbestand des Urteils des Landgerichts Teile der Rastanlage an der Bundesautobahn beschädigt worden. Der Anhänger geriet nach diesen Feststellungen durch Selbstentzündung des auf dem Anhänger geladenen Elektroschrotts ohne Fremdeinwirkung in Brand. Die Sattelzugmaschine mit Auflieger war auf dem Rastplatz abgestellt worden, damit der Fahrer seine gesetzliche Ruhepause einhalten konnte.
[30] bb) Aus diesen Feststellungen ergibt sich, dass der Brand nicht von einer Betriebseinrichtung ausgegangen ist, wie die Revisionserwiderung zutreffend ausführt. Die Ladung ist keine Betriebseinrichtung des Anhängers (vgl. zum Begriff der Betriebseinrichtung Senatsurteil vom 20. Oktober 2020 - VI ZR 158/19, NJW 2021, 1157 Rn. 10 f.).
[31] cc) Den Feststellungen ist auch nicht zu entnehmen, dass die Schadensursache in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang des Kraftfahrzeugs oder Anhängers steht.
[32] (1) Der auf dem Rastplatz abgestellte Sattelzug mit Anhänger befand sich noch im Betrieb, als sich die Ladung selbst entzündete. Der Betrieb eines Fahrzeugs dauert nach den oben angeführten Grundsätzen fort, solange der Fahrer das Fahrzeug im Verkehr belässt und die dadurch geschaffene Gefahrenlage fortbesteht (vgl. auch Senatsurteil vom 12. Dezember 2023 - VI ZR 76/23, NJW 2024, 1037 Rn. 12). Ein Rastplatz gehört zum öffentlichen Verkehrsraum. Er ist für jedermann oder zumindest für eine allgemein bestimmte größere Personengruppe zur Benutzung zugelassen und wird auch tatsächlich so benutzt (vgl. zum Begriff des öffentlichen Verkehrsraums BGH, Beschluss vom 30. Januar 2013 - 4 StR 527/12, NStZ 2013, 530, 531, juris Rn. 4 mwN).
[33] (2) Die Anwesenheit eines im Betrieb befindlichen Kraftfahrzeugs an der Unfallstelle allein rechtfertigt aber noch nicht die Annahme, dass ein Schaden bei dem Betrieb dieses Fahrzeugs entstanden ist. Erforderlich ist vielmehr, dass die Fahrweise oder der Betrieb dieses Fahrzeugs zu dem Entstehen des Schadens beigetragen hat (Senatsurteile vom 12. Dezember 2023 - VI ZR 76/23, NJW 2024, 1037 Rn. 12; vom 26. April 2005 - VI ZR 168/04, NJW 2005, 2081, juris Rn. 10 mwN). Der Umstand, dass Kraftfahrzeuge wegen der mitgeführten Betriebsstoffe oder der verwendeten Materialien leicht brennen, reicht allein nicht aus, um eine Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG zu begründen. Hinzukommen muss, dass der Brand als solcher in irgendeinem ursächlichen Zusammenhang wenn nicht mit einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeugs, dann mit einem bestimmten Betriebsvorgang steht (vgl. Senatsurteil vom 27. November 2007 - VI ZR 210/06, NJW-RR 2008, 764 Rn. 12). Entsprechendes gilt für die auf einem Anhänger mitgeführte Ladung.
[34] (3) Den bisher getroffenen Feststellungen sind keine Umstände zu entnehmen, die die Annahme rechtfertigen würden, dass die Fahrweise oder der Betrieb der Sattelzugmaschine oder des Anhängers zur Entstehung des Schadens beigetragen hätte. Dies wäre etwa der Fall, wenn feststünde, dass bei der Fahrt aufgetretene Erschütterungen des Ladeguts zu dessen späterer Selbstentzündung geführt hätten. Auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen kann daher der im Rahmen der Gefährdungshaftung erforderliche Zurechnungszusammenhang zwischen dem Betrieb der Sattelzugmaschine oder des Anhängers und dem eingetretenen Schaden nicht bejaht und nicht angenommen werden, dass die Schädigung eine spezifische Auswirkung derjenigen Gefahren ist, für die die Haftungsvorschrift den Verkehr schadlos halten will (vgl. Senatsurteil vom 27. November 2007 - VI ZR 210/06, NJW-RR 2008, 764 Rn. 12; aA OLG Dresden, NJW-RR 2014, 1176, juris Rn. 13-16).
[35] c) Auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen ergibt sich auch kein Anspruch des Klägers gegen den Beklagten aus § 823 Abs. 1 (etwa durch die Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht bei der Verladung des Elektroschrotts) oder Abs. 2 BGB i.V.m. § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 VVG, § 2 Abs. 1 Buchst. b und § 6 Abs. 1 AuslPflVG aF (vgl. zur Haftung für den "Gebrauch" eines Kraftfahrzeugs Senatsurteil vom 16. Januar 2024 - VI ZR 385/22, VersR 2024, 879 Rn. 16 f.).
[36] IV. Die angefochtene Entscheidung beruht auf dem dargestellten Rechtsfehler. Sie war aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Seiters Müller Klein
Böhm Linder