BGH, Urteil vom 27. November 2024 - VIII ZR 36/23

02.01.2025

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

Verkündet am:

27. November 2024

Reiter,Justizangestellteals Urkundsbeamtinder Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit


Nachschlagewerk: ja


BGHZ: nein

BGHR: ja


BGB § 556e Abs. 2, § 556f Satz 2, § 556g Abs. 1a Satz 1 Nr. 2, 4, Satz 2


Erteilt der Vermieter dem Mieter vor Abgabe von dessen Vertragserklärung die Auskunft, es handele sich um die erste Vermietung nach umfassender Modernisierung, stellt sich jedoch heraus, dass keine umfassende, sondern lediglich eine einfache Modernisierung durchgeführt worden ist, ist der Vermieter nicht gemäß § 556g Abs. 1a Satz 2 BGB gehindert, sich jedenfalls auf die nach Maßgabe des § 556e Abs. 2 BGB zulässige Miete zu berufen (Bestätigung von Senatsurteil vom 18. Mai 2022 ­ VIII ZR 9/22, WuM 2022, 468 Rn. 54).


BGH, Urteil vom 27. November 2024 - VIII ZR 36/23 - LG Berlin, AG Tempelhof-Kreuzberg


Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO mit Schriftsatzfrist bis zum 6. November 2024 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Bünger, den Richter Kosziol sowie die Richterinnen Dr. Liebert, Wiegand und Dr. Böhm

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin ­ Zivilkammer 66 ­ vom 11. Januar 2023 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

[1] Die Klägerin, die über eine Registrierung gemäß § 10 des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG) für den Bereich der Inkassodienstleistungen verfügt, macht aus abgetretenem Recht der Mieterin einer Wohnung der beklagten Vermieterin Ansprüche gegen diese wegen eines behaupteten Verstoßes gegen die Vorschriften über die Begrenzung der Miethöhe (§ 556d BGB in Verbindung mit der Berliner Mietenbegrenzungsverordnung vom 28. April 2015, in Kraft getreten am 1. Juni 2015) geltend.

[2] Zwischen der Beklagten und ihrer Mieterin besteht seit dem 1. April 2019 ein Mietverhältnis über eine 76,51 m² große Wohnung, die gemäß der Berliner Mietenbegrenzungsverordnung in einem Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt liegt. Bei Vertragsbeginn betrug die Nettokaltmiete monatlich 1.500 €. In dem Mietvertrag heißt es:

"Die Wohnung wird erstmalig nach umfassender Modernisierung gemäß § 556g BGB vermietet."

[3] In der Revisionsinstanz steht nicht mehr im Streit, dass es sich bei den von der Beklagten insoweit vorgenommenen Modernisierungsmaßnahmen nicht um eine umfassende Modernisierung (§ 556f Satz 2 BGB) handelt.

[4] Die Mieterin beauftragte die Klägerin mit der Durchsetzung ihrer Ansprüche aus der sogenannten Mietpreisbremse und trat der Klägerin diese hierzu ab.

[5] Mit Schreiben vom 28. November 2019 rügte die Klägerin gegenüber der Beklagten ­ unter Berufung auf die vorgenannte Beauftragung und Forderungsabtretung ­ einen Verstoß gegen die Vorschriften der Begrenzung der Miethöhe (§§ 556d ff. BGB) in Bezug auf die vermietete Wohnung.

[6] Die zuletzt auf Rückzahlung von 712,76 € anteiliger Miete für den Monat Dezember 2019 sowie die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.093,88 €, jeweils nebst Zinsen, gerichtete Klage hat in den Vorinstanzen Erfolg gehabt.

[7] Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

[8] Die Revision hat Erfolg.

[9] I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:

[10] Der Klägerin stehe gegen die Beklagte gemäß § 556g Abs. 1 Satz 3, Abs. 2, § 398 BGB ein Anspruch aus abgetretenem Recht der Mieterin auf Rückerstattung überzahlter Miete für den streitgegenständlichen Monat Dezember 2019 in Höhe von 712,76 € zu. In diesem Umfang übersteige die von der Mieterin entrichtete Miete die nach § 556d Abs. 1 BGB zulässige Miete.

[11] Die Beklagte könne sich gemäß § 556g Abs. 1a Satz 2 BGB zur Rechtfertigung einer höheren Miete nicht auf die im Mietvertrag erteilte Auskunft berufen, wonach die Wohnung umfassend modernisiert worden sei, denn eine umfassende Modernisierung im Sinne von § 556f Satz 2 BGB habe nicht stattgefunden.

[12] Die Voraussetzungen einer einfachen Modernisierung nach Maßgabe des § 556e Abs. 2 BGB seien nicht zu prüfen. Der Mietvertrag enthalte nicht die gemäß § 556g Abs. 1a Satz 1 Nr. 2 BGB gebotene Auskunft, in welchem Zeitraum die Modernisierung stattgefunden habe. Somit werde den berechtigten Informationserwartungen des Mieters nicht Rechnung getragen. Da der Tatbestand des § 556e Abs. 2 BGB zwingend von einem maximal drei Jahre vor Beginn des Mietverhältnisses betragenden Zeitraum abhängig sei, sei eine solche Auskunft unverzichtbar. Es erscheine nicht ausgeschlossen, dass die Modernisierung länger als drei Jahre zurückliege, etwa wenn der Vermieter die Wohnung zunächst einige Jahre selbst bewohnt habe.

[13] Zwar habe der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 18. Mai 2022 (VIII ZR 9/22, WuM 2022, 468 Rn. 54) ausgeführt, die Auskunft des Vermieters, es handele sich um die erste Vermietung nach umfassender Modernisierung, erfasse auch den Fall einer einfachen Modernisierung. Dieses Urteil habe sich jedoch lediglich auf die Zulässigkeit und Begründetheit des dort geltend gemachten Auskunftsanspruchs nach § 556g Abs. 3 BGB bezogen, nicht aber auf die hier entscheidungserhebliche Frage.

[14] II. Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

[15] Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung können Ansprüche der Klägerin aus abgetretenem Recht auf Rückerstattung überzahlter Miete gemäß § 556g Abs. 1 Satz 3 BGB, § 556g Abs. 2 BGB in der bis zum 31. März 2020 geltenden Fassung (vgl. Art. 229 § 51 EGBGB; im Folgenden [aF]) für den Monat Dezember 2019 sowie auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten gemäß § 280 Abs. 1, § 249 Abs. 1 BGB, § 4 Abs. 5 RDGEG in der bis zum 30. September 2021 geltenden Fassung, jeweils nebst Zinsen, nicht bejaht werden.

[16] 1. Rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht allerdings (unausgesprochen) davon ausgegangen, dass die durch das Gesetz zur Dämpfung des Mietanstiegs auf angespannten Wohnungsmärkten und zur Stärkung des Bestellerprinzips bei der Wohnungsvermittlung (Mietrechtsnovellierungsgesetz ­ MietNovG) vom 21. April 2015 (BGBl. I S. 610) eingeführten Bestimmungen der §§ 556d ff. BGB verfassungsrechtlichen Bedenken nicht begegnen. Die Vorschrift des § 556d Abs. 1 BGB stellt eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums des Vermieters dar, verletzt nicht die durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Privatautonomie und greift mit der von ihr angeordneten Mietobergrenze auch nicht gleichheitswidrig in dessen Eigentum ein (BVerfG, NJW 2019, 3054 Rn. 54 ff., 81 ff., 90; Senatsurteil vom 27. Mai 2020 ­ VIII ZR 45/19, BGHZ 225, 352 Rn. 79).

[17] Dies gilt auch im Hinblick auf den von der Revision allein vorgebrachten Gesichtspunkt, dass ein Eigentümer, der in einer Phase höherer Zinsen eine Wohnung erwerbe und bestimmte Einnahmen aus dieser Wohnung "generieren" müsse, an die "Mietspiegelmiete" auch dann gebunden sei, wenn er die Wohnung zunächst selbst genutzt habe. Im Falle eines notwendigen Umzugs könne er die notwendigen Einnahmen möglicherweise nicht erzielen und deshalb zur (verlustträchtigen) Veräußerung der Wohnung gezwungen sein.

[18] Diese Erwägung greift, wie das Bundesverfassungsgericht in der vorstehend genannten Entscheidung auch mit Blick auf kreditfinanzierte Investitionskosten des Vermieters bereits ausgesprochen hat, nicht durch (siehe hierzu im Einzelnen BVerfG, aaO Rn. 76, 83; vgl. auch Senatsurteil vom 4. November 2015 ­ VIII ZR 217/14, BGHZ 207, 246 Rn. 57; jeweils mwN).

[19] 2. Zu Recht ist das Berufungsgericht auch davon ausgegangen, dass die zum 1. Januar 2019 eingeführte Vorschrift des § 556g Abs. 1a BGB in der ab diesem Zeitpunkt bis zum 31. März 2020 geltenden Fassung des Gesetzes zur Ergänzung der Regelungen über die zulässige Miethöhe bei Mietbeginn und zur Anpassung der Regelungen über die Modernisierung der Mietsache vom 18. Dezember 2018 (Mietrechtsanpassungsgesetz) Anwendung findet, weil der Mietvertrag nach dem 31. Dezember 2018 geschlossen worden ist (Art. 229 § 49 Abs. 2, § 51 EGBGB; im Folgenden: [aF]). Die hier maßgeblichen Regelungen der § 556g Abs. 1a Satz 1 Nr. 2 und Nr. 4 BGB [aF] stimmen mit der gegenwärtig geltenden Fassung überein.

[20] 3. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht auch entschieden, dass die Beklagte sich gemäß § 556g Abs. 1a Satz 2 BGB [aF] nicht auf die nach § 556f Satz 2 BGB zulässige Miete berufen darf. Denn eine umfassende Modernisierung der Wohnung hat ­ entgegen der vorvertraglich erteilten Auskunft ­ nach den rechtsfehlerfreien und von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht stattgefunden (zu den quantitativen und qualitativen Voraussetzungen einer umfassenden Modernisierung siehe Senatsurteil vom 11. November 2020 ­ VIII ZR 369/18, NZM 2021, 220 Rn. 22).

[21] 4. Von Rechtsfehlern beeinflusst ist hingegen die Sichtweise des Berufungsgerichts, die Beklagte sei nach § 556g Abs. 1a Satz 2 BGB [aF] auch daran gehindert, sich jedenfalls auf die nach § 556e Abs. 2 BGB zulässige Miete zu berufen, weil sie ihrer Mieterin vorvertraglich nicht - wie von § 556g Abs. 1a Satz 1 Nr. 2 BGB [aF] bestimmt ­ die Auskunft erteilt hat, die Modernisierungsmaßnahmen seien in den letzten drei Jahren vor Beginn des Mietverhältnisses durchgeführt worden.

[22] a) Anders als das Berufungsgericht gemeint hat, erfüllt eine Auskunft des Vermieters, es handele sich um die erste Vermietung nach umfassender Modernisierung, auch den Zweck der von § 556g Abs. 1a Satz 1 Nr. 2 BGB [aF] geregelten Fallgestaltung einer (einfachen) Modernisierung in den letzten drei Jahren vor Beginn des Mietverhältnisses. Stellt sich ­ wie hier ­ nach Abschluss des Mietvertrags heraus, dass keine umfassende, sondern lediglich eine einfache Modernisierung durchgeführt worden ist, ist somit der Vermieter ­ wie der Senat bereits ausgesprochen hat ­ nicht gehindert, sich jedenfalls auf die nach Maßgabe des § 556e Abs. 2 BGB zulässige Miete zu berufen (Senatsurteil vom 18. Mai 2022 ­ VIII ZR 9/22, WuM 2022, 468 Rn. 54 mwN).

[23] b) Die Sanktionsregelung des § 556g Abs. 1a Satz 2 BGB [aF], wonach der Vermieter sich auf eine nach den Bestimmungen der §§ 556e, 556f BGB ­ welche dem Bundesverfassungsgericht auch zur Rechtfertigung der Verhältnismäßigkeit der Mietpreisbremse gedient haben (BVerfG, NJW 2019, 3054 Rn. 73 ff., 86) ­ zulässige Miete in dem Umfang nicht berufen kann, in dem er die nach Satz 1 erforderliche Auskunft nicht erteilt hat, schließt es nicht aus, dass der Vermieter sich in der gegebenen Fallgestaltung jedenfalls auf eine einfache Modernisierung berufen darf.

[24] aa) Der in den Bestimmungen des § 556f Satz 2 BGB und des § 556e Abs. 2 BGB verwendete Begriff der Modernisierung stimmt überein (vgl. Senatsurteil vom 11. November 2020 ­ VIII ZR 369/18, NZM 2021, 220 Rn. 30). Eine umfassende Modernisierung nach Maßgabe des § 556f Satz 2 BGB unterscheidet sich von einer einfachen Modernisierung nach der Vorschrift des § 556e Abs. 2 BGB lediglich durch den quantitativen Umfang der durchgeführten Modernisierungsmaßnahmen im Sinne des § 555b BGB und deren qualitative Auswirkungen auf den Zustand der Wohnung. Erteilt der Vermieter die Auskunft, es sei eine "umfassende" Modernisierung der Wohnung vorgenommen worden, umfasst dies - worauf die Revision zutreffend hinweist ­ daher auch den Fall, dass eine "einfache" Modernisierung durchgeführt wurde.

[25] bb) Zwar hat der Vermieter gemäß § 556g Abs. 1a Satz 1 Nr. 2 BGB nicht nur die Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen mitzuteilen, sondern auch, dass diese innerhalb der letzten drei Jahre vor Beginn des Mietverhältnisses durchgeführt worden. Dies steht der Annahme, dass der Zweck einer Auskunft nach § 556g Abs. 1a Satz 1 Nr. 4 BGB den einer Auskunft nach § 556g Abs. 1a Satz 1 Nr. 2 BGB umfasst, jedoch nicht entgegen.

[26] (1) Nach dem Sinn und Zweck der dem Vermieter in der Vorschrift des § 556g Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 bis 4 BGB [aF] auferlegten Auskunftspflichten ist es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts unschädlich, dass die Beklagte ihrer Mieterin vorvertraglich nicht mitgeteilt hat, die Modernisierungsarbeiten hätten in den letzten drei Jahren vor Beginn des Mietverhältnisses stattgefunden. Denn durch die erteilten Auskünfte soll der Mieter vor Abgabe seiner Vertragserklärung prüfen beziehungsweise abschätzen können, ob die nach dem Gesetz zulässige Miethöhe bei Mietbeginn eingehalten wird, und das Ergebnis der Prüfung in die Entscheidung zum Vertragsschluss einbeziehen können (so BT-Drucks. 19/4672, S. 27). Ziel des Gesetzgebers war es, dass der Mieter über das Vorliegen eines bezüglich der zulässigen Miethöhe nach Auffassung des Vermieters vorliegenden Ausnahmetatbestands informiert und ihm eine erste Einschätzung der Zulässigkeit der von dem Vermieter verlangten Miete ermöglicht wird (vgl. Senatsurteil vom 29. November 2023 ­ VIII ZR 75/23, NZM 2024, 237 Rn. 30; Senatsbeschluss vom 16. Januar 2024 ­ VIII ZR 135/23 NJW-RR 2024, 1073 Rn. 40). Dem trägt die von der Beklagten erteilte Auskunft Rechnung.

[27] (a) Durch die erteilte Auskunft, die Wohnung sei umfassend modernisiert worden, hatte die Mieterin der Beklagten sogar besonderen Anlass zu prüfen, ob die nach dem Gesetz zulässige Miethöhe eingehalten wird. Denn die Auskunft verdeutlicht, dass die Beklagte aufgrund von Modernisierungsmaßnahmen nicht nur eine Modifizierung der zulässigen Miethöhe erstrebt, sondern darüber hinaus eine vollständige Ausnahme von der Mietpreisbegrenzung.

[28] Das Gesetz sieht insoweit zugunsten des modernisierenden Vermieters gestufte Ausnahmen vor. Unter den Voraussetzungen des § 556e Abs. 2 BGB erhöht sich die zulässige Miete (nur) um den Betrag einer Mieterhöhung, die im laufenden Mietverhältnis mit Rücksicht auf eine durchgeführte (einfache) Modernisierung nach § 559 BGB möglich gewesen wäre. Eine weitergehende Ausnahme begründet hingegen § 556f Satz 2 BGB für den Fall der umfassenden Modernisierung, die den Vermieter für die erste nachfolgende Vermietung von der Mietenbegrenzung völlig befreit (vgl. Senatsurteil vom 11. November 2020 ­ VIII ZR 369/18, NZM 2021, 220 Rn. 28). In Ansehung der Information, die Wohnung sei umfassend modernisiert worden, kann der Mieter mithin umso deutlicher erkennen, dass der Vermieter mehr als 110 % der ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen will. Im Rahmen einer vorvertraglichen Auskunft nach § 556g Abs. 1a Satz 1 Nr. 4 BGB [aF], die Wohnung sei umfassend modernisiert worden, auch den Zeitpunkt oder Zeitraum der Modernisierung mitzuteilen, kommt mithin ein maßgeblicher Erkenntnisgewinn für den Mieter nicht zu.

[29] Dies entspricht der Rechtsprechung des Senats, wonach im Recht der Wohnraummiete Begründungs- oder Informationserfordernisse kein Selbstzweck sind, sondern es vielmehr darauf ankommt, ob für den Mieter mit der im Einzelnen geforderten Information ein maßgeblicher Erkenntnisgewinn verbunden ist (siehe etwa Senatsurteile vom 13. Juni 2012 ­ VIII ZR 311/11, juris Rn. 18 [zu einem Mieterhöhungsverlangen nach §§ 558 ff. BGB]; vom 20. Januar 2016 ­ VIII ZR 93/15, NJW 2016, 866 Rn. 17 [zu einer Betriebskostenabrechnung]; vom 20. Juli 2022 ­ VIII ZR 361/21, WuM 2022, 542 Rn. 39, 41 ff.; vom 23. November 2022 ­ VIII ZR 59/21, NJW 2023, 360 Rn. 30 [jeweils zu einer Miet­

erhöhungserklärung nach §§ 559 ff. BGB]; für die hier gegebene Fallgestaltung siehe bereits Schmidt-Futterer/Börstinghaus, Mietrecht, 16. Aufl., § 556g BGB Rn. 27k).

[30] (b) Dem steht ­ jedenfalls für die hier in Rede stehende Fallgestaltung ­ nicht entgegen, dass in den Gesetzesmaterialien ­ worauf auch die Revisionserwiderung hinweist ­ für (einfache) Modernisierungen im Sinne von § 556g Abs. 1a Satz 1 Nr. 2 BGB [aF] ausgeführt wird, der Vermieter habe dem Mieter nicht nur Auskunft über den Umstand der Modernisierung, sondern auch über ihren Zeitpunkt zu erteilen (BT-Drucks. 19/4672, S. 27). Denn ungeachtet dessen heben die Gesetzesmaterialien hervor, dass es dem Mieter zum maßgeblichen Zeitpunkt vor allem darauf ankomme, ob überhaupt ein Ausnahmetatbestand vorliege (so BT-Drucks. 19/4672, S. 28).

[31] Dementsprechend sind die vorvertraglichen Auskunftspflichten nach § 556g Abs. 1a BGB vom Gesetzgeber bewusst niederschwellig gehalten. Die hiernach von dem Vermieter mitzuteilenden Umstände ermöglichen dem Mieter nicht die Überprüfung, ob ein Ausnahmetatbestand nach § 556e BGB oder § 556f BGB tatsächlich vorliegt und die von dem Vermieter verlangte Miete nach den Regelungen der §§ 556d ff. BGB zulässig ist. Sie informieren ihn lediglich darüber, dass nach der Auffassung des Vermieters ein Ausnahmetatbestand nach § 556e BGB oder § 556f BGB in Betracht kommt und welcher dies ist (Senatsurteil vom 29. November 2023 ­ VIII ZR 75/23, NZM 2024, 237 Rn. 28, 30 [zur Auskunft über die Vormiete]). Für weitergehende Informationen zu den vom Vermieter ausweislich seiner Auskunft für gegeben erachteten Ausnahmetatbeständen verweist der Gesetzgeber den Mieter auf den allgemeinen Auskunftsanspruch nach § 556g Abs. 3 BGB (vgl. BT-Drucks. 19/4672, S. 27, 28; Senatsurteile vom 18. Mai 2022 ­ VIII ZR 9/22, WuM 2022, 468 Rn. 53; vom 29. November 2023 ­ VIII ZR 75/23, aaO Rn. 28).

[32] (2) Nach dieser Maßgabe lässt sich der gesetzlichen Regelung eine Sanktion dahingehend nicht entnehmen, dass es dem Vermieter, der die Abgrenzung zwischen einer umfassenden und einer ­ quantitativ oder qualitativ ­ daran nicht heranreichenden einfachen Modernisierung nicht zutreffend vorgenommen hat, versagt wäre, sich auf seine getätigten Modernisierungskosten zumindest in dem geringeren Maß des § 556e Abs. 2 BGB zu berufen, sofern er die Modernisierungsmaßnahmen in den letzten drei Jahren vor Beginn des Mietverhältnisses vorgenommen hat. Dies liefe auch dem Regelungsziel des Gesetzes zuwider, Anreize für eine Modernisierung des Wohnungsbestandes und auch für den Umweltschutz zu setzen (vgl. BT-Drucks. 19/4672, S. 11, 30).

[33] (3) Die von der Revisionserwiderung angeführten Passagen der Gesetzesbegründung lassen eine der Sichtweise des Berufungsgerichts entsprechende Regelungsabsicht des Gesetzgebers nicht erkennen. Zwar ist in der Gesetzesbegründung von einer Pflicht des Vermieters die Rede, dem Mieter vor der Abgabe von dessen Erklärung Auskunft über "vorliegende" Ausnahmen von den Vorschriften der sogenannten Mietpreisbremse zu erteilen (BT-Drucks. 19/4672, S. 14, ähnlich S. 27). Auch hebt die Gesetzesbegründung hervor, dass der Vermieter sich bereits vor Vertragsschluss aktiv Gedanken über die für die Wohnung zulässige Miete machen müsse, wenn er nicht einen Rechtsverlust riskieren will (so BT-Drucks. 19/4672, S. 27). Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung lässt sich daraus eine Sanktionsabsicht in dem vom Berufungsgericht angenommenen Umfang nicht herleiten.

[34] (4) Schließlich lässt sich, anders als die Revisionserwiderung meint, auch aus einer Besonderheit der räumlichen Gestaltung des von der Beklagten verwendeten Mietvertragsformulars nichts zugunsten der vom Berufungsgericht vertretenen gegenteiligen Auffassung herleiten. Es ist unerheblich, dass die Auskunft, die Wohnung werde erstmalig nach umfassender Modernisierung vermietet, am Ende von § 2 des Mietvertrags erfolgt ist und nicht in dem sich räumlich unmittelbar anschließenden § 3, auch wenn erst dieser die Höhe der Miete regelt.

[35] III. Nach alledem kann das angegriffene Urteil des Berufungsgerichts keinen Bestand haben; es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Ob und in welcher Höhe der Klägerin die ihr von den Vorinstanzen zuerkannten Ansprüche zustehen, lässt sich nicht abschließend beurteilen, weil das Berufungsgericht ­ von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig ­ Feststellungen zu (einfachen) Modernisierungsmaßnahmen innerhalb der letzten drei Jahre vor Beginn des Mietverhältnisses und damit zu der nach Maßgabe der Vorschriften der § 556d Abs. 1, § 556e Abs. 2 BGB geschuldeten Miete nicht getroffen hat. Die nicht zur

Endentscheidung reife Sache ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit dieses die erforderlichen Feststellungen treffen kann.

Dr. Bünger Kosziol Dr. Liebert

Wiegand Dr. Böhm

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