BGH: Vorstandsdoppelmandat bei Zustimmung der Aufsichtsräte beider Gesellschaften („Vorstandsdoppelmandat“)

26.06.2009

AktG § 84 Abs. 1, § 88 Abs. 1; HGB § 112 Abs. 1, § 165

Vorstandsdoppelmandat bei Zustimmung der Aufsichtsräte beider Gesellschaften („Vorstandsdoppelmandat“)

BGH, Urt. v. 9. 3. 2009 – II ZR 170/07

Leitsätze des Gerichts:

1. Dem personengesellschaftsrechtlichen Wettbewerbsverbot des § 112 Abs. 1 HGB unterliegen auch bei der gesellschaftsrechtlichen Sonderform der AG & Co. KG zwar die Komplementär-AG und eine diese beherrschende, als AG organisierte Mehrheitskommanditistin, nicht jedoch auch deren Vorstandsmitglieder als ihre gesetzlichen Vertreter.

2. So genannte Vorstandsdoppelmandate sind nach geltendem Aktienrecht nicht verboten; ihre Zulässigkeit hängt allein von der Zustimmung der Aufsichtsräte beider Gesellschaften zu der Doppeltätigkeit ab (§ 84 Abs. 1, § 88 Abs. 1 AktG).

3. Der Minderheitskommanditist einer AG & Co. KG hat kein aus dem Wettbewerbsverbot des § 112 Abs. 1 HGB ableitbares Mitwirkungsrecht in Form eines Zustimmungsvorbehalts („Vetorecht“) bei der Besetzung der Vorstände der Komplementär-AG und der Mehrheitskommanditistin (AG) mit Doppelmandatsträgern. Auch in dieser Konstellation fallen die Bestellung derartiger Vorstände und deren Befreiung von einem Wettbewerbsverbot in die alleinige Zuständigkeit der Aufsichtsräte der beteiligten AG.

Tatbestand:

[1]

 Die Klägerin (Constanze Verlag GmbH & Co. KG) und die Beklagte zu 1), eine AG (Bertelsmann AG), sind alleinige Kommanditistinnen der Gruner + Jahr AG & Co. KG (G+J KG); die Beklagte zu 2) – ebenfalls eine AG (Gruner + Jahr AG) – ist deren Komplementärin. Die Klägerin ist mit einem Anteil von 24,6 %, die Beklagte zu 1) mit 73,4 % und die Beklagte zu 2) mit 2 % am Gesamtkapital der G+J KG beteiligt. An der Beklagten zu 2) sind wiederum die Klägerin mit 25,1 % und die Beklagte zu 1) mit 74,9 % als Aktionäre beteiligt.

 

[2]

 Nach der Bestellung bzw. Wiederbestellung des Vorstandsvorsitzenden der Beklagten zu 2), Dr. K., auch zum Mitglied des Vorstandes der Beklagten zu 1) im Jahr 2000 bzw. 2004 hat die Klägerin gegen beide Beklagten Klage erhoben mit dem Antrag festzustellen, dass die Übernahme eines Vorstandsmandats bei der herrschenden – nach ihrer Behauptung zu der KG in Wettbewerb stehenden – Beklagten zu 1) durch ein Mitglied des Vorstands der Beklagten zu 2) ihrer vorherigen Zustimmung als Minderheitskommanditistin bedürfe. Das LG hat die Klage abgewiesen. In der Berufungsinstanz hat die Klägerin hilfsweise auch die Feststellung begehrt, dass die Beklagte zu 2) ihren Vorstandsmitgliedern die Übernahme eines Vorstandsmandats bei der Beklagten zu 1) nur mit Zustimmung auch der Klägerin gestatten darf. Das Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen und dabei den Hilfsantrag gem. § 533 ZPO als unzulässig abgewiesen; außerdem hat es die Revision – beschränkt auf das Hauptbegehren – zugelassen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Hauptbegehren weiter. Ihre zugleich erhobene Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision hinsichtlich ihres zweitinstanzlich gestellten Hilfsantrags hat der Senat durch Beschluss vom 24. November 2008 zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe:

[3]

 Die Revision der Klägerin ist unbegründet.

 

[4]

 I. Das Berufungsgericht (ZIP 2007, 1370 (m. Bespr. Hellgardt, S. 2248, und Altmeppen, ZIP 2008, 437)) hat zur Abweisung des Hauptantrags im Wesentlichen ausgeführt:

 

[5]

 Die Beklagte zu 2) unterliege zwar als Komplementärin einem Wettbewerbsverbot aus § 112 Abs. 1 HGB, doch gelte dieses nicht für deren Vorstandsmitglieder, für die in dieser Funktion ausschließlich das Wettbewerbsverbot aus § 88 Abs. 1 AktG einschlägig sei. (Wird ausgeführt.)

 

[6]

 II. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.

 

[7]

 Die Klägerin hat als Minderheitskommanditistin der G+J KG kein aus einem Wettbewerbsverbot gem. § 112 Abs. 1 HGB ableitbares Mitwirkungsrecht an der Entscheidung der zuständigen Organe der beiden Beklagten über sog. Vorstandsdoppelmandate in der Weise, dass die Bestellung eines Vorstandsmitglieds der Beklagten zu 2) (Komplementärin) zum (gleichzeitigen) Mitglied des Vorstands der Beklagten zu 1) (Mehrheitskommanditistin) ihrer vorherigen Zustimmung bedürfte.ZIP 2009, Seite 1163

 

[8]

 1. Ein solcher Zustimmungsvorbehalt zu Gunsten der Klägerin als Minderheitskommanditistin hinsichtlich der Schaffung von Doppelmandaten in der Geschäftsleitung der beklagten Mitgesellschafter folgt nicht unmittelbar aus dem personengesellschaftsrechtlichen Wettbewerbsverbot des § 112 Abs. 1 HGB.

 

[9]

 a) Zwar richtet sich das in § 112 Abs. 1 HGB u.a. normierte – hier bei der revisionsrechtlichen Prüfung in Betracht zu ziehende – Verbot des Geschäftemachens im gleichen Handelszweig auch bei der vorliegenden gesellschaftsrechtlichen Sonderform der AG & Co. KG nicht nur an die Beklagte zu 2) als Komplementär-AG, sondern – entgegen dem zu engen Wortlaut des § 165 HGB – gleichermaßen an die Beklagte zu 1) aufgrund ihrer beherrschenden Stellung (vgl. § 18 AktG) als Mehrheitskommanditistin und zugleich Mehrheitsaktionärin der Komplementärin (vgl. Senat BGHZ 89, 162, 166 = ZIP 1984, 446, zur GmbH & Co. KG – Heumann/Ogilvy; BGH, Urt. v. 4.12.2001 – X ZR 167/99, ZIP 2002, 479 = DStR 2002, 1495, 1496; Weipert, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 165 Rz. 8; Baumbach/Hopt, HGB, 33. Aufl., § 165 Rz. 3; Staub/Ulmer, HGB, 4. Aufl., § 112 Rz. 9; MünchKomm-Grunewald, HGB, 2. Aufl., § 165 Rz. 5 ff.). Nach Maßgabe dieses Wettbewerbsverbots dürfen die davon betroffenen Gesellschafter selbst – hier also die beklagten AG – nicht ohne Dispens der übrigen Gesellschafter als Leitungsorgan einer anderen gleichartigen Gesellschaft tätig werden (vgl. nur Goette, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, a.a.O., § 112 Rz. 13 m.w.N.).

 

[10]

 b) Jedoch unterliegen nach ganz herrschender Meinung die gesetzlichen Vertreter der Gesellschafter – hier also die Vorstandsmitglieder der beiden beklagten AG – nicht ihrerseits direkt dem Wettbewerbsverbot des § 112 Abs. 1 HGB (vgl. Goette, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, a.a.O., § 112 Rz. 6 m.w.N., insofern missverständlich: ebd., Rz. 4; Koller/Roth/Morck, HGB, 6. Aufl., §§ 112, 113 Rz. 2; MünchKomm-Langhein, HGB, 2. Aufl., § 112 Rz. 9; v. Gerkan/Haas, in: Röhricht/Graf v. Westphalen, HGB, 3. Aufl., § 112 Rz. 3 sowie § 165 Rz. 18a – explizit für Vorstandsmitglieder der Komplementär-AG; ebenso Baumbach/Hopt, a.a.O., § 112 Rz. 2; a.A. Cahn, Der Konzern 2007, 716, 718), so dass die Klägerin hieraus jedenfalls nicht unmittelbar ein – präventiv wirkendes – Zustimmungserfordernis zu ihren Gunsten mit der Wirkung eines „Vetorechts“ bei der Besetzung des Vorstands der Beklagten zu 1) mit „Doppelmandatsträgern“ aus der Geschäftsleitung der Beklagten zu 2) herleiten kann.

 

[11]

 2. Die Klägerin kann ein derartiges Mitbestimmungsrecht auch nicht auf eine analoge Anwendung des für beide beklagten AG als Mitgesellschafterinnen der G+J KG geltenden Wettbewerbsverbots des § 112 Abs. 1 HGB stützen.

 

[12]

 a) Dabei kommt es schon im Ansatz nicht einmal darauf an, ob die Beklagte zu 1) tatsächlich – wie die Klägerin behauptet und der Senat revisionsrechtlich zu ihren Gunsten unterstellt – in demselben Handelszweig Geschäfte macht wie die G+J KG. Denn allein darin, dass die Beklagte zu 1) durch die – in der alleinigen Bestellungskompetenz ihres Aufsichtsrats liegende – Besetzung ihres eigenen mehrköpfigen Vorstands mit einem Mandatsträger aus der Geschäftsleitung der von ihr abhängigen Komplementärin der G+J KG mit deren Zustimmung beherrschenden Einfluss ausübt, liegt noch keine wettbewerbsrelevante Handlung und damit kein einwilligungsbedürftiges Geschäftemachen oder Teilnehmen an einer anderen gleichartigen Handelsgesellschaft i.S.d. § 112 Abs. 1 HGB (vgl. Altmeppen, ZIP 2008, 437, 441 f.; a.A. Werner, GmbHR 2007, 988, 989).

 

[13]

 b) Eine – die analoge Anwendung des § 112 HGB erfordernde – Gesetzeslücke vermag der Senat aber vor allem deshalb nicht zu erkennen, weil ein daraus abgeleiteter Einwilligungsvorbehalt zu Gunsten der Klägerin in dieser Konstellation mit den geltenden aktienrechtlichen Kompetenznormen (§§ 84, 88 AktG) sowie mit den damit im Zusammenhang stehenden einschlägigen Grundsätzen des (Aktien-)Konzernrechts (§§ 16 ff. AktG) nicht in Einklang steht.

 

[14]

 aa) Die Bestellung des Vorstands einer AG (§ 84 AktG) fällt ebenso wie dessen Befreiung von einem Wettbewerbsverbot (§ 88 AktG) in die alleinige Zuständigkeit des Aufsichtsrats. Auch Vorstandsdoppelmandate – wie sie den Kern des vorliegenden Rechtstreits darstellen – sind nach geltendem Aktienrecht nicht verboten (arg. e § 88 Abs. 1 Satz 2 AktG); ihre Zulässigkeit hängt allein von der – hier erteilten – Zustimmung der Aufsichtsräte beider Gesellschaften zu der Doppeltätigkeit ab (vgl. Hoffmann-Becking, ZHR 150 (1986), 570, 574; Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 76 Rz. 18; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76 Rz. 93; Hüffer, AktG, 8. Aufl., § 311 Rz. 22, § 88 Rz. 4, § 76 Rz. 21; MünchKomm-Kropff, AktG, 2. Aufl., § 311 Rz. 93 ff.).

 

[15]

 bb) Das gilt – trotz nahe liegender Interessenkonflikte – auch und gerade für personelle Verflechtungen im Aktienkonzern. Für ihn unterstellt das Gesetz in § 18 Abs. 1 Satz 3, § 17 Abs. 2, § 16 AktG, dass beherrschtes und herrschendes Unternehmen in einem Abhängigkeitsverhältnis stehen, und vermutet, dass die faktisch abhängige AG einheitlich geleitet wird. Trotz der mit der Beherrschung verbundenen Gefahren für die rechtliche Eigenständigkeit der abhängigen Gesellschaft besteht kein – präventiv wirkendes – Verbot für das herrschende Unternehmen, sich – über den von ihm faktisch „kontrollierten“ Aufsichtsrat (§ 84 AktG) – selbst zum Geschäftsleiter der abhängigen Gesellschaft einsetzen oder das Vorstandsamt mit Personen seines Vertrauens besetzen zu lassen (vgl. Altmeppen, ZIP 2008, 437, 442). Das gilt gleichermaßen für die Bestellung von Doppelmandaten in beiden AG und die dafür nötige Befreiung nach § 88 AktG, wobei es keine Rolle spielt, ob die (Doppel-)Besetzung „von oben nach unten“ oder – wie hier – „von unten nach oben“ erfolgt.

 

[16]

 Allerdings ergibt sich aus dieser Konstellation trotz der mit Vorstandsdoppelmandaten verbundenen Einflussmöglichkeiten des herrschenden Unternehmens und des mit dem gleichzeitigen Einsatz bei zwei Gesellschaften verbundenen Loyalitätskonflikts, der im Konzernverbund eine besondere Zuspitzung erfährt, kein „Freibrief“ zu Gunsten der Konzernspitze. Der Doppelmandatsträger hat vielmehr bei seinen Entscheidungen stets die Interessen des jeweiligen Pflichtenkreises wahrzunehmen (vgl. BGHZ 36, 296, 306 f.; Senatsurt. v. 21.12.1979 – II ZR 244/78, NJW 1980, 1629, 1630 – jew. zum Aufsichtsrat; Fleischer, a.a.O., § 76 Rz. 94 m.w.N.).ZIP 2009, Seite 1164

 

[17]

 cc) Diese Grundsätze gelten auch in der – hier vorliegenden – besonderen konzernrechtlichen Situation einer faktischen Abhängigkeit der Komplementär-AG von ihrer Mehrheitsaktionärin. Kann die Konzernmutter wegen ihrer Mehrheitsbeteiligung die abhängige Gesellschaft legal beherrschen und einheitlich leiten, so sind dem Minderheitsaktionär der abhängigen Gesellschaft – wie hier der Klägerin in Bezug auf die Beklagte zu 2) – gegenüber der alleinigen Kompetenz des Aufsichtsrats dieser Gesellschaft nach § 88 AktG hinsichtlich der Befreiung von Vorstandsmitgliedern zur Wahrnehmung von Doppelmandaten keine eigenständigen Mitwirkungsrechte eingeräumt. Bezüglich der entsprechenden Vorstandsbestellungs- und Befreiungskompetenz (§§ 84, 88 AktG) des Aufsichtsrats der im faktischen Konzern herrschenden AG für die Tätigkeit von Doppelmandatsträgern bei dieser besteht ein besonderes Mitspracherecht des Minderheitsaktionärs – wie im vorliegenden Fall der Klägerin – der abhängigen Gesellschaft von vornherein nicht, wenn er – wie hier – noch nicht einmal an dem herrschenden Unternehmen als Aktionär beteiligt ist.

 

[18]

 dd) Die – von der Beklagten zu 1) als „Mutter-AG“ beherrschte – AG & Co. KG unterliegt hinsichtlich der alleinigen Bestellungs- und Befreiungskompetenz der Aufsichtsräte der beiden beklagten AG für Vorstandsdoppelmandate – um die es im vorliegenden Fall allein geht – keiner anderen Beurteilung. Hat die Klägerin insoweit als Minderheitsaktionärin der von der Beklagten zu 1) beherrschten Komplementär-AG – wie in der Grundkonstellation zwischen Mutter- und Tochter-AG – keinerlei eigenständige Mitentscheidungskompetenz, so erwächst ihr eine solche auch nicht wegen ihrer gleichzeitigen Rechtsstellung als Minderheitskommanditistin der G+J KG. Vielmehr hat sie es auch in dieser Eigenschaft hinzunehmen, dass das herrschende Unternehmen die Besetzung des Geschäftsleiterpostens in der eigenen wie in der abhängigen Gesellschaft – über die von ihr kontrollierten Aufsichtsräte – bestimmt (vgl. Altmeppen, ZIP 2008, 437, 443; a.A. Cahn, Der Konzern 2007, 716, 724).

 

[19]

 3. Die Alleinkompetenz der Aufsichtsräte der beiden beklagten AG zur Bestellung einzelner Vorstandsmitglieder zu Doppelmandatsträgern bei gleichzeitiger Befreiung vom Wettbewerbsverbot (§§ 84, 88 AktG) kann auch nicht durch ein Zustimmungsrecht der Klägerin aufgrund einer Analogie zu § 112 HGB deshalb durchbrochen werden, weil etwa ein derart bestellter Doppelmandatsträger in Ausübung seines Geschäftsleiteramtes bei der Beklagten zu 1) auf Basis seiner durch den Aufsichtsrat konkretisierten Pflichten eine Tätigkeit entfalten könnte, die einen Verstoß der Beklagten zu 1) gegen das für sie als Mehrheitskommanditistin der KG geltende Wettbewerbsverbot (Tätigwerden im gleichen Handelszweig) aus § 112 Abs. 1 HGB begründen würde. Dagegen kann sich die Klägerin nach Maßgabe der §§ 112, 113 HGB nur im Einzelfall durch die Geltendmachung von Ansprüchen auf Unterlassung, Eintritt und Schadensersatz gegen die Beklagte zu 1) wehren; ein darüber hinausgehendes – wie gezeigt: systemfremdes – präventiv wirkendes Mitspracherecht in Form eines faktischen „Vetorechts“ bei der Bestellung von Vorstandsdoppelmandaten in den beteiligten AG ergibt sich daraus – schon wegen Fehlens einer Schutzlücke – nicht.

 

[20]

 4. Das Postulat der Klägerin, die Zuständigkeit des Aufsichtsrates der Komplementär-AG für die Dispenserteilung gem. § 88 Abs. 1 Satz 2 AktG sei jedenfalls in der AG & Co. KG durch diejenige der Gesellschafter der KG zu ergänzen, weil hier eine Drittschutzwirkung bestehe und Schutzadressaten und Einwilligungsberechtigte nicht auseinanderfallen dürften, ist weder mit der eindeutigen Kompetenzzuordnung des Gesetzes in § 84 Abs. 1 Satz 1, § 88 Abs. 1 Satz 2 AktG vereinbar, noch vermag die Revision aufzuzeigen, wieso die AG & Co. KG entgegen dem geltenden Trennungsprinzip als Einheitsgesellschaft behandelt werden müsste.

 

[21]

 5. Es kann dabei dahinstehen, ob bei der AG & Co. KG die Norm des § 88 Abs. 1 Satz 2 AktG oder das Organ- und Anstellungsverhältnis des Vorstands zur Komplementär-AG tatsächlich drittschützende Wirkung zu Gunsten der KG entfalten (vgl. Hüffer, a.a.O., § 88 Rz. 4; Kort, in: Großkomm. z. AktG, 4. Aufl., § 88 Rz. 47; a.A. Hellgardt, ZIP 2007, 2248, 2249), wie dies für den Geschäftsführer der GmbH & Co. KG angenommen wird (vgl. Senat BGHZ 75, 321, 324; Senat BGHZ 76, 326, 337 f. = ZIP 1980, 361; BGHZ 100, 190, 193 = ZIP 1987, 845, dazu EWiR 1987, 777 (Wiedemann); Senatsurt. v. 14.11.1994 – II ZR 160/93, ZIP 1995, 738 = DStR 1995, 1436, 1439, dazu EWiR 1995, 677 (H.P. Westermann); MünchKomm-Grunewald, a.a.O., § 165 Rz. 14; Henze, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, a.a.O., § 177a Anh. A Rz. 98; v. Gerkan/Haas, a.a.O., § 165 Rz. 18; Baumbach/Hopt, a.a.O., Anh. § 177a Rz. 28; Riegger, BB 1983, 90, 91; Armbrüster, ZIP 1997, 261, 272; Altmeppen, ZIP 2008, 437, 440). Denn Drittschutz bedeutet in diesem Zusammenhang nur, dass der KG eigene Ansprüche zustehen könnten, soweit der Geschäftsleiter (Treu-)Pflichten aus dem den Drittschutz begründenden, bereits bestehenden Anstellungs- und Organverhältnis zur Komplementärin verletzt (vgl. Altmeppen, ZIP 2008, 437, 441; MünchKomm-Grunewald, a.a.O., § 165 Rz. 14).

 

[22]

 Ein – die alleinige gesetzliche Kompetenz der Aufsichtsräte der betreffenden AG beschränkendes – Recht der übrigen Gesellschafter der KG auf maßgebliche Mitwirkung (faktisches „Vetorecht“) bei dem – zeitlich vorgehenden – „primären“ Akt der Bestellung von Vorstandsmitgliedern zu Doppelmandatsträgern wie auch bei dem Abschluss und der Ausgestaltung der Anstellungsverträge ist indessen keinesfalls damit verbunden.

 

[23]

 7. Einen Zustimmungsvorbehalt hinsichtlich der Schaffung von Doppelmandaten in der Geschäftsleitung der beiden beklagten AG kann die Klägerin in ihrer Eigenschaft als Minderheitskommanditistin der G+J KG auch nicht – wie sie dies erstmals in der mündlichen Revisionsverhandlung vor dem Senat versucht hat – mit Erfolg aus dem Kommanditgesellschaftsvertrag herleiten. Dem steht bereits entgegen, dass es sich insoweit um die Einführung neuen – nicht einmal in der Revisionsbegründung enthaltenen – Tatsachenvortrags handelt, der – wie die Beklagten mit Recht gerügt haben – in der Revisionsinstanz prozessrechtlich unzulässig ist (vgl. § 559 ZPO). Überdies lässt sich aber auch aus den von dem drittinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Klägerin insbesondere herangezogenen Bestimmungen der Art. 6 Abs. 1, 2f (Vertretung und Geschäftsführung) und Art. 9 Abs. 5 (Stimmrecht und Beschlussfassung) des – von der Klägerin in anderem Zu-ZIP 2009, Seite 1165sammenhang zu den Akten gereichten – Gesellschaftsvertrages (GV) nicht entnehmen, dass etwa die Bestellung eines Vorstandsmitglieds der Komplementär-AG zum gleichzeitigen Mitglied des Vorstands der sie und die KG beherrschenden Mehrheitskommanditistin ein Grundlagengeschäft wäre und – trotz des nach Art. 9 Abs. 5 GV für Beschlüsse nach Art. 6 Abs. 2f geltenden Mehrheitsprinzips – unter dem Vorbehalt der Zustimmung der Klägerin als Minderheitskommanditistin nach Art eines „Vetorechts“ stünde.

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