BGH: Wirksamkeit eines selbstständigen Provisionsversprechens des Käufers trotz provisionshindernder Verflechtung zwischen Makler und Verkäufer

20.05.2009

BGB § 307 Abs. 1, 2

Wirksamkeit eines selbstständigen Provisionsversprechens des Käufers trotz provisionshindernder Verflechtung zwischen Makler und Verkäufer

BGH, Urt. v. 20. 11. 2008 – III ZR 60/08

Leitsatz des Gerichts:

Die in einem zwischen Unternehmern geschlossenen Grundstückskaufvertrag enthaltene Klausel, in der sich der Käufer verpflichtet, die seitens des Verkäufers einem – mit diesem gesellschaftsrechtlich verflochtenen – Dritten aufgrund eines selbstständigen Provisionsversprechens geschuldete Vergütung zu zahlen, ist wirksam, wenn die Verflechtung dem Käufer bekannt ist.

Tatbestand:

[1]

 Die Parteien streiten um die Rückforderung einer von der Klägerin an die Beklagte gezahlten (Makler-)Provision.

[2]

 Die Beklagte erhielt von ihrer Streithelferin den Auftrag, ein Grundstück im Wege des Höchstgebotsverfahrens zum Mindestgebot von 560.000 € zu vermarkten. Die für die Kaufinteressenten erstellte „Verkaufsaufgabe“ enthielt den näher erläuterten Hinweis, dass zusätzlich zum Kaufpreis eine Provision i.H. v. 6 % an die Beklagte zu zahlen sei. Zwischen der Beklagten und ihrer Streithelferin bestand eine gesellschaftsrechtliche Verflechtung. Die Streithelferin der Beklagten veräußerte sodann mit notariellem Kaufvertrag vom 1. Juni 2004 das Grundstück an die Klägerin. Der Kaufpreis betrug 671.000 €. Nr. 13 des Kaufvertrags lautet wie folgt:

„13. Eigenständiger Provisionsanspruch

(1) Dieser Vertragsgegenstand wurde aufgrund eines vom Verkäufer erteilten Auftrages von der H. Projektmanagement und Consult GmbH (der Beklagten) vermarktet. Die H. Projektmanagement und Consult GmbH gehört zu 100 % der H. Bank AG, die zugleich zu 94 % Gesellschafterin der Verkäuferin ist. Die H. Projektmanagement und Consult GmbH kann deshalb eine Maklertätigkeit i.S.v. § 652 BGB nicht erbringen. In Kenntnis der die Verflechtung begründenden rechtlichen und tatsächlichen Umstände besteht Einvernehmen, dass die H. Projektmanagement und Consult GmbH für Verkäufer und Käufer tätig werden durfte. Der Käufer übernimmt hiermit die vom Verkäufer an die H. Projektmanagement und Consult GmbH zu zahlende Provision i.H. v. 40.260 €.

(2) Der Käufer verspricht dem Verkäufer und der H. Projektmanagement und Consult GmbH, diese Provision an die H. Projektmanagement und Consult GmbH zu zahlen, die hiermit einen selbstständig begründeten und direkten Zahlungsanspruch gegenüber dem Käufer erhält (abstraktes Schuldversprechen). Der Anspruch ist mit Abschluss dieses Vertrages fällig. Die Provision ist vom Käufer spätestens 10 Tage nach Rechnungseingang direkt an die H. Projektmanagement und Consult GmbH auf deren Konto bei der H. Bank AG zu zahlen.

(3) Der Notar hat die Vertragsparteien darüber belehrt, dass die Regelung über die vorstehende Provision nicht beurkundungsbedürftig ist und dass Mehrkosten durch die notarielle Beurkundung der Vereinbarung über die Provision entstehen. Die Vertragsparteien wünschen dennoch die Beurkundung der vorstehenden Vereinbarung betr. die Provision.“

ZIP 2009, Seite 873

[3]

 Nachdem die Beklagte entsprechend der Vereinbarung im Grundstückskaufvertrag der Klägerin 40.260 € in Rechnung gestellt und diese gezahlt hatte, fordert sie nunmehr den Betrag zurück. Bei Nr. 13 des notariellen Kaufvertrags handelt es sich nach ihrer Rechtsauffassung um eine unwirksame AGB. Eine erfolgsunabhängige Provision könne nur in einer Individualvereinbarung wirksam versprochen werden.

[4]

 Die Klägerin hat Teilklage auf Rückzahlung von 8.000 € erhoben. Die Beklagte hat widerklagend die Feststellung begehrt, dass der Klägerin auch über die geltend gemachten 8.000 € hinaus kein Rückzahlungsanspruch zusteht.

[5]

 Das LG hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen.

[6]

 Auf die Berufung der Beklagten hat das OLG das Urteil des LG abgeändert, die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben.

[7]

 Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter und begehrt die Abweisung der Widerklage.

Entscheidungsgründe:

[8]

 Die Revision ist unbegründet.

[9]

 I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dass der Klägerin der geltend gemachte Rückzahlungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB nicht zustehe. Rechtsgrund für die Zahlung sei Nr. 13 des notariellen Kaufvertrags. (Wird ausgeführt.)

[10]

 II. Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision stand. Der Klägerin steht kein Rückzahlungsanspruch bezüglich der an die Beklagte gezahlten Provision nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB zu. Rechtsgrund für die Zahlung ist Nr. 13 des zwischen der Klägerin und der Streithelferin der Beklagten geschlossenen Grundstückskaufvertrages.

[11]

 1. Nr. 13 des Vertrages ist nicht nach § 307 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2 BGB unwirksam.

[12]

 a) Bei der Vertragsbestimmung handelt es sich um eine AGB gem. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB. Diesen Ausgangspunkt des Berufungsgerichts nimmt die Revision als ihr günstig hin. Damit ist die Vereinbarung unbeschadet des Umstandes ihrer notariellen Beurkundung an § 307 BGB zu messen, auch wenn der Grundstückskaufvertrag zwischen Unternehmern geschlossen wurde und es sich nicht um ein Verbrauchergeschäft handelt (§ 310 Abs. 1, 3 BGB).

[13]

 b) Ohne Erfolg macht die Klägerin geltend, Nr. 13 des Grundstückskaufvertrages benachteilige sie unangemessen, weil sie von den wesentlichen Grundgedanken eines Maklervertrages abweiche. Sie verpflichte zur Zahlung einer erfolgsunabhängigen Provision, da die Beklagte aufgrund ihrer gesellschaftsrechtlichen Verflechtung mit der Verkäuferin keine Maklerprovision verdient habe.

[14]

 aa) Nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB liegt eine unangemessene Benachteilung des Vertragspartners des Verwenders der AGB im Zweifel vor, wenn sie mit den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Dies ist nach der Rechtsprechung des BGH bei Maklerverträgen anzunehmen, wenn durch AGB eine erfolgsunabhängige Provision vereinbart wird (BGHZ 119, 32, 33 f. = ZIP 1992, 1157, dazu EWiR 1992, 769 (Schwerdtner); BGHZ 99, 374, 382 = ZIP 1987, 448, dazu EWiR 1987, 361 (Zopfs)). Ob es sich bei Nr. 13 des Vertrages um das Versprechen einer erfolgsunabhängigen Provision im Sinne dieser Rechtsprechung handelt, kann dahinstehen.

[15]

 bb) Im vorliegenden Fall handelt es sich nach der revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Auslegung des Vertrages durch das Berufungsgericht nicht um eine Klausel zur Bestimmung des Inhalts eines zwischen der Klägerin und der Beklagten geschlossenen Maklervertrags, sondern des zwischen der Klägerin und der Streithelferin der Beklagten geschlossenen Grundstückskaufvertrags.

[16]

 (1) In den Fällen der provisionshindernden Verflechtung zwischen Makler und Verkäufer kann gleichwohl eine Provision vereinbart werden und zwar auch innerhalb des vermittelten Hauptvertrags als Vertrag zu Gunsten Dritter (§ 328 BGB). Dies kommt insbesondere in Betracht, wenn dem Versprechenden die tatsächlichen Umstände bekannt sind, die einer echten Maklerleistung entgegenstehen (Senatsurt. v. 6.2.2003 – III ZR 287/02, NJW 2003, 1249, 1250, dazu EWiR 2003, 623 (Zerres)). Welchen rechtlichen Charakter die Vereinbarung hat, ist durch Auslegung unter Berücksichtigung der konkreten Einzelumstände zu ermitteln (vgl. Senatsurt. v. 12.10.2006 – III ZR 331/04, NJW-RR 2007, 55; Senat NJW 2003, 1249, 1250; BGH, Urt. v. 6.3.1991 – IV ZR 53/90, NJW-RR 1991, 820, 821). Es kann sich insoweit auch um einen verschleierten Teil des Kaufpreises handeln (Senat NJW-RR 2007, 55; BGH, Urt. v. 15.4.1987 – IVa ZR 53/86, NJW-RR 1987, 1075, dazu EWiR 1987, 879 (Schwerdtner)). Eine Auslegung in diese Richtung liegt insbesondere dann nahe, wenn der Käufer sich gegenüber dem Verkäufer verpflichtet, die dem Verkäufer entstandenen Maklerkosten zu tragen (Althammer, Die Maklerklausel im notariellen Grundstückskaufvertrag, 2004, S. 132; Staudinger/Reuter, BGB, Neubearb. 2003, §§ 652, 653 Rz. 184; MünchKomm-Roth, BGB, 5. Aufl., 2009, § 652 Rz. 34; Bethge, NZM 2002, 193, 196).

[17]

 (2) Hier sprechen alle Umstände dafür, dass die Nr. 13 des Grundstückskaufvertrages die Vereinbarung eines verschleierten Kaufpreises darstellt, der an die Beklagte zu zahlen war. Die Klägerin verpflichtete sich nicht zur Zahlung einer Provision für ihr gegenüber geleistete Maklerdienste, sondern übernahm die Erfüllung des der Beklagten gegen ihre Streithelferin zustehenden Provisionsanspruchs. Als für die Prüfung des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB maßgebenden gesetzlichen Grundgedanken ist damit auf das Kaufrecht und nicht das Maklerrecht abzustellen. Dabei war der Klägerin die gesellschaftsrechtliche Verflechtung zwischen der Beklagten und ihrer Streithelferin bekannt. Durch die „Verkaufsaufgabe“ und den Text der Vertragsklausel war sie ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass dem Provisionsanspruch keine echte Maklerleistung zugrunde liegt und es sich hierbei um ein selbstständiges Provisionsversprechen handelt (s. zu dem Gesichtspunkt Senatsurt. v. 12.3.1998 – III ZR 14/97, ZIP 1998, 653 = NJW 1998, 1552 f.).

[18]

 (3) Von dieser Prämisse ausgehend bestehen – unbeschadet der Frage, ob unter kaufrechtlichen Aspekten überhaupt eine kontrollfähige Entgeltregelung vorliegt (vgl. Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., 2006, § 307 BGB Rz. 71 ff.) – keine Bedenken, wenn der Verkäufer den Kaufvertrag hinsichtlich eines Teils des vom Käufer zu tragen-ZIP 2009, Seite 874den Gesamtaufwands in der Weise ausgestalten will, dass der Käufer diesen Teil direkt an den für den Verkäufer tätigen Makler zahlt, um die in dem Verhältnis bestehende Forderung zu tilgen. Unter dem Blickwinkel des Kaufrechts führt auch die Revision keine besonderen Umstände an, die eine andere Beurteilung begründen können.

[19]

 Der Umstand, dass zusätzlich ein abstraktes Schuldversprechen vereinbart ist, ist hier ohne Belang. Ein Rechtsgrund für die Zahlung der Klägerin ergibt sich bereits aus der insoweit selbstständig zu beurteilenden Übernahme der Provisionsschuld der Streithelferin der Beklagten und würde durch eine Unwirksamkeit des abstrakten Schuldversprechens nicht berührt.

[20]

 2. Der von der Klägerin geltend gemachte Verstoß gegen das Umgehungsverbot nach § 306a BGB liegt ebenfalls nicht vor. Nach § 306a BGB finden die für die Wirksamkeitskontrolle von AGB maßgeblichen Vorschriften auch dann Anwendung, wenn sie durch andere Gestaltungen umgangen werden. Hier sind die Vorschriften auch ohne § 306a BGB anzuwenden und führen nicht zur Unwirksamkeit. Weitergehende Wirkungen kann die Klägerin aus der Vorschrift nicht für sich ableiten.

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