BGH: Zur Erfüllungswirkung einer Leistung an den Schuldner nach Insolvenzeröffnung

16.09.2009

InsO § 82

Zur Erfüllungswirkung einer Leistung an den Schuldner nach Insolvenzeröffnung

BGH, Urt. v. 16. 7. 2009 – IX ZR 118/08

Leitsatz des Gerichts:

Ist nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Erfüllung einer Verbindlichkeit an den Schuldner geleistet worden, obwohl die Verbindlichkeit zur Insolvenzmasse zu erfüllen war, so wird der Leistende nicht befreit, wenn er zu einer Zeit, als er den Leistungserfolg noch zu verhindern vermochte, von der Verfahrenseröffnung Kenntnis erlangt hat.

Tatbestand:

[1]  Der Kläger ist Verwalter in dem am 10. Februar 2005 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin. Die Eröffnung wurde am 11. Februar 2005 im Internet und am 23. Februar 2005 im Bundesanzeiger veröffentlicht.

[2]  Die Schuldnerin war bei der Beklagten gegen Schäden aus Einbruchsdiebstahl versichert. Zur Regulierung eines vor Insolvenzeröffnung eingetretenen Versicherungsfalls übersandte die Beklagte an die Postanschrift der Schuldnerin am 25. Februar 2005 einen Scheck über 2.853 €. Mit einem spätestens am 3. März 2005 zugegangenen Schreiben vom 28. Februar 2005 zeigte der Kläger der Beklagten die Eröffnung des Insolvenzverfahrens an und forderte sie zur Zahlung der Versicherungsleistung auf. Am 8. März 2005 wurde der Scheck eingelöst, ohne dass der Kläger den Einlösungsbetrag erhielt.

[3]  Die auf Zahlung von 2.853 € nebst Zinsen gerichtete Klage war in beiden Instanzen erfolgreich. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

[4]  Die Revision ist mit Ausnahme der angegriffenen Zinshöhe unbegründet.

[5]  I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte könne sich für die erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommene ZIP Heft 36/2009, Seite 1727Zahlung nicht mit Erfolg auf den Schutz des guten Glaubens nach § 82 Satz 1 InsO berufen. (Wird ausgeführt.)

[6]  II. Dies hält rechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand. Die Beklagte ist von ihrer Leistungsverpflichtung aus dem Versicherungsverhältnis nicht frei geworden.

[7]  1. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahren geht nach § 80 Abs. 1 InsO die Empfangszuständigkeit für alle Leistungen, welche auf die zur Insolvenzmasse gehörenden Forderungen erbracht werden, auf den Insolvenzverwalter über (Jaeger/Windel, InsO, § 82 Rz. 2; MünchKomm-Ott/Vuia, InsO, 2. Aufl., § 82 Rz. 3; Kayser, in: HK-InsO, 5. Aufl., § 82 Rz. 6). Die Parteien haben nicht vorgetragen, dass die Scheckzahlung der Beklagten als eine nach dem Versicherungsvertrag zulässige Leistung an Erfüllungs statt gem. § 364 Abs. 1 BGB erbracht worden ist. Deshalb konnte die Beklagte den Scheck mangels Einigung mit dem Kläger nur erfüllungshalber hingeben und ihre Deckungspflicht erst erfüllen, wenn der Scheck ordnungsgemäß eingelöst wurde (vgl. BGHZ 44, 178, 179 f.; BGHZ 131, 66, 74 = ZIP 1995, 1808, dazu EWiR 1995, 1227 (Bülow)). Entsprechend § 270 Abs. 1 BGB trug die Beklagte Gefahr und Kosten der Scheckübermittlung an den Gläubiger (vgl. BGH, Urt. v. 12.7.2000 – VIII ZR 99/99, ZIP 2000, 1719, 1721 unter II 2 d, dazu EWiR 2000, 1043 (Mues)). Diese Übermittlung an den Kläger ist im Streitfall nur insoweit gescheitert, als der Scheck in die Hände eines Organwalters der nicht mehr empfangszuständigen Insolvenzschuldnerin gelangt und von diesem nicht an den Kläger weitergeleitet, sondern eingelöst worden ist. Ob die Beklagte aufgrund der Einlösung durch die Insolvenzschuldnerin von ihrer Verpflichtung aus dem Versicherungsvertrag frei geworden ist oder von dem Kläger auf nochmalige Leistung in Anspruch genommen werden kann, beurteilt sich nach § 82 Satz 1 InsO, nicht nach dem allgemeinen Gefahrtragungsgrundsatz des § 270 Abs. 1 BGB, wie die Revisionserwiderung meint. Nach § 82 Satz 1 InsO wird der Leistende befreit, wenn er zur Zeit der Leistung an den Insolvenzschuldner die Eröffnung des Verfahrens nicht kannte.

[8]  a) Die Beklagte trifft die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass sie die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gekannt hat, weil sie ihre Leistungshandlung – Übersendung des Schecks – nach der öffentlichen Bekanntmachung der Verfahrenseröffnung vorgenommen hat (vgl. BGH, Urt. v. 15.12.2005 – IX ZR 227/04, ZIP 2006, 138, 140 = ZVI 2006, 111, Rz. 12, dazu EWiR 2006, 213 (Flitsch/Schellenberger)). Maßgeblich für den Übergang der Beweislast ist der Zeitpunkt, an dem die Bekanntmachung nach § 9 Abs. 1 Satz 3 InsO als bewirkt gilt (Kayser, a.a.O., § 82 Rz. 20). Die öffentliche Bekanntmachung ist durch die Veröffentlichung im Internet erfolgt. Das Land Mecklenburg-Vorpommern hat von der durch § 9 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 InsO in der bis zum 30. Juni 2007 geltenden Fassung i.V.m. § 1 Satz 1 der Verordnung zu öffentlichen Bekanntmachungen in Insolvenzverfahren im Internet vom 12. Februar 2002 (BGBl I, 677) eingeräumten Möglichkeit zu einer entsprechenden Veröffentlichung Gebrauch gemacht. Nach Ziffer I. 3. der Verwaltungsvorschrift des Justizministeriums Mecklenburg-Vorpommern vom 2. September 2003 (III 150/1518 – 42 SH/5, AmtsBl M-V 2003, 931) erfolgten ab dem 1. Januar 2004 die öffentlichen Bekanntmachungen in Insolvenzverfahren ausschließlich im Internet. Auf die von § 30 Abs. 1 Satz 2 InsO in der bis zum 30. Juni 2007 geltenden Fassung daneben vorgeschriebene und hier erst am 23. Februar 2005 erfolgte Veröffentlichung im Bundesanzeiger kommt es für den Zeitpunkt der öffentlichen Bekanntmachung gem. § 9 Abs. 3 InsO nicht an (vgl. Keller, ZIP 2003, 149, 153). Die öffentliche Bekanntmachung ist demzufolge durch Internetveröffentlichung mit Ablauf des 14. Februar 2005 (Montag) bewirkt worden (§ 9 Abs. 1 Satz 3, § 4 InsO, § 222 Abs. 2 ZPO).

[9]  b) Der Leistende wird in seinem Vertrauen auf die Empfangszuständigkeit eines Gläubigers nach § 82 InsO nur geschützt, wenn ihm die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über dessen Vermögen solange unbekannt geblieben ist, wie er den Leistungserfolg noch zu verhindern vermag (Jaeger/Windel, a.a.O., § 82 Rz. 48; Kayser, a.a.O., § 82 Rz. 16; Uhlenbruck, InsO, 12. Aufl., § 82 Rz. 11; KPB/Lüke, InsO, § 82 Rz. 23; Wimmer/App, InsO, 5. Aufl., § 82 Rz. 9; HambKomm-InsO/Kuleisa, 2. Aufl., § 82 Rz. 27; Braun/Kroth, InsO, 3. Aufl., § 82 Rz. 10; Wittkowski, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 82 Rz. 18; Smid, InsO, 2. Aufl., § 82 Rz. 9; Graf-Schlicker/Scherer, InsO, § 82 Rz. 5; Hess, Insolvenzrecht, § 82 InsO Rz. 14; Häsemeyer, Insolvenzrecht, 4. Aufl., Rz. 10.15 Fußn. 57; ebenso zum früheren Recht Jaeger/Henckel, KO, 9. Aufl., § 8 Rz. 59). Die hiervon abweichende Ansicht, die den Zeitpunkt der Leistungshandlung für maßgeblich hält (MünchKomm-Ott/Vuia, a.a.O., § 82 Rz. 13; zum früheren Recht ebenso Kilger/K. Schmidt, Insolvenzgesetze, 17. Aufl., § 8 KO Anm. 2) und sich hierfür auf den mit § 407 BGB übereinstimmenden Schutzzweck beruft, berücksichtigt die Unterschiede zwischen § 407 BGB und § 82 Satz 1 InsO nicht hinreichend.

[10]  aa) Der Vorschrift des § 407 BGB kann nicht das allgemeine Prinzip entnommen werden, dass der Schuldner stets geschützt werden soll, wenn er sich im Zeitpunkt seiner letzten Leistungshandlung in Unkenntnis der wirklichen Rechtslage befunden hat (Jaeger/Windel, a.a.O., § 82 Rz. 48). Der maßgebliche Zeitpunkt ist vielmehr für jede dem Schuldnerschutz dienende Vorschrift aus ihrem Normzweck abzuleiten. § 407 BGB liegt die Vorstellung zugrunde, dass der Schuldner, ohne dessen Zutun die Abtretung erfolgt ist, in seiner Rechtsstellung möglichst nicht beeinträchtigt werden soll (BGHZ 105, 358, 360 = ZIP 1988, 1610, dazu EWiR 1989, 103 (Münzberg); BGH, Urt. v. 18.3.2004 – IX ZR 177/03, WM 2004, 981, 984 f.). Er soll vor den Nachteilen der Abtretung geschützt werden; ihn sollen aber keine zusätzlichen Verpflichtungen treffen (BGHZ 105, 358, 360 f. = ZIP 1988, 1610).

[11]  bb) Bei § 407 BGB und § 82 Satz 1 InsO sind die Risikolagen und die Schutzzwecke verschieden.

[12]  In den Fällen des § 407 BGB gibt die Kenntnis des Schuldners, die seinen Leistungsschutz begrenzt, dem Individualinteresse eines Zessionars Vorrang, der die wirksame Leistung an den Zedenten vorher zwar gem. § 816 Abs. 2 BGB von diesem heraus verlangen kann, dem aber die Gefahr einer anspruchsvereitelnden Verfügung des Zedenten im ordentlichen Geschäftsverkehr, eines Vollstreckungszugriffs von Gläubigern des Zedenten und das Risiko von dessen Insolvenz droht. Vergleichbare Gefahren drohen dem Insolvenzverwal-ZIP Heft 36/2009, Seite 1728ter nicht. Anders als nach der KO fällt auch die Leistung des Drittschuldners an den Insolvenzschuldner gem. § 35 Abs. 1 InsO in die Masse. Trotz seiner Fehlleitung unterliegt der Leistungsgegenstand nicht der Zwangsvollstreckung durch den Neugläubiger des Insolvenzschuldners (§ 89 Abs. 1 InsO). Dritte können daran keine Rechte erwerben (§ 91 Abs. 1 InsO). Die Risikolage, welcher § 82 InsO Rechnung tragen will und der in den Fällen des § 407 BGB nichts Entsprechendes gegenübersteht, liegt darin, dass dem Insolvenzverwalter der nach § 80 Abs. 1 InsO seiner Verfügungsmacht unterstehenden Leistungsgegenstand von einem ungetreuen Insolvenzschuldner vorenthalten wird. So soll es auch im Streitfall gewesen sein.

[13]  Der durch § 82 Satz 1 InsO den Drittschuldnern aus Billigkeitsgründen eingeräumte Gutglaubensschutz gewährt deshalb nicht wie § 407 BGB ein Mindestmaß an Sicherheit; er stellt sich vielmehr als eine besondere Vergünstigung dar (so schon BGHZ 140, 54, 58 f. = ZIP 1998, 2162 zu § 8 Abs. 2 und 3 KO) und dient zugleich dem öffentlichen Interesse an einem effektiven Insolvenzverfahren. Diesem Regelungsziel entspricht es, dem Leistenden weitergehende Obliegenheiten als nach § 407 BGB aufzuerlegen und darauf abzustellen, ob der Drittschuldner seine Leistung noch zurückrufen und so dem Risiko eines treuwidrigen Verfahrensschuldners vorbeugen kann (vgl. Jaeger/Windel, a.a.O., § 82 Rz. 48; Kayser, a.a.O., § 82 Rz. 16).

[14]  cc) Bestätigt wird dieses Ergebnis durch die gesetzliche Wertung für den Fall, dass ein gutgläubiger Schuldner nicht an den wirklichen Erben, sondern an den Erbscheinserben als Gläubiger geleistet hat. Abweichend von § 407 Abs. 1 BGB ist für die Kenntnis des Schuldners von der Unrichtigkeit des Erbscheins bei Leistung an den Erbscheinserben (§§ 2367, 2366 BGB) der Zeitpunkt entscheidend, an dem sich der Leistungserfolg vollendet (Staudinger/Schilken, BGB, Neubearb. 2004, § 2366 Rz. 8; MünchKomm-Mayer, BGB, 4. Aufl., § 2366 Rz. 17; Siegmann/Höger, in: Bamberger/Roth, BGB, 2. Aufl., § 2366 Rz. 14; Erman/Schlüter, BGB, 12. Aufl., § 2366 Rz. 4; Palandt/Edenhofer, BGB, 68. Aufl., § 2366 Rz. 3). Dort gelangt der Leistungsgegenstand kraft dinglicher Surrogation in Rechtsanalogie zu § 718 Abs. 2, § 1418 Abs. 2 Nr. 3, § 1473 Abs. 1, § 1638 Abs. 2, §§ 2041, 2111 Abs. 1 BGB unmittelbar in den Nachlass. Der Erbscheinserbe ist dem wirklichen Erben als Erbschaftsbesitzer nach § 2018 BGB zur Herausgabe verpflichtet. Die Zwangsvollstreckung von Gläubigern des Erbschaftsbesitzers in Nachlasssurrogate kann vom wirklichen Erben nach § 771 ZPO abgewehrt werden (MünchKomm-Helms, BGB, 4. Aufl., § 2019 Rz. 1 a.E.). Zusätzlich wird der wirkliche Erbe durch § 2019 Abs. 1 BGB geschützt. Auch hier ist demzufolge die Gefahr im Falle einer Fehlleitung der Leistung wesentlich geringer als das Gläubigerrisiko von Zessionar oder Schuldner, die gegen den Zedenten nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung vorgehen müssen. Das Hauptrisiko liegt ähnlich wie bei § 82 InsO in einem unredlichen Empfänger, dort dem Insolvenzschuldner, hier dem Erbscheinserben. Die Folgerung ist hier wie in den Fällen des § 82 InsO, dass das geringere Regressrisiko des leistenden Schuldners es rechtfertigt, von ihm auch Bemühungen zur Verhinderung des Leistungserfolges zu erwarten und den Schutz der Unkenntnis von der fehlenden Empfangszuständigkeit des Scheingläubigers nur dann zu gewähren, wenn sie bis zur Unabwendbarkeit des Leistungserfolges andauert. Für die abweichende Ansicht spricht entgegen der Auffassung der Revision auch nicht entscheidend die in § 81 Abs. 1 Satz 2 InsO, § 892 Abs. 2 BGB getroffene Regelung, weil sie darauf beruht, dass der Erwerber auf den Gang des Grundbuchverfahrens keinen Einfluss hat (Jaeger/Windel, a.a.O., § 82 Rz. 48). Diese Regel ist bei § 82 InsO ebenso wenig anwendbar wie bei den §§ 2366, 2367 BGB (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 12.10.1970 – III ZR 254/68, WM 1971, 54; ferner BGHZ 57, 341, 343).

[15]  2. Danach konnte die Beklagte nur dann von der Verpflichtung zur erneuten Leistung frei werden, wenn sie zu dem Zeitpunkt, bis zu dem sie die Einlösung des Schecks noch durch dessen Sperrung verhindern konnte, keine Kenntnis von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hatte. Dies ist auf der Grundlage ihres eigenen Vortrags nicht der Fall.

[16]  a) Jede am Rechtsverkehr teilnehmende Organisation muss im Rahmen des ihr Zumutbaren sicherstellen, dass die ihr ordnungsgemäß zugehenden, rechtserheblichen Informationen unverzüglich an die entscheidenden Personen weitergeleitet und von diesen zur Kenntnis genommen werden (BGHZ 140, 54, 62 = ZIP 1998, 2162; BGH ZIP 2006, 138, 140 = ZVI 2006, 111, Rz. 13). Entgegen der Auffassung der Revision beschränkt sich diese Rechtsprechung nicht auf den Bankenbereich (vgl. BGHZ 140, 54 = ZIP 1998, 2162). Ob sich die Organisation, wenn es an einem derartigen internen Informationssystem fehlt, das Wissen einzelner Mitarbeiter, die nicht zu den Entscheidungsträgern gehören, etwa bei der Posteingangsstelle beschäftigt sind, unmittelbar zurechnen lassen muss (vgl. BGH ZIP 2006, 138, 140 = ZVI 2006, 111, Rz. 13), mag dahinstehen. Jedenfalls müssen sich die Entscheidungsträger so behandeln lassen, als hätten sie das Wissen gehabt, wenn die Zeit verstrichen ist, die bei Bestehen eines effizienten internen Informationssystems benötigt worden wäre, um ihnen die Kenntnis zu verschaffen. Diese Zeitspanne ist angesichts des Standes der modernen Büro- und Kommunikationstechnik als gering zu veranschlagen.

[17]  b) Nach dem Vortrag der Beklagten sei es von ihr innerhalb der „assekuranzüblichen und angemessenen Bearbeitungszeit von mindestens neun Arbeitstagen“ nicht zu erwarten gewesen, nach Erhalt der Eröffnungsanzeige des Klägers am 3. März 2005 geeignete Maßnahmen gegen die drohende Scheckeinlösung zu ergreifen. Die Beklagte hat damit nicht vorgetragen, dass sie eine Organisationsstruktur geschaffen hat, die eine kurzfristige Kenntnisnahme des Inhaltes eilbedürftiger Schreiben durch die Entscheidungsträger ermöglicht. Dies hat nichts mit der Frage nach der angemessenen Bearbeitungsfrist für den eine Sachverhaltsaufklärung erfordernden Leistungsantrag eines Versicherten zu tun (hierzu LG Köln VersR 1982, 389). Aus dem Nachweis der Insolvenzeröffnung ergab sich vielmehr unmittelbar, dass laufende Zahlungsvorgänge an die Schuldnerin sofort anzuhalten waren. Ob es solche Vorgänge gab, konnte auf dem Bildschirm in kürzester Zeit festgestellt werden. Da diese Kenntnisnahme mangels ent-ZIP Heft 36/2009, Seite 1729sprechender organisatorischer Vorsorge nicht gewährleistet war, muss sich die Beklagte so behandeln lassen, wie wenn sie am 7. März 2005, als sie den am Folgetag eingelösten Scheck noch sperren lassen konnte, Kenntnis von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gehabt hätte.

[18]  III. Der Ausspruch zur Zinshöhe hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Das AG hat dem Kläger Zinsen nach § 288 Abs. 2 BGB zuerkannt. Bei der Klageforderung handelt es sich indes nicht um eine Entgeltforderung nach dieser Vorschrift. § 286 Abs. 3 BGB setzt die Vorgaben der RL 2000/35/EG vom 29. Juni 2000 um (Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 286 Rz. 1). Nach Erwägungsgrund 13 der Richtlinie unterfallen ihr nicht Zahlungen von Versicherungsgesellschaften. Es bewendet daher bei der Zinshöhe des § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.

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