KG: Zur Berechnung der Haftungsbeträge bei quotaler Haftung der Gesellschafter für die Darlehensschuld der GbR

18.06.2009

BGB §§ 705, 366, 488; HGB § 128

Zur Berechnung der Haftungsbeträge bei quotaler Haftung der Gesellschafter für die Darlehensschuld der GbR

KG, Urt. v. 12. 11. 2008 – 24 U 102/07

Leitsatz des Gerichts:

Haben die Gesellschafter einer GbR eine Beschränkung ihrer persönlichen Haftung für die Darlehensverbindlichkeit der Gesellschaft auf Teilbeträge am Nominalbetrag des Darlehens nebst Zinsen und Kosten in Höhe ihrer Beteiligungsquoten an der Gesellschaft vereinbart, so sind die auf sie entfallenden Haftungsbeträge jeweils bezogen auf die im Darlehensvertrag vereinbarten Teilbeträge und nicht auf die nach Teilerfüllung aus dem Gesellschaftsvermögen verbliebene Gesellschaftsschuld zu berechnen (Fortführung von BGHZ 134, 224 = ZIP 1997, 682).

Gründe:

A. Die Klägerin nimmt die neun Beklagten, davon drei Ehepaare, als Gesellschafter der Grundstücksgesellschaft (i.F.: GbR), eines geschlossenen Immobilienfonds, auf quotale Rückzahlung zweier gesamtfällig gestellter Darlehen in Höhe ihrer quotalen Beteiligungen an der GbR in Anspruch, wobei sie die Haftungsquoten nach ihren Hauptanträgen ausgehend von den Sollsalden bei Fälligstellung, nach ihren Hilfsanträgen ausgehend von der Restschuld nach Abzug der Erlöse aus dem Verkauf des Fondsgrundstücks und der Zwangsverwaltung berechnet.

ZIP 2009, Seite 1119

In Erwartung des an die Klägerin auszukehrenden Erlöses aus dem freihändigen Verkauf des Fondsgrundstücks bei angeordneter Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung erklärte die spätere Prozessbevollmächtigte der Beklagten mit Schreiben vom 29. September 2006 gegenüber der Klägerin für die GbR und die Beklagten eine Tilgungsbestimmung gem. § 366 BGB dahin, dass die anstehende Zahlung ausschließlich als Tilgung auf die persönliche Schuld der Gesellschafter zu gelten habe, „also auf den Darlehensteil erfolge, welcher von den Absicherungen durch private Gesellschafterhaftung erfasst ist“. Einer Verrechnung auf nicht durch quotale Haftung der Gesellschafter persönlich abgesicherte Forderungsteile werde widersprochen.

Das LG Berlin hat der Klage nach Maßgabe der Hilfsanträge stattgegeben und die Beklagten ausgehend von einer um den Erlös aus dem Grundstücksverkauf und Zahlungen der Zwangsverwalterin verringerten Gesellschaftsschuld entsprechend ihren sich daraus ergebenden Beteiligungsquoten zur Zahlung von Teilbeträgen an die Klägerin verurteilt. Gegen dieses Urteil wenden sich die Parteien mit ihren Berufungen.

B. Die Berufungen sind zulässig. In der Sache hat die Berufung der Beklagten keinen, diejenige der Klägerin dagegen im Wesentlichen – bis auf einen Teil der Zinsforderung – Erfolg. Der Klägerin stehen gegen die Beklagten als Gesellschafter der GbR Ansprüche auf Rückzahlung der gesamtfällig gestellten, der GbR gewährten Darlehen nach Maßgabe ihrer Hauptanträge entsprechend § 128 Abs. 1 HGB i.V.m. § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB (Art. 229 § 5 EGBGB) zu.

I. Die streitgegenständlichen Darlehensverträge der Rechtsvorgängerin der Klägerin vom 15./30. April und 22./30. April 1993 sind mit der GbR als Darlehensnehmerin wirksam zustande gekommen. (Wird ausgeführt.)

II. Die Darlehen sind valutiert und zur Rückzahlung fällig, nachdem die Klägerin die Darlehensverträge mit Schreiben vom 10. Mai 2004 gekündigt hat. Insoweit haben die Beklagten keine konkreten Einwände mehr erhoben.

Hinsichtlich der Höhe der Darlehensschuld der GbR ist von den Berechnungen der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 18. September 2007 in Verbindung mit den eingereichten Übersichten über die Entwicklung der Forderungskonten gegen die GbR bis zum 1. September 2006 und 19. Oktober 2006 auszugehen. Denn die Beklagten sind ihnen nicht substanziiert – durch konkreten Vortrag ihrer Ansicht nach unrichtiger Positionen – entgegengetreten. Die bloße Angabe eines abweichenden Endsaldos genügt insoweit nicht.

Die Darlehensschuld der GbR per 19. Oktober 2006 beläuft sich mithin auf insgesamt 833.788,54 € bei einer Hauptforderung (Zinsbemessungsgrundlage) von 579.027,46 €.

III. Die Beklagten haften als Gesellschafter der GbR für deren – vorstehend bezifferte – Darlehensschuld entsprechend § 128 HGB in Höhe der von ihnen übernommenen Beteiligungsquoten am Gesamtkapital der GbR nach dem unwidersprochenen Vortrag der Klägerin wie folgt:

Beklagte zu 1) und 2): 33,93 %;

Beklagter zu 3): 8,815 %;

Beklagter zu 4): 16,42 %;

Beklagte zu 5) und 6): 16,02 %;

Beklagter zu 7): 16,00 %;

Beklagte zu 8) und 9): 8,815 %.

Dabei sind die Quoten – entgegen der Auffassung des LG – jeweils bezogen auf die ursprünglich in den Darlehensverträgen vereinbarten Teilbeträge an den Darlehensbeträgen nebst Zinsen und Kosten zu berechnen. Denn bei der akzessorischen Gesellschafterhaftung analog § 128 HGB handelt es sich um eine untereinander gesamtschuldnerische Haftung der Gesellschafter, die lediglich in Höhe der übernommenen Beteiligungsquoten begrenzt ist, wie nachstehend erläutert werden soll.

1. Nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung des BGH besitzt die GbR Rechtsfähigkeit, soweit sie – wie hier – als Außengesellschaft durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründet, während sich die Haftung ihrer Gesellschafter für Verpflichtungen der GbR nach §§ 128 ff. HGB richtet.

Für die im Namen der GbR begründeten Verpflichtungen haften die Gesellschafter daher kraft Gesetzes grundsätzlich auch persönlich und mit ihrem Privatvermögen, ohne dass es entsprechend der früher vertretenen Theorie der Doppelverpflichtung (vgl. BGHZ 74, 240, Rz. 5 nach juris) eines ausdrücklichen oder konkludenten Vertragsschlusses auch in ihrem Namen bzw. eines späteren Schuldbeitritts bedurfte. Die persönlich unbeschränkte Haftung der Gesellschafter kann grundsätzlich nur durch eine individualvertragliche Vereinbarung mit dem Gläubiger beschränkt oder ausgeschlossen werden (vgl. die grundlegenden Urteile vom 27.9.1999, BGHZ 142, 315, 319 f. = ZIP 1999, 1755 (m. Anm. Altmeppen), dazu EWiR 1999, 1053 (T. Keil), und vom 29.1.2001, BGHZ 146, 341, 358 f. = ZIP 2001, 330 (m. Bespr. Ulmer, S. 585), dazu EWiR 2001, 341 (Prütting)). Für Anlagegesellschafter bereits vor der Rechtsprechungswende hin zur Akzessorietätslehre existenter geschlossener Immobilienfonds bleibt jedoch aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterhin die Berufung auf eine im Gesellschaftsvertrag vorgesehene Haftungsbeschränkung zulässig, sofern diese dem Vertragspartner mindestens erkennbar war (vgl. BGHZ 150, 1 = ZIP 2002, 851, dazu EWiR 2002, 1079 (Kirberger)).

2. Vorliegend ist daher im Wege der Auslegung der streitgegenständlichen Darlehensverträge unter Heranziehung der im Gesellschaftsvertrag enthaltenen Haftungsregelungen zu ermitteln, in welcher Weise eine Beschränkung der nach neuerer Rechtsauffassung kraft Gesetzes eintretenden persönlichen Haftung der Gesellschafter für die Darlehensverbindlichkeiten vereinbart worden ist.

a) Nach den gleichlautenden Formulierungen auf den S. 1 der Darlehensverträge haften die „Darlehensnehmer ... nach § 421 BGB, jedoch beschränkt auf die in der genannten Aufstellung aufgeführten Teilbeträge am unten genannten Darlehensbetrag nebst Zinsen und Kosten“. Die den Verträgen zwischen den S. 22 und 23 jeweils beigefügten Aufstellungen führen die Gesellschafter jeweils betragsmäßig mit ihren Anteilen am Gesellschaftskapital der GbR und entsprechend am Darlehenskapital, an den Annuitäten, am Damnum, weiteren Kosten wie Wertermittlungs-, Bürgschafts- und Vermittlungskosten sowie Zinsen und Tilgung auf.

ZIP 2009, Seite 1120

§ 4 Ziff. 5 des Gesellschaftsvertrags lautet: „Die Gesellschafter sind am Gesellschaftsvermögen in dem Verhältnis ihrer Kapitaleinlagen beteiligt. Sie haften für Verbindlichkeiten der Gesellschaft mit dem Gesellschaftsvermögen unbeschränkt, im übrigen jedoch nicht als Gesamtschuldner, sondern nur quotal im Verhältnis ihrer Kapitaleinlagen zu dem in Abs. 3 genannten Gesellschaftskapital, soweit nicht zwingende gesetzliche Vorschriften eine gesamtschuldnerische Haftung vorsehen oder dies von Behörden oder Versorgungsunternehmen verlangt wird.“

b) Die Auslegung vorgenannter Regelungen ergibt, dass die Gesellschafter persönlich jeweils nur anteilig entsprechend ihren Beteiligungsquoten am Gesellschaftskapital für die vereinbarten Darlehensbeträge nebst Zinsen und Kosten haften.

Dies folgt zunächst aus dem Wortlaut der Darlehensverträge, von dem bei der Auslegung gem. §§ 133, 157 BGB auszugehen ist. Wie sich insbesondere aus den beigefügten Aufstellungen ergibt, bezieht sich die quotale persönliche Haftung der Gesellschafter auf die in den Verträgen vereinbarten Darlehenssummen nebst Zinsen und Kosten und nicht auf den jeweiligen späteren Stand der Darlehensforderungen.

Die Aufstellungen weisen für alle Gesellschafter aus, in welcher Höhe sie an den Darlehensverträgen beteiligt sind, und zwar sowohl hinsichtlich des Anteils am Darlehenskapital wie auch des Anteils an Zinsen und Kosten. Bei den ausgewiesenen Beträgen handelte es sich für die GbR und die Gesellschafter erkennbar um die Höchstbeträge, mit denen sie einstehen sollten, wenn die Darlehensschuld von der GbR nicht mehr ordnungsgemäß bedient wurde.

Die Verträge enthalten auch sonst keinen Hinweis darauf, dass die Haftungsbeträge ausgehend vom jeweiligen Stand der Darlehensforderungen zu berechnen seien. Im Übrigen hätte es dann weitergehender Regelungen zu den Fragen bedurft, welche Stichtage maßgebend und welche Teilzahlungen wie verrechnet werden sollten.

Schließlich folgt dies auch nicht aus der Darstellung der Gesellschafterhaftung auf S. 42 des Prospekts wie folgt: „Soweit Gläubiger durch Grundpfandrecht gesichert sind, haftet zunächst das Grundstück – wie auch für öffentliche Lasten – insgesamt. Darüber hinaus haften die Gesellschafter nur quotal entsprechend ihrer Beteiligung.“ Wie der Senat bereits mehrfach zu vergleichbaren Prospektangaben entschieden hat, bedeutet die Verwendung des Begriffs „zunächst“ nicht die Angabe einer bestimmten Haftungsreihenfolge, sondern es handelt sich um eine bloße Aufzählung der verschiedenen Sicherheiten. Selbst wenn man der Aussage einen Vorrang der Befriedigung aus dem Grundstück entnimmt, folgt aus ihr nicht, dass die Haftungsbeträge der Gesellschafter erst ausgehend von der nach Verwertung des Grundstücks verbleibenden Darlehensschuld zu berechnen seien. Denn die Aussage, dass die Gesellschafter „darüber hinaus“ quotal entsprechend ihrer Beteiligung haften, sagt nichts darüber, von welchen Ausgangsbeträgen ihre Haftungsbeiträge konkret berechnet werden. Es kann daher auch dahingestellt bleiben, ob Prospektangaben überhaupt zur Auslegung vertraglicher Haftungsbeschränkungen herangezogen werden können.

c) Die beiderseitige Interessenlage gebietet ebenfalls eine Auslegung der vereinbarten Haftungsbeschränkung allein ausgehend von den vereinbarten Darlehenssummen nebst Zinsen und Kosten.

Es ist gerade Sinn der neben der Gesellschaftsschuld bestehenden persönlichen Haftung der einzelnen Gesellschafter, dem Gesellschaftsgläubiger – im Ausgleich zu dem bei der GbR fehlenden gebundenen Haftkapital – die Sicherheit zu geben, wegen seiner Forderung auch aus dem privaten Vermögen der einzelnen Gesellschafter Befriedigung zu erhalten. Würde den aus dem Gesellschaftsvermögen erbrachten Tilgungsleistungen ohne Weiteres Erfüllungswirkung auch für die persönliche Haftung beigemessen, hätte dies zur Folge, dass diese zusätzliche Sicherheit zum Nachteil des Gläubigers abgebaut würde und er das Insolvenzrisiko der teilschuldnerisch haftenden Mitgesellschafter zu tragen hätte (vgl. auch die Anm. von Goette, DStR 1997, 711, 712 zu BGHZ 134, 224 = ZIP 1997, 682).

Soweit Tilgungsleistungen einzelner Gesellschafter erfolgen, versteht es sich von selbst, dass diese nur auf die Gesellschaftsschuld und ihre eigene Quotenhaftung, nicht aber auch auf diejenige anderer Gesellschafter anzurechnen sind. Denn die übrigen – nicht zahlenden – Gesellschafter würden grundlos von ihrer Haftung befreit, während der Gläubiger wiederum einen Teil seiner Sicherheit verlieren würde.

d) Im Ergebnis ist daher davon auszugehen, dass auch vorliegend die aus dem Gesellschaftsvermögen erbrachten Tilgungsleistungen – um die es hier allein geht – zwar den für die persönliche Haftung der Gesellschafter analog §§ 128, 129 Abs. 1 HGB maßgebenden Bestand der Gesellschaftsschuld verringert haben, jedoch nicht auch zur Absenkung ihrer Haftungsquoten in der Weise geführt haben, dass ihre Haftungsbeträge nur noch ausgehend von der restlichen Darlehensschuld der Gesellschaft zu errechnen wären.

Dies entspricht auch dem Urteil vom 16. Dezember 1996 (BGHZ 134, 224, 229 = ZIP 1997, 682), wobei der BGH allerdings noch auf der Grundlage der früher vertretenen Doppelverpflichtungslehre eine dogmatische Herleitung unter Heranziehung der §§ 422, 366 f. BGB vornimmt (vgl. dazu Goette, DStR 1997, 711, 712 sowie K. Schmidt, NJW 1997, 2201 – 2206, der bereits von der akzessorischen Gesellschafterhaftung analog §§ 128 ff. HGB ausgeht und zusätzlich § 507 HGB heranzieht). Er gelangt auf dieser Grundlage zu dem Ergebnis, dass den aus dem Gesellschaftsvermögen auf die Darlehensschuld erbrachten Teilleistungen keine den Beteiligungsquoten der Gesellschafter entsprechende „automatische“ Tilgungswirkung auf deren (nach damaliger Dogmatik) persönlich übernommene Schuldbeitrittsverbindlichkeit nach § 422 Abs. 1 BGB zukommt, sondern eine Anrechnung analog §§ 366 f. BGB vorzunehmen ist (vgl. BGHZ 134, 224, 227 f. = ZIP 1997, 682). Erst recht kommt eine analoge Anwendung von § 422 Abs. 1 BGB nach der neueren Rechtsprechung nicht in Betracht, weil das Verhältnis zwischen GbR und Gesellschafter nicht ähnlich einer Gesamtschuld nach §§ 421 ff. BGB, sondern akzessorisch ist (vgl. K. Schmidt, NJW 1997, 2201, 2204).

ZIP 2009, Seite 1121

e) Nach allem haften die Beklagten für die restliche Darlehensschuld der GbR entsprechend den von der Klägerin zutreffend berechneten Beteiligungsquoten nach Maßgabe der Hauptanträge wie folgt:

<tgroup cols="3"></tgroup><colspec colnum="1" colname="A" colwidth="1*"></colspec></colspec><//colspec><colspec colnum="2" colname="B" colwidth="0.5*"></colspec></colspec><//colspec><colspec colnum="3" colname="C" colwidth="0.5*"></colspec></colspec><//colspec></tgroup><//tgroup>

HaftungsbetragZinsbemessungsgrundlage
Beklagte zu 1) und 2): 33,93 %474.704,36 €355.893,13 €
Beklagter zu 3): 8,815 %123.328,00 €92.460,89 €
Beklagter zu 4): 16,42 %229.727,25 €172.230,04 €
Beklagte zu 5) und 6): 16,02 %224.130,97 €168.824,64 €
Beklagter zu 7): 16,00 %223.851,16 €167.824,64 €
Beklagte zu 8) und 9): 8,815 %123.328,00 €92.460,89 €

Die genannten Haftungsbeträge halten sich jeweils innerhalb der in den Darlehensverträgen vereinbarten Haftungsobergrenzen ausgehend von den Nominalbeträgen der Darlehen zuzüglich Zinsen und Kosten. Sie übersteigen auch nicht die restliche Darlehensschuld der GbR. Denn diese beläuft sich nach Teilerfüllung durch Auskehrung des Veräußerungserlöses am 19. Oktober 2006 auf insgesamt 833.788,54 € und liegt damit über den Teilbeträgen, für die die Gesellschafter nach den Darlehensverträgen höchstens haften. Eine Reduzierung ihrer Haftungsbeträge tritt daher noch nicht ein.

3. Die Beklagten können sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 29. September 2006 eine Tilgungsbestimmung dahin vorgenommen worden sei, dass die Zahlung des Kaufpreises ausschließlich als Tilgung auf die persönliche Schuld der Gesellschafter zu gelten habe.

Zwar stehen einer wirksamen Tilgungsbestimmung seitens der Beklagten nach § 366 Abs. 1 BGB noch nicht die Ziff. 23.1 der Darlehensverträge entgegen. Denn es ist davon auszugehen, dass es sich bei der der Bank eingeräumten Befugnis, erhaltene Zahlungen nach billigem Ermessen zu verrechnen, um AGB handelt, die als einseitiges Tilgungsbestimmungsrecht mangels positiver Festlegung einer konkreten Tilgungsreihenfolge nach § 307 Abs. 1 BGB (früher § 9 AGBG) unwirksam sind (vgl. BGH ZIP 1984, 1236 = WM 1984, 1100, 1102; BGH ZIP 1997, 929 = WM 1997, 1012, 1013, dazu EWiR 1997, 583 (Hager); BGH ZIP 1999, 744 = WM 1999, 948, dazu EWiR 2000, 57 (Derleder)).

Soweit die Tilgungsbestimmung nicht durch alle Gesellschafter erklärt wurde, konnte sie mangels Einzelvertretungsbefugnis nach § 714 BGB nicht wirksam allein durch die Beklagten für die GbR als Schuldnerin der Darlehensforderung erklärt werden.

Darüber hinaus steht das Tilgungsbestimmungsrecht nach § 366 Abs. 1 BGB nur dem Schuldner zu, der freiwillig zur Erfüllung seiner Pflichten tätig wird, nicht aber dem, gegen den die Zwangsvollstreckung betrieben werden muss; Gleiches gilt in Fällen der Verwertung von Sicherheiten (vgl. BGH ZIP 1999, 550 = WM 1999, 684; BGH ZIP 2008, 1624 = WM 2008, 1298, 1300, Rz. 22 m.w.N., dazu EWiR 2008, 741 (Kulke)). Vorliegend erfolgte der Grundstücksverkauf im Rahmen einer freihändigen Verwertung von Sicherheiten bei bereits laufender Zwangsvollstreckung, was sich insbesondere aus dem Vermerk über die Eintragung der Anordnung der Zwangsverwaltung und der Zwangsversteigerung unter § 5 des notariellen Kaufvertrags und auch aus dem Anwaltsschreiben vom 16. Dezember 2005 ergibt.

Schließlich bestehen Bedenken gegen die Bestimmtheit der Tilgungsbestimmung. Soweit erklärt wird, dass die Zahlung ausschließlich als Tilgung auf die persönliche Schuld der Gesellschafter zu gelten habe, also auf den Darlehensteil erfolge, welcher von den Absicherungen durch private Gesellschafterhaftung erfasst ist, geht sie ins Leere, weil nicht abgesicherte Forderungsteile nicht vorhanden sind. Legt man sie dahin aus, dass die Zahlung zugleich anteilig auf die persönlichen Haftungsquoten der einzelnen Gesellschafter angerechnet werden soll, fehlt es jedenfalls an einer näheren Bestimmung, wie die Verteilung erfolgen soll. Infrage kämen sowohl eine gleichmäßige Verteilung auf alle Gesellschafter als auch eine Verteilung nach dem Verhältnis der einzelnen Haftungsquoten (entsprechend der Rechtsprechung zum Innenausgleich zwischen Mitbürgen bei Höchstbetragsbürgschaften, vgl. BGH ZIP 1998, 280 = NJW 1998, 894, dazu EWiR 1998, 347 (Tiedtke)), wobei es für eine Ermittlung des Gewollten an hinreichenden Anhaltspunkten fehlt.

4. Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt die Klägerin auch nicht rechtsmissbräuchlich, wenn sie durch die Erlangung eines Titels in ihre restliche Forderung gegen die GbR übersteigender Höhe das Risiko des Ausfalls einzelner Anleger auf die Mitgesellschafter verlagert. Wie dargelegt, dient die persönliche Gesellschafterhaftung gerade dem Ausgleich des Risikos des Gläubigers einer GbR, mangels verbindlich aufzubringenden Haftungskapitals nicht gesichert auf Gesellschaftsvermögen in bestimmter Höhe zugreifen zu können. Er hat auch kraft Gesetzes nicht das Insolvenzrisiko einzelner Gesellschafter zu tragen, sondern kann jeden Gesellschafter für die gesamte verbliebene Gesellschaftsschuld in Höhe von 833.788,54 € bis zur Höhe seiner quotalen Haftung in Anspruch nehmen.

Die Aufnahme einer entsprechenden Einschränkung in den Urteilstenor ist nach Auffassung des Senats im Hinblick auf die mangelnde Vollstreckungsfähigkeit eines solchen Titels nicht geboten. Die Beklagten sind im Falle eines über den Stand der Gesellschaftsschuld hinausgehenden Vollstreckungsversuchs der Klägerin vielmehr auf die Möglichkeit der Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO zu verweisen.

C. Die Revision war gem. § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO zuzulassen, weil die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert. Das zu den hier erheblichen Haftungs- und Verrechnungsfragen bei quotaler Gesellschafterhaftung allein bekannte Urteil des BGH vom 16. Dezember 1996 (BGHZ 134, 224, 229 = ZIP 1997, 682) ist dogmatisch überholt und hat berechtigte Kritik erfahren (vgl. K. Schmidt, NJW 1997, 2201, 2204). Eine eingehende Erörterung dieser Fragen auf der Grundlage der neueren Rechtsprechung als richtungsweisende Orientierungshilfe für derartige – typische und wiederkehrende – Sachverhalte ist daher notwendig.

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