LG Essen: Firmenänderung durch Insolvenzverwalter nach Wegfall der Berechtigung zur Nutzung der alten Firma

21.08.2009

InsO § 103; GmbHG § 53 Abs. 1; HGB § 15

Firmenänderung durch Insolvenzverwalter nach Wegfall der Berechtigung zur Nutzung der alten Firma

LG Essen, Beschl. v. 4. 5. 2009 – 44 T 3/09

Leitsatz der Redaktion:

Der Insolvenzverwalter ist nach Beendigung eines Markenlizenzvertrags der insolventen GmbH berechtigt, die als Folge notwendige Namensänderung zu beschließen und die Eintragung einer Ersatzfirma auch ohne vorherige Änderung des Gesellschaftsvertrags ins Handelsregister zu beantragen.

ZIP Heft 33/2009, Seite 1584

Gründe:

I. Rechtsanwalt N. ist seit dem 1.1.2009 Insolvenzverwalter der im Handelregister eingetragenen SSS C. GmbH.

Der Firmenbestandteil „SSS“ wurde auf der Grundlage einer von der Gemeinschuldnerin abgeschlossenen Markenlizenzvereinbarung genutzt. Dieser Lizenzvertrag wurde aufgekündigt, womit im Verhältnis zur Lizenzgeberin die Berechtigung zur Fortnutzung des Firmenbestandteils entfiel. Mit notarieller Erklärung vom 4.2.2009 gab der Insolvenzverwalter die Erklärung ab, dass die Firma der Gemeinschuldnerin geändert sei und nun „C. GmbH“ laute. Er beantragte, dies ins Handelsregister einzutragen.

Das AG Essen wies den Antrag auf Eintragung ins Handelsregister mit Beschluss vom 26.3.2009 zurück. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner Beschwerde. Das AG Essen hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II. Der angegriffene Beschluss wird auf die zulässige Beschwerde aufgehoben. Die begehrte Eintragung ist vorzunehmen, wenn dieser keine weiteren Hindernisse entgegenstehen.

Dem AG Essen ist darin zuzustimmen, dass eine streitige Rechtslage vorliegt und der Gesetzgeber unzureichende Vorgaben dazu macht, wie der vom AG und dem Beschwerdeführer dargelegte Interessenkonflikt gelöst werden soll.

Dem Insolvenzverwalter kam gem. § 103 InsO die Befugnis zu, den Markenlizenzvertrag zu beenden. Die Kammer teilt die Auffassung, dass er dann auch berechtigt war, die als Folge notwendige Namensänderung zu beschließen und die Eintragung einer Ersatzfirma ins Handelsregister zu beantragen.

Zur notwendigen Änderung der Gesellschaftssatzung bleiben auch im Insolvenzverfahren gem. § 53 Abs. 1 GmbHG allein die Gesellschafter der GmbH zuständig. Die InsO sieht kein verdrängendes oder ergänzendes Recht des Insolvenzverwalters zu Änderungen des Gesellschaftsvertrages vor. Er hat lediglich die Befugnis, gegen entsprechende Beschlussfassungen der Gesellschafter vorzugehen, wenn sie eine Verwertung der Insolvenzmasse behindern.

Auf der anderen Seite hat die Eintragung einer Ersatzfirma ins Handelsregister zur Folge, dass die im Gesellschaftsvertrag bezeichnete Firma nicht mehr mit der im Handelsregister aufgeführten Firma übereinstimmt, was nunmehr wegen der Publizität des Handelsregisters gem. § 15 HGB Bedenken begegnet. Das AG Essen hat hieraus – in Übereinstimmung mit zwei Literaturmeinungen – die Schlussfolgerung gezogen, die Schutzfunktion des Handelsregisters sei vorrangig und der Insolvenzverwalter deshalb ausnahmsweise berechtigt, zur Namensgebung auch die Gesellschaftssatzung abzuändern.

Dies erscheint der Kammer zwar als eine gut diskutable Weiterentwicklung der derzeitigen Gesetzeslage, z. Zt. aber angesichts des eindeutigen Wortlautes des § 53 Abs. 1 GmbHG rechtlich nicht als überzeugend. Dem Gesetzgeber sind die sich aus der Bildung einer Ersatzfirma ergebenden Probleme für die Publizität des Handelsregisters spätestens seit der Entscheidung des BGH (NJW 1983, 755) bekannt. Er hat gleichwohl über mehr als zwei Jahrzehnte keinen Anlass gesehen, den Konflikt durch Einräumung einer partiellen Befugnis des Insolvenzverwalters zur Satzungsänderung zu lösen. Die Kammer zieht daraus mit der überwiegenden Kommentarmeinung die Schlussfolgerung, dass das Auseinanderfallen zwischen eingetragener und in der Satzung vermerkter Firma für die Dauer des Insolvenzverfahrens hingenommen werden muss. Hierbei ist bei der Abwägung mit zu berücksichtigen, dass für Dritte aus dem Handelsregister ersichtlich ist, dass ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde, und diese daher in Betracht ziehen müssen und können, dass die rechtliche Situation der eingetragenen GmbH maßgeblich auch durch Sonderregelungen des Insolvenzrechts beeinflusst wird. Wird nach Beendigung des Insolvenzverfahren gem. § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG eine Fortsetzung der Gesellschaft beschlossen, hat das Registergericht das Recht und die rechtlichen Durchsetzungsmöglichkeiten, nun wieder eine Satzungsänderung zur Namensgebung zu erreichen, also die Publizitätswirkung des § 15 HGB wieder in vollem Umfang herzustellen (vgl. Ulmer, NJW 1983, 1702). Der Schutz Dritter gebietet daher nicht dringend, Ausnahmen von der Gesetzeslage zu konstatieren.

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