LG Köln: Zuordnung eines Widerspruchs zur GmbH-Gesellschafterliste bei aufschiebend bedingter Anteilsabtretung
GmbHG §§ 40, 16 Abs. 3 Satz 4; BGB § 161
Zuordnung eines Widerspruchs zur GmbH-Gesellschafterliste bei aufschiebend bedingter Anteilsabtretung
LG Köln, Beschl. v. 16. 6. 2009 – 88 T 13/09
Leitsatz der Redaktion:
Bewilligt der Veräußerer im Rahmen der aufschiebend bedingten Abtretung seines GmbH-Geschäftsanteils einen Widerspruch gem. § 16 Abs. 3 Satz 4 GmbHG, muss das Registergericht diesen Widerspruch der Gesellschafterliste zuordnen.
Zum Sachverhalt:
E. und K. sind Gesellschafter einer GmbH. K. hat durch notariellen Vertrag seinen Geschäftsanteil an E. übertragen. Die Übertragung ist aufschiebend bedingt durch die Zahlung des Kaufpreises. Der notarielle Vertrag enthält folgende Bestimmung:
„Der Veräußerer bewilligt und der Erwerber beantragt, der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste einen Widerspruch zuzuordnen. Zug um Zug mit der Aufnahme der neuen Gesellschafterliste mit der Bescheinigung des unterzeichnenden Notars soll der Widerspruch wieder gelöscht werden. Die Löschung wird bereits heute bewilligt und beantragt.“
Der Notar hat die Zuordnung des Widerspruchs beantragt. Das AG Köln hat den Antrag zurückgewiesen: § 16 Abs. 3 GmbHG erfordere, dass bei einer Gesellschafterliste, die den wahren Rechtsinhaber ausweist, ein Widerspruch nicht möglich sei. Die in der Gesellschafterliste aufgeführten Gesellschafter K. und E. seien bis zum Eintritt der aufschiebenden Bedingung der Kaufpreiszahlung beide noch Gesellschafter. Hiergegen wendet sich der Notar mit der Beschwerde.
Gründe:
II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.
Die Voraussetzungen für die Zuordnung eines Widerspruchs gegen die Gesellschafterliste liegen vor.
Nach bisheriger Rechtslage war gem. § 161 Abs. 1 BGB der gutgläubige Erwerb vom Nichtberechtigten nicht möglich. § 161 Abs. 3 BGB, wonach entgegen § 161 Abs. 1 BGB ein gutgläubiger Erwerb möglich ist, lief ins Leere, da der gutgläubige Erwerb des Geschäftsanteils vom Nichtberechtigten nicht geregelt war.
Dies hat sich nach neuer Gesetzeslage geändert. Gemäß § 16 Abs. 3 GmbHG in der Fassung des MoMiG (BGBl I, 2026) ist der Erwerb eines Geschäftsanteils vom Nichtberechtigten wie folgt neu geregelt worden: Der Erwerber kann einen Geschäftsanteil oder ein Recht daran durch Rechtsgeschäft wirksam vom Nichtberechtigten erwerben, wenn der Veräußerer als Inhaber des Geschäftsanteils in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste eingetragen ist. Dies gilt nicht, wenn die Liste zum Zeitpunkt des Erwerbs hinsichtlich des Geschäftsanteils weniger als drei Jahre unrichtig und die Unrichtigkeit dem Berechtigten nicht zuzurechnen ist. Ein gutgläubiger Erwerb ist ferner nicht möglich, wenn dem Erwerber die mangelnde Berechtigung bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist oder der Liste ein Widerspruch zugeordnet ist. Die Zuordnung eines Widerspruchs erfolgt aufgrund einer einstweiligen Verfügung oder aufgrund einer Bewilligung desjenigen, gegen dessen Berechtigung sich der Widerspruch richtet. Eine Gefährdung des Rechts des Widersprechenden muss nicht glaubhaft gemacht werden.
Es ist schon zweifelhaft, ob § 16 Abs. 3 GmbHG für die Zuordnung eines Widerspruchs aufgrund einer Bewilligung desjenigen, gegen dessen Berechtigung sich der Widerspruch richtet, verlangt, die Unrichtigkeit der Gesellschafterliste zu prüfen, oder ob die freiwillig erteilte Bewilligung eine solche Prüfung ersetzt (Begründung RegE zu Art. 1 Nr. 15, BT-Drucks. 16/6140 = Beilage zu ZIP 23/2007). Diese Frage bedarf aber keiner Entscheidung.
Gemäß § 161 Abs. 1 BGB besteht ein Erwerberschutz, der nur gem. § 161 Abs. 3 BGB im Falle des gutgläubigen Erwerbs eingeschränkt ist. Ob und in welchem Umfang § 161 Abs. 3 BGB auf § 16 Abs. 3 GmbHG verweist und damit eine Durchbrechung des Erwerberschutzes gem. § 161 Abs. 1 BGB möglich ist, wird unterschiedlich beurteilt (vgl. Preuß, ZGR 2008, 676, ZIP Heft 40/2009, Seite 1916692; Reymann, GmbHR 2009, 343). § 16 Abs. 3 GmbHG regelt indes explizit den Erwerb des Geschäftsanteils vom Nichtberechtigten und stellt damit eine Vorschrift i.S.v. § 161 Abs. 3 BGB dar.
Nach dem Wortlaut der Vorschrift ist die Zuordnung eines Widerspruchs gegen die Gesellschafterliste möglich. Die Regelung zum gutgläubigen Erwerb bezieht sich auf die „Unrichtigkeit“ der Liste und auf die „mangelnde Berechtigung“ des Veräußerers. Unrichtig ist die Gesellschafterliste hier zwar nicht, worauf das AG abstellt, da die Veräußerung unter aufschiebender Bedingung bis zum Bedingungseintritt die Gesellschafterstellung nicht berührt. Die bedingte Verfügung über den Geschäftsanteil führt aber im Rahmen des § 161 Abs. 1 BGB im Falle des Bedingungseintritts zu einer absoluten Unwirksamkeit einer nachfolgenden Verfügung des Veräußerers. Mit der bedingten Verfügung hat der Veräußerer zwar weiterhin die Rechtsmacht, über den Geschäftsanteil wirksam zu verfügen, diese Rechtsmacht ist aber – vom gutgläubigen Erwerb abgesehen – vom Ausfall der Bedingung abhängig und damit eingeschränkt (so auch Reymann, GmbHR 2009, 343, 345 m.w.N.). Hierin liegt eine „mangelnde Berechtigung“ des Veräußerers i.S.v. § 16 Abs. 3 Satz 3 GmbHG.
Auch nach Sinn und Zweck des Verfahrens auf Zuordnung eines Widerspruchs sind dessen Voraussetzungen erfüllt. Die Zuordnung des Widerspruchs dient dem Schutz des Erwerbers vor nachfolgenden Verfügungen des Veräußerers, die entgegen § 161 Abs. 1 BGB durch gutgläubigen Erwerb (§ 161 Abs. 3 BGB) wirksam werden. Das Schutzbedürfnis des Erwerbers ist in gleichem Maße gegeben, wenn die Gesellschafterliste unrichtig ist, weil sie den Veräußerer unzutreffend noch als Gesellschafter ausweist wie im Falle der aufschiebend bedingten Veräußerung gem. § 161 Abs. 1 BGB. Der Schutz des Erwerbers erfordert auch in diesem Fall die Zuordnung eines Widerspruchs, um den guten Glauben eines nachfolgenden Erwerbers in die Verfügungsmacht des (eingeschränkt berechtigten) Veräußerers zu zerstören (ebenso: Heckschen/Heidinger, Die GmbH in der Gestaltungs- und Beratungspraxis, 2009, § 13 Rz. 141; Klöckner, NZG 2008, 841, 842; wohl auch Reymann, GmbHR 2009, 343, 349). Eine Beeinträchtigung des Veräußerers ist hiermit nicht verbunden, da er weiterhin verfügungsbefugt bleibt, nur die Einschränkung durch die bedingte Veräußerung offengelegt wird.