OLG Celle: Keine Anerkennung eines englischen Vergleichsplanverfahrens

26.10.2009

InsO § 343; EuGVVO Art. 32; ZPO § 328

Keine Anerkennung eines englischen Vergleichsplanverfahrens

OLG Celle, Urt. v. 8. 9. 2009 – 8 U 46/09 (nicht rechtskräftig; LG Verden)

Leitsätze des Gerichts:

1. Eine in Großbritannien außerhalb eines Insolvenzverfahrens zwischen einem Versicherungsunternehmen und bestimmten Gruppen seiner Versicherungsnehmer getroffene vergleichsplanrechtliche Regelung, sog. „Scheme of Arrangement“, ist im Inland weder nach § 343 InsO noch nach Art. 32 ff. EuGVVO oder § 328 ZPO anzuerkennen.

2. Macht der Versicherungsnehmer Schadensersatzansprüche aus Verschulden bei Vertragsschluss wegen behaupteter Aufklärungspflichtverletzungen des Versicherers zur Höhe erzielbarer Erträge geltend und verlangt er das negative Interesse (Rückzahlung der Einlagen und Verzinsung bei anderweitiger Anlage), so gilt hierfür die fünfjährige Verjährungsfrist des § 12 Abs. 1 VVG a.F. als Sonderregelung zu den §§ 195, 199 BGB.

ZIP Heft 41/2009, Seite 1969

Gründe:

I. Der Kläger macht gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche wegen vorvertraglichen Verschuldens anlässlich des Zustandekommens eines Lebensversicherungsvertrages geltend.

Die Beklagte ist ein englisches Versicherungsunternehmen, welches bis 2001 auch in Deutschland eine Niederlassung betrieb und hier Verträge verkaufte.

Mit Wirkung zum 1. März 1999 schloss der Kläger bei der Beklagten einen Versicherungsvertrag über eine überschussbeteiligte flexible Investment-Lebensversicherung ab. Der monatliche Beitrag betrug 4.174 DM und sollte bis zum 1. Februar 2007 gezahlt werden. Die garantierte Erlebensfallsumme zum 1. März 2011 betrug 368.968 DM. Dem Vertrag liegen die Versicherungsbedingungen für die überschussbeteiligte flexible Investment-Lebensversicherung zugrunde. Der Vertrag unterliegt nach Abschn. II. Ziff. 3 deutschem Recht. Kap. 7 Ziff. 1 enthält Bestimmungen zur Überschussbeteiligung. Hiernach werden zunächst jährlich festgesetzte Überschussbeteiligungen aus Anlagegewinnen dem jeweiligen Vertrag zugeordnet und Teil der vertraglich garantierten Leistung, wobei eine vorherige separate Auszahlung von Überschüssen nicht möglich ist. Ferner kann bei Ablauf des Vertrages eine weitere Beteiligung an den Überschüssen in Form einer Schluss-Überschussbeteiligung in Betracht kommen.

Die Beklagte verkaufte in Großbritannien, wo sie ihr Hauptgeschäft betrieb, seit 1957 auch Rentenversicherungen mit garantierter Ablaufleistung (Guaranteed Annuity Rate, GAR). Hiernach hatten die Versicherungsnehmer bei Fälligkeit das Wahlrecht zwischen einer bestimmten garantierten Rente und der zum Zeitpunkt der Fälligkeit geltenden Überschussrate, also der am Kapitalmarkt durch die Beklagte erwirtschafteten Rente. Ferner enthielten die Verträge auch garantierte Anlageerträge (Guaranteed Interest Rate, GIR). Hierin wurde dem jeweiligen Versicherungsnehmer ein jährlicher Mindestwertzuwachs garantiert. Seit 1993 fielen die damaligen Rentensätze erstmals unter die den GAR-Versicherungsnehmern garantierten Rentensätze. Als daraufhin die Versicherungsnehmer der GAR-Verträge bei Fälligkeit die höhere garantierte Rente wählten, führte die Beklagte die sog. differenzielle Schluss-Überschusspolitik ein. Hiernach behielt sie sich das Recht vor, bei Ausübung des Wahlrechts durch einen GAR-Versicherungsnehmer zu Gunsten der garantierten Rente diesem einen geringeren Schluss-Überschussanteil zuzuteilen als bei Wahl der am Kapitalmarkt erwirtschafteten Rente. Hierdurch sollte möglichst eine Gleichbehandlung zwischen GAR-Versicherungsnehmern und sonstigen Versicherungsnehmern erfolgen. Im Zusammenhang mit Streitigkeiten mit ihren Versicherungsnehmern in Großbritannien strengte die Beklagte im Jahr 1999 einen Prozess zur Klärung der Rechtmäßigkeit ihrer differenziellen Schluss-Überschusspolitik an. In diesem sog. „H.-Fall“, der sich über drei Instanzen hinzog, entschied das House of Lords am 20. Juli 2000 gegen die Beklagte. Hiernach war die Beklagte verpflichtet, die höheren garantierten Renten an die Versicherungsnehmer auszuzahlen, ohne eine Kürzung des Schluss-Überschusses vorzunehmen. Die Auszahlung der höheren garantierten Renten konnte hierbei nur zu Lasten der Überschussbeteiligungen der übrigen Verträge ohne garantierte Rente erfolgen.

Bereits mit Schreiben vom August 2000 wies die Beklagte u.a. auch den Kläger auf die Folgen des „H.-Urteils“ hin, wonach die Leistungen der anderen überschussbeteiligten Versicherungen reduziert werden müssten. Im Februar 2001 teilte die Beklagte den Versicherungsnehmern mit, dass der operative Bereich der Gesellschaft sowie das nicht-überschussbeteiligte Geschäft für 1 Mrd. Britische Pfund an die kanadische Halifax-Gruppe verkauft werde. Die Beklagte führte in der Folgezeit ferner ein sog. Vergleichsplanverfahren nach § 425 des Britischen Companies Act 1985 durch. Dieses sog. „Scheme of Arrangement“ sieht im Ergebnis einen Verzicht der Versicherungsnehmer auf weitergehende Ansprüche gegen Erhöhungen der Versicherungswerte um 2,5 % vor. Am 1. Dezember 2001 versandte die Beklagte u.a. an den Kläger den detaillierten Vorschlag einer Vergleichsregelung. Dieser Vergleichsplan, der auch endgültig die Anhebung der Versicherungswerte der überschussbeteiligten Verträge um 2,5 % gegen Verzicht der Versicherungsnehmer auf die Geltendmachung von Ansprüchen gegen die Beklagte beinhaltet, die auf der Existenz der GAR-Verträge beruhen bzw. damit zusammenhängen, wurde durch Urteil des High Court in London vom 8. Februar 2002 genehmigt.

Der Kläger erhielt auf seinen Vertrag zunächst bis 2002 Überschüsse, während der Vertragswert seit 2003 stagniert. Seit dem 1. Januar 2006 ist die Versicherung beitragsfrei gestellt.

Der Kläger hat behauptet, die Beklagte habe ihm gegenüber zahlreiche vorvertragliche Aufklärungspflichtverletzungen begangen, die ihn berechtigten, von dieser Schadensersatz zu verlangen. Er hat u.a. beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihm 204.876,70 € nebst Zinsen zu zahlen, Zug um Zug gegen Übertragung der Rechte aus dem Versicherungsvertrag. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat ferner die Einrede der Verjährung erhoben. Ansprüche aus Verschulden bei Vertragsschluss seien zum 31. Dezember 2004 verjährt.

Mit Urteil vom 21. Januar 2009 hat das LG die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers.

II. Die Berufung ist unbegründet. Dem Kläger steht kein Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss (culpa in contrahendo, jetzt § 280 BGB) gegen die Beklagte wegen ihres Verhaltens anlässlich des Abschlusses des Lebensversicherungsvertrages zwischen den Parteien zum 1. März 1999 zu. Insoweit kann der Kläger weder Bezahlung der geleisteten Prämien noch Ersatz eines Zinsausfallschadens von 4 % auf die jeweiligen Versicherungsbeträge oder Feststellung der Eintrittspflicht der Beklagten zur Erstattung der bei Rückabwicklung des Vertrages anfallenden Kapitalertragssteuer geltend machen.

1. Zu Recht ist das LG allerdings davon ausgegangen, dass der Abschluss des „Scheme of Arrangement“ gemäß Vergleichsregelung vom 1. Dezember 2001 i.d. F. der Genehmigung durch das Urteil des High Court vom 8. Februar 2002 weder der Zulässigkeit der Klage entgegensteht noch eine Sperrwirkung materiellrechtlicher Art für die hier geltend gemachten Schadensersatzansprüche entfaltet.

a) Der „Scheme of Arrangement“ wurde auf der Grundlage des Vergleichsplanverfahrens nach §§ 425 f. Companies Act 1985 durchgeführt. § 425 Companies Act 1985 bestimmt auszugsweise unter der Überschrift „Das Recht von Unternehmen, Vergleichsregelungen mit Gläubigern und Aktionären zu vereinbaren“:

„(1) Wird ein Vergleich oder eine Vergleichsregelung zwischen einem Unternehmen und dessen Gläubigern oder einer bestimmten Gläubigerklasse vorgeschlagen bzw. zwischen dem Unternehmen und dessen Aktionären oder einer bestimmten Aktionärsklasse, kann das Gericht auf Antrag des Unternehmens bzw. eines Gläubigers oder Aktionärs desselben oder im Falle der Abwicklung einer Gesellschaft oder eines Unternehmens, für das ein Konkursbeschluss in Kraft getreten ist, auf Antrag eines Liquidators oder Konkursverwalters eine Versammlung der Gläubiger bzw. der jeweiligen Gläubigerklasse oder der Aktionäre des Unternehmens bzw. der jeweiligen Aktionärsklasse (je nach Sachlage) auf die vom Gericht angeordnete Weise anberaumen.

(2) Ist eine Dreiviertelmehrheit der wertmäßigen Stimmrechte der Gläubiger bzw. der Gläubigerklasse oder der Aktionäre bzw. der Aktionärsklasse (je nach Sachlage) anwesend und stimmt diese entweder persönlich oder mittels eines Stellvertreters in der Versammlung für den jeweiligen Vergleich bzw. die jeweilige Vergleichsregelung, ist dieser Vergleich bzw. diese Vergleichsregelung, sofern vom Gericht gebil-ZIP Heft 41/2009, Seite 1970ligt, für alle Gläubiger bzw. die Gläubigerklasse oder alle Aktionäre bzw. die Aktionärsklasse (je nach Sachlage) bindend. Dies gilt auch für das Unternehmen oder, im Falle eines Unternehmens, für das ein Abwicklungsverfahren durchgeführt wird, für den Liquidator und die nachschusspflichtigen Gesellschafter des Unternehmens.

(3) Die im Unterabschnitt (2) beschriebene gerichtliche Verfügung wird erst dann wirksam, nachdem eine beglaubigte Kopie derselben an den Registerführer des Handelsregisters für deren Eintragung übergeben wurde. ...“

Das vom High Court am 8. Februar 2002 genehmigte „Scheme of Arrangement“ vom 1. Dezember 2001 sieht unter II („Die Regelung“) u.a. folgende Bestimmungen vor:

„4.1 Am und mit Wirkung vom Tag des Wirksamwerdens: ...

(c) werden alle mit GAR zusammenhängenden Ansprüche, die ein unter die Regelung fallender Versicherungsnehmer in Verbindung mit dem überschussbeteiligten GAR- und/oder Nicht-GAR-Fonds unter Umständen oder mit Sicherheit hat, aufgehoben und vollständig, endgültig und unwiderruflich erledigt; und

(d) werden vorbehaltlich Klausel 5, 8 und 12: ...

ii) die Nicht-GAR-Versicherungswerte und die Nicht-GAR-Garantiewerte einer unter die Regelung fallenden Versicherung jeweils in Übereinstimmung mit den Vorkehrungen in Teil B des Anhangs erhöht ... (S. 181 KE 9).“

Ferner bestimmt Ziff. 5.1 des Scheme:

„5.1 Am und mit Wirkung vom Tag des Wirksamwerdens ist außer in dem Umfang, in dem die Society die Erfüllung ihrer Verpflichtungen unter den Vorkehrungen dieser Regelung unterlassen hat, ein unter die Regelung fallender Versicherungsnehmer und/oder Anspruchsberechtigter mit GAR zusammenhängender Leistungen nicht berechtigt, in irgendeiner Gerichtsbarkeit ein Verfahren im Zusammenhang mit einem GAR-Recht oder mit der Ausübung eines GAR-Rechts (jeweils vorbehaltlich Klausel 4.1 (a) und (b)) oder mit einem mit GAR zusammenhängenden Anspruch einzuleiten oder fortzusetzen.“

In Teil I – Einleitung – werden unter Ziff. 1.1 ferner Begriffsdefinitionen vorgenommen. (Wird ausgeführt.)

Infolge dieses Vergleichsplanverfahrens wurde der Versicherungswert des Klägers um 2,5 % erhöht.

b) Eine Anerkennung dieses Vergleichsplanverfahrens im Inland zu Lasten des Klägers findet nicht statt.

aa) Eine Anerkennung des Schemes nach der RL 2001/17/EG vom 19. März 2001 über die Sanierung und Liquidation von Versicherungsunternehmen kommt nicht in Betracht, da nach Art. 31 Abs. 1 der Richtlinie die Mitgliedstaaten diese bis zum 20. April 2003 umzusetzen hatten. Nach Art. 31 Abs. 2 der Richtlinie gilt diese nur für Sanierungsmaßnahmen oder Liquidationsverfahren, die nach dem in Abs. 1 genannten Zeitpunkt ergriffen bzw. eröffnet worden sind. Auf die vor diesem Zeitpunkt ergriffenen Sanierungsmaßnahmen bzw. eröffneten Liquidationsverfahren findet weiterhin das Recht Anwendung, das zum Zeitpunkt der Ergreifung der Maßnahmen bzw. der Verfahrenseröffnung für sie maßgeblich war. Da das Scheme hier durch das Urteil des High Court vom 8. Februar 2002 genehmigt wurde, findet die Richtlinie keine Anwendung.

Nichts anderes gilt auch für die Regelung in § 88 Abs. 1a VAG. Hiernach sind für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Versicherungsunternehmens im Bereich des europäischen Wirtschaftsraumes allein die jeweiligen Behörden des Herkunftstaates zuständig. Wird in einem Mitglied- oder Vertragstaat ein Insolvenzverfahren über das Vermögen eines Versicherungsunternehmens eröffnet, so wird das Verfahren ohne Rücksicht auf die Voraussetzungen des § 343 Abs. 1 InsO anerkannt. Diese Bestimmung dient der Umsetzung der oben beschriebenen Richtlinien (vgl. Prölss/Kollhosser, VAG, 10. Aufl., § 88 Rz. 1). Das entsprechende Gesetz zur Umsetzung aufsichtsrechtlicher Bestimmungen zur Sanierung und Liquidation von Versicherungsunternehmen und Kreditinstituten vom 10. Dezember 2003 (BGBl I, 2478) ist erst ab dem 17. Dezember 2003 in Kraft getreten, mithin nach dem hier durchgeführten Vergleichsplanverfahren.

bb) Keine Anwendung findet auch die VO (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über Insolvenzverfahren (ABl Nr. L 160, S. 1, EuInsVO).

Abgesehen davon, dass sie gem. Art. 47 erst am 31. Mai 2002 in Kraft getreten ist, also nach dem hier durchgeführten Vergleichsplanverfahren, bestimmt Art. 1 Abs. 2, dass die Verordnung nicht gilt für Insolvenzverfahren über das Vermögen von Versicherungsunternehmen.

cc) Weder eine direkte noch eine entsprechende Anwendung kommt ferner im Rahmen von § 343 Abs. 1 InsO in Betracht. Nach § 343 Abs. 1 InsO wird die Eröffnung eines ausländischen Insolvenzverfahrens anerkannt. Dies gilt nicht, wenn entweder die Gerichte des Staates der Verfahrenseröffnung nach deutschem Recht nicht zuständig sind oder soweit die Anerkennung zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist, insbesondere mit den Grundrechten.

§ 343 Abs. 1 InsO setzt also ein Insolvenzverfahren oder ein – bei analoger Anwendung – diesem zumindest vergleichbares Verfahren voraus. Ein Insolvenzverfahren ist ein staatlich geordnetes Verfahren zur Abwicklung der Vermögens- und Haftungsverhältnisse eines Schuldners zu Gunsten aller Gläubiger bei mutmaßlich nicht ausreichendem Schuldnervermögen (vgl. BGH ZIP 1997, 39 (m. Bespr. Reinhart, S. 1734) = NJW 1997, 524 – Norsk Data, dazu EWiR 1997, 83 (Hanisch)). Zwar hat § 1 InsO nunmehr die Ziele des Insolvenzverfahrens erweitert, indem es nicht nur dazu dient, die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, indem das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt wird, sondern auch dazu, in einem Insolvenzplan eine abweichende Regelung insbesondere zum Erhalt des Unternehmens zu treffen. Auch Insolvenzverfahren, die rechtspolitisch den Sanierungsgedanken des Insolvenzrechts stärker betonen und den in der InsO als maßgeblich verankerten Grundsatz der Gläubigerautonomie zurückstellen, sind daher ggf. als Insolvenzverfahren zu qualifizieren (vgl. MünchKomm-Reinhart, InsO, 2. Aufl., § 343 Rz. 11; Wimmer, InsO, 4. Aufl., § 343 Rz. 5). Entscheidendes Kriterium für das Vorliegen eines Insolvenzverfahrens bleibt aber die gemeinschaftliche Befriedigung aller Gläubiger auf der Basis einer einheitlichen Schuldenregelung als Folge der „Katastrophe des finanziellen Zusammenbruchs des Schuldners“ (Geimer, IZPR, Rz. 3360; Wimmer, a.a.O., § 343 Rz. 3). Für Staaten innerhalb der EU sind die anzuerkennenden Verfahren in Anh. A zur EuInsVO abschließend bzw. zumindest beispielhaft aufgezählt (vgl. Braun, InsO, 3. Aufl., § 343 Rz. 3; Geimer, a.a.O., Rz. 3362b); MünchKomm-Reinhart, a.a.O., § 343 Rz. 11; Wimmer, a.a.O., § 343 Rz. 3). ZIP Heft 41/2009, Seite 1971Nach Art. 1 Abs. 1 der Verordnung gilt diese für Gesamtverfahren, welche die Insolvenz des Schuldners voraussetzen und den vollständigen oder teilweisen Vermögensbeschlag gegen den Schuldner sowie die Bestellung eines Verwalters zur Folge haben. Unter den im Anh. A aufgeführten Insolvenzverfahren nach Art. 2 lit. a der Verordnung ist für Großbritannien das „Scheme of Arrangement“ nach § 425 des Companies Act gerade nicht aufgeführt (vgl. Abdruck der Verordnung bei Braun, a.a.O., Anh. zu § 343).

Vorliegend fehlt es nämlich gerade an einem Gesamtverfahren zur Abwicklung der Insolvenz der Beklagten, bei dem sämtliche Gläubiger einbezogen werden und entweder eine gemeinschaftliche Befriedigung aller Gläubiger oder eine Sanierung des Unternehmens erfolgen soll. Das „Scheme of Arrangement“ bezieht sich vielmehr ausschließlich auf das Verhältnis zu Versicherungsnehmern der Beklagten, nicht dagegen weiteren Gläubigern. Außerdem werden nur solche Versicherungsnehmer erfasst, die mit GAR-Verträgen zusammenhängende Ansprüche geltend machen. Bei der Beklagten lagen im Zeitpunkt des Erlasses des „Scheme of Arrangement“ auch keine Gründe für ein Verfahren vor, die mit einem Insolvenzverfahren vergleichbar wären. Die InsO sieht in §§ 17, 19 als Eröffnungsgründe Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung vor. Beides ist bei der Beklagten indessen nicht ersichtlich. Vielmehr ergibt sich das Gegenteil aus den eigenen Berichten der Beklagten. So heißt es in Teil A Ziff. 2.2 des Vorschlags der Vergleichsregelung: „Die Society bleibt solvent.“

Im Begleitschreiben des Vorstandes der Beklagten vom 1. Dezember 2001 wird ausgeführt: „Die Society ist und bleibt solvent.“

Zwar wird dann im Weiteren im Vergleichsvorschlag erläutert, dass die Gesellschaft und ihre Versicherungsnehmer vor gravierenden Problemen wegen der GAR-Verträge stehen und auch der Wert der Versicherung des Klägers beeinträchtigt sein kann. Ferner wird ausgeführt, dass möglicherweise zu bildende Rückstellungen Auswirkungen auf zukünftige Überschüsse haben und die Gesellschaft weniger Kapital in Aktien anlegen kann, was zu niedrigeren Renditen führt. Diese Ausführungen zeigen indessen, dass es hier nicht um eine Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Beklagten geht, sondern darum, dass sie im Rahmen eines sog. „Solvent Scheme of Arrangement“ bei weiter bestehender Zahlungsfähigkeit entstandene finanzielle und wirtschaftliche Probleme beseitigen wollte. Auf dieser Grundlage ist für eine analoge Anwendung von § 343 Abs. 1 InsO kein Raum.

Nichts anderes ergibt sich im Ergebnis auch aus der Entscheidung des BGH, wonach die Vergleichswirkung eines im Ausland abgeschlossenen Zwangsvergleichs, der auch Forderungen fremdstaatlicher Gläubiger erfasst und Auslandsgeltung beansprucht, vorbehaltlich der inländischen öffentlichen Ordnung anerkannt wird, wenn die das Verfahren eröffnende ausländische Stelle international zuständig ist und soweit nicht im Einzelfall zwingende inländische Vorschriften entgegenstehen (ZIP 1997, 39 = NJW 1997, 524). Dort ging es um die Eröffnung des Vergleichsverfahrens einer Gesellschaft in Norwegen mit einem Vergleich, der die bisherigen Forderungen auf 25 % ihres Wertes reduzierte. Dabei handelte es sich indessen gerade um ein staatlich geordnetes Verfahren zur Abwicklung der Vermögens- und Haftungsverhältnisse eines Schuldners zu Gunsten aller Gläubiger bei mutmaßlich nicht ausreichendem Schuldnervermögen. Entsprechend hat der BGH ausgeführt, es liege auch keine Enteignung des Gläubigers vor, weil der Vergleich den Gläubigern typischerweise nichts nehme, was sie nicht schon zuvor durch die Insolvenz des Schuldners verloren hätten. An einem derartig drohenden Forderungsverlust fehlt es dagegen im vorliegenden Fall, weil nicht ersichtlich ist, dass dem Kläger etwa ein Ausfall der Rückzahlung der von ihm eingezahlten Beiträge drohte, sondern es lediglich um die Frage ging, ob und in welcher Höhe Überschüsse auszuschütten sind.

dd) Keine Anerkennung des „Scheme of Arrangement“ kommt auch nach der VO (EG) Nr. 44/2001 vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO) in Betracht. Nach Art. 33 Abs. 1 EuGVVO werden zwar die in einem Mitgliedstaat ergangenen Entscheidungen in den anderen Mitgliedstaaten anerkannt, ohne dass es hierfür eines besonderen Verfahrens bedarf.

(a) Erforderlich ist jedoch zunächst, dass es sich überhaupt um eine „Entscheidung“ i.S.v. Art. 32 EuGVVO handelt. Dies ist jede von einem Gericht eines Mitgliedstaats erlassene Entscheidung, ohne Rücksicht auf ihre Bezeichnung wie Urteil, Beschluss, Zahlungsbefehl oder Vollstreckungsbescheid. Voraussetzung für den Begriff einer Entscheidung ist aber immer, dass ein kontradiktorisches Verfahren zwischen zwei Parteien vorausgegangen ist oder hätte vorausgehen können (BGH ZIP 2007, 396 = ZVI 2007, 61 = NJW-RR 2007, 1573, dazu EWiR 2007, 329 (Mankowski); EuGHE 1980, 1553, zu der Vorgängerregelung des Art. 25, 27 Nr. 2 EuGVVO). Ob auf dieser Grundlage das „Scheme of Arrangement“ eine Entscheidung i.S.v. Art. 32 EuGVVO darstellt, ist bisher noch nicht grundsätzlich entschieden. Teilweise wird dies angenommen (vgl. Urteil des LG Potsdam v. 22.10.2008 – 2 O 501/07; Tyrell/Heitlinger/Stern, VW 2007, 1695). Andere sehen das Scheme demgegenüber nicht als Entscheidung an (so LG Verden im vorliegenden Fall sowie Schnepp/Janzen, VW 2007, 1057). Der Senat schließt sich der zuletzt genannten Ansicht an. Gegen die Anerkennung eines „Scheme of Arrangement“ als Entscheidung spricht, dass es hier nicht um den Streit der Gesellschaft mit einzelnen oder mehreren Versicherungsnehmern darum geht, ob und inwieweit den Versicherungsnehmern Ansprüche gegen die Gesellschaft zustehen und wie unstreitige oder streitige und durch Beweisaufnahme zu klärende tatsächliche Verhältnisse jeweils rechtlich einzuordnen sind. Vielmehr geht es beim Scheme um den Wunsch der Gesellschaft nach einer Restrukturierung oder Sanierung ohne Durchführung eines Insolvenzverfahrens. Es wird in erster Linie nicht vom Gericht, sondern von den Parteien gesteuert und beeinflusst. Die Parteien, d.h. das Unternehmen und die Gläubiger, unterbreiten dem Gericht nach § 425 Companies Act einen entsprechenden Vergleichsvorschlag. Das Gericht kann dann eine Versammlung der Gläubiger bzw. der jeweiligen Gläubigerklasse anberaumen. Ist eine Dreiviertelmehrheit der Stimmrechte der Gläubiger bzw. der Gläubigerklasse anwe-ZIP Heft 41/2009, Seite 1972send und stimmt diese für den Vergleich, ist dieser für alle Gläubiger bindend, sofern er vom Gericht gebilligt wird. Es ist mithin durchaus möglich, dass überhaupt nicht alle Gläubiger an der Entscheidung über das Scheme beteiligt sind. Zwar muss die Gesellschaft sich bemühen, alle Gläubiger rechtzeitig zu informieren. Sofern jedoch die erforderlichen Quoren für die Annahme des Schemes erreicht werden, ist es unschädlich, wenn trotz aller Bemühungen einzelne Gläubiger keine rechtzeitige Kenntnis von dem Scheme erhalten haben (Schnepp/Janzen, a.a.O.). Das Gericht genehmigt dann nur noch das von einer Gläubigermehrheit und der Scheme-Gesellschaft bereits beschlossene Vergleichspaket.

Hieraus folgt, dass das Gericht gerade nicht das eigentliche Entscheidungsorgan ist, sondern im Wesentlichen als Kontrollinstanz dient. Zwar kommt auch dem Gericht hier durchaus eine auch inhaltlich zu bewertende Mitwirkungsfunktion zu. Es hat nämlich zu prüfen, ob alle gesetzlichen Vorschriften von § 425 Companies Act erfüllt sind, ob die in den laut gerichtlicher Anordnung einberufenen Klassenversammlungen vertretenen Klassen angemessen durch die Anwesenden vertreten und durch die Mehrheitswahl in den jeweiligen Versammlungen im guten Glauben geführt wurden, und ob der in der Regelung enthaltene Kompromiss im Allgemeinen so ausgestaltet ist, dass ein intelligenter und ehrlicher Bürger, der in seinem eigenen Namen handelt, seine Zustimmung dazu erteilen würde. Aus dem Urteil des High Court vom 8. Februar 2002 ergibt sich auch, dass das Gericht seine Zuständigkeit geprüft hat, ob die Klassen zutreffend eingeteilt wurden und mit ausreichender Mehrheit abgestimmt haben, ob die Versicherungsnehmer ausreichend informiert wurden, die GAR-Rechte rechtsgültig sind, ob Alternativen zu dem Vergleichsplanverfahren bestanden und ob der Vergleichsplan als solcher Mängel aufweist, unbillig ist oder Änderungen vorzunehmen sind. Im Ergebnis heißt es dann zu Rz. 109 des Urteils: „Unter Berücksichtigung dieser verschiedenen Punkte, nach nochmaligem Lesen der mir gegenüber abgegebenen schriftlichen Erklärungen, von denen ich bei weitem nicht alle einzeln erwähnt habe, und nach nochmaliger Durchsicht des Wortprotokolls und meiner Aufzeichnungen zu den mündlich abgegebenen Erklärungen bin ich davon überzeugt, dass ich 1. für die Genehmigung des Vergleichsplanes zuständig bin, weil die Vorgehensweise ordnungsgemäß eingehalten wurde, und 2., dass ich ihn gemäß § 425 genehmigen sollte. Ich habe keinen Zweifel, dass der Vergleichsplan so gestaltet ist, dass ein der betreffenden Klasse angehörender und in seinem Interesse handelnder verständiger und gutgläubiger Verbraucher ihm begründetermaßen zustimmen könnte. Die Tatsache, dass solche großen Zahlen und Mehrheiten der drei Klassen ihn genehmigt haben, ist ein wichtiger Faktor dabei, aber ich bin auch davon überzeugt, dass weder wegen unzureichender Information noch auf andere Weise innerhalb des Verfahrens oder bezüglich mir gegenüber erwähnter wichtiger Punkte auch nur der geringste Grund für die Annahme besteht, dass dies kein ordnungsgemäßer Vergleichsplan ist, der nach Genehmigung durch die erforderlichen Mehrheiten der einzelnen Klassen vom Gericht genehmigt werden sollte. Ich werde entsprechend entscheiden.“

Auch wenn das Gericht hier mithin nicht unbedeutende Kontrollfunktionen wahrzunehmen hat, ändert dies nichts daran, dass der „Scheme of Arrangement“ in erster Linie ein Vergleich zwischen der Gesellschaft und den Gläubigern auf wirtschaftlicher Basis ist, der dem Gericht lediglich zur Genehmigung vorgelegt wird. Demgegenüber fehlt es an einer Entscheidung des Gerichts aufgrund eines streitigen Verfahrens zwischen der Gesellschaft und ihren Gläubigern (Versicherungsnehmern), bei dem auf der Grundlage von bestimmten Tatsachengrundlagen Rechtssätze angewendet werden und eine Entscheidung getroffen wird. Der Umstand, dass es sich hier in erster Linie nicht um eine Entscheidung des Gerichts, sondern um eine Vereinbarung innerhalb der Gesellschaft handelt, zeigt sich auch an § 425 Abs. 3 Companies Act, wonach die gerichtliche Verfügung über die Genehmigung erst wirksam wird, nachdem eine beglaubigte Kopie derselben an den Registerführer des Handelsregisters für deren Eintragung übergeben wurde. Eine derartige Eintragung im Handelsregister ist typisch für Beschlüsse der Gesellschaft, nicht dagegen erforderlich, um gerichtliche Entscheidungen wirksam werden zu lassen. Schließlich ist auch nicht ersichtlich, dass der High Court in irgendeiner Weise an der konkreten Ausgestaltung des Vergleichsplans, nämlich insbesondere der Erhöhung der Versicherungswerte um 2,5 %, gegen den Verzicht der Versicherungsnehmer auf mit der Existenz von GAR-Verträgen zusammenhängende Ansprüche mitgewirkt hätte.

(b) Fehlt es somit bereits schon an einer Entscheidung, so kommt hinzu, dass nach Art. 35 Abs. 1 EuGVVO eine Entscheidung nicht anerkannt wird, wenn die Vorschriften der Abschnitte 3, 4 und 6 des Kap. II verletzt worden sind. Insoweit enthält der Abschnitt 3 in Art. 8 ff. Regelungen für die Zuständigkeit in Versicherungssachen. Nach Art. 12 Abs. 1 kann der Versicherer nur vor den Gerichten des Mitgliedstaats klagen, in dessen Hoheitsgebiet der Beklagte seinen Wohnsitz hat, ohne Rücksicht darauf, ob dieser Versicherungsnehmer, Versicherter oder Begünstigter ist. Hieraus folgt, dass die Beklagte verpflichtet war, in Deutschland Klage gegen den Kläger auf Zustimmung zu dem „Scheme of Arrangement“ zu erheben, so dass wegen des tatsächlich in England durchgeführten Verfahrens hieraus ein Anerkennungshindernis nach Art. 35 Abs. 1 resultiert (so auch Urteil des LG Potsdam v. 22.10.2008 – 2 O 501/07). (Wird ausgeführt.)

(c) Eine Entscheidung wird ferner nicht anerkannt, wenn die Anerkennung der öffentlichen Ordnung (ordre public) des Mitgliedstaats, in dem sie geltend gemacht wird, offensichtlich widersprechen würde. Mit dem deutschen materiellen ordre public ist ein Urteil nicht schon dann unvereinbar, wenn der deutsche Richter aufgrund zwingenden deutschen Rechts zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre. Maßgeblich ist vielmehr, ob das Ergebnis der Anwendung des ausländischen Rechts zu den Grundgedanken der deutschen Regelungen und den in ihnen enthaltenen Gerechtigkeitsvorstellungen in so starkem Widerspruch steht, dass dies nach inländischer Vorstellung untragbar erscheint (BGHZ 123, 268, dazu EWiR 1994, 51 (Hess)). Ferner ist verfahrensrechtlich ein Versagungsgrund nur dann gegeben, wenn die Entscheidung des ausländischen Gerichts auf einem Verfahren beruht, das von den ZIP Heft 41/2009, Seite 1973Grundprinzipien des deutschen Verfahrens in einem solchen Maße abweicht, dass nach der deutschen Rechtsordnung die Entscheidung nicht als in einem geordneten rechtsstaatlichen Verfahren ergangen angesehen werden kann (Zöller/Geimer, ZPO, Art. 34 EuGVVO Rz. 11).

Teilweise wird insoweit ein Verstoß gegen den ordre public angenommen, weil dem Versicherungsnehmer durch das Vergleichsplanverfahren Ansprüche gegen den Versicherer genommen werden, die ihm an sich zugestanden hätten, was mit Art. 14 GG unvereinbar sei (so Schnepp/Janzen, VW 2007, 1057). Insoweit wird nämlich auch hinsichtlich derjenigen Versicherungsnehmer, die dem Vergleichsplanverfahren widersprochen oder nicht ausdrücklich zugestanden haben, in den Inhalt ihrer schuldrechtlichen Ansprüche eingegriffen. Soweit der BGH hierzu in seiner Entscheidung zum norwegischen Zwangsvergleich (ZIP 1997, 39 = NJW 1997, 524) ausgeführt hat, eine Enteignung liege schon deshalb nicht vor, weil durch den Vergleich den Gläubigern typischerweise nichts genommen werde, was sie nicht schon zuvor durch die Insolvenz des Schuldners verloren hätten, so ist dies auf den vorliegenden Fall nicht ohne weiteres zu übertragen, da die Beklagte gerade weiterhin solvent geblieben ist und ein Insolvenzverfahren nicht eingeleitet wurde.

Ob allein hierin indessen ein ungerechtfertigter Eingriff in die Eigentumsfreiheit gesehen werden kann, erscheint indessen fraglich. Immerhin hat der Kläger hierfür eine Gegenleistung durch Erhöhung des Vertragswertes um 2,5 % erhalten.

Das deutsche Recht sieht ebenfalls Verfahren vor, bei denen es zu einer Beschränkung von Gläubigerrechten kommen kann, etwa im Insolvenzplanverfahren nach §§ 217 ff. InsO oder durch die Beschränkung von Gläubigerrechten nach § 5 des Schuldverschreibungsgesetzes bei Gesamtemissionen. Zwar sind diese Regelungen nicht unmittelbar übertragbar, da §§ 217 ff. die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens voraussetzen, woran es hier fehlt. Das Schuldverschreibungsgesetz sieht ferner vor, dass bereits die Anleihebedingungen Änderungen der Gläubigerrechte durch Mehrheitsbeschluss vorsehen müssen. Derartige Regelungen enthält der Versicherungsvertrag des Klägers nicht. Gleichwohl dürfte zweifelhaft sein, ob der Verzicht des Klägers auf mögliche Ansprüche gegen die Beklagte gegen eine Erhöhung des Versicherungswertes um 2,5 % angesichts der insoweit nicht unproblematischen wirtschaftlichen Situation der Beklagten als ein offensichtlicher Verstoß gegen die deutsche öffentliche Ordnung anzusehen ist. Letztlich kann diese Frage aber offenbleiben, da es – wie oben dargelegt – bereits an einer anzuerkennenden Entscheidung nach Art. 32 EuGVVO fehlt und ein Anerkennungshindernis nach Art. 35 Abs. 1 EuGVVO vorliegt.

Soweit das LG schließlich darauf abgestellt hat, ein weiterer Verstoß gegen die öffentliche Ordnung liege darin, dass nach den Versicherungsbedingungen auf den Vertrag deutsches Recht Anwendung findet, das Vergleichsplanverfahren dagegen nach englischem Recht erfolgt ist, kann hierin allein allerdings kein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung gesehen werden. Das Vergleichsplanverfahren mit einer Vielzahl von Gläubigern aus dem In- und Ausland wird sich vernünftigerweise nur nach der Rechtsordnung richten können, die für das Unternehmen im Wesentlichen maßgeblich ist, wo sich also der Hauptverwaltungssitz und der Schwerpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit befinden. Das ist hier in Großbritannien. Eine einheitliche Regelung kann hier auch nur erreicht werden, wenn für ein derartiges Verfahren nur eine Rechtsordnung Anwendung findet.

ee) Schließlich kommt auch keine Anerkennung des „Scheme of Arrangement“ nach § 328 ZPO in Betracht. Voraussetzung hierfür ist das Vorliegen eines Urteils. Hierunter fallen alle gerichtlichen Entscheidungen, die einen Rechtsstreit zwischen Parteien aufgrund eines rechtlich geordneten Verfahrens in der Sache rechtskräftig entscheiden bzw. eine Gestaltung vornehmen (Zöller/Geimer, a.a.O., § 328 Rz. 66; MünchKomm-Gottwald, ZPO, § 328 Rz. 45). Zwar kann auch ein Urteil mit vereinbartem Wortlaut oder eine sog. „Class Action Settlement“ nach amerikanischem Recht ggf. ein Urteil i.S.v. § 328 ZPO darstellen. Indessen fehlt es hier an einem Urteil, weil es überhaupt keinen Rechtsstreit zwischen den Parteien dieses Verfahrens gegeben hat. Die Beklagte hat den Kläger nicht etwa in England mit dem Ziel verklagt, einer Abänderung seines Vertrages dahin gehend zuzustimmen, dass gegen Verzicht auf weitergehende Ansprüche sein Versicherungswert um 2,5 % erhöht wird. Über einen derartigen Antrag hat auch kein englisches Gericht in einem geordneten Verfahren unter Berücksichtigung des Sachverhaltes und anzuwendender Rechtssätze geurteilt. Hier hat es vielmehr eine Mehrheitsvereinbarung zwischen der Beklagten und ihren Gläubigern in einem Vergleichsplanverfahren gegeben, die lediglich noch durch den High Court genehmigt wurde. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen zum Vorliegen einer Entscheidung i.S.v. Art. 32 EuGVVO verwiesen werden.

c) Im Ergebnis zutreffend ist das LG ebenfalls davon ausgegangen, dass eine vollständige Sperrwirkung des „Scheme of Arrangement“ unabhängig von der Frage seiner Anerkennung im Inland schon deshalb nicht in Betracht kommt, weil er nicht sämtliche von dem Kläger geltend gemachte Ansprüche ausschließt. (Wird ausgeführt.)

2. Kann der Kläger somit dem Grunde nach Schadensersatzansprüche aus culpa in contrahendo gegen die Beklagte geltend machen, so sind diese unabhängig davon, ob sie überhaupt dem Grunde nach hinreichend dargelegt sind, jedenfalls verjährt. (Wird ausgeführt.)

<einsender></einsender>Mitgeteilt von RA Hans Christian Schwenker, Celle</einsender><//einsender><hinweis></hinweis>

Anmerkung der Redaktion:

Die Revision ist anhängig beim BGH unter dem Az. IV ZR 194/09.

</hinweis><//hinweis>

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