OLG Düsseldorf: Widerspruchsrecht des schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters bei Lastschriftabbuchungen im Einzugsermächtigungsverfahren

03.06.2009

InsO § 21 Abs. 2, §§ 22, 80; AGB-Spk Nr. 7 Abs. 4

Widerspruchsrecht des schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters bei Lastschriftabbuchungen im Einzugsermächtigungsverfahren

OLG Düsseldorf, Urt. v. 23. 4. 2009 – I-6 U 65/08

Leitsätze der Redaktion:

1. Der vorläufige Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt ist befugt, den im Einzugsermächtigungsverfahren erfolgten Lastschriften zu widersprechen, unabhängig davon, ob dem Schuldner eine sachliche Einwendung gegen die Gläubigerforderung zusteht.

2. Im bloßen Schweigen auf zugegangene Kontoauszüge, welche die Lastschriften enthalten, liegt keine schlüssige Genehmigung der Lastschriftabbuchungen.

3. Jedenfalls solange die sechswöchige Frist der Nr. 7 Abs. 4 Satz 2 AGB-Spk zur Erhebung von Einwendungen gegen den Saldo läuft, kann auch in der bloßen Fortführung des Kontos keine konkludente Genehmigung gesehen werden.

Gründe:

I. Der Kläger begehrt als (endgültiger) Insolvenzverwalter seit dem 1. November 2005 über das Vermögen der C. GmbH von der beklagten Sparkasse aufgrund des von ihm als (schwachem) vorläufigem Insolvenzverwalter seit dem 4. August 2005 mit Telefaxschreiben vom 10. August 2005 erklärten Widerspruchs die Gutschrift und Auszahlung von Lastschriften im Einzugsermächtigungsverfahren i.H. v. insgesamt 24.278,24 €, mit denen im Zeitraum vom 1. April bis zum 23. Juni 2005 das Geschäftsgirokonto der C. GmbH bei der Beklagten belastet worden ist. Das LG hat der Klage bis auf einen Teil der Zinsen stattgegeben. Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten.

II. Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg. Die Klage ist in dem vom LG zuerkannten Umfang begründet.

1. Dem Kläger steht als (endgültigem) Insolvenzverwalter gegen die beklagte Bank ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung i.H. v. 24.278,24 € aufgrund im Einzugsermächtigungsverfahren erfolgter ungenehmigter Belastungsbuchungen auf dem bei der Beklagten geführten Geschäftsgirokonto der C. GmbH im Zeitraum vom 1. April bis zum 23. Juni 2005 gem. § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2, § 818 Abs. 2 BGB, § 80 Abs. 1 InsO zu.

Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Berichtigung der Kontobelastungen und Auszahlung des sich dadurch ergebenden Kontoguthabens, weil die ohne Weisung der C. GmbH auf deren Geschäftsgirokonto von der Beklagten vorgenommenen streitgegenständlichen Belastungsbuchungen nicht genehmigt worden sind, so dass der Beklagten kein Aufwendungsersatzanspruch in der abgebuchten Höhe gem. § 684 Satz 2, § 683 Satz 1, § 670 BGB zugestanden, sondern sie die abgebuchten Beträge ohne Rechtsgrund erlangt hat.

Im Einzugsermächtigungsverfahren handelt die Schuldnerbank (Zahlstelle), die eine Lastschrift einlöst, nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGH ZIP 2006, 1041 = NJW 2006, 1965, dazu EWiR 2006, 455 (Chr. Müller); BGH ZIP 2000, 1379 = NJW 2000, 2667, 2668, dazu EWiR 2000, 959 (Koller)) nur aufgrund einer im eigenen Namen erteilten Weisung der Gläubigerbank (erste InkassosteIle) im Rahmen des zwischen den Banken bestehenden Giroverhältnisses. Die Belastung des Girokontos des Kontoinhabers geschieht also ohne entsprechende Weisung des Schuldners. Der Schuldnerbank steht deshalb ein Aufwendungsersatzanspruch, den sie mit der Belastungsbuchung gegen den Schuldner geltend macht, erst zu, wenn der Schuldner die Belastungsbuchung gegenüber der Schuldnerbank genehmigt. Da der Schuldner in den Verfügungen über sein Konto frei ist und somit im Verhältnis zur Schuldnerbank keiner Beschränkung bei der Entscheidung unterliegt, ob und warum er einer Einzugsermächtigungslastschrift widerspricht, ist sein Widerspruch für die Schuldnerbank grundsätzlich immer verbindlich. Seine Widerspruchsmöglichkeit erlischt erst durch eine wirksame Genehmigung i.S.v. § 684 Satz 2 BGB.

a) Die Genehmigung gilt nicht gem. Nr. 7 Abs. 4 Satz 2 AGB-Spk als erteilt, weil der dazu berechtigte Kläger den streitgegenständlichen Belastungsbuchungen rechtzeitig widersprochen hat.

aa) Nach Nr. 7 Abs. 4 Satz 2 AGB-Spk gilt, wenn der Kunde eine im Rechnungsabschluss enthaltene Belastungsbuchung nicht schon genehmigt hat, die Genehmigung von Belastungen aus Lastschriften spätestens dann als erteilt, wenn der Belastung nicht vor Ablauf von sechs Wochen nach Zugang des Rechnungsabschlusses widersprochen wird.

Unstreitig waren zwischen der C. GmbH und der Beklagten Rechnungsabschlüsse jeweils zum Ende eines Kalenderquartals vereinbart. Da der C. GmbH der Rechnungsabschluss für das zweite Kalenderquartal 2005 (1. April bis 30. Juni 2005) frühestens am 1. Juli 2005 zuging, lief die Sechswochenfrist der Nr. 7 Abs. 4 Satz 2 AGB-Spk frühestens am 12. August 2005 ab. Der Kläger hat jedoch mit einem der Beklagten noch ZIP 2009, Seite 981an demselben Tage zugegangenen Telefaxschreiben vom 10. August 2005, also vor Fristablauf, den von der Beklagten im Einzugsermächtigungsverfahren vorgenommenen Belastungsbuchungen in diesem Quartal widersprochen.

bb) Der Kläger war als vorläufiger Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt gem. § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO seit dem 4. August 2005 auch berechtigt, den vorgenannten Belastungsbuchungen zu widersprechen.

aaa) Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGH ZIP 2007, 2273 (m. Bespr. Jungmann, ZIP 2008, 295) = ZVI 2008, 64 = NJW 2008, 63, 66; BGH ZIP 2006, 2046 = ZVI 2006, 510 = NJW-RR 2007, 118; BGH ZIP 2004, 2442 (m. Anm. Bork u. Bespr. Feuerborn, ZIP 2005, 604) = ZVI 2005, 33 = NJW 2005, 675, 676, dazu EWiR 2005, 121 (Gundlach/Frenzel)) steht auch dem schwachen, mit Zustimmungsvorbehalt gem. § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO ausgestatteten vorläufigen Insolvenzverwalter die Befugnis zu, im Einzugsermächtigungsverfahren erfolgten Lastschriften zu widersprechen. Das folgt aus Wortlaut und Zweck von § 21 InsO. Gemäß Abs. 1 Satz 1 der Vorschrift hat das Insolvenzgericht alle Maßnahmen zu treffen, die erforderlich erscheinen, um bis zur Entscheidung über den Eröffnungsantrag eine den Gläubigern nachteilige Veränderung der Vermögenslage des Schuldners zu verhüten. Als eine der zu diesem Zweck in Betracht kommenden Maßnahmen nennt Absatz 2 der Bestimmung die Anordnung, dass Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind. Verfügungen in diesem Sinne sind alle Rechtshandlungen, die auf das Vermögen des Schuldners unmittelbar einwirken; daher werden auch alle Zahlungen des Schuldners erfasst. Dasselbe gilt demzufolge für Genehmigungen im Einzugsermächtigungsverfahren, weil der Anspruch des Gläubigers erfüllt und ein Aufwendungsersatzanspruch der Zahlstelle gegen den Schuldner begründet wird (BGH ZIP 2007, 2273 = ZVI 2008, 64 = NJW 2008, 63, 66).

bbb) An dieser Widerspruchsbefugnis des Klägers als (schwacher) vorläufiger Insolvenzverwalter hat das unstreitige Fehlen sachlicher Einwendungen gegen die eingezogenen Forderungen nichts geändert. Denn nach der Rechtsprechung des IX. Zivilsenats des BGH (BGH ZIP 2007, 2273 = ZVI 2008, 64 = NJW 2008, 63, 64; BGH ZIP 2004, 2442 = ZVI 2005, 33 = NJW 2005, 675, 676 f.), der sich der Senat anschließt, hat auch ein solcher Insolvenzverwalter weitergehende Rechte zum Widerspruch, als sie zuvor der Schuldner hatte.

Da die Belastung des Schuldnerkontos erst durch die Genehmigung des Schuldners wirksam wird, ist die Forderung des Gläubigers auch nach der Gutschrift auf dessen Konto und der Belastungsbuchung auf dem Schuldnerkonto noch nicht erfüllt; vielmehr hat der Gläubiger gegen den Schuldner weiterhin den Erfüllungsanspruch, der nunmehr auf Genehmigung der Belastung gerichtet ist. Dabei handelt es sich lediglich um einen schuldrechtlichen Anspruch, der mit Verfahrenseröffnung zu einer Insolvenzforderung i.S.v. § 38 InsO wird; diese ist, weil nicht auf Zahlung von Geld gerichtet, gem. § 45 InsO umzurechnen. Alle Versuche, die Erfüllungswirkung im Rechtsverhältnis zwischen Schuldner und Gläubiger auf einen früheren Zeitpunkt zu verlegen (vgl. insbesondere Nobbe/Ellenberger, WM 2006, 1885, 1888), scheitern daran, dass vor der Genehmigung durch den Schuldner nichts aus dessen Vermögen abgeflossen ist und die Gutschrift auf dem Gläubigerkonto dem Schuldner auch nicht aus anderen Gründen als Leistung zugerechnet werden kann; denn die Einzugsermächtigung begründet keine Befugnis, über das Konto des Schuldners zu Gunsten des Gläubigers zu verfügen. Die in das Verfahren eingeschalteten Banken erfüllen nicht als Dritte i.S.v. § 267 BGB die Verbindlichkeit des Schuldners; denn ihnen fehlt der Wille, mit der Gutschrift selbst die Verbindlichkeit eines anderen zu tilgen. Sie treten erkennbar lediglich als Leistungsmittler auf. Zwar gestattet die Vertragsfreiheit es den Beteiligten gleichwohl, im Valutaverhältnis zu vereinbaren, Erfüllung solle schon vor der Genehmigung durch den Schuldner eintreten. Ein übereinstimmender Parteiwille dieses Inhalts kann jedoch aus der Lastschriftabrede allgemein ohne konkrete Anhaltspunkte im Einzelfall nicht abgeleitet werden, weil es nicht dem berechtigten Interesse des Gläubigers entspricht, eine Leistung als Erfüllung gelten zu lassen, von der er nicht sicher sein kann, dass er sie behalten darf, und die er nach Ablauf der Sechswochenfrist gem. Abschn. III Nr. 2 des Lastschriftabkommens der Schuldnerbank selbst im Wege des Bereicherungsausgleichs zurückgewähren muss, wenn der Schuldner die Genehmigung versagt. Auf der anderen Seite erfordert es auch das berechtigte Interesse des Schuldners, der sich durch die Einzugsermächtigung der Gefahr vom Gläubiger veranlasster unberechtigter Belastungen seines Kontos ausgesetzt hat, dass dieser nicht eine Erfüllung seiner Forderung gegen den Willen des Schuldners ohne staatliche Zwangsmittel durchsetzen kann. Die Ansicht, dass die Lastschrift im Regelfall ohne Genehmigung des Schuldners keine Erfüllung bewirkt, beruht daher auf einer sachgerechten Bewertung der Interessen von Gläubiger und Schuldner (BGH ZIP 2007, 2273 = ZVI 2008, 64 = NJW 2008, 63, 65).

Die Gläubigerforderung ist durch die Gutschrift auch nicht auflösend bedingt erfüllt worden. Selbst die Annahme einer auflösenden Bedingung würde indes nicht die Rechtsstellung des Gläubigers – und erst recht nicht diejenige der Schuldnerbank – verbessern, weil er auch dann kein insolvenzfestes Recht erworben hätte. Beim Erwerb bedingter Rechte ist insolvenzrechtlich entscheidend, ob der Gläubiger bereits eine Rechtsstellung erlangt hat, die ihm aufgrund alleiniger Entscheidung des Schuldners nicht mehr entzogen werden kann. Dies ist bei einer Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahren schon deshalb nicht der Fall, weil der Schuldner die Genehmigung ohne Weiteres versagen kann, die rechtliche Wirksamkeit des Widerspruchs also von keinen weiteren Voraussetzungen als der Erklärung selbst abhängig ist (BGH ZIP 2007, 2273 = ZVI 2008, 64 = NJW 2008, 63, 65).

Selbst wenn man indes eine Erfüllung der Gläubigerforderung ohne eine den Vermögensabfluss bewirkende Genehmigung des Schuldners bejahen wollte, hätte dies keinen Einfluss auf die Rechtsstellung der Schuldnerbank im Insolvenzverfahren; denn deren Aufwendungsersatzanspruch, der grundsätzlich erst mit Genehmigung des Schuldners entsteht, ist damit weder erfüllt noch etwa insolvenzfest begründet worden. Die Erfüllung des Gläubigeranspruchs würde somit nichts daran ändern, dass der Schuldnerbank lediglich eine Insolvenzforde-ZIP 2009, Seite 982rung – sei es auf Erteilung der Genehmigung, sei es unmittelbar auf Erstattung des Aufwands – zustände (BGH ZIP 2007, 2273 = ZVI 2008, 64 = NJW 2008, 63, 65).

Soweit dieser Auffassung des IX. Zivilsenats des BGH entgegengehalten wird, der Insolvenzverwalter habe nicht mehr Rechte als der Schuldner, er übernehme daher das Vertragsverhältnis in dem Rechtszustand, den dieses vor seiner Bestellung habe – sei der Schuldner zur Genehmigung verpflichtet, wäre ein von ihm erklärter Widerspruch sittenwidrig, und ein Widerspruch durch den Verwalter bewirke keine „sittliche Läuterung“ (Nobbe/Ellenberger, WM 2006, 1885, 1890) –, verkennt diese Ansicht die rechtlichen Auswirkungen des im Insolvenzrecht schon vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens geltenden Gläubigergleichbehandlungsgrundsatzes auf die Rechtsstellung des Insolvenzverwalters. Da der Schuldner mit der Genehmigung einen Anspruch des Gläubigers erfüllt, der im Insolvenzverfahren lediglich eine einfache Insolvenzforderung darstellt, geht es darum, ob der Insolvenzverwalter verpflichtet ist, eine solche Forderung anstelle des Schuldners auszugleichen. Dies ist zu verneinen, weil er einer nicht insolvenzgesicherten Forderung keine Vorzugsstellung gegenüber ranggleichen Forderungen einräumen darf (BGH ZIP 2007, 2273 = ZVI 2008, 64 = NJW 2008, 63, 65).

Mit seiner Entscheidung vom 10. Juni 2008 (BGH ZIP 2008, 1977 (m. Anm. Bork, S. 1984, u. Haas, S. 1985, u. Bespr. Schulte-Kaubrügger, S. 2348) = ZBB 2008, 403 (m. Bespr. Jungmann, S. 409) = ZVI 2008, 477 = NJW 2008, 3348, dazu EWiR 2008, 625 (Keller)) spricht sich der XI. Zivilsenat des BGH gegen die vorstehend dargestellte Auffassung des IX. Zivilsenats aus, ohne allerdings – aufgrund mangelnder Entscheidungserheblichkeit – eine endgültige Gegenposition einzunehmen. Der XI. Zivilsenat geht davon aus, dass der vorläufige Insolvenzverwalter nicht zu einem ansonsten sittenwidrigen Handeln des Geschäftsführers oder Schuldners beitragen darf, indem er berechtigten Lastschriften widerspricht. Dieser Ansicht ist entgegenzuhalten, dass im Vorfeld einer Unternehmensinsolvenz die Zahlungsverbote der § 93 Abs. 3 Nr. 6, § 92 Abs. 2 AktG, § 64 GmbHG, § 99 GenG und § 130a HGB gelten. Danach sind die Geschäftsleiter gehalten, jegliche Gesamtgläubigerschädigung durch Schmälerung der Masse zu verhindern. Das Gesetz verpflichtet hier also die Geschäftsleiter – im Interesse der Masseerhaltung für die Gläubigergesamtheit –, sich aus Sicht des Einzelgläubigers „unredlich“ zu verhalten und berechtigte Forderungen nicht mehr zu bezahlen. Für den vorläufigen Insolvenzverwalter gilt diese Massesicherungspflicht erst recht (vgl. Flitsch, BB 2008, 2317; Nassall, NJW 2008, 3354).

ccc) Aufgrund des rechtzeitigen und berechtigten Widerspruchs des Klägers gegen die streitgegenständlichen Belastungsbuchungen konnte die Genehmigungsfiktion der Nr. 7 Abs. 4 Satz 2 AGB-Spk nicht eintreten.

b) Eine vor dem Widerspruch des Klägers erteilte ausdrückliche Genehmigung der C. GmbH liegt unstreitig nicht vor.

c) Von einer vorherigen konkludenten (Hervorhebungen des Gerichts) Genehmigung kann aber ebenfalls nicht ausgegangen werden. Weder der Geschäftsführer der C. GmbH noch der Kläger als vorläufiger Insolvenzverwalter haben die streitgegenständlichen Belastungsbuchungen vor dem Widerspruch durch schlüssiges Verhalten genehmigt.

aa) Selbst wenn der Geschäftsführer der C. GmbH, wie die Beklagte behauptet, die Kontoauszüge persönlich und zeitnah zur Kenntnis genommen hätte und zudem die Buchhaltung angewiesen haben sollte, die jeweiligen Lastschriften fortlaufend unmittelbar nach Eingang des Kontoauszugs zu prüfen und ihn bei Unstimmigkeiten umgehend zu informieren, kann diesem Verhalten noch keine konkludente Genehmigung entnommen werden. Im bloßen Schweigen auf zugegangene Kontoauszüge, welche die Lastschriften enthalten, liegt keine schlüssige rechtsgeschäftliche Erklärung. Es kann daher nicht als Genehmigung der von der Beklagten vorgenommenen Kontobelastungen gewertet werden. Der in einem Kontoauszug ausgewiesene Saldo ist ein reiner Postensaldo, der u.a. für die Zinsberechnung erstellt wird und dessen Bedeutung sich auf die Verhinderung nicht gedeckter Auszahlungen beschränkt. Er dient rein tatsächlichen Zwecken (BGH ZIP 2000, 1379 = NJW 2000, 2667, 2668; BGH ZIP 2007, 2273 = ZVI 2008, 64 = NJW 2008, 63, 67).

bb) Ob die widerspruchslose Fortsetzung des Zahlungsverkehrs auf dem mit den Lastschriftbuchungen belasteten Konto über einen längeren Zeitraum hinweg eine konkludente Genehmigung enthält, ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bisher nicht grundsätzlich geklärt.

Der BGH hat in einem Fall (ZIP 2007, 2273 = ZVI 2008, 64 = NJW 2008, 63, 67) eine konkludente Genehmigung angenommen, in welchem der Insolvenzverwalter das Girokonto mehr als ein Jahr über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens hinaus für eingehende Gutschriften genutzt hat, ohne die auf diesem Konto im Einzugsermächtigungsverfahren ergangenen Lastschriften zu widerrufen, dann um die Schließung des Kontos gebeten und erst ca. 10 Monate nach der durchgeführten Kontoschließung den Belastungsbuchungen widersprochen hat. Denn ein sachgerecht arbeitender Insolvenzverwalter, der beabsichtigt, durch Widerruf von Lastschriften Vorteile für die Masse zu erzielen, wird unverzüglich nach seiner Bestellung dieser Frage nachgehen und keinesfalls mehrere Wochen in dieser Sache untätig bleiben.

(1) Der vorstehend geschilderte Fall ist mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Der Kläger hat sich im Sinne der vorgenannten höchstrichterlichen Entscheidung sogar vorbildlich verhalten. Denn er hat bereits sechs Tage nach seiner Bestellung zum vorläufigen Insolvenzverwalter den Widerspruch per Telefax gegenüber der Beklagten erklärt. Für eine konkludente Genehmigung durch den Kläger ist daher kein Raum.

(2) Im vorliegenden Fall scheidet aber auch eine konkludente, vor Ablauf der Sechswochenfrist erfolgte Genehmigung des Geschäftsführers der C. GmbH aus. Weder die unstreitigen Umstände, dass sämtliche Lastschriften ausschließlich regelmäßige und schon seit Jahren bestehende Verbindlichkeiten vornehmlich für die Finanzierung der im Unternehmen der C. GmbH genutzten Fahrzeuge betreffen, dass sie bereits seit mehreren Jahren zu den gleichen Terminen eingezogen wurden und ihnen zu keinem Zeitpunkt widersprochen wurde, noch die beiden unstreitigen Überweisungen des Geschäfts-ZIP 2009, Seite 983führers vom 8. und 13. Juli 2005 i.H. v. 2.895,85 € und 787,68 € zum Ausgleich von zwei am 30. Juni 2005 und einer am 7. Juli 2005 belasteten, aber nicht eingelösten Lastschriften, noch die in der Berufungsinstanz von der Beklagten erstmals behaupteten Überweisungen des Geschäftsführers der C. GmbH in der Zeit vom 4. Oktober bis zum 22. Dezember 2004 i.H. v. insgesamt 73.500 € zum Zwecke der Kontodeckung sind – unterstellt, der Vortrag dazu würde zugelassen – geeignet, die Annahme einer konkludenten Genehmigung vor Ablauf der in Nr. 7 Abs. 4 Satz 2 AGB-Spk vereinbarten Sechswochenfrist zu rechtfertigen.

Der in der Literatur vertretenen Auffassung (vgl. Nobbe/Ellenberger, WM 2006, 1885, 1887), dass ein Kontoinhaber, der nach Ablauf einer angemessenen Prüfungs- und Überlegungsfrist in Kenntnis unwidersprochen gelassener Belastungsbuchungen Überweisungsaufträge erteile oder Schecks auf das betreffende Konto ziehe, durch schlüssiges Verhalten die ihm bekannten Belastungsbuchungen genehmige, vermag sich der Senat nicht anzuschließen.

Abgesehen davon, dass diese Auffassung zu erheblicher Rechtsunsicherheit führt, weil unklar bliebe, nach welchem genauen Zeitraum und welchem konkreten Verhalten oder Unterlassen diese Erklärungswirkung angenommen werden kann und soll, hat der an seine Bank gerichtete Überweisungsauftrag eines Kontoinhabers grundsätzlich keinerlei Erklärungswert, der über die konkrete Anweisung hinausginge, weshalb auch die Weiternutzung des Kontos bei genauerer Betrachtung nichts weiter als fortgesetztes Schweigen darstellt, dem – außerhalb von Nr. 7 Abs. 4 Satz 2 AGB-Spk – gerade kein Erklärungswert zukommt. Das gilt umso mehr, als die Beklagte durch Nr. 7 Abs. 4 Satz 1, Nr. 20 Abs. 1 Buchst. g, Abs. 2 AGB-Spk unmissverständlich darauf hinweist, dass an das nicht unverzügliche Erheben von Einwänden gegen Belastungsbuchungen ausschließlich die Rechtsfolge eines Schadensersatzanspruchs – und nicht der Genehmigung von Belastungsbuchungen – geknüpft ist, während eine Genehmigung nur bei einem mehr als sechswöchigen Schweigen auf einen Rechnungsabschluss fingiert wird. Bei dieser Aussage der AGB ist es für die Beklagte geradezu ausgeschlossen, die Vornahme weiterer Kontoverfügungen als Genehmigung vorangegangener Lastschriftbuchungen anzusehen (LG Berlin ZInsO 2007, 384, juris Rz. 11). Jedenfalls dann, wenn – wie hier – noch die sechswöchige Frist zur Erhebung von Einwendungen gegen den Saldo läuft, kann in der bloßen Fortführung des Kontos keine konkludente Genehmigung gesehen werden. Denn der Kontoinhaber weiß, dass es nach Ablauf dieser Frist, die ihm genügend Gelegenheit gegeben hat, die Kontobelastung auf ihre Berechtigung hin zu prüfen, automatisch zur Genehmigung kommt, und hat wenig Veranlassung, den Genehmigungszeitpunkt vorzuverlegen (Jungmann, ZIP 2008, 295, 298; Jungmann, NJW-Spezial 2009, 150). Die Einschränkung im ersten Halbsatz der Nr. 7 Abs. 4 Satz 2 AGB-Spk „hat er eine im darauf folgenden Rechnungsabschluss enthaltene Belastungsbuchung nicht schon genehmigt“ kann vom Bankkunden nicht so verstanden werden, dass die Bank rechtsgeschäftlich indifferente Handlungen oder Unterlassungen wie sein bloßes Schweigen oder die zulässige Weiternutzung seines Kontos innerhalb der noch nicht abgelaufenen Genehmigungsfrist als Zustimmung deuten will. Wenn die Beklagte an derartige Handlungen und Unterlassungen eine Genehmigungswirkung hätte anknüpfen wollen, hätte sie dies im Hinblick auf die Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB in Nr. 7 Abs. 4 AGB-Spk ausdrücklich vorsehen müssen (OLG München ZIP 2007, 807 = NZI 2007, 351). Diese Einschränkung kann sich nur auf ausdrückliche Genehmigungen beziehen. Denn aufgrund der Regelung in Nr. 7 Abs. 4 Satz 2 AGB-Spk, die im Wesentlichen mit Nr. 7 Abs. 3 AGB-Bk n.F. übereinstimmt, besteht für die Konstruktion einer konkludenten Genehmigung gar kein Bedürfnis mehr. Die Möglichkeit konkludenter Genehmigungen vor Ablauf der Sechswochenfrist würde das Vertrauen des Bankkunden in die ihm zur Verfügung stehende sechswöchige Prüfungsfrist in unzumutbarer Weise beeinträchtigen.

d) Eine Aufhebung des vom Kläger am 10. August 2005 erklärten Widerspruchs infolge der Genehmigung der streitgegenständlichen Belastungsbuchungen durch den Geschäftsführer der C. GmbH mit seiner Erklärung vom 17. August 2005 scheidet ebenfalls aus. Denn zu dieser Genehmigung, die eine Verfügung i.S.d. § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 InsO darstellt (vgl. BGH ZIP 2007, 2273 = ZVI 2008, 64 = NJW 2008, 63, 67), hat der Kläger unstreitig die erforderliche Zustimmung nicht erteilt, so dass diese Erklärung gem. § 24 Abs. 1, § 81 Abs. 1 Satz 1 InsO unwirksam ist.

e) Der Kläger kann daher die Berichtigung der Kontobelastungen und Auszahlung des sich dadurch ergebenden Kontoguthabens für den Zeitraum vom 1. April 2005 bis zum 23. Juni 2005 i.H. v. insgesamt 24.278,24 € beanspruchen.

f) Diesem Zahlungsanspruch kann die Klägerin keinen auf Befreiung von ihrer Zahlungsverpflichtung gerichteten Schadensersatzanspruch wegen vorsätzlich sittenwidriger Schädigung infolge eines sachlich nicht gerechtfertigten Lastschriftenwiderspruchs nach § 242 BGB (dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est) entgegenhalten.

Zwar handelt ein Schuldner nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGH NJW 1979, 1652; BGH ZIP 1987, 900 = NJW 1987, 2370, 2371, dazu EWiR 1987, 779 (Hüffer)) sittenwidrig, wenn er den Widerspruch zu dem Zwecke einlegt, Zahlungen auf begründete und von seiner Einziehungsermächtigung gedeckte Gläubigeransprüche rückgängig zu machen, weil er die ihm seiner Bank gegenüber zustehende Widerspruchsmöglichkeit zweckfremd dazu ausnutzt, das Ausfallrisiko der ersten Inkassostelle zuzuschieben. Aber dies lässt sich, wie bereits eingehend erörtert, weder auf den Geschäftsleiter in der Krise seines Unternehmens noch auf den Insolvenzverwalter übertragen.

2. Da in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bisher nicht grundsätzlich geklärt ist, ob die widerspruchslose Fortsetzung des Zahlungsverkehrs auf dem mit den Lastschriftbuchungen belasteten Konto über einen längeren Zeitraum hinweg eine konkludente Genehmigung darstellt, und die vorliegende Entscheidung sowohl in Bezug auf diese Frage als auch im Hinblick auf die Befugnis des Insolvenzverwalters zum Lastschriftwiderruf bei Fehlen sachlicher Einwendungen gegen die einge-ZIP 2009, Seite 984zogenen Forderungen von derjenigen des KG (Urt. v. 2.12.2008 – 13 U 8/08, ZIP 2009, 279 = ZVI 2009, 158 = WM 2009, 545) abweicht, wird die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gem. § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 Alt. 2 ZPO zugelassen.

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