OLG Düsseldorf: Zweitschuldnerhaftung des Gläubigers für die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters als Sachverständiger

26.06.2009

Gründe:

I. Die weitere Beschwerde des Zweitschuldners vom 3.9.2008 gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer des LG Krefeld vom 14.8.2008 ist gem. § 66 Abs. 4 GKG zulässig, jedoch nicht begründet.

Das Gericht der weiteren Beschwerde ist auf eine rechtliche Prüfung beschränkt, § 66 Abs. 4 Satz 2 GKG, § 546 ZPO. Der angefochtene Beschluss lässt keine Rechtsfehler erkennen.

1. Das LG ist – wie auch der Senat im Beschluss vom 18.10.2007 (10 W 111/07) – zu Recht davon ausgegangen, dass eine Zweitschuldnerhaftung des Gläubigers in Betracht kommen kann, wenn und soweit der vorläufige Insolvenzverwalter als gerichtlich beauftragter Sachverständiger nach § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Halbs. 2 InsO tätig geworden ist. Dann erhält dieser eine Vergütung gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, §§ 8, 9 Abs. 2 JVEG aus der Staatskasse. Die an ihn gezahlten Beträge sind Auslagen i.S.d. GKG KV-Nr. 9005, für die die Beschränkung in § 23 Abs. 1 Satz 3 GKG nicht gilt; dieser nennt ausdrücklich nur die Auslagen gem. KV-Nr. 9018, mithin die „an den vorläufigen Insolvenzverwalter ... auf der Grundlage der InsVV zu zahlenden Beträge“ (s. dort § 11). Hierzu gehören die an den vorläufigen Insolvenzverwalter als Sachverständigen zu zahlenden Beträge nicht.

a) An dieser Rechtsauffassung hält der Senat auch in Anbetracht der vom Zweitschuldner in Bezug genommenen Entscheidung des BGH vom 13.12.2007 – IX ZR 196/06, ZIP 2008, 228 fest. Diese Entscheidung verhält sich – entgegen der Auffassung der Beschwerde – nicht über die nach dem JVEG aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung für die sachverständige Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters nach § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Halbs. 2 InsO.

Der BGH hat mit seiner Entscheidung einer Klage des Sequesters gegen die Inhaberin des verwalteten Vermögens (Schuldnerin) auf Zahlung einer Vergütung stattgegeben. Bei der Frage nach dem Rechtsschutzbedürfnis hat der BGH u.a. dargelegt, dass der Sequester keine anderweitige Möglichkeit habe, seinen Vergütungsanspruch festsetzen zu lassen. Im Rahmen der Begründetheit hat der BGH ausgeführt, dass eine Primär- oder Ausfallhaftung des Staates grundsätzlich nicht in Betracht komme; für eine Primärhaftung gebe es keine Grundlage, weil der Sequester – wie nunmehr auch der vorläufige Insolvenzverwalter – kein Geschäft des Staates besorge, sondern im Interesse von Privatpersonen, nämlich der Gesamtheit der Gläubiger, tätig werde (vgl. II 2 e aa).

Damit hat der BGH ausschließlich zum Vergütungsanspruch für die Tätigkeit als vorläufiger Insolvenzverwalter Stellung genommen, nicht zu der Vergütung für eine darüber hinaus beauftragte Sachverständigentätigkeit. Der vorläufige Insolvenzverwalter, der vom Gericht gem. § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Halbs. 2 InsO als Sachverständiger herangezogen wird, hat nach den gesetzlichen Regelungen einen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse nach dem JVEG. Dieser Fall ist aber ersichtlich von den Ausführungen des BGH nicht erfasst.

Überdies hat der BGH bereits in seiner Entscheidung vom 22.1.2004 – IX ZB 123/03, ZIP 2004, 571 = ZVI 2004, 200, dazu EWiR 2004, 609 (Vallender) ausgeführt, dass der Staat nicht für den Ausfall der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters hafte, wenn das Insolvenzverfahren mangels Masse ZIP 2009, Seite 1173nicht eröffnet wird und das Schuldnervermögen nicht ausreicht, die Vergütung und Auslagen des vorläufigen Insolvenzverwalters zu decken. Ausdrücklich hat der BGH allerdings darauf hingewiesen, dass der vorläufige Insolvenzverwalter, wenn er zugleich zum Gutachter bestellt worden ist (§ 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 InsO), für sein Gutachten in jedem Fall aus der Staatskasse nach dem ZSEG entlohnt werde. Hiermit hat der BGH klar zum Ausdruck gebracht, dass der vorläufige Insolvenzverwalter bei zusätzlicher Beauftragung als Sachverständiger keinen einheitlichen Vergütungsanspruch, sondern unterschiedliche Vergütungsansprüche hat.

b) Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus dem Argument, eine Differenzierung der Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters danach, ob er als gerichtlich beauftragter Sachverständiger oder ausschließlich als vorläufiger Insolvenzverwalter tätig geworden ist, erweise sich als unpraktikabel. Die Frage der Praktikabilität stellt sich in Anbetracht der klaren gesetzlichen Regelungen nicht.

Der Gesetzgeber hat in § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Halbs. 2 InsO ausdrücklich die zusätzliche Beauftragung des vorläufigen Insolvenzverwalters „als Sachverständiger“ vorgesehen. Erfolgt eine solche Beauftragung, liegt eine gerichtliche Heranziehung i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 JVEG vor. Dies bestätigt § 9 Abs. 2 JVEG, der ausdrücklich für den „Fall des § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 InsO das Honorar des Sachverständigen“ regelt. Die nach dem JVEG zu zahlenden Beträge gehören – wie bereits dargelegt – zu den Auslagen gem. GKG KV-Nr. 9005 und nicht zu den Auslagen gem. GKG KV-Nr. 9018, auf die allein sich § 23 Abs. 1 Satz 3 GKG bezieht.

2. Die Feststellung des LG, dass die Kosten für den vorläufigen Insolvenzverwalter hier bis auf 16,25 € durch sachverständige Tätigkeit im Rahmen des § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Halbs. 2 InsO angefallen sind, ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Das LG hat sich insoweit rechtsfehlerfrei auf das Schreiben des Rechtsanwalts K. vom 26.3.2008 gestützt. Hierin hat dieser im Einzelnen dargelegt, wofür der nach dem JVEG abgerechnete Aufwand angefallen ist. Im Schreiben vom 21.1.2008 hatte er zudem bereits anwaltlich versichert, dass dieser Aufwand allein im Rahmen der gutachterlichen Tätigkeit erbracht worden sei; hinsichtlich der Tätigkeit als vorläufiger Insolvenzverwalter seien keine Kosten in Ansatz gebracht worden. Es besteht kein Anlass, an diesen Angaben zu zweifeln. (Wird ausgeführt.)

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