OLG Hamburg: Keine Haftung des Vereinsvorstands wegen Zahlungen nach Insolvenzreife

28.04.2009

BGB § 42 Abs. 2; GmbHG a.F. § 64 Abs. 2; AktG § 93 Abs. 3 Nr. 6, § 92 Abs. 3; GenG § 99 Abs. 2

Keine Haftung des Vereinsvorstands wegen Zahlungen nach Insolvenzreife

OLG Hamburg, Urt. v. 5. 2. 2009 – 6 U 216/07

Leitsätze der Redaktion:

1. Die Vorstandsmitglieder eines eingetragenen Vereins haften nicht analog § 64 GmbHG für Zahlungen nach Insolvenzreife.

2. Die Vorstandsmitglieder eines eingetragenen Vereins haften wegen verspäteter Insolvenzantragstellung nach § 42 Abs. 2 Satz 2 BGB auf die Differenz zu der Vermögenslage, die bei rechtzeitiger Antragstellung gegeben wäre.

Gründe:

I. Der Kläger verlangt mit seiner auf § 42 Abs. 2 BGB gestützten Klage von den Beklagten die Erstattung einer Zahlung, die diese als Vorstandsmitglieder des H. e.V. (Schuldner) nach Eintritt der Insolvenzreife geleistet haben sollen. Der Kläger ist Insolvenzverwalter des Schuldners, über dessen Vermögen mit Beschluss des AG Hamburg vom 1. August 2003 aufgrund eines Eigenantrags vom 16. Mai 2003 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Die Beklagten zu 1) und 3) waren ebenso wie der mit der Klage als Beklagter zu 2) in Anspruch genommene A. von Juli 2001 bis zum 25. April 2003 Mitglieder des Vorstands des Schuldners.

Am 17. April 2003 leistete der Schuldner an die X. KG 12.760 €. Die Zahlung erfolgte in der Weise, dass die X. KG einen von der M. GmbH ausgestellten Scheck erhielt. Die M. GmbH besaß hinsichtlich der Footballmannschaft des Schuldners die Vermarktungsrechte. Auf welche Weise die Übergabe des Schecks erfolgte, ist streitig. Die Erstattung dieser Zahlung ist Gegenstand der Klage.

Mit Teilversäumnisurteil vom 21. Februar 2007 wurde der Beklagte zu 2) – ggf. als Gesamtschuldner mit den Beklagten zu 1) und 3) – verurteilt, an den Kläger 12.760 € zu zahlen.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagten zu 1) und 3) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 12.760 € zu zahlen. Mit Urteil vom 17. August 2007 hat das LG der Klage hinsichtlich der Hauptforderung stattgegeben. Die Beklagten zu 1) und 3) haben gegen dieses Urteil Berufung eingelegt.

II. Die zulässige Berufung der Beklagten hat Erfolg. Der von dem Kläger geltend gemachte Schadensersatzanspruch ist unbegründet, weil das LG zwar zutreffend von einer Zahlung nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit (1) ausgegangen ist, eine analoge Anwendung der § 64 Abs. 2 GmbHG a.F., § 93 Abs. 3 Nr. 6 i.V.m. § 92 Abs. 3 AktG, § 99 Abs. 2 GenG auf Ansprüche gegen die Vorstandsmitglieder eines Vereins auf Erstattung der Zahlungen, die sie nach Eintritt der Insolvenzreife geleistet haben, jedoch nicht in Betracht kommt (2) und der An-ZIP 2009, Seite 758spruch auch nicht auf § 42 Abs. 2 BGB gestützt werden kann (3).

1. a) Das LG ist rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass der Schuldner am 17. Januar 2003 zahlungsunfähig war. (Wird ausgeführt.)

2. Eine entsprechende Anwendung der § 64 Abs. 2 GmbHG (a.F., jetzt § 64 GmbHG), § 93 Abs. 3 Nr. 6 i.V. m § 92 Abs. 3 AktG, § 99 Abs. 2 i.V.m. § 34 Abs. 3 Nr. 4 GenG auf Vereinsvorstände ist zur Überzeugung des Senats nicht gerechtfertigt. Sie scheidet bereits mangels einer planwidrigen Regelungslücke aus. Außerdem fehlt es an einer vergleichbaren Interessenlage.

a) Ob die Vereinsvorstände analog § 64 Abs. 2 GmbHG a.F., § 93 Abs. 3 Nr. 6 i.V. m § 92 Abs. 3 AktG, § 99 Abs. 2 i.V.m. § 34 Abs. 3 Nr. 4 GenG auf Ersatz aller Zahlungen nach Insolvenzreife haften, ist von der Rechtsprechung bisher nicht entschieden. In der Literatur ist diese Frage umstritten. Die Erstreckung wird teilweise befürwortet (MünchKomm-Reuter, BGB, 5. Aufl., § 42 Rz. 17; Wischemeyer, DZWIR 2005, 230; für eine analoge Anwendung der § 92 Abs. 3, § 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG auch Passarge, ZInsO 2005, 176), von anderen indes abgelehnt (Koza, DZWIR 2008, 98).

b) Eine Analogie setzt nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung voraus, dass das Gesetz eine Regelungslücke enthält und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht so weit mit dem Tatbestand vergleichbar ist, den der Gesetzgeber geregelt hat, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen. Die Unvollständigkeit des Gesetzes muss „planwidrig“ sein. Der dem Gesetz zugrunde liegende Regelungsplan ist aus ihm selbst im Wege der historischen und teleologischen Auslegung zu erschließen und es ist zu fragen, ob das Gesetz, gemessen an seiner eigenen Regelungsabsicht, planwidrig unvollständig ist (BGH ZIP 2007, 352 = NJW 2007, 992, Rz. 15 mit weiteren Rspr.- u. Literaturnachweisen, dazu EWiR 2007, 171 (Ahrens)). Diese Planwidrigkeit muss aufgrund konkreter Umstände positiv festgestellt werden können, weil sonst jedes Schweigen des Gesetzgebers – und das ist der Normalfall, wenn er etwas nicht regeln will – als planwidrige Lücke im Wege der Analogie von den Gerichten ausgefüllt werden könnte (BGH ZIP 2006, 1004 = NJW 2006, 2997, Rz. 18 unter Hinweis auf Canaris, Die Feststellung von Lücken im Gesetz, 2. Aufl., S. 51).

Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Der Gesetzgeber hat sich bewusst dagegen entschieden, eine den § 64 Abs. 2 GmbHG a.F., § 93 Abs. 3 Nr. 6 i.V. m § 92 Abs. 3 AktG, § 99 Abs. 2 i.V.m. § 34 Abs. 3 Nr. 4 GenG entsprechende Haftung für Vereinsvorstände zu regeln.

§ 42 BGB hat seine heutige Fassung im Zuge der Reform des Insolvenzrechts durch Art. 33 Nr. 1 des Einführungsgesetzes zur InsO vom 5. Oktober 1994 (BGBl I, 2911) erhalten und ist am 1. Januar 1999 in Kraft getreten (vgl. Staudinger/Weick, BGB, 2005, § 42 Rz. 1). Während die alte Fassung des § 42 BGB an die Konkurseröffnung nur den Verlust der Rechtsfähigkeit, nicht jedoch die Auflösung des Vereins knüpfte, wird mit der heutigen Fassung (§ 42 Abs. 1 Satz 1 BGB), ebenso wie bei Handelsgesellschaften, Gesellschaften bürgerlichen Rechts und eingetragenen Genossenschaften, als Wirkung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausdrücklich die Auflösung bestimmt, was nach zum Teil in der Literatur vertretener Auffassung allerdings auch schon nach der alten Fassung anzunehmen war (vgl. Staudinger/Weick, a.a.O., § 42 Rz. 1 mit entspr. Nachweisen; Gesetzesbegründung zum EGInsO, BT-Drucks. 12/3803, S. 75). Parallel zum Recht der Handelsgesellschaften (§ 144 Abs. 1 HGB, § 274 Abs. 1, 2 Nr. 1 AktG, § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG) wurde außerdem für den Fall der auf Schuldnerantrag erfolgten Verfahrenseinstellung oder Verfahrensaufhebung nach Bestätigung eines Insolvenzplans der Mitgliederversammlung das Recht eingeräumt, die Fortsetzung des Vereins zu beschließen (§ 42 Abs. 1 Satz 2 BGB; BT-Drucks. 12/3803, S. 75). Ferner wurde die Insolvenzantragspflicht in § 42 Abs. 2 Satz 1 BGB auf den Fall der Zahlungsunfähigkeit erweitert.

Wegen dieser sehr sorgfältigen Anpassung des Vereinsrechts an das Recht der (Kapital-)Gesellschaften kann die Nichtnormierung einer vereinsrechtlichen Ersatzpflicht entsprechend § 64 Abs. 2 GmbHG a.F., § 92 Abs. 3, § 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG, § 34 Abs. 3 Nr. 4 GenG nicht als unbeabsichtigtes Versehen qualifiziert werden, zumal mit der Reform des Insolvenzrechts Anlass für entsprechende Überlegungen bestanden hätte und eine solche Regelung in systematischem Zusammenhang zu § 42 BGB steht (so zutreffend Koza, DZWIR 2008, 98). Insbesondere spricht nicht die in § 42 Abs. 2 Satz 1 BGB vorgenommene Erweiterung der Insolvenzantragspflicht auf den Fall der Zahlungsunfähigkeit für eine planwidrige Regelungslücke (so aber Passarge, ZInsO 2005, 176, 179). Denn nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 12/3803, S. 76) wird mit dieser Erweiterung eine Unklarheit des geltenden Rechts beseitigt.

Der fehlende Wille zur Haftungserweiterung wird rückblickend aus einer von der Bundesregierung 2001 beantworteten Großen Anfrage mehrerer Abgeordneter und der CDU/CSU-Fraktion bestätigt (vgl. Koza, DZWIR 2008, 98, 99 unter Hinweis auf die Antwort der Bundesregierung BT-Drucks. 14/5445, S. 7). Denn die Fragen, ob ehrenamtliche Vereinsvorstände wie hauptamtliche GmbH-Geschäftsführer bei Versäumung der Insolvenzantragspflicht haften und aus welchem Grund die persönlichen Haftungsrisiken erhöht worden seien, hat die Bundesregierung wie folgt beantwortet: „Nach § 42 Abs. 2 Satz 1 BGB (alt) war der Vorstand schon bisher verpflichtet, im Falle der Überschuldung die Eröffnung eines Konkursverfahrens oder des gerichtlichen Vergleichsverfahrens zu beantragen. Im Falle der Zahlungsunfähigkeit ergab sich diese Pflicht aus der organschaftlichen Stellung des Vorstands. Wurde die Stellung dieses Antrags verzögert, waren nach § 42 Abs. 2 Satz 2 BGB (alt) die Vorstandsmitglieder, denen ein Verschulden zur Last fiel, den Gläubigern für den daraus entstandenen Schaden verantwortlich. Nichts anderes bestimmt der geltende § 42 Abs. 2 Satz 2 BGB, der wörtlich unverändert beibehalten wurde. Da die geänderte Vorschrift des § 42 Abs. 2 Satz 1 BGB die Antragspflichten nicht erweitert, ist insgesamt keine den Fragen 9 bis 11 unterstellte Verschärfung der Haftung ehrenamtlich tätiger Vorstände festzustel-ZIP 2009, Seite 759len. Die ausdrückliche Aufnahme der Zahlungsunfähigkeit als Grund für die erforderliche Beantragung des Insolvenzverfahrens sollte lediglich eine Unklarheit der Vorschrift beseitigen.“

c) Auch die für eine Analogie erforderliche vergleichbare Interessenlage liegt nicht vor. Soweit die Analogiebefürworter, die eine Analogie nach dem „Gebot der Gleichbehandlung des Gleichartigen“ bejahen (so MünchKomm-Reuter, a.a.O., § 42 Rz. 17), darauf abstellen, dass diese zum Schutze der Gläubiger und zur Begründung eines effektiven und rechtlich durchsetzbaren Schadensersatzanspruchs erforderlich sei, zumal auch den Vereinsgläubigern ausschließlich das Vereinsvermögen verhaftet sei (Wischemeyer, DZWIR 2005, 230, 233), und argumentieren, die Interessenlage der Vertragspartner einer insolvenzreifen GmbH, AG oder e.G. und eines insolvenzreifen Vereins seien aneinander so ähnlich, dass eine haftungsrechtliche Gleichbehandlung der gesetzlichen Vertreter sachgerecht sei (Passarge, ZInsO 2005, 176, 178 f.), berücksichtigen sie nicht hinreichend, dass eine ähnliche Interessenlage allein nicht ausreicht, sondern, wie dargelegt, eine Interessenabwägung erforderlich ist (BGH ZIP 2006, 1004 = NJW 2006, 2997, Rz. 18).

Der Senat stimmt zwar insoweit mit den Befürwortern einer Analogie überein, dass die Interessenlage der Vertragspartner einer insolvenzreifen GmbH, AG oder e.G. und eines insolvenzreifen Vereins einander ähneln. Andererseits aber ist zu berücksichtigen, dass es zwischen Vereinen und Kapitalgesellschaften erhebliche Unterschiede gibt. So ist der ideelle Verein anders als eine Kapitalgesellschaft am Markt nicht unternehmerisch tätig, sondern übt im Rahmen seines ideellen Hauptzwecks einen Geschäftsbetrieb nur als Nebenzweck aus (Palandt/Heinrichs, BGB, 68. Aufl., § 21 Rz. 2 ff.). Im Vergleich zu den Kapitalgesellschaften ist daher auch der Gläubigerschutz weniger weitgehend, was sich daran zeigt, dass neben dem Vereinsregister keine zwingenden Publizitäts-, Bilanzierungs- oder Prüfpflichten bestehen (vgl. Koza, DZWIR 2008, 98, 99). Zu berücksichtigen ist ferner, dass die Vereinsvorstände in der Regel ehrenamtlich tätig sind.

Schließlich ist zu beachten, dass die Neuregelung des § 42 BGB erst vor knapp 10 Jahren in Kraft getreten ist. Da mit dieser Reform eine den § 64 Abs. 2 GmbHG (a.F.), § 92 Abs. 3, § 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG, § 34 Abs. 3 Nr. 4 GenG entsprechende Regelung nicht verbunden war, können Vereinsvorstände darauf vertrauen, dass für sie ein Zahlungsverbot nicht besteht. Eine analoge Anwendung der § 64 Abs. 2 GmbHG a.F., § 92 Abs. 3, § 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG, § 34 Abs. 3 Nr. 4 GenG auf Vereinsvorstände wäre mit dem Anspruch des Bürgers auf Rechtssicherheit mithin nicht vereinbar.

3. Der Kläger kann den geltend gemachten Anspruch auch nicht auf § 42 Abs. 2 BGB stützen. Denn der Kläger hat die Kausalität der verzögerten Insolvenzantragstellung für den geltend gemachten Schaden nicht dargelegt.

Verletzt der Vorstand schuldhaft seine Pflicht, rechtzeitig Insolvenzantrag zu stellen, so haftet er den Gläubigern des Vereins für den daraus resultierenden Schaden (Soergel/Hadding, BGB, 13. Aufl., § 42 Rz. 12). Die Geltendmachung des sog. Quotenschadens (verringerte Insolvenzmasse) fällt gem. § 92 Satz 1 InsO in die Zuständigkeit des Insolvenzverwalters (MünchKomm-Reuter, a.a.O., § 42 Rz. 16).

Der Kläger hat nicht dargelegt, dass die verzögerte Insolvenzantragstellung für eine Masseschmälerung in Höhe des eingeklagten Betrages von 12.760 € kausal war. Zwar ist dem Kläger darin zuzustimmen, dass die in § 42 Abs. 2 Satz 1 BGB normierte Insolvenzantragspflicht Dauercharakter aufweist. Da die Zahlungsunfähigkeit des Vereins und damit eine entsprechende Insolvenzantragspflicht jedoch jedenfalls am 17. Januar 2003 bestand, setzt die Kausalität der verspäteten Insolvenzantragstellung voraus, dass der Anspruch auf die Sponsorengelder zum Zeitpunkt der Pflicht zur Insolvenzantragstellung bereits fällig war. Anderenfalls wären die Sponsorengelder auch bei rechtzeitiger Insolvenzantragstellung nicht zur Masse gelangt. Dasselbe gilt, würde auf den vom Kläger genannten Zeitpunkt der Überschuldung Ende 2001 abgestellt werden. Der Senat folgt der Auffassung des Klägers nicht, es liefe dem Schutzzweck des § 42 Abs. 2 Satz 2 BGB zuwider, wenn sich ein Vorstand, der die Insolvenzantragspflicht verletzt hat, durch den Vortrag entlasten könnte, ein Insolvenzantrag hätte schon zu einem erheblich früheren Zeitpunkt gestellt werden müssen, so dass der streitgegenständliche Auszahlungsbetrag nicht mehr fällig geworden wäre. Durch § 42 Abs. 2 Satz 2 BGB soll der Schaden ausgeglichen werden, der dadurch entsteht, dass der Vereinsvorstand seiner Pflicht nicht nachkommt, den Insolvenzantrag zum frühest gebotenen Zeitpunkt zu stellen. Wenn bei einem Vergleich zwischen frühest gebotener und tatsächlicher (verzögerter) Antragstellung kein Schaden feststellbar ist, besteht auch kein Bedürfnis, diesen auszugleichen. Die Gläubiger eines Vereins haben keinen Anspruch darauf, dass der Vereinsvorstand den Insolvenzantrag teilweise verzögert (so dass noch Einnahmen getätigt werden), dann aber immerhin noch so zeitnah stellt, dass sich die (bei rechtzeitiger Antragstellung gar nicht vorhandenen) Einnahmen noch im Vermögen des Vereins befinden. Wenn man für die Kausalität des Schadens auf den für die Gläubiger „besten“ Zeitpunkt abstellen würde, würde man einen Schadensersatzanspruch konstruieren, der nicht bestehen würde, wenn sich der Vereinsvorstand vollständig korrekt verhalten hätte. Das ist nicht Schutzzweck des § 42 Abs. 2 Satz 2 BGB und wäre systemwidrig.

Eine Fälligkeit der Sponsorengelder im Januar/Februar 2003 hat der Kläger nicht dargelegt. Mit seinem Schriftsatz vom 8. Dezember 2008 geht der Kläger vielmehr davon aus, dass der der Zahlung zugrunde liegende Sponsoringvertrag mit der Ho. AG erst im März 2003 geschlossen wurde. Dass dieser Vertrag auch im Falle eines bereits gestellten Insolvenzantrags des Schuldners geschlossen worden wäre, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich. Zwar handelt es sich bei der streitgegenständlichen Zahlung per Scheck nicht um eine solche der Ho., sondern um eine Zahlung der M. GmbH als Vorauszahlung auf die der Ho. in Rechnung gestellten ersten Raten. Doch wie der Kläger selbst mit Schriftsatz vom 8. Dezember 2008 vorträgt, hätte die M. GmbH bei rechtzeitiger Insolvenzantragstellung diese Vorauszahlung wahrscheinlich nicht geleistet. An der Kausalität der verzögerten Insolvenzantragstellung für den geltend gemachten Schaden fehlt es mithin.

ZIP 2009, Seite 760

Mit der Forderung auf Erstattung des an die Fa. X. geleisteten Betrages i.H. v. 12.760 € genügt der Kläger im Übrigen auch nicht den Anforderungen der BGH-Rechtsprechung zur Darlegung des Quotenschadens (vgl. zur Berechnung des Quotenschadens bei der GmbH BGH ZIP 1998, 776 = NJW 1998, 2667).

III. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und zur Fortbildung des Rechts (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 ZPO) zuzulassen. Es ist zu erwarten, dass die Frage, ob die Vereinsvorstände analog § 64 GmbHG, § 93 Abs. 3 Nr. 6 i.V. m § 92 Abs. 3 AktG, § 99 Abs. 2 i.V.m. § 34 Abs. 3 Nr. 4 GenG auf Ersatz aller Zahlungen nach Insolvenzreife haften, ebenso wie die Frage, auf welchen Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung hinsichtlich der Kausalität zwischen Pflichtverletzung und eingetretenem Schaden bei dem Schadensersatzanspruch gem. § 42 Abs. 2 BGB abzustellen ist, in einer unbestimmten Zahl von Fällen auftreten wird. Höchst- oder obergerichtliche Rechtsprechung liegt zu diesen Fragen nicht vor.

Verlagsadresse

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG

Aachener Straße 222

50931 Köln

Postanschrift

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG

Postfach 27 01 25

50508 Köln

Kontakt

T (0221) 400 88-99

F (0221) 400 88-77

info@rws-verlag.de

© 2024 RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG

Erweiterte Suche

Seminare

Rubriken

Veranstaltungsarten

Zeitraum

Bücher

Rechtsgebiete

Reihen



Zeitschriften

Aktuell