OLG Jena: Zur Darlegungs- und Beweislast bei Behauptung einer längere Zeit (hier: 17 Jahre) zurückliegenden Leistung der Stammeinlage

18.09.2009

GmbHG § 16 Abs. 3, § 19 Abs. 1, 6; BGB § 195

Zur Darlegungs- und Beweislast bei Behauptung einer längere Zeit (hier: 17 Jahre) zurückliegenden Leistung der Stammeinlage

OLG Jena, Urt. v. 14. 8. 2009 – 6 U 833/08

Leitsätze der Redaktion:

1. Grundsätzlich tragen die Gesellschafter die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Stammeinlage erbracht worden ist. Das gilt im Grundsatz auch bei einem längeren Zeitabstand seit der behaupteten Einlageleistung (hier: 17 Jahre) und späterem Erwerb des Geschäftsanteils durch den beklagten Gesellschafter.

2. Die Vorlage von Jahresabschlüssen und Bilanzen, die die Stammeinlagen als vollständig erbracht ausweisen, genügt für eine substanziierte Darlegung nicht, wenn sie nicht erkennen lassen, ob und in welcher Art und Weise sich die mit der Erstellung befassten Wirtschaftsprüfer bzw. Steuerberater von der tatsächlichen Erbringung der Stammeinlagen überzeugt haben.

Gründe:

I. Der Kläger ist Insolvenzverwalter in dem durch Beschluss des AG Erfurt vom 8.8.2006 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der A. GmbH i.L. (nachfolgend: Insolvenzschuldnerin), die durch notariellen Vertrag des Notars P. vom 26.11.1990 gegründet wurde. In dieser Eigenschaft nimmt der Kläger die Beklagten zu 1) bis 5), allesamt Gesellschafter bzw. vormalige Gesellschafter der Insolvenzschuldnerin, auf Zahlung der nach seiner Behauptung noch ausstehenden Stammeinlagen in Anspruch.

Gründungsgesellschafter der Insolvenzschuldnerin waren der Beklagte zu 1) mit einem Geschäftsanteil von 135.000 DM, die Beklagte zu 4) mit einem Anteil von 65.000 DM sowie der Beklagte zu 5) mit einem solchen von 50.000 DM. Nach § 3 des Gesellschaftsvertrages waren die Stammeinlagen sofort und in voller Höhe als Bareinlagen zu erbringen.

Die Gesellschaft ist in das Handelsregister eingetragen worden. In der Anmeldung zur Handelsregistereintragung vom 26.11.1990 versicherte der Beklagte zu 5) als Geschäftsführer der Gesellschaft, dass die Stammeinlagen in vollem Umfang eingezahlt seien und zur freien Verfügung des Geschäftsführers stünden.

Mit notariellem Vertrag vom 5.11.1996 hat die Beklagte zu 4) ihren Geschäftsanteil an den Beklagten zu 2) abgetreten, der Beklagte zu 5) seinen Anteil an den Beklagten zu 3). Der Beklagte zu 2) hat einen weiteren Teilgeschäftsanteil i.H. v. 12.500 DM durch notariellen Vertrag vom 10.6.1998 von dem Beklagten zu 1) erworben.

Das LG Erfurt hat der Klage mit Urteil vom 23.9.2008 in vollem Umfang stattgegeben. Die Beklagten haben gegen das Urteil Berufung eingelegt.

II. Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Kläger hat gegen die Beklagten – wie das LG im Ergebnis zu Recht angenommen hat – wegen deren Gründungsanteilen bzw. später erworbener Anteile aus § 16 Abs. 3, § 19 Abs. 1 GmbHG einen Anspruch auf Einzahlung der Stammeinlagen in Höhe der im Einzelnen ausgeurteilten Beträge, weil die Stammeinlageforderungen weder durch Erfüllung erloschen noch verjährt sind. Die hiergegen vorgebrachten Einwände der Berufungsführer greifen insgesamt nicht durch.

1. Die Beklagten haben bereits nicht hinreichend nachvollziehbar und widerspruchsfrei dargelegt, dass die von den Gründungsgesellschaftern übernommenen Stammeinlagen vollständig geleistet worden sind.

a) Nach ganz herrschender Meinung in Rechtsprechung und Literatur tragen im Rechtsstreit zwischen Gesellschaft bzw. Insolvenzverwalter und Gesellschaftern grundsätzlich die sich darauf berufenden Gesellschafter die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Einlage erbracht wurde (vgl. BGH, Beschl. v. 9.7.2007 – II ZR 222/06, ZIP 2007, 1755, dazu EWiR 2007, ZIP Heft 37/2009, Seite 1760687 (M. Wagner); BGH, Urt. v. 22.6.1992 – II ZR 30/91, ZIP 1992, 1303, dazu EWiR 1992, 997 (Fleck); OLG Brandenburg, Urt. v. 5.4.2006 – 4 U 156/05, ZIP 2006, 1343, dazu EWiR 2006, 567 (Kleinschmidt/Hoos); OLG Frankfurt/M., Urt. v. 26.7.2000 – 23 U 118/99; Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, 17. Aufl., § 19 Rz. 8; Lutter/Hommelhoff/Bayer, GmbHG, 16. Aufl., § 19 Rz. 12; Ulmer/Habersack, GmbHG, 2005, § 19 Rz. 12). Das gilt im Grundsatz auch bei einem längeren Zeitabstand seit der behaupteten Einlageleistung und späterem Erwerb des Geschäftsanteils durch den nunmehrigen Gesellschafter, wie hier die Beklagten zu 3) und 4).

Der Vortrag der Beklagten zu den Einzahlungsvorgängen ist in wesentlichen Punkten widersprüchlich und genügt deshalb den Anforderungen an einen substanziierten Sachvortrag nicht.

Die Beklagten haben in der Berufungsinstanz erstmals behauptet, der Beklagte zu 1) habe die von ihm übernommene Stammeinlage am 26.11.1990 unmittelbar im Anschluss an die Errichtung der Gesellschaft zur notariellen Urkunde des Notars P. durch Überweisung auf ein Konto der Gesellschaft geleistet, die Beklagten zu 4) und 5) hätten ihre Anteile wenige Tage nach dem Notartermin in bar erbracht. Das Geld sei von dem Beklagten zu 5) in die Kasse der Gesellschaft eingelegt worden.

Diese Darstellung der Einzahlungsvorgänge steht nicht nur in einem unauflösbaren Widerspruch zu dem erstinstanzlichen Vortrag der Beklagten, die Stammeinlagen seien vollständig bereits vor (Hervorhebung des Gerichts) dem Notartermin am 26.11.1990 geleistet worden; dem beurkundenden Notar seien die entsprechenden Einzahlungsbelege am Gründungstag vorgelegt worden. Der neue Sachvortrag lässt sich zudem nicht mit der von den Beklagten zum Nachweis der vollständigen Einzahlung der Stammeinlage vorgelegten notariellen Erklärung des Beklagten zu 5) gegenüber dem Handelsregister vom 26.11.1990 – die nach den Bekundungen des beurkundenden Notars unmittelbar nach der Urkunde über die Gründung der Gesellschaft errichtet wurde – in Einklang bringen, wonach die Stammeinlagen bereits zu diesem Zeitpunkt von den Gründungsgesellschaftern vollständig erbracht waren und zur freien Verfügung des Geschäftsführers standen.

Dieser Widerspruch wiegt nach Ansicht des Senats umso schwerer, als die Beklagten von ihrer Behauptung, die Einzahlungen seien vollständig vor dem Notartermin am 26.11.1990 geleistet worden, erst abgewichen sind, nachdem der Zeuge P. nicht bestätigen konnte, dass ihm am 26.11.1990 Belege über die Einzahlung der Stammeinlagen vorgelegt worden sind, und der Senat die Beklagten in der mündlichen Verhandlung über die Berufung darauf hingewiesen hat, dass die vor Gründung der Gesellschaft geleistete Einzahlung nur dann zur Erfüllung der satzungsgemäß vereinbarten Bareinlage führt, wenn die Zahlung im Zeitpunkt der Gründung der Gesellschaft unverbraucht oder wenigstens wertmäßig noch im Vermögen der Gesellschaft vorhanden ist, wofür die Beklagten als Gesellschafter und Schuldner der Einlageforderung die Darlegungs- und Beweislast tragen.

b) Die von den Beklagten vorgelegten Urkunden, Jahresabschlüsse und Bilanzen sind nicht geeignet, einen Rückschluss auf die streitige Einzahlung der Stammeinlagen zuzulassen, und können deshalb eine substanziierte Darstellung der Einzahlungsvorgänge durch die Beklagten nicht ersetzen.

Das ergibt sich, bezogen auf die notarielle Erklärung des Beklagten zu 5) und Geschäftsführers der neu gegründeten Gesellschaft bereits aus dem offensichtlichen Widerspruch zwischen der Erklärung selbst und der Sachverhaltsdarstellung der Beklagten in der Berufungsinstanz. Die von den Beklagten vorgelegten Jahresabschlüsse und Bilanzen weisen zwar die Stammeinlagen als vollständig erbracht aus, lassen indes nicht erkennen, ob und in welcher Art und Weise sich die mit der Erstellung befassten Wirtschaftsprüfer bzw. Steuerberater von der tatsächlichen Erbringung der Stammeinlagen überzeugt haben. Auch den Erklärungen der Gesellschafter im Rahmen der Geschäftsanteilsabtretungen kommt vor dem Hintergrund des widersprüchlichen Vorbringens der Beklagten zur Einzahlung der Stammeinlage, insbesondere zum Zeitpunkt der Leistung, keine ausreichende Indizwirkung zu, da die Erklärungen keine eigenständige Bewertung des Senates dahin zulassen, ob die von den Gesellschaftern versicherten Zahlungsvorgänge tatsächlich zur Erfüllung der Einlageforderungen geführt haben.

c) Der Senat sieht sich auch nicht veranlasst, zu Gunsten der Beklagten die Regeln über die sekundäre Behauptungslast heranzuziehen und so einen geringeren Maßstab an die den Beklagten nach allgemeinen Grundsätzen obliegende Darlegungslast für die Erfüllung der Stammeinlage anzulegen.

Angesichts des Umstandes, dass die Beklagten zu 1), 4) und 5) als Gründungsgesellschafter an den Geschehnissen des Jahres 1990 unmittelbar beteiligt waren, wird den Beklagten dadurch, dass von ihnen eine nachvollziehbare und widerspruchsfreie Darstellung der in Rede stehenden Zahlungsvorgänge gefordert wird, nichts Unmögliches abverlangt. Die behaupteten Einzahlungen der Stammeinlagen lagen im Zeitpunkt der Einforderung durch den Kläger zwar nahezu 17 Jahre zurück. Bei den Zahlungsvorgängen handelt es sich aber keineswegs um alltägliche Begebenheiten, die üblicherweise nach gewisser Zeit nicht mehr oder nur noch ganz unvollständig erinnert werden, sondern um außergewöhnliche Vorkommnisse, die von unmittelbar Betroffenen mit besonderem Interesse wahrgenommen werden und deshalb im Gedächtnis haften bleiben, so dass selbst nach längerer Zeit eine konkrete Erinnerung an die Geschehnisse erwartet werden kann. Dies zumal die Gesellschaftsgründung mit dem Ausfall eines Mitgesellschafters und der dadurch bedingten Notwendigkeit, die Stammeinlagen der Beklagten zu 1) und 4) kurzfristig zu erhöhen, zusätzliche Besonderheiten aufweist und die Stammeinlagen der Beklagten zu 4) und 5) – auch dies angesichts der in Frage stehenden Beträge von 65.000 DM bzw. 50.000 DM durchaus ungewöhnlich – durch Barzahlung geleistet worden sein sollen.

Nach allem ist das Vorbringen der Beklagten zur Einzahlung der Stammeinlagen unsubstanziiert; die Einlageforderungen sind im Umfang der von dem LG ausgeurteilten Beträge nach wie vor als offenstehend anzusehen.

ZIP Heft 37/2009, Seite 1761

2. Hilfsweise weist der Senat darauf hin, dass selbst dann, wenn man zu Gunsten der Beklagten davon ausgehen wollte, diese hätten die Zahlung der Stammeinlagen durch die Beklagten zu 1), 4) und 5) schlüssig dargelegt, der Berufung der Erfolg versagt bliebe, weil der Kläger die Erbringung der Stammeinlage substanziiert bestritten hat (a), die Beklagten den ihnen obliegenden Nachweis der Erfüllung erstinstanzlich nicht geführt haben (b) und die von den Beklagten zum Beweis der Einzahlungsmodalitäten beantragte Parteivernehmung abzulehnen ist (c).

a) Das Bestreiten der Einzahlung der Stammeinlagen durch den Kläger ist beachtlich. Der Kläger hat zu Recht darauf hingewiesen, dass nach dem Vorbringen der Beklagten berechtigte Zweifel an der behaupteten Einzahlung der Stammeinlage bestehen. Diese Zweifel gründen sich entgegen der Berufung nicht ausschließlich darauf, dass in den Unterlagen der Schuldnerin keine die Einzahlung bestätigenden Zahlungsbelege aufgefunden wurden, was mit Blick auf die bereits abgelaufene Aufbewahrungspflicht für derartige Geschäftsunterlagen (vgl. § 257 Abs. 4 HGB) möglicherweise nicht ausreichend wäre (vgl. OLG Brandenburg, Urt. v. 12.9.2006 – 6 U 29/06; KG NZG 2005, 46).

Anhaltspunkte für die fehlende Erfüllung der Stammeinlageforderung ergeben sich vorliegend aus dem widersprüchlichen Vorbringen der Beklagten zum Einzahlungsvorgang sowie der Tatsache, dass die Beklagten den Geschäftsbetrieb nach dem von ihnen vorgelegten Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 1990 bereits geraume Zeit vor Gründung der Gesellschaft aufgenommen haben, weshalb der Kläger zu Recht in Zweifel gezogen hat, ob die Gründungsgesellschafter Zahlungen im Umfang der von ihnen übernommenen Stammeinlagen geleistet haben und ob diese bejahendenfalls zur Erfüllung der Einlageforderungen geführt haben.

b) Der Nachweis der Einzahlung der Stammeinlage ist durch die von den Beklagten vorgelegten Unterlagen nicht geführt.

Dies gilt zunächst für die notarielle Erklärung des Beklagten zu 5), der am 26.11.1990 gegenüber dem Registergericht versichert hat, die von den Gründungsgesellschaftern übernommenen Stammeinlagen seien vollständig erbracht. Diese Versicherung beweist lediglich, dass der Beklagte zu 5) eine entsprechende Erklärung abgegeben hat, nicht jedoch die Einzahlung als solches. Es ergeben sich im Gegenteil aufgrund der im Widerspruch zu der Erklärung stehenden zeitlichen Einordnung der Zahlungsvorgänge durch den Vortrag der Beklagten in der Berufungsinstanz Zweifel an der Richtigkeit der Versicherung. Derartige Zweifel sind aber auch deshalb berechtigt, weil der Beklagte zu 5) die Erklärung nach den Bekundungen des Zeugen P. unmittelbar im Anschluss an die notarielle Beurkundung des Gesellschaftsvertrages abgegeben hat. Da die Geschäftsanteile der Gesellschafter erst in dem notariellen Termin festgelegt wurden und die Beklagten zu 1), 4) und 5) nach den Bekundungen des Notars bis zu dem Notartermin davon ausgingen, dass ein weiterer Gesellschafter sich an der neu zu gründenden Gesellschaft beteiligen würde und sie deshalb geringere Stammeinlagen übernehmen müssten als letztlich vereinbart, ist die Richtigkeit der von dem Beklagten zu 5) gegenüber dem Registergericht abgegebenen Versicherung, die Stammeinlagen seien am 26.11.1990 vollständig eingezahlt gewesen, auszuschließen.

Wegen der dargestellten Widersprüche rechtfertigen auch die nachfolgenden Erklärungen der Gesellschafter im Rahmen der Geschäftsanteilsabtretungsverträge vom 5.11.1996 bzw. 10.6.1998 über die Einzahlung der Stammeinlagen ungeachtet dessen, dass die Unrichtigkeit der Angaben nicht als Regel unterstellt werden kann (so ausdrücklich BGH ZIP 2007, 1755), keinen sicheren Rückschluss darauf, dass die Zahlungen tatsächlich geleistet und – ungeachtet des widersprüchlich dargestellten Zahlungszeitpunktes – zur Erfüllung der Einlageforderungen geführt haben. Den Urkunden kommt kein ausreichender Beweiswert für die inhaltliche Richtigkeit der in ihnen enthaltenen Versicherungen zu.

Der von den Beklagten zu führende Beweis ist auch nicht dadurch erbracht, dass die Zahlungen in den nach Begründung der Einlagepflichten erstellten Bilanzen und Jahresabschlüssen verzeichnet sind (vgl. BGH ZIP 2005, 28 = DStR 2004, 2112 (m. Anm. Goette), dazu EWiR 2005, 21 (Henkel)). Wie bereits dargelegt, lassen diese Unterlagen gerade nicht erkennen, ob die mit ihrer Erstellung befassten Steuerberater und Wirtschaftsprüfer die Erfüllung der Einlagepflicht geprüft haben und welche Unterlagen sie ggf. für ausreichend erachtet haben. Die Erklärungen erlauben dem Senat keine eigenständige Bewertung der Zahlungsvorgänge und scheiden deshalb als Nachweis der Erfüllung der Einlageforderung aus (so auch OLG Brandenburg ZIP 2006, 1343).

Auch die von dem LG Erfurt vorgenommene Bewertung des Ergebnisses der Beweisaufnahme hält der Überprüfung durch den Senat stand. Die Annahme des LG, die Zeugen B., P. und T. hätten zum Nachteil der beweispflichtigen Beklagten den Nachweis der Einzahlung der Stammeinlage nicht erbracht, ist nach Ansicht des Senates nicht zu beanstanden. (Wird ausgeführt.)

c) Der in der Berufungsinstanz zum Nachweis der vollständigen Einzahlung der Stammeinlage von den Beklagten beantragten Parteivernehmung musste der Senat nicht nachgehen. Die Voraussetzungen für eine Vernehmung der beweisbelasteten Beklagten zu 1), 4) und 5) als Partei liegen nicht vor (§ 448 ZPO).

Dazu wäre es erforderlich, dass die Gesamtwürdigung des Parteivorbringens und die bisherige Beweisaufnahme eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der streitigen Behauptung – hier die Erfüllung der Stammeinlagen am bzw. unmittelbar nach dem 16.11.1990 durch die Gründungsgesellschafter – erbringen, d.h. es muss mehr für als gegen die streitige Behauptung sprechen (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., 2007, § 448 Rz. 4). Einen derartigen Anfangs- oder Anbeweis sieht der Senat aufgrund der offenkundig widersprüchlichen Darstellung der Einzahlungsmodalitäten sowie der erheblichen Zweifel an der Richtigkeit der Versicherung des Beklagten zu 5) gegenüber dem Registergericht (vgl. oben 2 b) für nicht erbracht.

4. Wie schon das LG zutreffend festgestellt hat, waren die Stammeinlageforderungen im Zeitpunkt der Klageerhebung (31. 10./1.11.2007) nicht verjährt.

ZIP Heft 37/2009, Seite 1762

Die mit Abschluss des Gesellschaftsvertrages am 26.11.1990 entstandenen und zugleich fällig gewordenen Einlageansprüche der neu gegründeten Gesellschaft gegen die Beklagten unterlagen zunächst der regelmäßigen 30-jährigen Verjährung des § 195 BGB a.F. (vgl. BGH, Urt. v. 11.2.2008 – II ZR 171/06, ZIP 2008, 643, dazu EWiR 2008, 247 (Hauptmann); BGH NZG 2000, 1226, 1228; vgl. auch Scholz, GmbHG, 10. Aufl., § 19 Rz. 13 m.w.N.) und waren am 1.2.2002, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes, ersichtlich nicht verjährt. Mit dem Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes galt nach der Neufassung des § 195 BGB für die mit der Klage geltend gemachten Einlageansprüche vorübergehend die auf drei Jahre verkürzte Regelverjährungsfrist (vgl. BGH ZIP 2008, 643; OLG Jena ZIP 2006, 1862, 1864; OLG Düsseldorf GmbHR 2006, 654, 655, dazu EWiR 2006, 343 (Undritz/Nissen)), die nach der Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB erst vom 1.1.2002 an zu berechnen war und deshalb am 15.12.2004, mit Einführung der 10-jährigen Verjährungsfrist des § 19 Abs. 6 GmbHG, noch nicht abgelaufen war (vgl. BGH ZIP 2008, 643).

Auch die Anrechnungsbestimmung des Art. 229 § 12 Abs. 2 Satz 2 EGBGB hat nicht zur Verjährung der Klageforderung geführt, wenngleich nach dem Wortlaut der Vorschrift in die ab dem 15.12.2004 beginnende 10-jährige Verjährungsfrist der davor abgelaufene Zeitraum – das sind aber vorliegend bereits mehr als 10 Jahre – einzurechnen ist. Art. 229 § 12 Abs. 2 Satz 2 EGBGB ist gesetzeskonform dahin auszulegen, dass in die ab 15.12.2004 laufende neue 10-jährige Frist lediglich die seit Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes, d.h. ab 1.1.2002 verstrichenen Zeiträume der zuvor geltenden dreijährigen Regelfrist des § 195 BGB n.F. einzurechnen sind. Jede andere Auslegung würde im Einzelfall zu einer mit Art. 14 GG unvereinbaren Rückwirkung der Verjährung führen; den betroffenen Gläubigern wäre die Möglichkeit genommen, ihre Ansprüche durchzusetzen (ausführlich BGH ZIP 2008, 643).

<einsender></einsender>Mitgeteilt von RA Stephan Mitlehner, Berlin</einsender><//einsender>

Verlagsadresse

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG

Aachener Straße 222

50931 Köln

Postanschrift

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG

Postfach 27 01 25

50508 Köln

Kontakt

T (0221) 400 88-99

F (0221) 400 88-77

info@rws-verlag.de

© 2024 RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG

Erweiterte Suche

Seminare

Rubriken

Veranstaltungsarten

Zeitraum

Bücher

Rechtsgebiete

Reihen



Zeitschriften

Aktuell