OLG Koblenz: Keine Korrektur der Kostengrundentscheidung gegen den beklagten Insolvenzverwalter im Kostenfestsetzungsverfahren

06.05.2009

ZPO §§ 104, 240; InsO §§ 55, 86, 180

Keine Korrektur der Kostengrundentscheidung gegen den beklagten Insolvenzverwalter im Kostenfestsetzungsverfahren

OLG Koblenz, Beschl. v. 12. 6. 2008 – 14 W 371/08

Leitsatz der Redaktion:

Hat das Gericht dem beklagten Insolvenzverwalter in einem wegen Insolvenzeröffnung unterbrochenen und dann wieder aufgenommenen Rechtsstreit die gesamten Kosten auferlegt, kann im Kostenfestsetzungsverfahren eine Korrektur der Kostengrundentscheidung im Sinne einer Aufteilung der Kosten auf vor und nach Insolvenzeröffnung entstandene Ansprüche nicht mehr erfolgen.

Gründe:

I. Die Klägerin nahm die ursprüngliche Beklagte auf Zahlung von 58.000 € nebst Zinsen in Anspruch. Über deren Vermögen wurde sodann das Insolvenzverfahren eröffnet. Das unterbrochene Verfahren hat die Klägerin aufgenommen und gegen den nunmehr beklagten Insolvenzverwalter obsiegt. Das Landgericht hat ihm die gesamten Kosten des Rechtsstreits auferlegt.

Der im vorliegenden Verfahren angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss verhält sich unter anderem über 1.668 € Gerichtskosten, die von der Klägerin bei Prozessbeginn gezahlt wurden (§ 12 Abs. 1 Satz 1 GKG). Der beklagte Insolvenzverwalter trägt mit seiner sofortigen Beschwerde vor, Gerichtskosten hätten nicht festgesetzt werden dürfen, weil die Klägerin diese Kosten vor der Insolvenzeröffnung an die Landesjustizkasse geleistet habe. Daher handele es sich lediglich um eine Insolvenzforderung.

II. Dem kann nicht gefolgt werden. Der Rechtspfleger hat zu Recht die gesamten Kosten der Klägerin gegen den beklagten Insolvenzverwalter festgesetzt und nicht differenziert, ob die Kosten vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach Aufnahme des Rechtsstreits entstanden sind.

Die Klägerin hat das Verfahren nach § 180 Abs. 2, § 86 InsO gegen den Beklagten als Insolvenzverwalter aufgenommen. In einem derartigen Fall ist eine Kostenentscheidung gegen den unterlegenen Insolvenzverwalter durch § 86 Abs. 2 InsO nicht ausgeschlossen. Richtig ist allerdings, dass die gegen den Insolvenzverwalter gerichtete Kostenerstattungsforderung unterschiedlich qualifiziert wird:

1. Nach einer Ansicht ist der Anspruch als einheitlicher zu behandeln; er umfasse sowohl vor als auch nach der Insolvenzeröffnung entstandene Ansprüche (vgl. MünchKomm-Hefermehl, InsO, 2. Aufl., § 55 Rz. 47 m. zahlr.w.N. unter Fußn. 93).

2. Nach anderer Auffassung soll eine Aufteilung der Kosten nach Zeitabschnitten erfolgen, weil nur die auf die Zeit nach der Verfahrensaufnahme entfallenden Kosten Masseverbindlichkeiten i.S.d. § 55 InsO seien (vgl. MünchKomm-Schumacher, InsO, 2. Aufl., § 85 Rz. 20 und eingehend Uhlenbruck, ZIP 2001, 1988).

Welcher Meinung zu folgen ist, kann nach Ansicht des Senats dahinstehen. Die von der zweiten Auffassung geforderte Aufteilung der Kosten nach Zeitabschnitten ist der Sache nach eine besondere Form der Quotelung im Rahmen der einheitlichen Kostengrundentscheidung, mit der das Gericht dem Rechtspfleger verbindlich vorgibt, wem die Kosten zur Last fallen. Hiernach hat der Rechtspfleger bei der Kostenfestsetzung nur noch den Betrag der zu erstattenden Kosten anhand der nach dem vollstreckbaren Titel feststehenden Quote zu ermitteln und festzusetzen (in diesem Sinne etwa OLG Hamm ZIP 1994, 1547, dazu EWiR 1994, 1115 (Pape)).

An einer Quotelung in der Kostengrundentscheidung fehlt es hier. Das Landgericht hat die gesamten Kosten des Rechtsstreits ohne jede Differenzierung dem beklagten Insolvenzverwalter auferlegt. Das kann im Kostenfestsetzungsverfahren nicht korrigiert werden, weil es der Sache nach eine Korrektur der bestandskräftigen Kostengrundentscheidung wäre. Dabei wird nicht verkannt, dass in der Literatur die Ansicht vertreten wird, eine Kostengrundentscheidung, die dem Insolvenzverwalter die Kosten auferlegt, könne „differenzierend ausgelegt“ werden (vgl. Uhlenbruck, ZIP 2001, 1988 m.w.N.).

Diese Auffassung teilt der Senat nicht. Der Rechtspfleger hat die Kostenentscheidung nicht auszulegen oder zu interpretieren, sondern zu vollziehen, indem er betragsmäßig umsetzt, was der Richter in der bindenden Kostengrundentscheidung festgelegt hat. In Anbetracht der eindeutigen Fassung der gerichtlichen Kostengrundentscheidung fehlt es bereits an der wichtigsten Voraussetzung für eine Auslegung, nämlich einer Interpretationsbedürftigkeit oder gar Lücke der Kostengrundentscheidung. Die verlautbarte Entscheidung wird meist darauf beruhen, dass das Gericht bewusst in Kenntnis des Problems die gesamten Kosten als Masseverbindlichkeit angesehen hat und dem Insolvenzverwalter auferlegen wollte. Gegebenenfalls würde die gegenläufige Auslegung durch den Rechtspfleger die zuvor getroffene richterliche Entscheidung in ihr Gegenteil verkehren. Im Kostenfestsetzungsverfahren ist der Rechtspfleger an die richterliche Kostengrundentscheidung gebunden. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist im Kostenfestsetzungsverfahren auch nicht zu prüfen, ob die Kostenentscheidung des zugrunde liegenden Titels richtig ist. Dies gilt auch in der Frage der Behandlung der gegen den Insolvenzverwalter gerichteten Kostenerstattungsforderung nach Aufnahme des wegen Insolvenzeröffnung unterbrochenen Prozesses. Seinen im Ausgangspunkt durchaus nachvollziehbaren Bedenken hätte der beklagte Insolvenzverwalter dadurch Rechnung tragen können, dass er in der Hauptsache unter Hinweis auf das Problem einen Hilfsantrag auf Kostenquotierung gestellt hätte. Denn die gerichtliche Pflicht, über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden (§ 308 Abs. 2 ZPO), hindert die Parteien nicht, auch insoweit Anträge zu stellen oder Anregungen zu geben.

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