OLG Köln: Keine Rückwirkung des MoMiG auf vor dem 1.11.2008 erfolgte Rückzahlungen auf kapitalersetzende Gesellschafterdarlehen bei eröffnetem Insolvenzverfahren

18.02.2009

GmbHG §§ 30, 31

Keine Rückwirkung des MoMiG auf vor dem 1.11.2008 erfolgte Rückzahlungen auf kapitalersetzende Gesellschafterdarlehen bei eröffnetem Insolvenzverfahren

OLG Köln, Urt. v. 11. 12. 2008 – 18 U 138/07

Leitsätze des Gerichts:

1. § 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG in der ab 1.11.2008 geltenden Fassung gilt für vor dem 1.11.2008 erfolgte Rückzahlungen auf ein eigenkapitalersetzendes Gesellschafterdarlehen jedenfalls dann nicht, wenn vor dem 1.11.2008 über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Vielmehr finden auf diese Altfälle die sog. Rechtsprechungsregeln weiterhin Anwendung.

2. Auch ein im Gesellschaftsvertrag neben der Hafteinlage vereinbartes Darlehen eines Gesellschafters ist im Überschuldungsstatus zu passivieren, sofern nicht ein qualifizierter Rangrücktritt vorliegt.

Gründe:

I. Der Kläger macht in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter der U. GmbH & Co. KG (U. KG) gegen die Beklagte als Erbin nach ihrem am 1.1.2008 verstorbenen Ehemann einen Anspruch auf Erstattung eigenkapitalersetzender Darlehensrückzahlungen geltend.

Der Ehemann der Beklagten gehörte der U. KG seit ihrer Gründung durch Gesellschaftsvertrag vom 22.1.2001 als einer von zehn Kommanditisten an. Einzige persönlich haftende Gesellschafterin war die U. GmbH, als deren Geschäftsführer ebenfalls der Ehemann der Beklagten fungierte. § 3 des Gesellschaftsvertrages, der überschrieben ist mit „Gesellschafter, Kapitalanteile, Einlagen, Haftsummen“, enthält in Absatz 5 folgende Regelung: „Neben den jeweiligen Haftungssummen gewähren jeder der nachbenannten Gesellschafter der Gesellschaft ab dem 31.1.2001 ein zinsloses Darlehen i.H. v. je 500.000 DM, welches nur zusammen mit der Stellung als Kommanditist gekündigt werden kann.“

Die Kündigung durch den Gesellschafter ist nach § 13 des Gesellschaftsvertrages nur zum Ende eines Geschäftsjahres, frühestens jedoch zum 31.12.2010 zulässig.

Am 14.12.2001 schloss der Ehemann der Beklagten mit der Volksbank einen Darlehensvertrag über einen Kredit von 500.000 DM (255.645,94 €), wobei als Darlehensnehmer der Ehemann der Beklagten geführt wurde. Diese Darlehensvaluta wurde zum 21.12.2001 an die U. KG weitergeleitet. Die U. KG zahlte in den Jahren 2002 bis 2004 monatlich 3.399,07 €, insgesamt 122.367,24 €, auf ein Konto des Ehemanns der Beklagten bei der Volksbank zurück. Zusätzlich gingen auf einem weiteren Konto des Ehemanns der Beklagten Zahlungen i.H. v. je 5.000 € am 11.11.2002 und 12.12.2002 sowie 7.500 € am 25.9.2003 ein. Durch Beschluss des AG Aachen vom 14.12.2005 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der U. KG eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Kläger begehrt – gestützt auf §§ 30, 31 GmbHG analog – Erstattung von 139.867,22 €. Das LG hat der Klage stattgegeben. Hiergegen richtet sich die Berufung des Ehemanns der Beklagten, die von der Beklagten als Erbin weitergeführt wird.

II. Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger zur Insolvenzmasse die in den Jahren 2002 bis 2004 erfolgten Rückzahlungen der Gesellschaft auf das Darlehen bei der Volksbank i.H. v. insgesamt 122.367,20 € gem. § 31 GmbHG analog zu erstatten.

Nach den vom BGH entwickelten sog. Rechtsprechungsregeln sind Rückzahlungen aus einem eigenkapitalersetzenden Darlehen analog § 30 GmbHG an einen Gesellschafter unzulässig, wenn und soweit die Stammkapitalziffer durch das Gesellschaftsvermögen nicht gedeckt ist. Entgegen dieser Auszahlungssperre erfolgte Zahlungen sind gem. § 31 GmbHG analog an die Gesellschaft zurückzuzahlen (näher hierzu Goette/Kleindiek, Eigenkapitalersatzrecht in der Praxis, 5. Aufl., Rz. 10, 158 ff.).

1.1 Die Rechtsprechungsregeln gelten ungeachtet des durch das MoMiG mit Wirkung ab 1.11.2008 eingeführten § 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG weiterhin für solche Fälle, in denen die Darlehensrückzahlungen vor dem 1.11.2008 erfolgten und auch vor diesem Zeitpunkt das Insolvenzverfahren eröffnet wurde.

Nach § 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG n.F. ist die Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens nicht als Auszahlung des zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögens der Gesellschaft zu behandeln, so dass auch kein auf § 31 GmbHG gestützter Anspruch der Gesellschaft auf Rückzahlung besteht. Die Rückerstattung ergibt sich künftig allein aus den insolvenzrechtlichen Anfechtungsvorschriften. Damit sind die Rechtsprechungsregelungen durch das MoMiG abgeschafft (BT-Drucks. 16/6140, S. 42 = Beilage zu ZIP 23/2007, S. 16).

§ 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG n.F. gilt indes für vor dem 1.11.2008 erfolgte Rückzahlungen jedenfalls dann nicht, wenn auch das Insolvenzverfahren vor diesem Zeitpunkt eröffnet wurde. Vielmehr finden auf diese Altfälle die Rechtsprechungsregeln weiterhin Anwendung (Goette, Einführung in das neue GmbH-Recht, Einf. Rz. 84 f.; Altmeppen, NJW 2008, 3601; Wedemann, GmbHR 2008, 1131, 1134; a.A. Hirte, WM 2008, 1429, 1435, wonach auch bereits entstandene Ansprüche aus §§ 30, 31 GmbHG analog fortfallen).

ZIP 2009, Seite 316

Das MoMiG enthält keine ausdrückliche Übergangsregelung zu § 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG. Damit gilt der allgemeine Rechtsgedanke, dass ein Schuldverhältnis nach seinen Voraussetzungen, seinem Inhalt und seinen Wirkungen dem Recht untersteht, das zur Zeit seiner Entstehung galt, Art. 170, 229 § 5 EGBGB (hierzu allgemein Palandt/Heinrichs, BGB, 67. Aufl., Einl. v. § 241 Rz. 14; bezogen auf § 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG Wedemann, GmbHR 2008, 1131, 1134). Maßgeblich ist daher der Zeitpunkt der Rückzahlung, da ein eventueller Verstoß gegen §§ 30, 31 GmbHG sich danach richtet, ob zu diesem Zeitpunkt eine bilanzielle Überschuldung vorliegt.

Eine ausdrückliche Rückwirkung auch auf in der Vergangenheit liegende Auszahlungen bei schon eröffnetem Insolvenzverfahren hat der Gesetzgeber – anders als für die Änderung bei der verdeckten Sacheinlage nach § 19 GmbHG n.F., die nach § 3 Abs. 4 EGGmbHG grundsätzlich auch auf Einlageleistungen vor dem 1.11.2008 anzuwenden ist – nicht angeordnet. Die Vorschrift enthält auch nicht lediglich – wie § 30 Abs. 1 Satz 2 GmbHG n.F. – eine Klarstellung der bisherigen Rechtslage und entzieht damit auch nicht einer analogen Anwendung von §§ 30, 31 GmbHG für die Vergangenheit die Grundlage. Die Abschaffung der sog. Rechtsprechungsregeln geht vielmehr einher mit der Neuordnung des gesamten Rechts der Gesellschafterdarlehen, zu dem auch die in Jahrzehnten gewachsenen Rechtsprechungsregeln gehören, und seiner Verlagerung ins Insolvenzrecht (vgl. Goette, a.a.O., Einf. Rz. 84). Diesen Zusammenhang betont die Begründung zum Regierungsentwurf zum MoMiG (BT-Drucks. 16/6140, S. 42 = Beilage zu ZIP 23/2007, S. 16), wonach durch „den Verzicht auf die Rechtsprechungsregelungen zu eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen und den gleichzeitigen Ausbau der sog. Novellenregelungen (vgl. insbesondere Art. 9 Nr. 5, 6, 8 und 9) ... die Rechtslage erheblich einfacher und übersichtlicher gestaltet“ wird. Die insolvenzrechtlichen Vorschriften finden gem. Art. 103d EGInsO indes nur Anwendung auf Gesellschaften, über deren Vermögen das Insolvenzverfahren bei Inkrafttreten des MoMiG noch nicht eröffnet war.

Bis zum Inkrafttreten des MoMiG sind daher in der Krise gewährte Gesellschafterdarlehen wie Eigenkapital zu behandeln und unterliegen den Kapitalerhaltungsvorschriften der §§ 30, 31 GmbHG analog, jedenfalls soweit auch das Insolvenzverfahren bereits vor dem 1.11.2008 eröffnet war. Bei nicht eröffnetem Insolvenzverfahren dürfte dagegen einem auf §§ 30, 31 GmbHG a.F. gestützten Rückzahlungsverlangen entgegenstehen, dass mit Inkrafttreten des MoMiG der Rückzahlungsanspruch ungeachtet § 30 GmbHG uneingeschränkt durchsetzbar ist und der Gesellschafter den zurückgezahlten Betrag daher sofort wieder geltend machen könnte.

1.2 Bei den Zahlungen der U. KG auf das Darlehenskonto des Ehemannes der Beklagten bei der Volksbank handelt es sich um Rückzahlungen auf ein Gesellschafterdarlehen. Im Verhältnis zur Gesellschaft ist der Ehemann der Beklagten Darlehensgeber, nicht die Volksbank.

Der vom Kläger mit dem Kurzgutachten H. vorgelegte Darlehensvertrag vom 14.12.2001 weist nicht die Gesellschaft, sondern den Ehemann der Beklagten als Darlehensnehmer der Volksbank aus. Die Beklagte trägt keine anderweitigen Vereinbarungen mit der Volksbank vor, wonach Darlehensnehmer nicht ihr Ehemann, sondern die KG ist. Dieser ist vielmehr gegenüber der Volksbank zur Rückführung des Darlehens verpflichtet. Die U. KG hat die Zahlungen dementsprechend auf das Darlehenskonto des Ehemanns der Beklagten bei der Volksbank geleistet. Die Zahlungen stellen sich daher als Zahlungen an diesen dar und kommen ihm wirtschaftlich zugute. Im Innenverhältnis handelt es sich um ein Darlehen des Ehemanns der Beklagten an die Gesellschaft.

1.3 Das Darlehen hat eigenkapitalersetzenden Charakter, da es in der Krise gewährt wurde. Sowohl zum Zeitpunkt der Hingabe des Darlehens im Dezember 2001 als auch zum Zeitpunkt der einzelnen Rückzahlungen in den Jahren 2002 bis 2004 war die Gesellschaft i.S.d. § 19 InsO überschuldet. (Wird ausgeführt.)

1.4 Das LG hat im Überschuldungsstatus zu Recht auch die im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Darlehen der weiteren Kommanditisten als Verbindlichkeiten berücksichtigt.

Der Senat teilt die Auffassung des LG, wonach auch solche im Gesellschaftsvertrag neben der Kapitaleinlage vereinbarte Darlehen – die auch als „Finanzplankredite“, „gesplittete Einlage“ oder „Quasi-Kapital“ bezeichnet werden – im Überschuldungsstatus grundsätzlich zu passivieren sind, sofern der betreffende Gesellschafter nicht eine qualifizierte Rangrücktrittserklärung abgibt. Die Erwägungen, die für die Passivierung eigenkapitalersetzender Gesellschafterdarlehen bei fehlendem Rangrücktritt sprechen (grundlegend BGH, Urt. v. 8.1.2001 – II ZR 88/99, BGHZ 146, 264 = ZIP 2001, 235 (m. Anm. Altmeppen), dazu EWiR 2001, 329 (Priester)), gelten auch für die im Gesellschaftsvertrag der Insolvenzschuldnerin vereinbarten Darlehen der Kommanditisten.

Grundsätzlich sind zur Feststellung der Überschuldung i.S.v. § 19 InsO a.F. alle Forderungen, die in der Insolvenz geltend gemacht werden können, ohne Rücksicht auf ihre Fälligkeit (vgl. § 41 InsO) zu passivieren. Auch Ansprüche der Gesellschafter auf Rückzahlung eigenkapitalersetzender Darlehen sind zu passivieren, sofern nicht eine qualifizierte Rangrücktrittserklärung vorliegt (BGHZ 146, 264 = ZIP 2001, 235). Es handelt sich ungeachtet des sich aus § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO ergebenden Nachrangs und des Rückzahlungsverbots um Gläubigerforderungen. Das Rückzahlungsverbot führt nicht zum Untergang der Forderung, sondern lediglich zu einer Durchsetzungssperre in der Krise. Darüber hinaus dient die Passivierungspflicht auch der Rechtssicherheit für den Geschäftsführer, der bei Insolvenzreife den Insolvenzantrag stellen muss, umgekehrt aber den Antrag auch nicht zu früh stellen darf. Es ist daher Sache der Gesellschafter, klarzustellen, ob sie das Darlehen im Krisenfall geltend machen oder es wie Eigenkapital behandeln lassen wollen. Dagegen sind Mitgliedsrechte der Teilhaber einer Gesellschaft, insbesondere Einlagen- und Kapitalkonten, bei der Feststellung der Überschuldung nicht zu berücksichtigen, da sie in der Insolvenz der Gesellschaft keine Insolvenzforderungen begründen. Die Einlagen stellen vielmehr haftendes Kapital der Gesellschaft dar und dürfen von den Gesellschaftern nicht als Anspruch auf Auszahlung ihrer Liquidationsquote zur Tabelle angemeldet werden (Münch-ZIP 2009, Seite 317Komm-Ehricke, InsO, 2. Aufl., § 38 Rz. 54; Eickmann, in: HK-InsO, 5. Aufl., § 38 Rz. 15).

Nach diesen Erwägungen sind auch die im Gesellschaftsvertrag vereinbarten Darlehen der anderen Kommanditisten in den Überschuldungsstatus aufzunehmen. Die Passivierung kann weder deshalb unterbleiben, weil es sich nicht um Gläubigerforderungen handelt, noch steht die Regelung im Gesellschaftsvertrag über die Kündigung der Darlehen einem qualifizierten Rangrücktritt gleich.

Die Darlehen sind nicht schon deshalb bei der Feststellung der Überschuldung unberücksichtigt zu lassen, weil es sich nicht um Gläubigerforderungen handelt, sondern die Darlehen in der Insolvenz als haftendes Eigenkapital zu behandeln sind.

Ob ein im Gesellschaftsvertrag vereinbartes Darlehen in der Insolvenz wie Eigenkapital zu behandeln ist, richtet sich nach der Auslegung im Einzelfall unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Gesichtspunkte (BGH Urt. v. 21.3.1988 – II ZR 238/87, ZIP 1988, 638 = NJW 1988, 1841 zu einem Darlehen, welches der Kommanditist neben seiner Einlage zu erbringen hatte; Jaeger/Henckel, InsO, § 39 Rz. 77). Die Qualifizierung als echte gesellschaftsvertragliche Beitragspflicht reicht für die Gleichsetzung mit Eigenkapital nicht, hinzu kommen muss, dass die Darlehensmittel Teil des Eigenkapitals der Gesellschaft geworden sind, das als Grundstock der Haftungsmasse den außenstehenden Gläubigern in der Insolvenz zur Verfügung stehen muss. Indizien für die Eigenkapitalfunktion solcher Gesellschafterdarlehen können besonders günstige Kreditkonditionen für die Gesellschaft, Pflicht zur langfristigen Belassung des Darlehens oder Fehlen einseitiger Kündigungsmöglichkeiten, die eine Rückforderung nur als Abfindungs- oder Liquidationsguthaben ermöglichen, sowie die nach Einschätzung der Gesellschafter gegebene Unentbehrlichkeit der Mittel für die Verwirklichung der Ziele der Gesellschaft sein (BGH ZIP 1988, 638 = NJW 1988, 1841; Jaeger/Henckel, a.a.O., § 39 Rz. 77).

Der Gesichtspunkt der Rechtssicherheit, der maßgeblich für die Passivierungspflicht eigenkapitalersetzender Darlehen bei Fehlen eines qualifizierten Rangrücktritts ist, gilt gleichermaßen für die im Gesellschaftsvertrag vereinbarten Darlehen. Unabhängig davon, wie die Darlehen nach den oben genannten Kriterien in der Insolvenz zu behandeln sind, haben die Gesellschafter durch die Ausgestaltung als Darlehen eine Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Behandlung der Darlehen in der Krise geschaffen, die es rechtfertigt, diese ohne klarstellende Rangrücktrittserklärung in den Überschuldungsstatus aufzunehmen. Die Darlehen sind im Gesellschaftsvertrag nicht hinreichend deutlich der Einlage gleichgestellt, sondern vielmehr formal als Darlehensverbindlichkeiten ausgestaltet. Die Verpflichtung zur Gewährung des Darlehens trifft nicht alle Kommanditisten, die Darlehen haben auf die Stimmanteile, die sich lediglich nach den Kapitalanteilen richten, keinen Einfluss. Die Darlehen werden nicht auf dem Kapitalkonto, sondern dem Darlehenskonto geführt und sind dort mit 4 % zu verzinsen. Damit stellt der Gesellschaftsvertrag die Darlehen der Kommanditisten nicht ausdrücklich dem Eigenkapital gleich und lässt die Behandlung der Darlehen in der Insolvenz offen. Die Gesellschafter müssen daher in der Krise klarstellen, ob sie das Darlehen wie Eigenkapital behandelt wissen wollen oder mit ihrem Darlehensanspruch am Insolvenzverfahren – wenn auch ggf. als nachrangiger Gläubiger – teilnehmen wollen (diesen Gesichtspunkt betont Jaeger/Müller, a.a.O., § 19 Rz. 99). Ohne solch klarstellenden Rangrücktritt sind auch Ansprüche aus Finanzplankrediten zu passivieren (Jaeger/Müller, a.a.O., § 19 Rz. 106 für den Fall der stillen Einlage).

Auch die Regelung im Gesellschaftsvertrag, wonach eine Kündigung und damit Rückzahlung der Darlehen nicht ohne Kündigung der Kommanditbeteiligung und nicht vor dem 31.12.2010 möglich ist, rechtfertigt es nicht, die Darlehen bei der Feststellung der Überschuldung außer Betracht zu lassen. Denn nach § 41 InsO sind alle Gläubigerforderungen in der Insolvenz als fällig anzusehen. Daher stehen die Kündigungsbeschränkungen im Gesellschaftsvertrag einem qualifizierten Rangrücktritt nicht gleich. Zudem können die Darlehen auch nach der Regelung im Gesellschaftsvertrag kurzfristig fällig werden, nämlich bei Ausschluss eines Gesellschafters oder Einziehung seines Kommanditanteils nach § 11 des Gesellschaftsvertrages. Nach § 14 Abs. 3 bleibt das Darlehenskonto bei Berechnung der Abfindung außer Betracht, ist dafür aber nach dem Ausscheiden eines Gesellschafters unverzüglich auszugleichen.

1.5 Entgegen der Ansicht der Beklagten bedarf es nicht weiterer Feststellungen dazu, dass die Überschuldung auch zu den jeweiligen Zahlungszeitpunkten vorlag. Das Rückzahlungsverbot analog § 31 GmbHG endet erst nach der dauerhaften Überwindung der Krise. Da die Handelsbilanz bis zur Insolvenzeröffnung durchgängig eine Überschuldung aufwies, wäre es Sache des Beklagten gewesen, darzulegen, dass die Krise zwischenzeitlich dauerhaft überwunden war.

Schließlich ergibt der vom Kläger vorgelegte Überschuldungsstatus durchgängig eine Unterbilanz in einer die Klageforderung übersteigenden Höhe, wie das LG rechtsfehlerfrei festgestellt hat. Die Handelsbilanzen der Gesellschaft zeigen, dass die zum 31.12.2001 i.H. v. 261.502,69 € bestehende Überschuldung sich in den Folgejahren vertieft hat.

1.6 Die Rechtsprechungsregeln gelten auch für Darlehen des Kommanditisten einer GmbH & Co. KG, wenn dadurch mittelbar das Vermögen der Komplementär-GmbH unter den Nennwert des Stammkapitals absinkt (BGH, Urt. v. 29.3.1973 – II ZR 25/70, BGHZ 60, 324; BGH, Urt. v. 27.9.1976 – II ZR 162/75, BGHZ 67, 171; BGH, Urt. v. 19.2.1990 – II ZR 268/88, BGHZ 110, 342 = ZIP 1990, 578, dazu EWiR 1990, 479 (Bergmann); zum Ganzen Goette/Kleindiek, a.a.O., Rz. 185 ff.). Voraussetzung hierfür ist, dass entweder die GmbH neben ihrer Beteiligung an der KG über kein eigenes Vermögen verfügt oder der von ihr mit Rücksicht auf die Haftungsübernahme für die KG zu aktivierende Freistellungsanspruch durch die Zahlungen an den Gesellschafter derart entwertet wird, dass sich dies unmittelbar auf die Stammkapitalziffer auswirkt. Diese Voraussetzungen liegen vor, da die GmbH nicht über eigenes, die Überschuldung der KG übersteigendes freies Vermögen verfügt. Auf die zutreffenden Ausführungen des LG hierzu wird Bezug genommen.

2. Die Beklagte ist nach den oben genannten Grundsätzen gem. § 31 GmbHG auch zur Erstattung der weiteren Zahlungen i.H. v. insgesamt 17.500 € verpflichtet. Auch diese Zahlungen sind in der Krise der Gesellschaft und während einer Unterbilanz erfolgt. Einen Rechtsgrund für die Zahlungen hat die Beklagte im Übrigen nicht hinreichend dargelegt. Die entsprechenden Kontoauszüge tragen den Verwendungszweck „Darlehensrückzahlung“ und den handschriftlichen Zusatz „als Privatentnahme gebucht“. In der Klageerwiderung hatte der Ehemann der Beklagten lediglich darauf verwiesen, dass Empfänger und Rechtsgrund der Zahlungen unklar seien. Auf den Hinweis des Senats, dass der Vortrag nicht ausreicht, hat die Beklagte vorgetragen, es handle sich um Darlehensrückzahlungen, die nicht in der Krise erfolgt seien, und im Übrigen auf die Klageerwiderung verwiesen. Damit hat die Beklagte einen Rechtsgrund für die Entnahmen nicht schlüssig vorgetragen. Selbst wenn es sich um Darlehensrückzahlungen handeln würde, wären diese nach § 31 GmbHG analog zu erstatten. Rechtlich unerheblich ist, ob die Zahlungen auf ein Konto des Erblassers oder ein gemeinsames Konto des Erblassers und der Beklagten geleistet wurden.

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