OLG München: Eintragung eines Unternehmensvertrags unter Beteiligung einer Gemeinde nur nach etwaig erforderlicher Genehmigung der Kommunalaufsicht

11.08.2009

GmbHG § 54; AktG § 294; BayGO Art. 72

Eintragung eines Unternehmensvertrags unter Beteiligung einer Gemeinde nur nach etwaig erforderlicher Genehmigung der Kommunalaufsicht

OLG München, Beschl. v. 14. 7. 2009 – 31 Wx 16/09

Leitsatz des Gerichts:

Das Registergericht kann die Eintragung eines unter Beteiligung einer Gemeinde abgeschlossenen Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrages im Handelsregister ablehnen, wenn eine nach Mitteilung der zuständigen Kommunalaufsichtsbehörde erforderliche Genehmigung nicht erteilt ist.

Gründe:

I. Gegenstand des Verfahrens ist die Eintragung eines Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrages vom 20.11.2007, den die beteiligte GmbH als Organgesellschaft mit den Gemeindewerken O. als Organträger geschlossen hat. Letztere sind ein Eigenbetrieb der Gemeinde O., die auch alleinige Gesellschafterin der Organgesellschaft ist.

Unter „II. Ergebnisabführung, § 4 Gewinnabführung und Verlustausgleich“ verpflichtet sich der Organträger, die Verluste der Organgesellschaft abzudecken (§ 4 Abs. 1 Satz 2 des Vertrages). Nach Zustimmung des Gemeinderats und der Gesellschafterversammlung meldete der Notar unter Vorlage der entsprechenden notariellen Abschriften den Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag vom 20.11.2007 zur Eintragung in das Handelsregister an. Die zuständige Kommunalaufsichtsbehörde teilte dem Registergericht mit Schreiben vom 2.1.2008 mit, die Gemeindewerke seien nach Art. 88 BayGO ein Sondervermögen ohne eigene Rechtspersönlichkeit und könnten nicht als selbstständiger Organträger auftreten; im Wege der Auslegung könne wohl als Vertragspartei die Gemeinde angesehen werden. Zentrales Problem sei die Regelung in § 4 Abs. 1 Satz 2 des Vertrages, nach der sich die Gemeinde verpflichte, die Verluste der Organgesellschaft abzudecken. Trotz der wirtschaftlichen Verknüpfung mit der Gemeinde handle es sich um ein Einstehen für fremde Schuld i.S.d. Art. 72 Abs. 2 BayGO. Die erforderliche Genehmigung der Aufsichtsbehörde sei nicht beantragt und könne auch nicht ohne weiteres in Aussicht gestellt werden.

Mit Zwischenverfügung vom 9.1.2008 wies das Registergericht darauf hin, dass der Eintragung die fehlende Genehmigung der Aufsichtsbehörde entgegenstehe; außerdem müsse im Vertrag die Gemeinde als Vertragspartner bezeichnet werden. Eine Genehmigung des Vertrages durch die Aufsichtsbehörde wurde nicht vorgelegt. Das Registergericht wies mit Beschluss vom 22.10.2008 die Anmeldung zurück. Die Beschwerde der beteiligten Gesellschaft blieb erfolglos. Gegen die Entscheidung des LG richtet sich die weitere Beschwerde.

II. Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet. Das Registergericht hat zu Recht die Eintragung des Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrages vom 20.11.2007 abgelehnt.

1. Ein Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag, der auch mit einer GmbH geschlossen werden kann, bedarf als gesellschaftsrechtlicher Organisationsvertrag, der satzungsgleich den rechtlichen Status der beherrschenden Gesellschaft än-ZIP Heft 32/2009, Seite 1521dert, zu seiner Wirksamkeit der Eintragung in das Handelsregister der abhängigen Gesellschaft (BGHZ 105, 324, 338 = ZIP 1989, 29 (m. Bespr. Kort, S. 1309), dazu EWiR 1989, 59 (Schulze-Osterloh); Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, 18. Aufl., Schlussanhang Konzernrecht Rz. 53; Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 5. Aufl., § 293 AktG Rz. 45; Hüffer, AktG, 8. Aufl., § 294 Rz. 1). Die Eintragung eines Unternehmensvertrages hat ebenso wie die einer Satzungsänderung konstitutive Wirkung. Das Registergericht hat die Anmeldung nicht nur in formeller, sondern auch in materieller Hinsicht zu prüfen. Der Vertrag kann nur in das Handelsregister eingetragen werden, wenn er materiell wirksam zustande gekommen ist (BGHZ 105, 324, 330 = ZIP 1989, 29; Hüffer, a.a.O., § 294 Rz. 11). Das ergibt sich auch aus § 294 Abs. 2 AktG, nach dem das „Bestehen“ des Vertrages in das Handelsregister einzutragen ist (vgl. Koppensteiner, in: Kölner Komm. z. AktG, 3. Aufl., § 294 Rz. 14).

Ergeben sich Bedenken gegen die materielle Wirksamkeit des Unternehmensvertrages und können diese bei der dem Gericht von Amts wegen obliegenden Ermittlung des Sachverhalts (§ 12 FGG) nicht ausgeräumt werden, so kann das Gericht nach seinem Ermessen die Eintragung ablehnen oder nach § 127 FGG verfahren (Emmerich/Habersack, a.a.O., § 294 AktG Rz. 20; MünchKomm-Altmeppen, AktG, 2. Aufl., § 294 Rz. 26).

2. Das Registergericht konnte aufgrund der Stellungnahme der zuständigen Kommunalaufsichtsbehörde ohne Rechtsfehler davon ausgehen, dass der zur Eintragung angemeldete Unternehmensvertrag zu seiner Wirksamkeit der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde bedarf. Nach Art. 72 Abs. 2 BayGO darf die Gemeinde Bürgschaften, Gewährverträge und Verpflichtungen aus verwandten Rechtsgeschäften, die ein Einstehen für fremde Schuld oder für den Eintritt oder Nichteintritt bestimmter Umstände zum Gegenstand haben, nur zur Erfüllung ihrer Aufgaben übernehmen; diese Rechtsgeschäfte bedürfen der Genehmigung, wenn sie nicht im Rahmen der laufenden Verwaltung abgeschlossen werden. Solange eine erforderliche rechtsaufsichtliche Genehmigung nicht erteilt wurde, ist das Rechtsgeschäft schwebend unwirksam (Art. 117 Abs. 2 BayGO; vgl. auch BGH ZIP 1999, 1346 = NJW 1999, 3335, dazu EWiR 1999, 929 (Hasselbach); Bauer/Böhle/Ecker, Bayerische Kommunalgesetze, Stand: 8/2007, Art. 72 GO Rz. 16, Art. 117 GO Rz. 20). Bei endgültiger Versagung der Genehmigung wird das Rechtsgeschäft ex tunc nichtig. Die Entscheidung darüber, ob nach den maßgeblichen Vorschriften des öffentlichen Rechts eine Genehmigung erforderlich ist und ob sie erteilt oder versagt wird, ist der zuständigen Verwaltungsbehörde vorbehalten; sie ist für das Registergericht bindend (vgl. BayObLG Rpfleger 1978, 448, 449 für die Genehmigung nach dem GastG).

3. Durch das zum 1.11.2008 in Kraft getretene Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) hat sich entgegen der Auffassung der weiteren Beschwerde für den vorliegenden Fall nichts geändert. Es wurde zwar § 8 Abs. 1 Nr. 6 GmbHG a.F. aufgehoben, nach dem bei der Anmeldung der GmbH die Genehmigungsurkunde beizufügen war, wenn der Gegenstand des Unternehmens der staatlichen Genehmigung bedurfte. Hier geht es jedoch nicht darum, dass für die Tätigkeit der Gesellschaft, etwa den Betrieb einer Gaststätte, eine öffentlich-rechtliche Genehmigung erforderlich wäre, deren Vorliegen das Registergericht nun bei der Anmeldung der Gesellschaft nicht mehr zu prüfen hätte. Damit ist die hier zu beantwortende Frage, ob der angemeldete Unternehmensvertrag, an dem eine Gemeinde als Vertragspartei beteiligt ist, zu seiner Wirksamkeit der Genehmigung durch die Kommunalaufsichtsbehörde bedarf, nicht vergleichbar. Denn während das Fehlen der in § 8 Abs. 1 Nr. 6 GmbHG a.F. angesprochenen Genehmigung keine unmittelbare Auswirkung auf den Bestand der Gesellschaft hat, hängt die Wirksamkeit eines der Genehmigungspflicht unterliegenden Rechtsgeschäfts einer Kommune von der Erteilung der Genehmigung durch die Kommunalaufsicht ab: Es bleibt schwebend unwirksam, solange diese nicht erteilt ist, und ist von Anfang an nichtig, wenn sie versagt wird. Das Vorliegen dieser, für die Wirksamkeit des angemeldeten Unternehmensvertrages maßgebenden Genehmigung ist deshalb nach wie vor vom Registergericht zu prüfen (vgl. auch Leitzen, GmbHR 2009, 480, 482, 484).

4. Das Erfordernis einer kommunalaufsichtlichen Genehmigung für bestimmte Rechtsakte ist weder Ausfluss eines überholten Konzessionssystems noch im Hinblick auf den Vorrang des Bundesrechts bedenklich. Aufsichtsbehördliche Genehmigungsvorbehalte gegenüber Rechtsakten kommunaler Gebietskörperschaften sind ein Mittel vorbeugender Staatsaufsicht. Durch sie soll verhindert werden, dass Rechtsakte Geltungskraft erlangen, die insbesondere mit bestimmten gesetzlichen Regelungen nicht in Einklang stehen. Genehmigungsvorbehalte im kommunalen Bereich sind damit gesetzliche Regelungen, kraft deren besondere, von den kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften in dieser Eigenschaft begründete Rechtsakte grundsätzlich erst wirksam werden, wenn das vom Gesetz bestimmte staatliche Exekutivorgan der Vornahme des Rechtsakts gegenüber dem Selbstverwaltungsträger zustimmt (vgl. BGH ZIP 1999, 1346 = NJW 1999, 3335, 3336). Die Rechtsfolge der schwebenden Unwirksamkeit bei Fehlen der erforderlichen Genehmigung ergibt sich nicht nur aus den Kommunalverfassungen, soweit diese entsprechende Regelungen enthalten, sondern ist Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens (BGH ZIP 1999, 1346 = NJW 1999, 3335, 3337).

5. Das Registergericht hat folglich zu Recht die Eintragung des mangels Genehmigung schwebend unwirksamen Unternehmensvertrages abgelehnt. Auf die Frage, ob die andere Vertragspartei zutreffend bezeichnet ist, kommt es nicht an.

<einsender></einsender>Mitgeteilt von Richterin am OLG Margaretha Förth, München</einsender><//einsender>

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