OLG München: Sofortige Beschwerde gegen die Entscheidung über die gerichtliche Bestellung eines Nachtragsliquidators

25.03.2009

GmbHG § 74; AktG § 273 Abs. 4, 5

Sofortige Beschwerde gegen die Entscheidung über die gerichtliche Bestellung eines Nachtragsliquidators

OLG München, Beschl. v. 7. 5. 2008 – 31 Wx 28/08

Leitsätze des Gerichts:

1. Gegen gerichtliche Entscheidungen, welche die Bestellung eines Nachtragsliquidators einer GmbH betreffen, ist die sofortige Beschwerde statthaft (Aufgabe der früheren Rechtsprechung des Senats).

2. Nachtragsliquidation kommt hinsichtlich einer nach Liquidation im Handelsregister gelöschten GmbH auch dann in Betracht, wenn dieser in ihrer Eigenschaft als Kommanditistin einer ebenfalls aufgelösten KG Bescheide über die einheitliche und gesonderte Feststellung des Gewinns der KG bekanntgegeben werden sollen.

3. In einem solchen Fall ist der Aufgabenkreis des Nachtragsliquidators auf die Entgegennahme dieser Feststellungsbescheide zu beschränken.

Gründe:

I. Die beteiligte GmbH wurde nach Liquidation am 8.10.2002 im Handelsregister gelöscht. Die weiteren Beteiligten zu 1) und 2) waren alleinige Gesellschafter sowie – neben einem Dritten – Liquidatoren und Geschäftsführer der Gesellschaft. Der weitere Beteiligte zu 2) ist als Rechtsanwalt – Fachanwalt für Steuerrecht – und Steuerberater tätig, der weitere Beteiligte zu 1) als Rechtsanwalt. Die GmbH war unter ihrer früheren Firma als Treuhandkommanditistin an der M.T. Errichtungs- und Verwaltungs GmbH & Co. KG (im Folgenden: KG) beteiligt; Treugeber waren u.a. die weiteren Beteiligten zu 1) und 2). Komplementärin und weitere Kommanditisten waren ebenfalls Gesellschaften mit beschränkter Haftung.

Die KG ist im Handelsregister gelöscht; sie hatte Mitte 2001 ihren Sitz nach N. verlegt. Das dort zuständige Finanzamt führte aufgrund einer Prüfungsanordnung vom 22.7.2004 in dem Zeitraum zwischen 6.9.2004 und 16.12.2005 eine Außenprüfung durch, u.a. hinsichtlich der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Kalenderjahre 1998 bis 2002. Um den daraufhin ergangenen Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung des Gewinns der Jahre 1998 und 1999 zuzustellen, beantragte das Finanzamt (weiterer Beteiligter zu 3)) die Bestellung eines Nachtragsliquidators für die GmbH. Die weiteren Beteiligten zu 1) und 2) lehnten dies ab. Der vom Finanzamt als Nachtragsliquidator vorgeschlagene weitere Beteiligte zu 1) machte die Übernahme des Amtes davon abhängig, dass ein Kostenvorschuss von mindestens 20.000 € geleistet werde.

Nach entsprechendem gerichtlichem Hinweis bestellte das Registergericht mit Beschluss vom 10.10.2006 die weiteren Beteiligten zu 1) und 2) zu gemeinschaftlich vertretungsberechtigten Nachtragsliquidatoren der GmbH. Gegen diesen Beschluss legten die Beteiligten zu 1) und 2) im eigenen Namen, der Beteiligte zu 2) außerdem im Namen der GmbH sofortige Beschwerden ein. Ferner lehnten sie die Übernahme des Amtes ab, hilfsweise legten sie es nieder. Das LG hob mit Beschluss vom 14.12.2006 den Beschluss des Registergerichts auf und wies den Antrag auf Bestellung eines Nachtragsliquidators ab. Gegen die ihm am 27.12.2006 zugestellte Entscheidung des LG legte der Beteiligte zu 3) am 26.1.2007 Beschwerde ein. Die im Hinblick auf die abweichenden obergerichtlichen Entscheidungen zur Frage des statthaften Rechtsmittels erfolgte Vorlage des Senats erachtete der BGH als unzulässig (BGH ZIP 2008, 620). Nach Hinweis des Senats beantragte der weitere Beteiligte zu 3) mit Schriftsatz vom 18.2.2008 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

II. Das zulässige Rechtsmittel führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht.

1. Gegen gerichtliche Entscheidungen, welche die Bestellung eines Nachtragsliquidators einer GmbH betreffen, ist die sofortige Beschwerde statthaft. Dem weiteren Beteiligten zu 3) ist aber jedenfalls auf seinen Antrag vom 18.2.2008 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Versäumung der Frist für die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG München I vom 14.12.2006 zu gewähren.

a) Der Senat hat bislang die Auffassung vertreten, dass mangels ausdrücklicher anderer gesetzlicher Regelung die einfache, unbefristete Beschwerde als das regelmäßige Rechtsmittel im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit statthaft sei (vgl. OLG München GmbHR 2005, 1433 = ZIP 2006, 828 (LS) zu § 66 Abs. 5 GmbHG; ebenso OLG Hamm Rpfleger 1987, 251, 252; Roth/Altmeppen, GmbHG, 5. Aufl., § 74 Rz. 34; Lutter/Kleindiek, GmbHG, 16. Aufl., § 74 Rz. 21; Rowedder/Rasner, GmbHG, 4. Aufl., § 74 Rz. 27, der vorsorglich zur sofortigen Beschwerde rät; offengelassen in BayObLG GmbHR 2004, 367; BayObLGZ 1983, 130, 133; KG FGPrax 2007, 185). Demgegenüber haben die Oberlandesgerichte Schleswig (NJW-RR 2000, 769, 770) und Köln (ZIP 2003, 573) in entsprechender Anwendung von § 273 Abs. 5 AktG und §§ 148, 145, 146 FGG die sofortige Beschwerde als statthaft angesehen. Teilweise wird auch in der Literatur eine analoge Anwendung von § 273 Abs. 5 AktG befürwortet (Baumbach/Schulze-Osterloh, GmbHG, 18. Aufl., § 66 Rz. 39; Scholz/Schmidt, GmbHG, 9. Aufl., § 66 Rz. 55; Michalski/Nerlich, GmbHG, § 66 Rz. 99; Keidel/Winkler, FGG, 15. Aufl., § 141a Rz. 16). Der BGH hat die Divergenzvorlage des Senats im vorliegenden Verfahren als unzulässig zurückgegeben, jedoch erkennen lassen, dass er die Auffassung der Oberlandesgerichte Schleswig und Köln für zutreffend erachte (BGH ZIP 2008, 620). Der Senat hält deshalb im Interesse einer einheitlichen Rechtsanwendung an seiner bisherigen Auffassung nicht mehr fest.

b) Die sofortige weitere Beschwerde ist innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Bekanntgabe der angefochtenen Entscheidung einzulegen (§ 29 Abs. 2, § 22 Abs. 1 FGG). Nachdem die Entscheidung des LG dem Beteiligten zu 3) am 27.12.2006 zugestellt wurde, ist die Frist zur Einlegung der sofortigen weiteren Beschwerde am 10.1.2007 abgelaufen, während das Rechtsmittel erst am 26.1.2007 eingegangen ist.

Es liegen jedoch die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 22 Abs. 2 FGG vor. Der weitere Beteiligte zu 3) war ohne sein Verschulden gehindert, die Frist einzuhalten, weil er im Hinblick auf die vom LG zitierte Rechtsauffassung des Senats davon ausgehen konnte, dass die unbefristete weitere Beschwerde statthaft sei. Erst nach dem ZIP 2009, Seite 491gerichtlichen Hinweis vom 5.2.2008 musste der Beteiligte zu 3) damit rechnen, dass eine Beschwerdefrist einzuhalten gewesen wäre.

Auch die übrigen Voraussetzungen des § 22 Abs. 2 FGG sind gegeben. So ist der ausdrückliche Antrag auf Wiedereinsetzung vom 18.2.2008 rechtzeitig innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses gestellt worden. Für den Beginn der Wiedereinsetzungsfrist ist nicht darauf abzustellen, wann der weitere Beteiligte zu 3) den Beschluss des BGH erhalten hat: Denn da der BGH den Antrag auf Wiedereinsetzung bereits als konkludent gestellt ansah, bestand für den weiteren Beteiligten zu 3) keine Veranlassung, nach Erhalt jenes Beschlusses einen Wiedereinsetzungsantrag zu stellen. Dass eine Frist einzuhalten gewesen wäre und der Senat auch nach der Entscheidung des BGH Bedenken hat, den Schriftsatz vom 20.3.2007 als konkludenten Antrag auf Wiedereinsetzung zu werten, hat der weitere Beteiligte zu 3) erst durch den gerichtlichen Hinweis vom 5.2.2008 erfahren. Der danach innerhalb von zwei Wochen gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung war daher fristgerecht. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob schon in dem bloßen Vortrag, es sei die (einfache) Beschwerde statthaft, ein konkludenter Antrag auf Wiedereinsetzung zu sehen ist. Nachdem das Rechtsmittel bereits vor Behebung des Hindernisses eingelegt worden war, bedurfte es keiner Nachholung innerhalb der Frist des § 22 Abs. 2 Satz 1 FGG (vgl. Keidel/Sternal, a.a.O., § 22 Rz. 49).

2. Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 FGG, § 546 ZPO) weitgehend nicht stand. Rechtsfehlerhaft sind die Ausführungen zum Bedürfnis für eine Nachtragsliquidation und zur Beschränkung des Umfangs.

a) Zutreffend hat das LG auch die von den weiteren Beteiligten zu 1) und 2) als bestellten Liquidatoren im eigenen Namen eingelegten sofortigen Beschwerden als zulässig behandelt. Eine Beschwerdeberechtigung des Nachtragsliquidators gegen den Bestellungsbeschluss ist zwar grundsätzlich nicht gegeben, weil ihm als einfachere Möglichkeit die Nichtannahme des Amtes offensteht (BayObLGZ 1996, 129, 130). Ausnahmsweise ist der Nachtragsliquidator aber selbst beschwerdebefugt, wenn die Bestellung – wie hier – gegen seinen erklärten Willen erfolgt, weil das Gericht eine Verpflichtung zur Übernahme des Amtes annimmt (vgl. KG NJW-RR 2001, 900, dazu EWiR 2000, 757 (Bokelmann), zum Notgeschäftsführer). Im Übrigen sind die weiteren Beteiligten zu 1) und 2) auch als ehemalige Gesellschafter beschwerdeberechtigt (BayObLGZ 1996, 129, 130).

b) Ist eine GmbH im Handelsregister gelöscht worden, nachdem die Abwickler die Beendigung der Liquidation angezeigt hatten, und erweisen sich nachträglich weitere Abwicklungsmaßnahmen als notwendig, so hat das Gericht entsprechend § 273 Abs. 4 AktG auf Antrag die bisherigen oder andere Abwickler neu zu bestellen (BGHZ 53, 264; st. Rspr. und herrschende Meinung). Unzutreffend ist die Auffassung der weiteren Beteiligten zu 1) und 2), eine Nachtragsliquidation entsprechend § 273 Abs. 4 AktG komme nur in Betracht, wenn die Gesellschaft von Amts wegen aufgrund Vermögenslosigkeit gelöscht worden sei. Das ergibt sich insbesondere nicht aus der Entscheidung des BayObLG vom 2.2.1984 (DB 1984, 870), in der hervorgehoben wird, dass auch bei einer wegen Vermögenslosigkeit gelöschten GmbH eine auf einzelne Abwicklungsmaßnahmen beschränkte Nachtragsliquidation entsprechend § 273 Abs. 4 AktG in Betracht kommt (vgl. BayObLGZ 1983, 130, 137), jedoch eine wegen noch vorhandenen verteilungsfähigen Vermögens anzuordnende Nachtragsliquidation dieser vorgeht.

c) Die Nachtragsliquidation entsprechend § 273 Abs. 4 AktG setzt – im Gegensatz zu § 66 Abs. 5 GmbHG – nicht voraus, dass nachträglich verteilbares Vermögen hervorgetreten ist. Es genügt, dass Rechtsbeziehungen oder Tatsachen bekannt werden, die eine gesetzliche Vertretung der Gesellschaft verlangen. So kann etwa die Beseitigung formaler Rechtspositionen erforderlich sein, etwa weil die Gesellschaft noch an einem Hinterlegungsverfahren beteiligt oder weil noch eine Grundbucheintragung zu löschen ist. Dasselbe gilt, wenn die gelöschte Gesellschaft noch steuerliche Pflichten zu erfüllen hat, etwa weil ihr ein Steuerbescheid zugestellt werden muss, eine Außenprüfung durchzuführen oder sie im finanzgerichtlichen Verfahren beizuladen ist. Hat somit nach der nicht offensichtlich unhaltbaren Darlegung der Steuerbehörde die GmbH noch steuerrechtliche Pflichten zu erfüllen, ist die Bestellung eines Nachtragsabwicklers mit dem auf das Steuerverfahren beschränkten Wirkungskreis gerechtfertigt (vgl. BayObLGZ 1983, 130, 136 f. m.w.N. unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des BFH zum steuerrechtlichen Fortbestehen der gelöschten GmbH).

d) Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Das Finanzamt hat schlüssig dargelegt, dass die Zustellung des Bescheides über die einheitliche und gesonderte Feststellung des Gewinns der KG in den Jahren 1998 und 1999 an die GmbH erforderlich ist. Entgegen der Auffassung des LG stellt die Entgegennahme dieses Bescheides eine steuerliche Angelegenheit der GmbH dar, denn sie ist in ihrer Eigenschaft als Kommanditistin der KG Adressat des Bescheides.

aa) Nach § 183 Abs. 1 Satz 1 AO sind Feststellungsbeteiligte alle Personen, die an dem Gegenstand der Feststellung als Gesellschafter oder Gemeinschafter beteiligt sind. Folglich ist die GmbH in ihrer Eigenschaft als Gesellschafterin der KG hinsichtlich der Feststellung von deren Gewinn feststellungsbeteiligt. Der Bescheid ist nach § 183 Abs. 2 AO ihr ebenso wie den übrigen Beteiligten bekanntzugeben, weil die KG nicht mehr besteht und die Bekanntgabe an einen Empfangsbevollmächtigten (§ 183 Abs. 1 AO) ausscheidet. Entgegen der Auffassung des LG kommt es folglich nicht darauf an, dass die GmbH als Kommanditistin nicht vertretungsbefugt für die KG ist, denn die Bekanntgabe des Feststellungsbescheides hat an alle Gesellschafter der KG zu erfolgen und nicht lediglich an die vertretungsbefugten.

bb) Ebenso ist unerheblich, dass die GmbH als Treuhänderin an der KG beteiligt war und wirtschaftlich auch hinsichtlich einer etwaigen Steuerschuld die Treugeber betroffen sind. Nach der Rechtsprechung des BFH, die der Beteiligte zu 3) eingehend dargelegt hat, ändert sich durch das Bestehen eines Treuhandverhältnisses nichts an der Empfangs- und Einspruchsbefugnis hinsichtlich des Bescheides über die einheitliche und gesonderte Feststellung: „Beteiligen sich mehrere Per-ZIP 2009, Seite 492sonen über einen Treuhänder am Vermögen einer gewerblich tätigen Personengesellschaft, werden grundsätzlich zwei Gewinnfeststellungen durchgeführt. In dem ersten Feststellungsverfahren wird festgestellt, welchen Gewinn die Personengesellschaft erzielt hat und wie sich dieser auf ihre Gesellschafter verteilt. In einer weiteren Feststellung wird der für den Treuhänder festgestellte Gewinnanteil auf die Treugeber aufgeteilt. ... Ein Durchgriff der Treugeber in das Gewinnfeststellungsverfahren erster Ebene für die Personengesellschaft ist sowohl für den Fall einer Beendigung des Treuhandverhältnisses als auch für den Fall des Ausscheidens des Treuhandkommanditisten ausgeschlossen. Nach Vollbeendigung einer KG sind die die Feststellungszeiträume der noch bestehenden KG betreffenden Feststellungsbescheide den ehemaligen Gesellschaftern der KG, soweit die Feststellungen die Zeit ihrer Zugehörigkeit als Gesellschafter betreffen, einzeln bekanntzugeben.“ (BFH, Beschl. v. 12.1.1995 – VIII B 43/94).

cc) Nicht erforderlich für die Anordnung der Nachtragsliquidation ist, dass die Realisierung eines Steueranspruchs gegenüber der GmbH von der Finanzbehörde beabsichtigt ist. Ausreichend ist vielmehr, dass die Beteiligung der GmbH am steuerlichen Verfahren es ermöglicht, Ansprüche gegen andere (vermögende) Personen als die gelöschte und vermögenslose Gesellschaft verfolgen zu können (vgl. BayObLG ZIP 1985, 33 = DB 1985, 107, dazu EWiR 1985, 99 (K. Schmidt)).

e) Der Wirkungskreis des zu bestellenden Nachtragsliquidators ist auf die Handlungen zu beschränken, die in Erfüllung der der GmbH obliegenden steuerlichen Pflichten vorzunehmen sind (vgl. BayObLG ZIP 1984, 450).

aa) Bei der Nachtragsabwicklung nach § 273 Abs. 4 AktG handelt es sich um ein bloßes Ergänzungsverfahren mit dem Zweck, noch einzelne, sich nach einer etwa bereits erfolgten Abwicklung als erforderlich erweisende Abwicklungsmaßnahmen vorzunehmen und die Abwicklung der Gesellschaft damit vollends zu Ende zu führen. Dem Nachtragsliquidator kommt damit regelmäßig nur ein auf die Vornahme bestimmter Einzelmaßnahmen beschränkter Aufgabenkreis zu. Er braucht daher auch nur für bestimmte Einzelmaßnahmen bestellt zu werden, auf die sich auch seine Vertretungsmacht beschränkt (KG DB 1998, 2009; Bürgers/Körber/Füller, AktG, § 273 Rz. 11 a.E.). Das ist auch deshalb sachgerecht, weil andernfalls einer gelöschten Gesellschaft, die über kein Vermögen verfügt, die unbeschränkte Teilnahme am Rechtsverkehr ermöglicht würde. Im Falle der wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen gelöschten GmbH liefe dies dem Schutzzweck des § 141a FGG zuwider (vgl. KG DB 1998, 2009 zum inhaltsgleichen § 2 LöschG). Der Auffassung des OLG Koblenz (ZIP 2007, 2166 = NZG 2007, 431, 432), wonach eine Beschränkung der Nachtragsliquidation auf bestimmte Maßnahmen nicht zulässig sein soll, kann daher nicht gefolgt werden. Einer Vorlage an den BGH nach § 28 Abs. 2 Satz 1 FGG bedarf es nicht, da die Entscheidung des OLG Koblenz nicht auf weitere Beschwerde ergangen ist.

bb) Bei der Bestimmung des Aufgabenkreises des Nachtragsliquidators sind nur solche Handlungen zu berücksichtigen, deren Notwendigkeit zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung schlüssig dargetan ist. Das ist hier jedenfalls bislang nur die Entgegennahme der Bescheide über die einheitliche und gesonderte Feststellung des Gewinns der KG für die Jahre 1998 und 1999. Insoweit ist, wie oben ausgeführt, von der antragstellenden Steuerbehörde schlüssig dargelegt, dass eine Mitwirkungspflicht der beteiligten GmbH besteht.

Hingegen besteht kein Anlass, bereits vor Bekanntgabe der Steuerbescheide durch eine entsprechende Ausdehnung des Aufgabenkreises des Nachtragsliquidators die Gesellschaft vorsorglich in die Lage zu versetzen, gegen diese Bescheide Rechtsmittel einzulegen. Dadurch wird den durch die Bescheide Betroffenen, anders als das LG meint, keineswegs „jede Anfechtungsmöglichkeit“ genommen. Zum einen wird durch die Bekanntgabe der Bescheide an die GmbH die Rechtsmittelbefugnis der übrigen am Steuerverfahren Beteiligten – insbesondere der anderen an der KG beteiligten Gesellschafter – nicht berührt (vgl. § 352 Abs. 1 Nr. 2, § 48 Abs. 1 Nr. 2 AO). Im Verfahren vor dem FG kann eine Beiladung der Beteiligten erfolgen, die nicht selbst Rechtmittel eingelegt haben (vgl. § 60 AO). Zum anderen steht es den von den bekannt zu gebenden Steuerbescheiden Betroffenen frei, für die Durchführung eines Rechtsmittelverfahrens die Bestellung eines Nachtragsliquidators zu beantragen, falls sich ergeben sollte, dass die Einlegung von Rechtsmitteln erforderlich und nur auf diesem Weg möglich ist. Davon kann nicht ohne Weiteres ausgegangen werden, da nach dem Vortrag des weiteren Beteiligten zu 1) „die Treuhandverträge schon vor Jahren mit umfassender Abgeltungsklausel beendet wurden“.

3. Zutreffend hat das LG ausgeführt, dass eine gerichtliche Bestellung als Nachtragsliquidator gegen den Willen des Bestellten grundsätzlich nicht in Betracht kommt, da eine Verpflichtung zur Übernahme des Amtes nicht besteht (vgl. BayObLGZ 1996, 129, 131; OLG Hamm FGPrax 1997, 33; KG FGPrax 2001, 86; MünchKomm-Hüffer, AktG, § 273 Rz. 39; Schmidt/Lutter/Riesenhuber, AktG, § 273 Rz. 11; Lutter/Kleindiek, a.a.O., § 74 Rz. 21). Ob im Fall einer „rechtsmissbräuchlichen Verweigerung“ der bisherige Liquidator, frühere Geschäftsführer oder Alleingesellschafter zur Übernahme des Liquidatorenamtes verpflichtet sein kann (so Krafka/Willer, Registerrecht, 7. Aufl., Rz. 438), bedarf hier keiner Entscheidung. Schon die hierfür angeführten Gesichtspunkte, wie die Gefahr von Schadensersatzforderungen gegen einen außenstehenden Nachtragsliquidator, fallen bei der Beschränkung des Aufgabenkreises auf die Entgegennahme von Zustellungen kaum ins Gewicht, wie auch das LG hervorgehoben hat.

4. Nach alldem hat das LG den Antrag auf Nachtragsliquidation zu Unrecht zurückgewiesen. Die Voraussetzungen für die Bestellung eines Nachtragsliquidators, beschränkt auf die Entgegennahme des Steuerbescheides, liegen vor. Allerdings haben die Erstbeschwerdeführer insoweit Recht, als ihre Bestellung zu Nachtragsliquidatoren gegen ihren ausdrücklichen Willen jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht hätte erfolgen dürfen. Auch die Entscheidung des Amtsgerichts kann deshalb keinen Bestand haben. Der Senat hebt deshalb beide Beschlüsse auf und verweist die Sache an das Amtsgericht zurück.

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