OLG Stuttgart: Wirkung der Genehmigungsfiktion für Lastschriften aus Nr. 7 Abs. 4 AGB-SpK auch gegenüber dem schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter

13.11.2009

InsO § 21 Abs. 2, § 130; AGB-SpK Nr. 7 Abs. 4

Wirkung der Genehmigungsfiktion für Lastschriften aus Nr. 7 Abs. 4 AGB-SpK auch gegenüber dem schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter

OLG Stuttgart, Urt. v. 30. 9. 2009 – 3 U 113/09 (nicht rechtskräftig; LG Stuttgart)

Leitsatz des Gerichts:

Ein vorläufiger Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt (sog. schwacher vorläufiger Insolvenzverwalter) muss einer im Einzugsermächtigungsverfahren erfolgten Belastungsbuchung innerhalb der Frist der Nr. 7 Abs. 3 AGB-Bk bzw. der Nr. 7 Abs. 4 AGB-SpK widersprechen, um ein Eintreten der Genehmigungsfiktion zu verhindern.

Gründe:

A. Der Kläger verlangt als Insolvenzverwalter die Rückzahlung von im Lastschriftverfahren eingezogenen Verbindlichkeiten aus Leasingverträgen. Die Beklagte macht widerklagend Ersatz der ihr zur Abwehr dieser Ansprüche entstandenen außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten geltend.

Die Schuldnerin hatte bei der Beklagten zwei Fahrzeuge geleast und der Beklagten eine Einzugsermächtigung für ihre fälligen Forderungen erteilt. Zwischen Anfang Oktober 2007 und Mitte November 2007 zog die Beklagte die vereinbarten Leasingraten sowie zusätzliche unstreitige Forderungen aus den Leasingverträgen i.H. v. insgesamt 6.352,26 € im Lastschriftverfahren über das Konto der Schuldnerin bei der Sparkasse H. ein. Mit dieser hatte die Schuldnerin die Geltung der AGB-SpK und monatliche Rechnungsabschlüsse vereinbart.

Auf den am 23.11.2007 gestellten Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin wurde der Kläger am selben Tag zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt (§ 21 Abs. 1, 2 Nr. 1 und 2, § 22 Abs. 2 InsO) bestellt. Der Kläger unterrichtete die Beklagte mit Schreiben vom 30.11.2007 über die vorläufige Insolvenzverwaltung und stimmte einer Genehmigung der Belastungsbuchungen zu; gleichzeitig kündigte der Kläger eine Rückforderung unter dem Gesichtspunkt der Insolvenzanfechtung an. Am 1.2.2008 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Mit Schreiben vom 8.4.2008 focht der Kläger die Abbuchung der vorerwähnten Beträge an und forderte die Beklagte zur Rückzahlung bis zum 22.4.2008 auf. Die Beklagte lehnte eine Zahlung mit Schreiben vom 20.5.2008 endgültig ab.

Der Kläger hat die Beklagte gem. §§ 143, 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO auf Zahlung von 6.352,26 € nebst Zinsen in Anspruch genommen. Die Beklagte hat im Wege der Widerklage Erstattung der vorgerichtlich angefallenen Rechtsanwaltskosten i.H. v. 507,50 € nebst Zinsen geltend gemacht, da ein Zahlungsanspruch des Klägers nicht bestehe und dieser pflichtwidrig i.S.v. § 280 Abs. 1 BGB gehandelt habe.

Durch Urteil vom 2.3.2009 hat das LG der Klage im Umfang von 4.143,07 € nebst Zinsen i.H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 2.2.2008 stattgegeben und den Kläger auf die Widerklage verurteilt, an die Beklagte 229,30 € nebst Zinsen i.H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 13.1.2009 zu bezahlen. Im Übrigen wurden Klage und Widerklage abgewiesen. Zur Begründung hat das LG im Wesentlichen ausgeführt, eine wirksame Genehmigung der Belastungsbuchungen liege nicht in der Erklärung des Klägers vom 30.11.2007 und eine Genehmigungsfiktion nach Nr. 7 Abs. 4 AGB-SpK komme im Streitfall nicht in Betracht. Als „schwacher“ vorläufiger Insolvenzverwalter sei der Kläger zur Genehmigung von Belastungsbuchungen aus eigenem Recht nicht berechtigt, weshalb die in Nr. 7 Abs. 4 AGB-SpK vorgesehene Genehmigungsfiktion ihm gegenüber keine rechtlichen Wirkungen entfallen könne. Jedoch liege in der Geltendmachung von Rückzahlungsansprüchen vom 8.4.2008 eine konkludente Genehmigung. Leistungen im Umfang von 2.209,19 € seien als Bargeschäft i.S.v. § 142 InsO nicht anfechtbar. Maßgeblicher Zeitraum sei insoweit eine Frist von einem Monat.

Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten, mit der sie ihre ursprünglichen Anträge zur Klage und zur Widerklage weiterverfolgt.

B. Die zulässige Berufung der Beklagten bleibt im Ergebnis ohne Erfolg. Die Klage erweist sich im Umfang von 4.143,07 € als begründet, weil der Kläger nach §§ 143, 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO zur Anfechtung der Genehmigung der streitgegenständlichen Abbuchungen berechtigt und insoweit kein Bargeschäft gem. § 142 InsO gegeben ist. Zwar trägt die Begründung des ZIP Heft 44/2009, Seite 2103LG eine Verurteilung der Beklagten nicht. Das Urteil erweist sich jedoch aus anderen Gründen als zutreffend (I). Den im zweiten Rechtszug im Wege der Widerklage von der Beklagten verfolgten Anspruch auf zusätzliche Erstattung vorgerichtlich angefallener Anwaltskosten i.H. v. 278,20 € hat das Erstgericht unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des BGH im Ergebnis zu Recht abgewiesen (II).

I. Zur Klage: Der Kläger kann aus §§ 143, 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO von der Beklagten Zahlung von 4.143,07 € nebst Zinsen hieraus i.H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 2.2.2008 verlangen (1). Hingegen scheiden bereicherungsrechtliche Ansprüche des Klägers aus (2).

1. Die vom Kläger geltend gemachte Insolvenzanfechtung greift durch, soweit sich diese auf den vom LG ausgeurteilten Betrag bezieht. Die Voraussetzungen des § 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO sind erfüllt. Nach dieser Bestimmung ist eine Rechtshandlung dann anfechtbar, wenn sie einem Insolvenzgläubiger eine Befriedigung gewährt, die nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist, und wenn der Gläubiger zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.

a) Die Abweisung der Klage im Umfang von 2.209,19 € wegen Vorliegens eines Bargeschäftes nach § 142 InsO ist rechtskräftig geworden, nachdem der Kläger keine Anschlussberufung eingelegt hat.

b) Im Ausgangspunkt ist das LG zutreffend davon ausgegangen, dass die Genehmigung der durch die Schuldnerbank vorgenommenen Abbuchungen vom Konto der Schuldnerin die anfechtbare Rechtshandlung i.S.v. § 129 InsO bildet (BGH, Urt. v. 29.5.2008 – IX ZR 42/07, ZIP 2008, 1241 = ZVI 2008, 439 = NJW-RR 2008, 1500, Rz. 16; BGHZ 161, 49 = ZIP 2004, 2442 (m. Anm. Bork, S. 2446, u. Bespr. Feuerborn, ZIP 2005, 604) = ZVI 2005, 33, Rz. 21, dazu EWiR 2005, 121 (Gundlach/Frenzel)). Dies beruht auf der in der Rechtsprechung entwickelten Genehmigungstheorie, wonach die von der Schuldnerbank vorgenommene Belastung des Schuldnerkontos erst durch die Genehmigung wirksam ist und im Valutaverhältnis zum Erlöschen des Anspruches führt (BGHZ 161, 49 = ZIP 2004, 2442 = ZVI 2005, 33, Rz. 14; BGHZ 174, 84 = ZIP 2007, 2273 (m. Bespr. Jungmann, ZIP 2008, 295) = ZVI 2008, 64 = NJW 2008, 63, Rz. 12; BGH ZIP 2008, 1241 = ZVI 2008, 439 = NJW-RR 2008, 1500, Rz. 16). Der Genehmigungstheorie des IX. Zivilsenats hatte sich in der Vergangenheit auch der XI. Zivilsenat angeschlossen (BGH ZIP 1989, 492 = WM 1989, 520, 521, dazu EWiR 1989, 447 (Blaurock); BGHZ 174, 84 = ZIP 2007, 2273 = ZVI 2008, 64, Rz. 12). In seiner Entscheidung vom 10.6.2008 – XI ZR 283/07, BGHZ 177, 69 = ZIP 2008, 1977 (m. Anm. Bork, S. 1984, u. Haas, S. 1985, u. Bespr. Schulte-Kaubrügger, S. 2348) = ZVI 2008, 477 = NJW 2008, 3348, dazu EWiR 2008, 625 (Keller)) – hat der XI. Zivilsenat Bedenken gegen die Anwendung der Genehmigungstheorie im Valutaverhältnis angemeldet, jedoch noch keine Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung eingeleitet. Die vom XI. Zivilsenat favorisierte Erfüllungstheorie (vgl. Nobbe/Ellenberger, WM 2006, 1885) hat sich danach noch nicht durchgesetzt.

c) Das LG hat die Auffassung vertreten, die Genehmigung durch den Kläger vom 8.4.2008 stelle eine anfechtbare Rechtshandlung dar. Dem kann nicht gefolgt werden.

aa) Der Kläger hat mit Schreiben vom 8.4.2008 die Abbuchung der streitgegenständlichen Beträge vom Konto der Schuldnerin angefochten und entsprechende Zahlung von der Beklagten verlangt. Hierin kann mit dem LG eine konkludente Genehmigung der hier in Rede stehenden Belastungsbuchungen gesehen werden, nachdem der Kläger die Belastungsbuchungen bereits am 30.11.2007 gegenüber der Beklagten gebilligt und auch keinen Widerspruch gegenüber der Bank der Schuldnerin erklärt hat, um die Rückgängigmachung der Belastungsbuchungen zu erreichen (vgl. BGH, Urt. v. 2.4.2009 – IX ZR 171/07, ZIP 2009, 1334 = ZInsO 2009, 869, Rz. 13). Die Genehmigung konnte wirksam gegenüber der Gläubigerin erklärt werden (§§ 185, 182 Abs. 1 BGB).

bb) Jedoch liegt diese Genehmigung nach dem Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin und kann deshalb vom Kläger nicht angefochten werden. Nach § 129 Abs. 1 InsO sind lediglich Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen werden, nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 InsO anfechtbar. Der Ausnahmetatbestand des § 147 InsO ist nicht einschlägig. Rechtshandlungen des endgültigen Insolvenzverwalters sind, wie der BGH ausdrücklich klargestellt hat, nicht anfechtbar (BGH ZIP 2009, 1334 = ZInsO 2009, 869, Rz. 12; OLG Stuttgart, Urt. v. 22.2.2007 – 19 U 161/06, Rz. 21, zitiert nach Juris; MünchKomm-Kirchhof, InsO, 2. Aufl., 2008, § 130 Rz. 52).

d) Durch das Schreiben vom 30.11.2007, mit dem der Kläger den Belastungsbuchungen zugestimmt hat, sind diese nicht wirksam geworden. Der vorläufige Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt nach § 21 Abs. 1, 2 Nr. 1 und 2 Fall 2, § 22 Abs. 2 InsO hat zwar die Befugnis, Verfügungen des Schuldners zuzustimmen. Er kann aber, wenn – wie hier – eine Genehmigung des Schuldners fehlt, diese nicht ersetzen. Es entspricht einhelliger Ansicht, dass der „schwache“ Insolvenzverwalter Belastungsbuchungen aus eigenem Recht nicht genehmigen kann (BGHZ 174, 84 = ZIP 2007, 2273 = ZVI 2008, 64, Rz. 24; BGHZ 177, 69 = ZIP 2008, 1977 = ZVI 2008, 477, Rz. 38).

e) Für die Entscheidung des Rechtsstreits kommt es somit darauf an, ob der Kläger als vorläufiger Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt die Genehmigungsfiktion nach Nr. 7 Abs. 4 AGB-SpK gegen sich gelten lassen muss. Nach dieser Bestimmung hat der Kunde Einwendungen gegen eine Belastungsbuchung aus einer Lastschrift, für die er dem Gläubiger eine Einzugsermächtigung erteilt hat, spätestens vor Ablauf von sechs Wochen nach Zugang des Rechnungsabschlusses zu erheben, in dem die Belastungsbuchung enthalten ist, sofern er sie nicht zuvor schon genehmigt hat. Das Unterlassen rechtzeitiger Einwendungen gilt als Genehmigung der Belastung. Dass diese AGB Vertragsbestandteil wurde, steht zwischen den Parteien nicht in Streit.

aa) Der IX. Zivilsenat des BGH vertritt dazu in ständiger Rechtsprechung auf der Grundlage der Genehmigungstheorie ZIP Heft 44/2009, Seite 2104die Auffassung, dass Nr. 7 Abs. 3 AGB-Bk bzw. Nr. 7 Abs. 4 AGB-SpK gegenüber dem vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt – anders als bei einem vorläufigen „starken“ oder einem endgültigen Insolvenzverwalter – keine Rechtswirkungen auszulösen vermag, weil ein vorläufiger „schwacher“ Insolvenzverwalter ohne Einwilligung des Schuldners eine Belastungsbuchung nicht genehmigen kann (BGHZ 174, 84 = ZIP 2007, 2273 = ZVI 2008, 64, Rz. 24; BGH ZIP 2008, 1241 = ZVI 2008, 439 = NJW-RR 2008, 1500, Rz. 9; BGH ZIP 2009, 1334 = ZInsO 2009, 869, Rz. 8).

bb) Demgegenüber steht der XI. Zivilsenat des BGH auf dem Standpunkt, dass ein vorläufiger Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt einer im Einzugsermächtigungsverfahren erfolgten Belastungsbuchung auf dem Schuldnerkonto innerhalb der Frist der Nr. 7 Abs. 3 AGB-Bk bzw. der Nr. 7 Abs. 4 AGB-SpK widersprechen muss, um ein Eintreten der Genehmigungsfiktion zu verhindern (BGHZ 177, 69 = ZIP 2008, 1977 = ZVI 2008, 477, Rz. 32 m.w.N. zur obergerichtlichen Rechtsprechung).

cc) Nach Ansicht des erkennenden Senats sprechen die besseren Gründe für die Auffassung des XI. Zivilsenats des BGH. Der vorläufige Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt ist ohne Weiteres in der Lage, die Wirksamkeit rechtsgeschäftlicher Verfügungen des Schuldners zu verhindern. Bei einer Verfügung mittels Einzugsermächtigungslastschrift durch den Schuldner geschieht dies dadurch, dass der vorläufige Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt dieser Verfügung widerspricht. Ebenso kann dieser auch den Eintritt der Genehmigungsfiktion nach Nr. 7 Abs. 3 AGB-Bk bzw. Nr. 7 Abs. 4 AGB-SpK verhindern. Es besteht danach keinerlei Rechtfertigung, den vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt im Hinblick auf die Genehmigungsfiktion anders zu behandeln als den vorläufigen „starken“ Insolvenzverwalter. Dass nur Letzter in der Lage ist, aus eigenem Recht eine Einzugsermächtigungslastschrift wirksam zu genehmigen, ist ohne Belang. Denn im Rahmen der Nr. 7 Abs. 3 AGB-Bk bzw. Nr. 7 Abs. 4 AGB-SpK kommt es nur darauf an, dass der vorläufige Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt die Genehmigungsfiktion vermeiden kann.

Auch im vorliegenden Fall hätte der Kläger nach der Bestellung zum vorläufigen Insolvenzverwalter am 23.11.2007 den Abbuchungen gegenüber der Schuldnerbank widersprechen können, weshalb er nicht schutzwürdig ist. Es gibt, wie der XI. Zivilsenat zu Recht betont, keinen einleuchtenden Grund, dem endgültigen Insolvenzverwalter, der mit dem vorläufigen in aller Regel personenidentisch ist, das Recht einzuräumen, nach vielen Monaten einer Lastschrift auf dem Konto des Schuldners wirksam widersprechen zu können, obwohl auch der vorläufige Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt dies hätte wirksam tun können, aber nicht getan hat.

Danach stellen hier im Grundsatz alle Genehmigungen nach § 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO anfechtbare Rechtshandlungen dar. Die weitere Argumentation der Beklagten, bei fingierten Genehmigungen sei dies zu verneinen, geht fehl. Eine Fiktion nach Nr. 7 Abs. 4 AGB-SpK greift nur dort Platz, wo der Insolvenzverwalter rechtzeitige Einwendungen gegen den Rechnungsabschluss unterlassen hat. Dieses Unterlassen ist einer Handlung im Rechtssinne gleichzusetzen (§ 129 Abs. 2 InsO).

f) Entgegen der Auffassung der Beklagten sind die weiteren Voraussetzungen des § 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO zu bejahen:

aa) Eine Gläubigerbenachteiligung i.S.v. § 129 Abs. 1 InsO liegt darin, dass die Genehmigung der Belastungen zu einer Verringerung des Vermögens der Schuldnerin führt und damit die Befriedigungsmöglichkeit der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt wurde.

bb) Die Genehmigungen sind nach dem Eröffnungsantrag vom 23.11.2007 erfolgt. Im vorliegenden Fall ist auch nicht zweifelhaft, dass die subjektiven Voraussetzungen von § 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO vorliegen. Hierfür genügt die Kenntnis des Insolvenzgläubigers von Umständen, die zwingend auf den Eröffnungsantrag schließen lassen (§ 130 Abs. 2 InsO). Zum Zeitpunkt der Genehmigungen (Mitte Dezember 2007 bzw. Mitte Januar 2008) war die Beklagte bereits durch das Schreiben des Klägers vom 30.11.2008 über dessen Bestellung zum vorläufigen Insolvenzverwalter unterrichtet worden. Hieraus folgte zwingend, dass ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens schon gestellt war.

Hinsichtlich der Kenntnis gem. § 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO ist auf den Zeitpunkt der Genehmigung abzustellen, nicht auf denjenigen der Belastungsbuchungen. Der gegenteiligen Ansicht der Beklagten kann nicht zugestimmt werden. Nach einhelliger Meinung ist für den Zeitpunkt der Kenntnis nach § 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO die Vornahme der Handlung entscheidend, was sich nach § 140 InsO richtet (Nerlich, in: Nerlich/Römermann, InsO, Stand: 3/2009, § 130 Rz. 68; Kreft, in: HK-InsO, 4. Aufl., 2006, § 130 Rz. 17; MünchKomm-Kirchhof, a.a.O., § 130 Rz. 52; KPB/Schoppmeyer, InsO, Stand: 5/2009, § 130 Rz. 107). Eine Rechtshandlung gilt als in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten (§ 140 Abs. 1 InsO). § 140 Abs. 1 InsO gilt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung auch für Fälle der Genehmigung von Belastungsbuchungen aufgrund einer Einziehungsermächtigung im Lastschriftverfahren, da die Belastung des Schuldnerkontos nicht etwa bedingt, sondern bis zur Genehmigung ohne materielle Wirkung ist (BGHZ 161, 49 = ZIP 2004, 2442 = ZVI 2005, 33, Rz. 14 und 23 m.w.N.; KPB/Ehricke, InsO, Stand: 3/2009, § 140 InsO Rz. 5). Daher ist die erst im Zeitpunkt der Genehmigung vorliegende Kenntnis von dem Eröffnungsantrag für den Gläubiger schädlich (BGHZ 161, 49 = ZIP 2004, 2442 = ZVI 2005, 33, Rz. 23; OLG Stuttgart, Urt. v. 22.2.2007 – 19 U 161/06, Rz. 16). Für die Anwendung von § 184 Abs. 1 BGB bleibt demnach kein Raum.

g) Auf § 242 BGB kann sich die Beklagte nicht berufen. Der BGH hat hierzu entschieden, dass die Schuldtilgung nicht allein schon deshalb unanfechtbar ist, weil der vorläufige Insolvenzverwalter dieser zugestimmt hat. Ausgeschlossen ist die Anfechtung vielmehr nur dann, wenn der spätere Insolvenzverwalter durch sein Handeln einen schutzwürdigen Vertrauenstatbestand beim Empfänger begründet hat und dieser in Folge dessen nach Treu und Glauben damit rechnen durfte, ein nicht mehr entziehbares Recht errungen zu haben (BGHZ ZIP Heft 44/2009, Seite 2105161, 315 = ZIP 2005, 314 = NJW 2005, 1118, Rz. 13 m.w.N., dazu EWiR 2005, 511 (Marotzke)).

Im vorliegenden Fall hat der Kläger einen solchen Vertrauenstatbestand nicht geschaffen. Denn bereits im Schreiben vom 30.11.2007 wurde vom Kläger gegenüber der Beklagten die Geltendmachung eines Rückgewähranspruches unter dem Gesichtspunkt der Insolvenzanfechtung in Aussicht gestellt.

h) Die Anwendung von § 142 InsO durch das LG lässt keine Rechtsfehler erkennen. Auch bei Zahlung von Leasingraten kommt wegen der Vergleichbarkeit mit Miet- und Pachtzahlungen die Heranziehung von § 142 InsO in Betracht (BGHZ 71, 189, 193). Unmittelbarkeit i.S.v. § 142 InsO erfordert einen engen zeitlichen sachlichen Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung. Rechtsfehlerfrei hat das LG in Anbetracht der im Leasingvertrag enthaltenen Vereinbarung, dass monatliche Raten als Gegenleistung für die Gebrauchsüberlassung des Fahrzeuges zu erbringen sind, auf den Zeitraum von 1 Monat abgestellt (BGHZ 177, 69 = ZIP 2008, 1977 = ZVI 2008, 477 = NJW 2008, 3348, Rz. 44).

Zutreffend hat das Erstgericht ferner angenommen, dass es für die Berechnung der Monatsfrist auf den Zeitpunkt des Lastschrifteinzugs ankommt (BGH ZIP 2008, 1241 = ZVI 2008, 439 = NJW-RR 2008, 1500, Rz. 6; BGHZ 177, 69 = ZIP 2008, 1977 = ZVI 2008, 477, Rz. 47).

Gegen die tragenden Erwägungen des LG, mit denen ein Bargeschäft im Umfang von 2.209,19 € begründet worden ist, hat die Beklagte nichts erinnert.

i) Die vom LG zuerkannte Nebenforderung findet ihre Rechtsgrundlage in § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO, § 288 Abs. 1, §§ 291, 818 Abs. 4, §§ 819, 187 Abs. 1 BGB. Bei anfechtbarem Erwerb von Geld hat der Anfechtungsgegner Prozesszinsen ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu entrichten (BGHZ 171, 38 = ZIP 2007, 488 = ZVI 2007, 185, dazu EWiR 2007, 313 (Gundlach/Frenzel)).

2. Ansprüche des Klägers aus Bereicherungsrecht bestehen nicht.

a) Bereicherungsrechtliche Ansprüche des Klägers aus Leistungs- oder Eingriffskondiktion (§ 812 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 oder 2 BGB) scheiden im vorliegenden Fall unabhängig davon aus, ob der Kläger die Genehmigungsfiktion nach Nr. 7 Abs. 4 AGB-SpK gegen sich gelten lassen muss:

Wenn dem Standpunkt des XI. Zivilsenats gefolgt wird, ist aufgrund der Genehmigungsfiktion nach Nr. 7 Abs. 4 AGB-SpK von einer Genehmigung der Belastungsbuchungen vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens auszugehen. Somit würde es sich um eine Leistung der Schuldnerin an die Beklagte handeln. Diese wäre jedoch mit Rechtsgrund erfolgt, weil hierdurch der Anspruch der Beklagten auf Zahlung der fälligen Ansprüche aus den Leasingverträgen erfüllt wurde (BGH ZIP 2009, 1334 = ZInsO 2009, 869, Rz. 13).

Folgt man der Ansicht des IX. Zivilsenats, liegt hier aufgrund des Schreibens des Klägers vom 8.4.2008 eine Genehmigung der Belastungsbuchungen vor. Zwar besteht die Besonderheit, dass zum Zeitpunkt der Genehmigung das Insolvenzverfahren bereits eröffnet war. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Genehmigung im Valutaverhältnis zwischen Schuldnerin und Beklagter Erfüllungswirkung beizumessen ist mit der Folge, dass auch in diesem Fall ein Rechtsgrund zum Behaltendürfen für die Beklagte besteht.

b) Aus § 816 Abs. 2 BGB kann ein Zahlungsanspruch nicht hergeleitet werden. Ein solcher Anspruch erfordert eine besondere Genehmigung der Buchposition der Lastschriftgläubigerin durch den Kläger, ferner die Annahme, dass die Erlangung dieser Buchposition genehmigt werden kann und die Geltendmachung des bereicherungsrechtlichen Wertersatzanspruches nach § 816 Abs. 2 BGB nicht zur Genehmigung der von der Schuldnerbank vorgenommenen Belastungsbuchung führt (vgl. BGH ZIP 2009, 1334 = ZInsO 2009, 869, Rz. 14 ff; BGH, Urt. v. 16.9.2008 – IX ZR 172/07, ZIP 2008, 1991 = NJW 2008, 3570, Rz. 10).

In den beiden vorgenannten Urteilen hat der BGH die Tragfähigkeit dieser rechtlichen Konstruktion ausdrücklich dahinstehen lassen. Hierzu braucht nicht abschließend Stellung genommen zu werden. Denn der Kläger ist selbst von einer Genehmigung der Belastungsbuchungen durch das Schreiben vom 8.4.2008 ausgegangen und hat dies auch im Berufungsverfahren so vorgetragen. Eine (isolierte) Genehmigung der Buchposition der Beklagten wurde vom Kläger zu keinem Zeitpunkt behauptet.

II. Zur Widerklage: Insoweit erweist sich die Berufung der Beklagten ebenfalls als unbegründet. Der BGH hat mit Urteil vom 16.1.2009 (V ZR 133/08, NJW 2009, 1262) entschieden, dass eine Vertragspartei, die von der anderen Partei etwas verlangt, das nach dem Vertrag nicht geschuldet ist, zwar pflichtwidrig i.S.v. § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB handelt, jedoch diese Pflichtwidrigkeit erst dann nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB zu vertreten hat, wenn sie diese Rechtsposition auch nicht als plausibel ansehen durfte. Vor diesem Hintergrund scheidet eine Verpflichtung des Klägers zum Ersatz der im zweiten Rechtszug noch streitigen Anwaltskosten, die bei der Beklagten vorgerichtlich angefallen sind, von vornherein aus, weil der Kläger seine Rechtsposition, die der Ansicht des erkennenden Senats entspricht, als plausibel ansehen durfte.

Im Übrigen folgt daraus, dass die Anfechtung in dem vom LG ausgesprochenen Umfang begründet ist, gleichzeitig, dass die Inanspruchnahme der Beklagten nur soweit, als ein Bargeschäft nach § 142 InsO vorgelegen hat, unberechtigt war.

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