OLG Zweibrücken: Kosten eines vom absonderungsberechtigten Gläubiger betriebenen Zwangsversteigerungsverfahrens keine Masseverbindlichkeit

02.07.2009

InsO §§ 49, 55 Abs. 1 Nr. 1; ZVG § 10 Abs. 1 Nr. 3; GKG § 29 Abs. 4
Kosten eines vom absonderungsberechtigten Gläubiger betriebenen Zwangsversteigerungsverfahrens keine Masseverbindlichkeit
OLG Zweibrücken, Beschl. v. 26. 3. 2009 – 3 W 150/08
Leitsatz der Redaktion:

Die Verfahrenskosten einer Zwangsversteigerung in ein der Nachlassinsolvenzverwaltung unterliegendes Grundstück, die ein absonderungsberechtigter Gläubiger betrieben hat, stellen keine Masseverbindlichkeiten i.S.d. § 55 InsO dar.
Gründe:

I. Gegenstand des Verfahrens ist die Inanspruchnahme des Nachlassinsolvenzverwalters als Zweitschuldner für die Kosten eines Zwangsversteigerungsverfahrens nach Antragsrücknahme durch die von den Gerichtskosten befreite Gläubigerin.

Die Verbandsgemeinde O. hatte wegen rückständiger Grundsteuern die Zwangsversteigerung in ein der Nachlassinsolvenzverwaltung des Beteiligten zu 1) unterliegendes Grundstück betrieben. Nach Begleichung der Schuld durch eine Pfandgläubigerin hat die Verbandsgemeinde die „Aufhebung des Verfahrens“ beantragt. Das AG Kaiserslautern hat dem Beteiligten zu 1) als Zweitschuldner mit Kostenrechnung vom 3. Januar 2007 Gerichtskosten i.H. v. insgesamt 678 € in Rechnung gestellt, die sich aus der Gebühr Nr. 2210 KV GKG (Entscheidung über Verfahrensanordnung im Zwangsversteigerungsverfahren) und aus der allgemeinen Gebühr für das Zwangsversteigerungsverfahren Nr. 2211 KV GKG zusammensetzt. Die hiergegen gerichtete Erinnerung des Beteiligten zu 1) hat das AG zurückgewiesen. Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1) hat das LG die Entscheidung des AG bestätigt und die weitere Beschwerde zugelassen.

II. Infolge der Zulassung durch das LG ist die weitere Beschwerde zulässig (§ 66 Abs. 4 GKG) und auch im Übrigen verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden. Sie führt in der Sache zum Erfolg, da die angefochtene Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 66 Abs. 4 Satz 2 GKG i.V.m. § 546 ZPO).

Zwar hat die Kammer im Ansatz zu Recht ausgeführt, dass sich das Zwangsvollstreckungsverfahren gegen den Nachlassinsolvenzverwalter als Vollstreckungsschuldner richtet (vgl. BGH WM 2005, 1324). Die Inanspruchnahme des Nachlassinsolvenzverwalters gem. § 29 Abs. 4 GKG als Vollstreckungsschuldner für die notwendigen Kosten der Zwangsvollstreckung setzt jedoch voraus, dass die Insolvenzmasse für die Kosten haftet. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Vielmehr sind die hier in Rede stehenden Gerichtskosten des Zwangsversteigerungsverfahrens im Rahmen eines Absonderungsrechts zu befriedigen.

Die Verbandsgemeinde hat gem. § 49 InsO, § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG abgesonderte Befriedigung aus dem Grundstück des Insolvenzschuldners gesucht. Die dadurch entstehenden Kosten sind keine Massekosten im Sinne des hier allein in Betracht kommenden § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO, da die Kosten nicht durch eine Handlung des Beteiligten zu 1) begründet wurden. Dieser hat das Zwangsversteigerungsverfahren weder beantragt noch mitbetrieben (vgl. MünchKomm-Hefermehl, InsO, 2. Aufl., § 55 Rz. 37; Jäger, InsO, § 55 Rz. 39; KG, JFG Erg. 1931, 226 zur KO).

Die Kosten wurden auch nicht „in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse“ begründet, da auch solche Vorgänge jedenfalls auf ein Verhalten des Insolvenzverwalters zurückgehen müssen (Braun/Bäu-ZIP Heft 25/2009, Seite 1240erle, InsO, 3. Aufl., § 55 Rz. 15). Dies ist hier gerade nicht der Fall. Die Justizkasse ist auch nicht Insolvenzgläubigerin i.S.d. § 39 InsO. Nach dieser Vorschrift dient die Insolvenzmasse zur Befriedigung der persönlichen Gläubiger, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben. Der Anspruch auf Ersatz der Versteigerungskosten entstand aber erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Dieses wurde am 29. Oktober 2004 eröffnet, die Zwangsversteigerung des Grundstückes wurde (erst) mit Beschluss vom 8. Mai 2006 angeordnet.

Hinsichtlich der rückständigen Grundsteuern war die Verbandsgemeinde, wie oben bereits ausgeführt, gem. § 49 InsO, § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG zur abgesonderten Befriedigung berechtigt. Die abgesonderte Befriedigung umfasst auch die Kosten der Rechtsverfolgung, § 10 Abs. 2 ZVG. Damit besteht ein Recht der Staatskasse auf vorzugsweise Befriedigung an dem zur Masse gehörenden Grundstück.

Dem entspricht § 4 Abs. 4 KostVfg, in dem es heißt: „Können die Gebühren für die Entscheidung über den Antrag auf Anordnung der Zwangsversteigerung oder über den Beitritt zum Verfahren (Nr. 2210 Kostenverzeichnis) oder die Auslagen des Anordnungs-(Beitritts-)verfahrens nicht vom Antragsteller eingezogen werden, weil ihm Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsbestimmung bewilligt ist oder ihm Gebühren- oder Auslagenfreiheit zusteht (z.B. bei der Zwangsversteigerung wegen rückständiger öffentlicher Abgaben), so veranlasst der Kostenbeamte die SolIsteIlung der Kosten durch die Gerichtskasse (§ 29), die sie – unbeschadet sonstiger Einziehungsmöglichkeiten – in dem Zwangsversteigerungsverfahren mit dem Rang des Anspruchs des betreibenden Gläubigers auf Befriedigung aus dem Grundstück rechtzeitig anmeldet (§ 10 Abs. 2, §§ 12, 37 Nr. 4 ZVG). Dies gilt in Zwangsverwaltungsverfahren entsprechend.“

Die Betrachtungsweise entspricht auch der Rechtslage bei einem Pfandrecht an beweglichen Sachen. Diesbezüglich ist in § 50 Abs. 1 InsO festgelegt, dass auch wegen der Kosten die Befriedigung aus dem Pfandgegenstand zulässig ist.
Mitgeteilt von RA Peter Depré, Mannheim

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