AnwZ (B) 78/07

15.09.2008

BUNDESGERICHTSHOF

vom

15. September 2008

in dem Verfahren


Nachschlagewerk: ja


BGHZ: nein

BGHR: ja


BRAO § 53 Abs. 10 Sätze 4 und 5


a) Die Vorschrift des § 53 Abs. 10 Satz 5 BRAO ist entsprechend auf den Fall anzuwenden, dass die mit dem vertretenen Rechtsanwalt vereinbarte Vergütung nicht gezahlt wird und auch nicht aus dem Gebührenaufkommen zu erlangen ist. Das gilt nicht, wenn der Ausfall des Vertreters darauf beruht, dass er verfügbare Sicherheiten nicht verlangt hat, die der Vertretene ihm gestellt hätte.

b) Vorschüsse auf die gesetzliche Vergütung nach § 53 Abs. 10 Satz 4 BRAO sind nicht im Festsetzungsverfahren nach § 53 Abs. 10 Satz 5 BRAO, sondern bei der Geltendmachung des Anspruchs gegenüber dem Vertretenen oder der Bürgenhaftung zu berücksichtigen (Aufgabe von Senat, Beschl. v. 5. Oktober 1998, AnwZ (B) 21/98, NJW-RR 1999, 797).


BGH, Beschl. v. 15. September 2008 - AnwZ (B) 78/07 - AGH Naumburg


wegen Festsetzung von Vertreter- und Abwicklervergütung

Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter, die Richter Dr. Ernemann, Dr. Schmidt-Räntsch und Schaal, den Rechtsanwalt Dr. Wosgien, die Rechtsanwältin Dr. Hauger und den Rechtsanwalt Prof. Dr. Stüer

nach mündlicher Verhandlung am 15. September 2008

beschlossen:

Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des 1. Senats des Anwaltsgerichtshofs des Landes Sachsen-Anhalt vom 29. Juni 2007 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Bescheid der Antragsgegnerin vom 28. März 2007 geändert worden ist.

Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, für den Antragsteller eine Vertretervergütung festzusetzen, und zwar

1. für die Zeit vom 1. Juni bis zum 31. Dezember 2004 auf monatlich 2.500 € und

2. für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis zum 30. November 2005 auf monatlich 1.500 €

jeweils zuzüglich der gesetzlichen Umsatzsteuer.

Im Übrigen bleibt der Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen.

Die weitergehende sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen und dem Antragsteller die ihm insoweit entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 46.500 € festgesetzt.

Gründe:

[1] I. Die Antragsgegnerin widerrief mit Bescheid vom 29. April 2004 die Zulassung eines Rechtsanwalts zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls und erklärte diesen Bescheid für sofort vollziehbar. Mit Urkunde vom 27. Mai 2004 bestellte sie den Antragsteller von Amts wegen zunächst zu dessen Vertreter und - nach rechtskräftiger Bestätigung ihres Widerrufsbescheids - mit weiterer Urkunde vom 23. November 2005 zum Abwickler von dessen Kanzlei. Der Antragsteller vereinbarte mit dem Rechtsanwalt am 1. Juni 2004 eine Vertretervergütung von monatlich 3.500 € netto. Eine Sicherheit verlangte er nicht. Zur Anrechnung auf die ihm zustehende Vergütung entnahm der Antragsteller aus den laufenden Kanzleieinnahmen während seiner Tätigkeit als Vertreter 12.180 € und seiner Tätigkeit als Abwickler 10.000 €. Die Tätigkeit als Abwickler endete am 22. November 2006. Der Antragsteller beantragte bei der Antragsgegnerin die ihm zustehende Vertreter- und Abwicklervergütung wie folgt festzusetzen:

vom 1. Juni bis zum 31. Dezember 2004 monatlich 3.500 € = 24.500 € netto

vom 1. Januar bis zum 30. November 2005 monatlich 2.500 € = 27.500 € netto

vom 1. Dezember 2005 bis zum 30. Juni 2006 monatlich 2.500 € = 17.500 € netto

vom 1. Juli 2006 bis zum 30. November 2006 monatlich 1.500 € = 7.500 € netto.

[2] Mit Bescheid vom 28. März 2007 hat die Antragsgegnerin den Antrag auf Festsetzung einer Vertretervergütung zurückgewiesen und die Abwicklervergütung unter Zurückweisung des Antrags im Übrigen wie folgt festgesetzt:

vom 1. Dezember 2005 bis zum 30. Juni 2006 monatlich 1.500 € = 10.500 € netto

vom 1. Juli 2006 bis zum 30. November 2006 monatlich 500 € = 2.500 € netto.

[3] Der Anwaltsgerichtshof hat den Festsetzungsbescheid der Antragsgegnerin unter Zurückweisung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung im Übrigen teilweise abgeändert und dem Antragsteller neben der von der Antragsgegnerin zuerkannten Abwicklervergütung eine Vertretervergütung zugesprochen, und zwar

vom 1. Juni bis zum 31. Dezember 2004 monatlich 2.500 € = 17.500 € netto,

vom 1. Januar 2005 bis 30. November 2005 monatlich 1.500 € = 34.500 € netto.

[4] Dagegen richtet sich die von dem Anwaltsgerichtshof zugelassene sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin. Sie meint, der Antragsteller könne die Festsetzung einer Vertretervergütung nicht verlangen. Der Antragsteller ist gegenteiliger Ansicht und beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen. Zwischen den Beteiligten besteht Einigkeit, dass auf die geschuldete Vertreter- und/oder Abwicklervergütung die gesetzliche Umsatzsteuer zu zahlen ist.

[5] II. Das Rechtsmittel ist zulässig, hat indes im Ergebnis keinen Erfolg.

[6] 1. Gegen die Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs ist zwar nach § 223 Abs. 3 Satz 1 BRAO nicht die von dem Anwaltsgerichtshof zugelassene und von der Antragsgegnerin erhobene "Rechtsbeschwerde", sondern die sofortige Beschwerde statthaft. Dieses statthafte Rechtsmittel hat die Antragsgegnerin aber offensichtlich auch gemeint und, abgesehen von seiner unzutreffenden Bezeichnung, form- und fristgerecht erhoben.

[7] 2. Das Rechtsmittel hat auch Erfolg, soweit der Anwaltsgerichtshof den Bescheid der Antragsgegnerin vom 28. März 2007 geändert hat. Dazu war er nach § 223 Abs. 4 i.V.m. § 41 Abs. 3 Satz 2 BRAO nicht berechtigt. Der Anwaltsgerichtshof kann einen Bescheid der Rechtsanwaltskammer nicht ändern, sondern ihr nur die Änderung ihres Bescheids aufgeben (Senat, Beschl. v. 10. Mai 1971, AnwZ (B) 20/70, NJW 1971, 1409, 1411 insoweit in BGHZ 56, 142 nicht abgedruckt; vgl. ferner BGH, Beschl. v. 25. Oktober 1982, NotZ 12/82, NJW 1983, 756, 758).

[8] 3. In der Sache hat der Anwaltsgerichtshof aber die Zurückweisung des Antrags des Antragstellers auf Festsetzung einer Vertretervergütung durch die Antragsgegnerin zu Recht beanstandet. Der Antragsteller kann entsprechend § 53 Abs. 10 Satz 5 BRAO Festsetzung einer Vertretervergütung verlangen.

[9] a) Unmittelbar ist die Vorschrift allerdings nicht anwendbar. Die Antragsgegnerin hat den Antragsteller zwar von Amts wegen zum Vertreter des in Vermögensverfall geratenen Rechtsanwalts bestellt. Das allein löst aber einen Festsetzungsanspruch nach § 53 Abs. 10 Satz 5 BRAO nicht aus. Eine Festsetzung der Vergütung durch die Kammer kann danach vielmehr erst verlangt werden, wenn sich der vertretene Rechtsanwalt und sein von Amts wegen bestellter Vertreter nicht über die Höhe der Vergütung oder die nach § 53 Abs. 10 Satz 4 Halbsatz 2 BRAO zu stellende Sicherheit einigen können oder wenn die zu stellende Sicherheit nicht geleistet wird. Keiner dieser Fälle liegt hier vor. Der Antragsteller hat sich mit dem vertretenen Rechtsanwalt am 1. Juni 2004 auf eine Vergütung geeinigt. Die Stellung von Sicherheiten wurde nicht verlangt und nicht vereinbart.

[10] b) Der Antragsteller kann aber in entsprechender Anwendung von § 53 Abs. 10 Satz 5 BRAO die Festsetzung einer Vertretervergütung verlangen.

[11] aa) Die Vorschrift weist nämlich eine planwidrige Lücke auf.

[12] (1) Sie ist im Zuge der Überarbeitung der Regelungen über die Bestellung eines allgemeinen Vertreters eines Rechtsanwalts mit dem Gesetz zur Änderung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und der Patentanwälte vom 13. Dezember 1989 (BGBl. I S. 2135) eingeführt worden. Ziel der seinerzeitigen Überarbeitung war es in erster Linie, den Rechtsanwalt gesetzlich zu der Übernahme der allgemeinen Vertretung eines anderen Rechtsanwalts zu verpflichten, wenn ein Vertreter von Amts wegen bestellt werden muss; das Fehlen einer solchen gesetzlichen Verpflichtung hatte sich nämlich als misslich erwiesen (Entwurfsbegründung in BT-Drucks. 11/3253 S. 23). Diese gesetzliche Verpflichtung konnte und wollte der Gesetzgeber aber nicht einführen, ohne einen gesetzlichen Anspruch des Vertreters zu begründen und diesen Vergütungsanspruch rechtlich abzusichern. Der Anspruch wird durch § 53 Abs. 10 Satz 4 BRAO begründet. Seiner Absicherung dient der mit der Bürgenhaftung der Rechtsanwaltskammer verbundene Festsetzungsanspruch des Vertreters nach § 53 Abs. 10 Satz 5 BRAO (Entwurfsbegründung wie vor).

[13] (2) Ein Absicherungsbedürfnis hat der Gesetzgeber in dem ursprünglichen Entwurf nur für den Fall gesehen, dass sich der Vertreter und der vertretene Rechtsanwalt auf die gesetzlich geschuldete angemessene Vergütung nicht einigen können. Deshalb setzte eine Festsetzung nach dem Entwurf voraus, dass es zu einer Einigung nicht kam (BT-Drucks. 11/3253 S. 7). Mit dieser engen Fassung der Vorschrift war der Bundesrat nicht einverstanden. Er sah ein Festsetzungsbedürfnis gerade auch für den Fall, dass die vereinbarte Vergütung nicht gezahlt wird (Stellungnahme des Bundesrates in BT-Drucks. 11/3253 S. 33). Dieses Anliegen befürwortete die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung zu den Vorschlägen des Bundesrats (BT-Drucks. 11/3253 S. 35 zu Nummer 6). Dem Textvorschlag des Bundesrates folgte sie aber nicht, weil er ihrer Meinung nach den Vertreter und den vertretenen Rechtsanwalt nicht hinreichend dazu anhielt, sich um eine Einigung zu bemühen (und so die Ressourcen der Rechtsanwaltskammer zu schonen). Sie schlug stattdessen die später Gesetz geworden Fassung der Vorschrift vor, nach der eine Festsetzung der Vertretervergütung nicht nur bei dem Scheitern einer Einigung über die Höhe der Vergütung, sondern unter anderem auch bei dem Ausbleiben der vereinbarten Sicherheiten beansprucht werden kann. Wie die Bundesregierung machte sich auch die Mehrheit des federführenden Rechtsausschusses des Bundestags das Anliegen des Bundesrates zu Eigen (Beschlussempfehlung in BT-Drucks. 11/5264 S. 34 zu Nummer 22).

[14] (3) Das Anliegen des Bundesrats, das aufgegriffen werden sollte, findet in der Gesetz gewordenen Fassung der Vorschrift im entscheidenden Punkt keinen Niederschlag. Dem Bundesrat ging es vor allem darum, die Möglichkeit einer Festsetzung der Vergütung auch dann zu schaffen, wenn die vereinbarte Vergütung nicht gezahlt wird und auch nicht aus dem Gebührenaufkommen der verwalteten Kanzlei aufgebracht werden kann (Stellungnahme zu dem Entwurf in BT-Drucks. 11/3253 S. 33 l. Sp. unten). Dieser Fall wird - anders als der parallele, aber weniger wichtige Fall des Ausbleibens versprochener Sicherheiten - in der Vorschrift nicht erwähnt. Die Vorschrift verfehlt deshalb in einem wesentlichen Aspekt ihr Ziel.

[15] bb) Diese Lücke lässt sich nach dem Plan des Gesetzes nur durch eine entsprechende Anwendung von § 53 Abs. 10 Satz 5 BRAO schließen.

[16] (1) Das eigentliche Anliegen des Gesetzgebers war es, den damals noch zuständigen Landesjustizverwaltungen die Durchsetzung einer Vertreterbestellung von Amts wegen zu erleichtern. Sie stießen dabei auf die Schwierigkeit, dass die in Aussicht genommenen Vertreter oft die Übernahme der Vertretung ablehnten und unklar war, unter welchen Voraussetzungen sie dazu berechtigt waren (Entwurfsbegründung in BT-Drucks. 11/3253 S. 23). Deshalb sollten die Rechtsanwälte zur Übernahme solcher Vertretungen gesetzlich verpflichtet werden. Das ließ sich wegen des mit der Übernahme einer Vertretung regelmäßig verbundenen Aufwands, aber auch deswegen, weil die Arbeitskraft der Vertreter ihrer eigenen Kanzlei teilweise entzogen wird, nur rechtfertigen, wenn diese Nachteile durch eine angemessene und vor allem sichere Vergütungsregelung ausgeglichen wird. Diese ist deshalb in § 53 Abs. 10 Sätze 4 und 5 BRAO von Anfang an auch vorgesehen gewesen. Dieses Ziel lässt sich nur erreichen, wenn der Vertreter eine Festsetzung auch dann beantragen darf, wenn er eine Vergütungsvereinbarung mit dem vertretenen Rechtsanwalt getroffen hat, die vereinbarte (angemessene) Vergütung aber weder gezahlt wird noch durch Entnahmen aus dem Gebührenaufkommen erzielt werden kann. Wäre das nicht möglich, wäre der Vertreter nicht in der gebotenen und auch gewollten Weise abgesichert.

[17] (2) Das gilt in besonderem Maße deshalb, weil der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der Vorschrift noch ein Nebenziel verfolgt, das - je nach Ausgestaltung - dem eigentlichen Regelungsziel des Gesetzgebers entgegenlaufen kann. Der Gesetzgeber legte besonderen Wert darauf, den Vertreter und den vertretenen Rechtsanwalt zu einer Einigung über die Vergütung zu drängen. Gerade deshalb hat der Gesetzgeber auch nicht die von dem Bundesrat gewählte (allerdings ohnehin nicht ausreichende) Formulierung übernommen (Gegenäußerung der Bundesregierung in BT-Drucks. 11/3253 S. 35 zu Nummer 6 und Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses in BT-Drucks. 11/5264 S. 34 zu Nummer 22), sondern eine Formulierung gewählt, von der er sich einen stärkeren Einigungsdruck versprach. Damit sollten die Ressourcen der Rechtsanwaltskammern geschont werden, die nämlich nur für die festgesetzte, nicht für die vereinbarte Vergütung einzustehen haben (Stellungnahme des Bundesrats in BT-Drucks. 11/3253 S. 33). Beide Ziele - effektiver Vergütungsanspruch einerseits und Schonung der Ressourcen der Rechtsanwaltskammer durch einvernehmliche Regelungen andererseits - lassen sich aber nur erreichen, wenn der Vertreter bei einem Ausfall der vereinbarten Vergütung die Festsetzung der Vergütung durch die Kammer beantragen kann. Wäre das nicht möglich, müsste er grundsätzlich auf hohen Sicherheiten bestehen. Werden diese nämlich von vornherein abgelehnt oder später nicht gestellt, stünde ihm die Festsetzung offen. Das erschwert die von dem Gesetzgeber angestrebte Einigung über die Vergütung.

[18] (3) Darin wird zugleich deutlich, dass die Regelung ohne eine Einbeziehung des Vergütungsausfalls zu sachwidrigen und auch nicht angestrebten Ergebnissen führte. Es ist sachlich nicht zu rechtfertigen, dass zwar das Ausbleiben versprochener Sicherheiten, nicht aber das Ausbleiben der eigentlich geschuldeten Vergütung zu einem Festsetzungsanspruch führen soll. § 53 Abs. 10 Satz 5 BRAO ist deshalb grundsätzlich auch auf den Fall anzuwenden, dass die vereinbarte Vergütung nicht gezahlt wird und auch nicht durch Entnahmen aus dem Gebührenaufkommen zu erzielen ist.

[19] cc) Dieser Fall liegt hier vor. Der von ihm vertretene Rechtsanwalt hat dem Antragsteller die vereinbarte Vergütung nicht gezahlt. Sie ließ sich aus dem nicht hinreichend ergiebigen Gebührenaufkommen auch nicht erwirtschaften. Dass der Antragsteller dem vertretenen Rechtsanwalt während der Vertretung an Aufwandsentschädigungen insgesamt 2.961 € zugewandt hat, ändert nichts daran, dass das Gebührenaufkommen der verwalteten Kanzlei die vereinbarte Vergütung bei weitem nicht deckte.

[20] c) Dem Festsetzungsanspruch des Antragstellers steht auch nicht entgegen, dass er mit dem vertretenen Rechtsanwalt die Stellung von Sicherheiten nicht verabredet hat. Dem Vertreter steht allerdings dann ein Festsetzungsanspruch nach § 53 Abs. 10 Satz 5 BRAO nicht zu, wenn sein Vergütungsausfall darauf beruht, dass er Sicherheiten nicht verlangt, die der vertretene Rechtsanwalt stellen kann und zu stellen bereit ist. Denn die Rechtsanwaltskammer soll nach dem Sinngehalt des § 53 Abs. 10 Satz 5 und 7 BRAO in derartigen Fällen nur dann als Bürge haften, wenn der Vertreter alles ihm Zumutbare unternimmt, den Vertretenen selbst in Anspruch nehmen zu können und die Rechtsanwaltskammer von einer Haftung als Bürge freizustellen. Dieser Gedanke muss auch bei einer erweiterten Auslegung der Vorschrift gelten. Die Antragsgegnerin hat den Antragsteller von Amts wegen zum Vertreter des Rechtsanwalts bestellt, weil sie dessen Zulassung wegen Vermögensverfalls widerrufen und diesen Widerruf für sofort vollziehbar erklärt hatte. Es ist deshalb nichts dafür ersichtlich, dass der vertretene Rechtsanwalt Sicherheiten hatte, die er hätte stellen können, und dass das auch geschehen wäre.

[21] 4. Die Vertretervergütung des Antragstellers ist auch in der von dem Anwaltsgerichtshof erkannten Höhe festzusetzen. Der Anwaltsgerichtshof hat sich hierbei von den in der Rechtsprechung des Senats entwickelten Maßstäben (Beschl. v. 30. November 1992, AnwZ (B) 37/92, NJW-RR 1993, 1335, 1336; Beschl. v. 30. November 1992, AnwZ (B) 27/92, NJW 1993, 1334 f.) leiten lassen. Seine Feststellungen macht sich der Senat zu Eigen. Konkrete Anhaltspunkte, die zu einer anderen Beurteilung Anlass geben, sind dem Beschwerdevorbringen nicht zu entnehmen.

[22] 5. Zu Recht hat der Anwaltsgerichtshof im vorliegenden Verfahren auch die festgestellten Entnahmen des Antragstellers aus dem Gebührenaufkommen der verwalteten Kanzlei nicht berücksichtigt.

[23] a) Diese Vorschüsse sind nach Ansicht des Anwaltsgerichtshofs nicht bei der Festsetzung der Vergütung, sondern erst bei der Durchsetzung der Bürgenhaftung zu berücksichtigen. Das hat der Senat allerdings in einem obiter dictum anders gesehen (Beschl. v. 5. Oktober 1998, AnwZ (B) 21/98, NJW-RR 1999, 797). Daran hält der Senat nicht fest.

[24] b) Die Festsetzung nach § 53 Abs. 10 Satz 5 BRAO hat den Zweck, den gesetzlichen Vergütungsanspruch des Vertreters nach § 53 Abs. 10 Satz 4 BRAO und damit auch den Umfang der Bürgenhaftung der Rechtsanwaltskammer der Höhe nach festzulegen. Die Festsetzung verschafft dem Vertreter aber keinen Titel. Vielmehr muss er seinen gesetzlichen Anspruch gegen den Vertretenen, aber auch die Bürgenhaftung der Rechtsanwaltskammer notfalls vor den ordentlichen Gerichten durchsetzen (Senat, BGHZ 156, 362, 368). Im Festsetzungsverfahren können auch andere Einwände, die die Rechtsanwaltskammer als Bürgin erheben könnte, nicht berücksichtigt werden (Senat, BGHZ 156, 362, 368; Beschl. v. 5. Oktober 1998, AnwZ (B) 21/98, NJW-RR 1999, 797 für Aufwendungsersatz bzw. übertriebene Aufwendungen). Dieser begrenzten Funktion des Festsetzungsverfahrens entspricht es, entnommene Vorschüsse erst bei der Abrechnung, aber nicht schon bei der Festsetzung der gesetzlichen Vergütung nach § 53 Abs. 10 Satz 4 BRAO zu berücksichtigen. Dem entspricht letztlich auch das Vorgehen der Antragsgegnerin selbst. Sie hat die Entnahmen

des Antragstellers als Abwickler auf die Abwicklervergütung nicht angerechnet und ihre Geltendmachung der Abrechnung vorbehalten.

Ganter Ernemann Schmidt-Räntsch Schaal

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