BGH, Beschluss vom 14. November 2022 - NotZ 1/22

31.01.2023

BUNDESGERICHTSHOF

vom

14. November 2022

In dem Rechtsstreit


Nachschlagewerk: ja


BGHZ: nein

BGHR: ja


BNotO § 111, § 92 Abs. 1 Nr. 1; GVG § 17a Abs. 4 Sätze 3 und 4, § 50 Nr. 5, § 51 Abs. 3; GwG § 52 Abs. 1


Rechtsstreitigkeiten über Mitwirkungspflichten eines Notars gegenüber der Dienstaufsicht anlässlich der Prüfung der Erfüllung von Pflichten nach dem Geldwäschegesetz werden von der abdrängenden Sonderzuweisung gemäß § 111 BNotO erfasst. Zur Entscheidung sind die bei den Oberlandesgerichten und dem Bundesgerichtshof eingerichteten - sachnäheren - Notarsenate berufen.


BGH, Beschluss vom 14. November 2022 - NotZ 1/22 - Kammergericht


wegen Prüfung der Einhaltung des Geldwäschegesetzes, hier: Zwischen-

entscheidung über den Rechtsweg

Der Senat für Notarsachen des Bundesgerichtshofs hat am 14. November 2022 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Herrmann, die Richterinnen Dr. Roloff und Dr. Böttcher, die Notarin Dr. Brose-Preuß und den Notar Dr. Hahn

beschlossen:

Die Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des Kammergerichts vom 8. Dezember 2021 - AR 7/21 Not - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Gründe:

[1] I. Der Kläger ist Rechtsanwalt und Notar. Mit Verfügung vom 16. Februar 2021 kündigte der beklagte Präsident des Landgerichts eine Prüfung der Amtsgeschäfte des Klägers nach dem Geldwäschegesetz für den 16. und 17. März 2021 in den Räumen seiner Geschäftsstelle an. Am Morgen des 16. März 2021 ließ der - persönlich nicht anwesende - Kläger durch einen Mitarbeiter dem Prüfungsbeauftragten des Beklagten lediglich das Verwahrungsbuch, das Massebuch, Auszüge aus der Generalakte und Listen der Kalenderjahre 2016 bis 2021 aushändigen, nicht hingegen die - ebenfalls angeforderten - Urkundenrollen und die Urkundensammlung. Dies begründete er mit datenschutzrechtlichen Bedenken und seiner Verpflichtung zur Verschwiegenheit gemäß § 18 BNotO. Die Prüfung wurde abgebrochen. Mit Verfügung vom 30. März 2021 gab der Beklagte dem Kläger auf, die verlangten Unterlagen einschließlich der Urkundenrollen seit 2016 und der Urkundensammlung seit 2019 zwecks Prüfung zu übersenden. Dem kam der Kläger nicht nach. Mit seiner beim Kammergericht - Notarsenat - erhobenen Anfechtungs- und Feststellungsklage begehrt er die Aufhebung der Verfügung vom 30. März 2021 betreffend die Übersendung der Urkundensammlung, des Verwahrungs- und des Massenbuchs sowie Feststellung der Rechtswidrigkeit der Verfügung vom 16. Februar 2021. Die Parteien streiten neben inhaltlichen Fragen um den zulässigen Rechtsweg.

[2] Das Kammergericht hat die Zulässigkeit des vom Kläger eingeschlagenen Rechtswegs durch Beschluss gemäß § 17a Abs. 3 Satz 1 GVG bejaht. Dagegen wendet sich der Beklagte mit der von der Vorinstanz zugelassenen Beschwerde.

[3] II. Die nach § 17a Abs. 4 Satz 3 und 4 GVG, § 111 Abs. 2 Nr. 2 BNotO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet. Zu Recht hält das Kammergericht den vom Kläger beschrittenen Rechtsweg im Sinne von § 111 Abs. 1 BNotO für zulässig.

[4] 1. Dies hat das Kammergericht unter anderem damit begründet, die in § 111 Abs. 1 BNotO geregelte abdrängende Sonderzuweisung beziehe sich auf alle hoheitlichen Maßnahmen, durch die in Rechte oder rechtlich geschützte Interessen eines Notars eingegriffen werde. Der Kläger erwehre sich eines Eingriffs in seine ihm nach § 18 Abs. 1 BNotO obliegende Verpflichtung zur Verschwiegenheit und seine Pflicht gemäß § 35 Abs. 3 Satz 2 BNotO, § 5 Abs. 3 Satz 1 DONot, die Verfügungsgewalt über Akten und Verzeichnisse zu wahren. Dass die Maßnahme auf § 51 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GwG, mithin eine Rechtsgrundlage außerhalb der Bundesnotarordnung gestützt werde, stehe der Anwendung des § 111 BNotO nicht entgegen. Bei den Befugnissen, die der Gesetzgeber dem Beklagten als Aufsichtsbehörde nach § 50 Nr. 5, § 51 GwG zugewiesen habe, handele es sich um einen Unterfall der dem Beklagten nach § 93 Abs. 1 Satz 1 BNotO obliegenden Prüfung und Überwachung der Amtsführung der Notare. Dazu gehörten auch die Pflichten, die das Geldwäschegesetz dem Notar gerade wegen seiner beruflichen Tätigkeit auferlege. Der Gesetzgeber sehe die dem Beklagten nach § 50 Nr. 5, § 51 GwG obliegende Aufsicht als einen Sonderfall der Amtsaufsicht im Sinne von § 93 BNotO an. Dies ergebe sich schon aus der Regelung des § 51 Abs. 2 Satz 3 GwG, folge aber auch aus dem in § 50 Nr. 5 GwG enthaltenen Verweis auf die Zuständigkeitsregelung nach § 92 Abs. 1 Nr. 1 BNotO sowie den sich aus der Gesetzesbegründung ergebenden Motiven. So habe der Gesetzgeber im Entwurf der Bundesregierung zu § 16 Abs. 2 Nr. 6 GwG in der Fassung vom 21. August 2008 - der Vorgängerregelung zu § 50 Nr. 5 GwG - zum Ausdruck gebracht, dass der durch den Präsidenten des Landgerichts gemäß § 92 ff BNotO umfassend ausgeübten staatlichen Aufsicht über die Amtsführung der Notare die Aufsicht über die Einhaltung der dem Notar im Rahmen der Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung obliegenden Pflichten hinzugefügt werde. Anderenfalls hätte es der ausdrücklichen Bezugnahme auf die §§ 92 ff BNotO nicht bedurft. Der Gesetzgeber habe sich - jedenfalls auf behördlicher Ebene - mit der Bestimmung verschiedener besonders berufsnaher Aufsichtsbehörden gerade nicht für eine einheitliche Entscheidungszuständigkeit entschieden. Für die gerichtliche Zuständigkeit gelte nichts anderes.

[5] 2. Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich der Senat an. Zur Entscheidung über das Rechtsschutzbegehren des Klägers sind die bei den Oberlandesgerichten und dem Bundesgerichtshof - erst- und zweitinstanzlich - eingerichteten Notarsenate berufen.

[6] Bei der Prüfung der Einhaltung der Vorschriften nach dem Geldwäschegesetz durch die Präsidenten der Landgerichte als Träger der Dienstaufsicht gemäß §§ 92 ff BNotO handelt es sich um eine der Ausnahmevorschrift des § 111 BNotO unterfallende verwaltungsrechtliche Notarsache und nicht um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nicht verfassungsrechtlicher Art im Sinne von § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO, für die der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnet ist.

[7] a) Gemäß § 111 Abs. 1 BNotO entscheidet das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in verwaltungsrechtlichen Notarsachen, das heißt über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten nach der Bundesnotarordnung, einer aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung oder einer Satzung einer der nach diesem Gesetz errichteten Notarkammern, einschließlich der Bundesnotarkammer, soweit nicht die Streitigkeiten disziplinarrechtlicher Art oder einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind, und gemäß § 111 Abs. 2 Nr. 1 BNotO der Bundesgerichtshof über die gegen die Urteile der Oberlandesgerichte gerichteten Berufungen. Gegenstand dieser gesetzlichen ("abdrängenden") Sonderzuweisung sind nicht nur Verwaltungsakte im Sinne des § 35 VwVfG, sondern alle hoheitlichen Maßnahmen. Von bestimmten, hier nicht einschlägigen Ausnahmen abgesehen, sind die in Notarsachen geführten Verwaltungsstreitverfahren insgesamt den Verwaltungsgerichten entzogen und den Notarsenaten zugewiesen (Senat, Beschluss vom 24. Juli 2006 - NotZ 10/06, BeckRS 2006, 9882 Rn. 5). Die Zuständigkeit der Notarsenate erstreckt sich danach auf alle öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten aus dem Bereich des Notarrechts, bei denen es um die Vornahme oder Aufhebung von Amtshandlungen nach der Bundesnotarordnung geht (Senat, Beschlüsse vom 26. Oktober 2009 - NotZ 19/08, DNotZ 2010, 220; vom 24. Juli 2006 aaO und vom 29. Juli 1991 - NotZ 25/90, BGHZ 115, 275, 277).

[8] Fehlt es - wie hier im Zusammenhang mit den geldwäscherechtlichen Pflichten - an einer ausdrücklichen Rechtswegzuweisung, hängt es von der Natur des Rechtsverhältnisses ab, aus dem der Anspruch hergeleitet wird, welcher Rechtsweg einschlägig ist (Ruhtig in Kopp/Schenke, VwGO, 28. Aufl., § 40 Rn. 6). Die Abgrenzung von Streitigkeiten aus dem Bereich des Notarrechts zu anderen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten richtet sich nach dem Rechtsschutzziel des rechtsschutzsuchenden Beteiligten (Senat, Beschlüsse vom 26. Oktober 2009 - NotZ 19/08, DNotZ 2010, 220 und vom 24. Juli 2006 aaO Rn. 6). Rechtsschutzziel des Klägers ist es, die Verfügungen des Beklagten aufzuheben (Verfügung vom 30. März 2021), durch die er aufgefordert wurde, für die Prüfung unter anderem seine Urkundensammlung sowie die Verwahrungs- und Massenbücher für den dort genannten Zeitraum, auch soweit es sich nicht um sogenannte "Kataloggeschäfte" im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG handelte, zugänglich zu machen, beziehungsweise deren Rechtswidrigkeit festzustellen (Verfügung vom 16. Februar 2021). Es geht damit im Ergebnis um den Umfang der dem Notar gegenüber der zuständigen Aufsichtsbehörde obliegenden Mitwirkungspflichten nach dem Geldwäschegesetz. Diese stehen in engem Zusammenhang mit den berufsrechtlichen Pflichten des Notars und werden daher ebenfalls von der abdrängenden Sonderzuweisung in § 111 BNotO erfasst.

[9] b) Die aufsichtsrechtliche Prüfung lässt sich in Bezug auf die Überwachung der Amtsgeschäfte des Notars einerseits und die Einhaltung der Verpflichtungen nach dem Geldwäschegesetz andererseits weder verfahrensrechtlich noch inhaltlich trennscharf voneinander abgrenzen. Dies ist auch nicht geboten, denn die Beachtung der Vorschriften nach dem Geldwäschegesetz gehört zu der ordnungsgemäßen Erledigung der Amtsgeschäfte im Sinne des § 93 Abs. 2 Satz 1 BNotO (ebenso Blaeschke, DNotZ 2022, 827, 845). Zudem überlappen sich die allgemeinen dienstrechtlichen Pflichten des Notars und seine Pflichten nach dem Geldwäschegesetz.

[10] aa) Bereits die Konzeption des Geldwäschegesetzes mit seinen konkreten Verweisen auf die Bundesnotarordnung zeigt, dass es sich bei der Prüfung nach dem Geldwäschegesetz um einen Teilbereich der allgemeinen Amtsprüfung handelt.

[11] Die Dienstaufsicht über die Notare im Landgerichtsbezirk obliegt gemäß § 92 Abs. 1 Nr. 1 BNotO den Präsidenten der Landgerichte. Sie üben als mit dem Berufsstand besonders vertraute Institution gemäß § 51 Abs. 1, § 50 Nr. 5 GwG in Verbindung mit § 92 Abs. 1 Nr. 1 BNotO zugleich die Aufsicht über die Erfüllung der geldwäscherechtlichen Verpflichtungen aus. § 51 Abs. 2 Satz 1 GwG bestimmt insoweit, dass die Aufsichtsbehörden "im Rahmen der ihnen gesetzlich zugewiesenen Aufgaben" geeignete und erforderlichen Maßnahmen und Anordnungen treffen können, um die Einhaltung der im Geldwäschegesetz und aufgrund dieses Gesetzes ergangenen Rechtsverordnungen festgelegten Anforderungen sicherzustellen. Bereits aus dieser Formulierung wird deutlich, dass die den Präsidenten der Landgerichte übertragenen Aufgaben nach dem Geldwäschegesetz Bestandteil der ihnen gemäß § 92 Abs. 1 Nr. 1 BNotO zugewiesenen Dienstaufsicht sind. Dem entspricht, dass sie nach § 51 Abs. 2 Satz 3 GwG bei der geldwäscherechtlichen Aufsicht - über die gemäß § 51 Abs. 2 Satz 2 GwG bestehenden Möglichkeiten hinaus - auch die ihnen für ihre sonstigen Aufsichtsaufgaben eingeräumten Befugnisse (hier: § 93 BNotO) wahrnehmen können. Gestützt wird diese Würdigung weiterhin dadurch, dass in § 50 Abs. 1 Nr. 5 GwG ausdrücklich auf § 92 Abs. 1 Nr. 1 BNotO Bezug genommen wird, der die Dienstaufsicht der Landgerichtspräsidenten über die in ihrem Bezirk bestellten Notare bestimmt.

[12] bb) Der enge Zusammenhang beider Aufgabenbereiche kommt besonders deutlich zum Ausdruck, wenn die aufsichtsrechtliche Prüfung der geldwäscherechtlichen und der sonstigen dienstlichen Verpflichtungen des Notars - wie in § 18 der Dienstordnung für Notarinnen und Notare in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Dezember 2021 (gültig ab 1. Januar 2022, vgl. zB ABl. für Berlin vom 14. Januar 2022, S. 51, im Folgenden nF) als Regelfall vorgesehen - gleichzeitig durchgeführt wird. Sie liegt aber auch dann vor, wenn die Dienstgeschäfte des Notars gesondert nur auf eines dieser Ziele überprüft werden. Denn die gelegentlich einer solchen Maßnahme erlangten Erkenntnisse können dazu Anlass geben, sie - dann mit abweichender Zielrichtung - entweder im geldwäscherechtlichen oder allgemein dienstaufsichtsrechtlichen Bereich weiterzuverfolgen.

[13] cc) Die geldwäscherechtlichen und die sonstigen dienstrechtlichen Verpflichtungen des Notars überschneiden sich auch inhaltlich, weshalb eine klare Zuordnung der von der Dienstaufsicht angeordneten Maßnahmen zu den einzelnen Bereichen regelmäßig nicht möglich ist.

[14] Die nach dem Geldwäschegesetz zu erfüllenden Verpflichtungen treffen die Notare in ihrer amtlichen Eigenschaft. Auch soweit die Pflichten nicht unmittelbar im Zusammenhang mit der Vornahme oder Aufhebung von Amtshandlungen aus Anlass der Beurkundung von Rechtsvorgängen oder anderen Aufgaben auf dem Gebiet der vorsorgenden Rechtspflege (§ 1 BNotO) stehen, sondern der Verhütung und Bekämpfung von Straftaten im Bereich der Geldwäsche (§ 1 Abs. 1 GwG, § 261 StGB) und Terrorismusfinanzierung (§ 1 Abs. 2 GwG mit genaueren Hinweisen) dienen, sind sie Teil der den Notaren obliegenden Dienstpflichten. Der Zweck der Aufsicht gebietet es, dass neben der Einhaltung der berufsrechtlichen Bestimmungen geprüft wird, ob der Notar alle sonstigen Normen beachtet, mit denen er bei seiner beruflichen Tätigkeit bestimmungsgemäß in Berührung kommt (vgl. BeckOK BNotO/Herrmann, 6. Ed., Stand: 1. August 2022, § 93 Rn. 31). Dazu gehört auch die Prüfung der Einhaltung geldwäscherechtlichen Vorschriften, die er gerade auch aus Anlass der Beurkundung von Rechtsgeschäften oder sonstigen Vorgängen der vorsorgenden Rechtspflege zu beachten hat. Diese Prüfung kann im Einzelfall im Ergebnis dazu führen, dass der Notar eine Beurkundung zu versagen hat (§ 14 Abs. 2 BNotO).

[15] dd) Bei der Prüfung der Amtsgeschäfte des Notars einerseits und der Einhaltung seiner Pflichten nach dem Geldwäschegesetz andererseits gibt es zudem eine Reihe von inhaltlichen Schnittmengen.

[16] (1) Die insoweit bestehenden und im Wege der Dienstaufsicht zu überwachenden Pflichten der Notare ähneln sich und gehen - zumindest in Teilbereichen - ineinander über.

[17] Dies betrifft etwa die Pflicht zur Feststellung der Identität der Urkundsbeteiligten. Zur Erfüllung der ihm nach dem Geldwäschegesetz obliegenden Pflichten hat der Notar - ebenso wie die sonstigen nach dem Geldwäschegesetz Verpflichteten - ein besonderes Risikomanagement zu betreiben und bestimmte Sorgfaltspflichten einzuhalten (§§ 4 ff GwG). Insbesondere hat er den Vertragspartner und die gegebenenfalls für ihn auftretende Person (einschließlich deren Berechtigung) zu identifizieren, zu klären, ob einer der Vertragspartner für einen wirtschaftlich Berechtigten handelt und diesen zu identifizieren, Informationen über den Zweck und die angestrebte Art der Geschäftsbeziehung einzuholen und die Geschäftsbeziehung einschließlich der Transaktion zu überwachen (§§ 10 ff GwG). Auch nach dem Beurkundungsgesetz hat sich der Notar Gewissheit über die Person der Beteiligten zu verschaffen (§ 10 BeurkG) und sich Nachweise über die Berechtigung eines gesetzlichen Vertreters oder Bevollmächtigten vorlegen zu lassen (§ 12 BeurkG). Ferner hat er sich über den Gegenstand und Zweck des zu beurkundenden Geschäfts zu informieren, weil er anderenfalls seinen Prüfungs- und Belehrungspflichten im Sinne von § 17 BeurkG nicht nachkommen kann.

[18] (2) Aber auch, soweit es um die Reichweite der Befugnisse der Dienstaufsicht im Zusammenhang mit der Prüfung der Einhaltung der Pflichten nach dem Geldwäschegesetz geht, stellen sich vielfach notarspezifische Fragen. So beruft sich der Kläger vorliegend hinsichtlich seiner der Dienstaufsicht gegenüber bestehenden Mitwirkungspflichten nach dem Geldwäschegesetz auf seine - seiner Auffassung nach - diesen (teilweise) entgegenstehende Verpflichtung zur Verschwiegenheit gemäß § 18 BNotO und auf seine Zweifel an der Berechtigung der Anordnung, bestimmte näher bezeichnete Unterlagen außerhalb der Räumlichkeiten der Geschäftsstelle zur Verfügung zu stellen (vgl. § 35 BNotO; § 5 Abs. 3 Satz 1 DONot in der bis zum 31. Dezember 2021 gültigen Fassung, § 17 DONot nF).

[19] c) Diese die Aufgaben und Befugnisse der Dienstaufsicht beziehungsweise deren Beanstandungen betreffenden Fragestellungen sind - schon um die Rechtseinheit zu wahren - vollumfänglich von den mit dem Berufsrecht der Notare besonders vertrauten Spruchkörpern zu klären. Damit setzt sich die den Gerichtspräsidenten wegen ihrer Sachkunde und der Nähe zu der Materie übertragene Aufsichtsfunktion in dem für verwaltungsrechtliche Notarangelegenheiten vorgesehenen Rechtsweg entsprechend fort. Demgegenüber würde eine Aufspaltung des Rechtswegs in Bezug auf dienstrechtliche und rein geldwäscherechtliche Fragen die Gefahr der Rechtszersplitterung in sich bergen, insbesondere weil bei geldwäscherechtlichen Pflichten Abwägungen mit unter Umständen konfligierenden allgemeinen Notarpflichten notwendig werden können. Abgesehen davon wäre es kaum praktikabel, die betroffenen Notare auf zwei unterschiedliche Rechtswege zu verweisen, wenn dieselbe Aufsichtsmaßnahme auf eine geldwäscherechtliche und eine allgemein notarrechtliche Grundlage gestützt wird.

[20] d) Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass dann in der Konsequenz für die Berufsgruppe der Notare zwar für Rechtseinheit gesorgt wird, für Streitigkeiten zwischen anderen Verpflichteten nach dem Geldwäschegesetz und den für sie zuständigen Aufsichtsbehörden (§ 50 Nr. 1-4, 6-9 GwG) jedoch unterschiedliche Rechtswege eröffnet sind. Denn dies hat der Gesetzgeber durch die Angliederung der Prüfung der geldwäscherechtlichen Verpflichtungen an die jeweilige berufsrechtliche - mit den spezifischen Besonderheiten vertraute - Aufsicht ersichtlich in Kauf genommen. Gegenteiliges lässt sich der Gesetzesbegründung zu § 16 Abs. 2 Nr. 6 GwG in der Fassung vom 21. August 2008 (BGBl. I 1690) - mit der die Amtsaufsicht durch die Präsidenten der Landgerichte eingeführt worden ist - und Art. 1 §§ 50 ff GwG des Gesetzes zur Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie zur Ausführung der EU-Geldtransferverordnung und zur Neuorganisation der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen vom 23. Juni 2017 (BGBl. I, S. 1822), mit dem unter anderem die Vorschriften des Geldwäschegesetzes neu gefasst worden sind, nicht entnehmen (vgl. BT-Drs. 16/9038, S. 48 und BT-Drs. 18/11555).

[21] III. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 111b Abs. 1 Satz 1 BNotO; sie ist im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht gemäß § 17b Abs. 2 Satz 1 GVG entbehrlich (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Juni 1993 - V ZB 31/92, NJW 1993, 2541, 2542; BVerwG, NVwZ-RR 2015, 69 Rn. 8 mwN; Zöller/Lückemann, ZPO, 34. Aufl., § 17b GVG Rn. 4). Eine Wertfestsetzung ist nicht veranlasst (vgl. § 111f Satz 2 BNotO; Hug in Kopp/Schenke aaO, Anh § 164 Rn. 11 - Stichwort "Rechtswegstreit").

Herrmann Roloff Böttcher

Brose-Preuß Hahn

Verlagsadresse

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG

Aachener Straße 222

50931 Köln

Postanschrift

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG

Postfach 27 01 25

50508 Köln

Kontakt

T (0221) 400 88-99

F (0221) 400 88-77

info@rws-verlag.de

© 2024 RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG

Erweiterte Suche

Seminare

Rubriken

Veranstaltungsarten

Zeitraum

Bücher

Rechtsgebiete

Reihen



Zeitschriften

Aktuell