BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2015 - XI ZB 12/12

10.02.2016

BUNDESGERICHTSHOF

vom

15. Dezember 2015

in dem Rechtsstreit


Nachschlagewerk: ja


BGHZ: nein

BGHR: ja


§ 66 Abs. 1 Satz 1, § 22 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 2, § 51a Abs. 2


a) Die Befugnis, sich mit der Gerichtskostenerinnerung gegen den Kostenansatz zu wehren, steht nur demjenigen zu, der in der angegriffenen Kostenrechnung als Kostenschuldner ausgewählt und in Anspruch genommen worden ist.

b) Fehlt es an einer Kostengrundentscheidung, können der Musterkläger und die auf seiner Seite Beigeladenen als Antragsteller (§ 22 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 2 GKG aF) für die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz in der Höhe in Anspruch genommen werden, die sich aus ihrem nach § 51a Abs. 2 GKG aF (jetzt § 51a Abs. 3 GKG) zu bemessenden persönlichen Streitwert ergibt. Ob sich im Falle einer zu ihren Lasten ausfallenden Kostengrundentscheidung als Entscheidungsschuldner (§ 29 Nr. 1 GKG aF) ein geringerer Betrag errechnen würde, spielt keine Rolle.


BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2015 - XI ZB 12/12 - OLG Frankfurt am Main, LG Frankfurt am Main


Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. Dezember 2015 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ellenberger, die Richter Dr. Joeres und Dr. Matthias sowie die Richterinnen Dr. Menges und Dr. Dauber

beschlossen:

Die Erinnerungen der Rechtsbeschwerdeführerinnen zu 3, 8, 15, 18, 28, 30, 53, 64, 72, 90, 93, 108, 126 und 135 und die Erinnerungen der auf Musterklägerseite Beigetretenen B1 bis B1181 gegen den Ansatz der Gerichtskosten in den Kostenrechnungen des Bundesgerichtshofs vom 22., 23., 24. und 27. Juli 2015 werden als unzulässig verworfen.

Auf die Erinnerungen der Rechtsbeschwerdeführer zu 38, 39, 40, 98, 100, 101 und 102 wird der Ansatz der Gerichtskosten in den Kostenrechnungen des Bundesgerichtshofs vom 22. bzw. 23. Juli 2015 (Kassenzeichen 780015129616, 780015129624, 780015129632, 780015130328, 780015130344, 780015130351, 780015130369) aufgehoben. Die Kosten sind insoweit nach Maßgabe der Gründe dieses Beschlusses durch den Kostenbeamten neu anzusetzen.

Die Erinnerungen des Musterklägers und der Rechtsbeschwerdeführer zu 1, 2, 4 bis 7, 9 bis 14, 16, 17, 19 bis 27, 29, 31 bis 37, 41 bis 52, 54 bis 63, 65 bis 71, 73 bis 89, 91, 92, 94 bis 97, 99, 103 bis 107, 109 bis 125, 127 bis 134 und 136 gegen den Ansatz der Gerichtskosten in den Kostenrechnungen des Bundesgerichtshofs vom 22., 23., 24. und 27. Juli 2015 (Kassenzeichen 780015129301, 780015129319, 780015129327, 780015129335, 780015129343, 780015129350, 780015129368, 780015129376, 780015129384, 780015129392, 780015129407, 780015129415, 780015129423, 780015129431, 780015129449, 780015129456, 780015129464, 780015129472, 780015129480, 780015129498, 780015129502, 780015129510, 780015129528, 780015129536, 780015129544, 780015129551, 780015129569, 780015129577, 780015129585, 780015129593, 780015129608, 780015129640, 780015129657, 780015129665, 780015129673, 780015129681, 780015129699, 780015129703, 780015129711, 780015129729, 780015129809, 780015129817, 780015129825, 780015129833, 780015129841, 780015129858, 780015129866, 780015129874, 780015129882, 780015129890, 780015129905, 780015129913, 780015129921, 780015129939, 780015129947, 780015129954, 780015129962, 780015129970, 780015129988, 780015129996, 780015130096, 780015130101, 780015130119, 780015130127, 780015130135, 780015130143, 780015130150, 780015130168, 780015130176, 780015130184, 780015130192, 780015130207, 780015130215, 780015130223, 780015130231, 780015130249, 780015130256, 780015130264, 780015130272, 780015130280, 780015130298, 780015130302, 780015130310, 780015130336, 780015130377, 780015130385, 780015130393, 780015130408, 780015130416, 780015130625, 780015130633, 780015130641, 780015130658, 780015130666, 780015130674, 780015130682, 780015130690, 780015130704, 780015130712, 780015130720, 780015130738, 780015130963, 780015130971, 780015130989, 780015130997, 780015131007, 780015131015, 780015131023, 780015131031, 780015131049, 780015131056, 780015131064, 780015131072, 780015131080, 780015131098) werden zurückgewiesen.

Gründe:

[1] I. Mit Beschluss vom 21. Oktober 2014 (BGHZ 203, 1) hat der Senat über die Rechtsbeschwerden des Musterklägers und weiterer Beteiligter auf Musterklägerseite sowie über die Rechtsbeschwerde der Musterbeklagten gegen den Musterentscheid des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 16. Mai 2012 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 4. Juli 2012 entschieden. Eine Entscheidung über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens ist bislang nicht ergangen. Der Senat hat den Streitwert des Rechtsbeschwerdeverfahrens für die Gerichtskosten auf 30.000.000 € festgesetzt. Den Gegenstandswert für die im Rechtsbeschwerdeverfahren angefallenen außergerichtlichen Kosten des Prozessbevollmächtigten des Musterklägers, der Rechtsbeschwerdeführer zu 1 bis 136 und der Beigetretenen B1 bis B1181 hat er in Höhe der Summe der in den jeweiligen Ausgangsverfahren verfolgten Ansprüche festgesetzt. Diese Summe beläuft sich - abweichend von dem im Beschluss vom 21. Oktober 2014 errechneten Betrag - auf 9.242.949,23 € (vgl. Senatsbeschluss vom 15. Dezember 2015 - XI ZB 12/12 zur Festsetzung des Gegenstandswertes gemäß § 33 Abs. 1 RVG).

[2] Der Kostenbeamte des Bundesgerichtshofs hat gegen den Musterkläger, die Rechtsbeschwerdeführer zu 1, 2, 4 bis 7, 9 bis 12, 14, 16, 17, 19 bis 27, 29, 31 bis 52, 54 bis 63, 65 bis 71, 73 bis 89, 91, 92, 94 bis 107, 109 bis 125, 127 bis 134 und 136 gemäß KV Nr. 1821 der Anlage 1 zum GKG in der maßgeblichen (§ 71 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 GKG) zum Zeitpunkt der Einlegung der Rechtsbeschwerden im Mai und Juni 2012 geltenden Fassung (im Folgenden: GKG aF) Gerichtskosten in Höhe von 5,0 Gebühren aus dem jeweiligen persönlichen Streitwert ihrer Ausgangsverfahren angesetzt, die Gegenstand der Kostenrechnungen vom 22., 23., 24. und 27. Juli 2015 sind. Gegenüber dem Rechtsbeschwerdeführer zu 13, der seine Rechtsbeschwerde vor Eingang der Begründung zurückgenommen hat, ist gemäß KV Nr. 1822 Anlage 1 zum GKG aF nur eine ermäßigte 1,0 Gebühr aus seinem persönlichen Streitwert abgerechnet worden.

[3] Die Rechtsbeschwerdeführerinnen zu 3, 8, 15, 18, 28, 30, 53, 64, 72, 90, 93, 108, 126 und 135 haben keine Kostenrechnungen erhalten, weil sie in den Ausgangsverfahren einen Anspruch als Gesamtgläubiger mit einem der anderen Rechtsbeschwerdeführer einklagen. In der "Erläuterung des Rechnungsbetrages" der ausschließlich an den jeweils anderen rechtsbeschwerdeführenden Gesamtgläubiger gerichteten Kostenanforderung ist lediglich vermerkt, dass sie als Gesamtschuldner mithaften. Den auf Seiten des Musterklägers Beigetretenen B1 bis B1181 wurden bislang ebenfalls keine Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren in Rechnung gestellt.

[4] Der Musterkläger, die Rechtsbeschwerdeführer auf Musterklägerseite und die dem Rechtsbeschwerdeverfahren des Musterklägers Beigetretene haben Erinnerungen gegen die Kostenansätze eingelegt. Sie sind der Ansicht, die Regelung des § 51a Abs. 2 GKG aF, nach der der Musterkläger und die auf seiner Seite Beigeladenen Gerichtsgebühren nur nach dem Wert der jeweiligen Ausgangsverfahren schuldeten, sei nur als Obergrenze zu verstehen. Als Kontrollrechnung sei der Grad der Beteiligung am wirtschaftlichen Gesamtinteresse aller am Rechtsbeschwerdeverfahren auf Musterklägerseite Beteiligten (hier: 9.242.949,23 €) zu ermitteln. Sei der prozentuale Anteil an den sich aus diesem Gesamtinteresse errechnenden Gerichtskosten geringer als der sich nach § 51a Abs. 2 GKG aF ergebende Betrag, so sei dieser geringere Betrag anzusetzen.

[5] Der Kostenbeamte hat den Erinnerungen nicht abgeholfen.

[6] II. Über die Erinnerungen gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 GKG aF entscheidet beim Bundesgerichtshof der nach § 139 Abs. 1 GVG gerichtsverfassungsrechtlich allein vorgesehene Senat (BGH, Beschlüsse vom 13. Januar 2005 - V ZR 218/04, NJW-RR 2005, 584, vom 30. Mai 2007 - XI ZR 229/06, juris Rn. 1, vom 20. September 2007 - IX ZB 35/07, JurBüro 2008, 43 und vom 16. Oktober 2012 - II ZB 6/09, WM 2013, 23 Rn. 4). Die Neufassung des § 1 Abs. 5 GKG durch das 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz mit Wirkung zum 1. August 2013, die für Gerichtskostenerinnerungen beim Bundesgerichtshof die funktionelle Zuständigkeit des Einzelrichters begründet hat (BGH, Beschluss vom 23. April 2015 - I ZB 73/14, WM 2015, 1870 Rn. 6 f.), findet in zeitlicher Hinsicht noch keine Anwendung.

[7] III. Die Erinnerungen haben - bis auf die Erinnerungen der Rechtsbeschwerdeführer zu 38, 39, 40, 98, 100, 101 und 102 - keinen Erfolg.

[8] 1. Die Erinnerungen der Rechtsbeschwerdeführerinnen zu 3, 8, 15, 18, 28, 30, 53, 64, 72, 90, 93, 108, 126 und 135 sowie die Erinnerungen der auf Musterklägerseite Beigetretenen B1 bis B1181 sind bereits unzulässig. Sie sind durch die angegriffenen Kostenansätze nicht beschwert.

[9] a) Gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 GKG aF kann der Kostenschuldner gegen den Kostenansatz Erinnerung einlegen.

[10] Der Kostenansatz besteht in der Aufstellung der Kostenrechnung und hat die Berechnung der Gerichtskosten sowie die Feststellung der Kostenschuldner zum Gegenstand (§ 4 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 KostVfg). Haften mehrere Kostenschuldner als Gesamtschuldner, bestimmt der Kostenbeamte unter Beachtung der Grundsätze des § 8 KostVfg, wer zunächst in Anspruch genommen werden soll (§ 7 Abs. 2 KostVfg).

[11] Die Befugnis, sich mit der Erinnerung gegen den Kostenansatz zu wehren, steht dabei nur demjenigen zu, der in der angegriffenen Kostenrechnung als Kostenschuldner ausgewählt und in Anspruch genommen worden ist (OLG Schleswig, JurBüro 1981, 403; OLG Düsseldorf, RPfleger 1985, 255 mit zustimmender Anm. E. Schneider in KostRsp. Nr. 32 § 5 GKG; LG Essen,

RPfleger 1974, 81; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 17. April 2009 - 2 O 183/08, juris Rn. 9; Oestreich in Oestreich/Hellstab/Trenkle, GKG/FamGKG, § 66 GKG Rn. 30; ebenso zu § 14 KostO aF Korintenberg/Lappe, KostO, 18. Aufl., § 14 Rn. 46). Dies entspricht der Rechtsprechung zur Vorgängerregelung des § 4 GKG aF (BGH, Beschluss vom 30. April 1955 - VI ZR 19/54, RPfleger 1956, 12), in der noch von der Erinnerung des "Zahlungspflichtigen" gegen den Ansatz von Gebühren die Rede war. Mit der später erfolgten sprachlichen Anpassung der Vorschrift (Erinnerung des "Kostenschuldners") wurde ersichtlich keine inhaltliche Änderung bezweckt, schon gar keine Erweiterung des Kreises der Anfechtungsberechtigten (vgl. BT-Drucks. 2/2545, S. 155; Oestreich in Oestreich/Hellstab/Trenkle, GKG/FamGKG, § 66 GKG Rn. 30). Die Gegenansicht, nach der jeder, der als Gesamtschuldner für die Gerichtskosten herangezogen werden kann, erinnerungsbefugt ist, auch wenn er selbst in der Kostenrechnung nicht genannt ist (OLG Nürnberg,

JurBüro 1963, 550, 551; OLG München, JurBüro 1982, 884; OLG München, MDR 1990, 62 f.; Meyer, GKG/FamGKG, 15. Aufl., § 66 GKG Rn. 9; Hartmann, Kostengesetze, 45. Aufl., § 66 GKG Rn. 6; NK-GK/Volpert, § 66 Rn. 27; Zimmermann in Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, GKG, 3. Aufl., § 66 Rn. 19; zu § 14 KostO aF BayObLG, JurBüro 1975, 492, 493), lässt außer Acht, dass der Erinnerungsführer mit diesem Rechtsbehelf zulässigerweise nur die Beseitigung einer durch den konkret angegriffenen Kostenansatz geschaffenen Beschwer erstreben kann. Dem Gesamtschuldner, der mit dem Kostenansatz nicht als erstattungspflichtiger Kostenschuldner ausgewählt wurde, fehlt es an einer solchen Beschwer.

[12] b) Danach sind die Rechtsbeschwerdeführerinnen zu 3, 8, 15, 18, 28, 30, 53, 64, 72, 90, 93, 108, 126 und 135 sowie die dem Rechtsbeschwerdeverfahren des Musterklägers Beigetretenen B1 bis B1181 nicht erinnerungsbefugt. Sie haben bislang keine Kostenanforderungen erhalten. Auch wenn sie als Gesamtschuldner neben den in Anspruch Genommenen ebenfalls Gerichtskosten schulden (§ 22 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 2, § 31 Abs. 1, § 51a Abs. 2 GKG aF), werden sie durch die angegriffenen Kostenansätze nicht belastet. Nichts anderes ergibt sich daraus, dass die Rechtsbeschwerdeführerinnen zu 8, 15, 18, 28, 30, 53, 64, 72, 90, 93, 108, 126 und 135 in der "Erläuterung des Rechnungsbetrages" als mithaftende Gesamtschuldner aufgeführt werden. Dem nach § 24 Abs. 2 Satz 1 KostVfg in die für die Sachakte bestimmte Urschrift der Kostenrechnung aufzunehmenden Mithaftvermerk kommt lediglich die Funktion einer verwaltungsinternen Notiz zu (E. Schneider in KostRsp. Nr. 32 § 5 GKG). Die Aufnahme dieser Information in die Kostenanforderung gegenüber dem ausgewählten Kostenschuldner (§ 25 Abs. 2 Satz 1 KostVfg) dient der Erläuterung seiner Inanspruchnahme. Dieser Zusatz entfaltet bereits deshalb keine belastende Regelungswirkung gegenüber dem als Mithaftenden benannten Gesamtschuldner, weil sich die Kostenanforderung nicht an ihn richtet (vgl. zu § 14 KostO aF Korintenberg/Lappe, KostO, 18. Aufl., § 14 Rn. 46).

[13] 2. Die zulässigen Erinnerungen des Musterklägers und der übrigen Rechtsbeschwerdeführer auf Musterklägerseite sind - bis auf die Erinnerungen der Rechtsbeschwerdeführer zu 38, 39, 40, 98, 100, 101 und 102 (dazu unter 3.) - unbegründet. Die Kostenansätze auf Grundlage des Wertes der in den jeweiligen Ausgangsverfahren verfolgten Ansprüche treffen zu.

[14] a) Die Kosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren werden gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 GKG nach dem bei Einlegung des Rechtsmittels geltenden Recht erhoben. Danach sind gemäß Nr. 1821 der Anlage 1 zum GKG aF 5,0 Gerichtsgebühren aus dem Streitwert von 30.000.000 €, mithin 457.280 €, angefallen. Die Gerichtsgebühren sind fällig (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 GKG aF). Der Musterkläger und die übrigen Rechtsbeschwerdeführer auf Musterklägerseite sind gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 2 GKG aF als Antragsteller des Rechtsbeschwerdeverfahrens Kostenschuldner.

[15] b) Zu Recht wurden die Gerichtsgebühren nach dem Wert der in den jeweiligen Ausgangsverfahren verfolgten Ansprüche berechnet.

[16] aa) Der Musterkläger und die auf seiner Seite Beigeladenen schulden gemäß § 51a Abs. 2 GKG aF (jetzt § 51a Abs. 3 GKG) im Rechtsbeschwerdeverfahren Gerichtsgebühren jeweils nur nach dem Wert, der sich aus den von ihnen im Prozessverfahren geltend gemachten Ansprüchen, die Gegenstand des Musterverfahrens sind, ergibt (persönlicher Streitwert). Die Regelung bewirkt eine Haftungsbeschränkung, so dass die Rechtsbeschwerdeführer und Beigetretenen auf Musterklägerseite auf Grundlage der Antragstellerhaftung (§ 22 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 2 GKG aF) nicht auf die gesamten Gerichtsgebühren des Rechtsbeschwerdeverfahrens in Anspruch genommen werden können, die aus der Summe der in sämtlichen nach § 7 KapMuG aF ausgesetzten Prozessverfahren geltend gemachten Ansprüche, soweit diese Gegenstand des Musterverfahrens sind, anfallen (§ 51a Abs. 1 GKG aF; jetzt § 51a Abs. 2 GKG). Zu ihrem Schutz wird die Inanspruchnahme auf die aus dem persönlichen Streitwert anfallenden Gerichtsgebühren begrenzt, weil ihr wirtschaftliches Interesse nicht höher sein kann als der im Hauptsacheprozess verfolgte Anspruch (vgl. BT-Drucks. 15/5091, S. 35). Die durch § 51a Abs. 2 GKG aF geschaffene Obergrenze bewirkt also, dass der Musterkläger und die auf seiner Seite Beigeladenen für die aus dem Wert des § 51a Abs. 1 GKG aF (hier: 30.000.000 €) errechneten Gerichtsgebühren (hier: 457.280 €) jeweils maximal in der Höhe in Anspruch genommen werden können, die sich aus ihrem persönlichen Streitwert ergibt (BGH, Beschlüsse vom 16. Oktober 2012 - II ZB 6/09, WM 2013, 23 Rn. 7, vom 22. Oktober 2013 - II ZB 7/09, NJW-RR 2014, 509 Rn. 8 und vom 5. Mai 2015 - II ZB 29/12, juris Rn. 6). Dabei hat der Gesetzgeber bewusst in Kauf genommen, dass vor Entscheidung über die Kosten des Verfahrens auf Grundlage der Antragstellerhaftung nur ein Teil der Gerichtsgebühren von der Musterklägerseite gedeckt werden kann (BT-Drucks. 15/5091, S. 35; BGH, Beschluss vom 22. Oktober 2013 - II ZB 7/09, NJW-RR 2014, 509 Rn. 9).

[17] bb) Für die Inanspruchnahme als Antragsteller des Rechtsbeschwerdeverfahrens besteht kein Grund, die durch § 51a Abs. 2 GKG aF bestimmte Obergrenze zu unterschreiten.

[18] Sinn und Zweck des § 51a Abs. 2 GKG aF ist es, für die am Musterverfahren auf Seiten des Musterklägers Beteiligten die Entstehung unzumutbarer Kostenrisiken zu verhindern, die dann eintreten können, wenn der persönliche Streitwert und damit das persönliche Interesse des einzelnen Klägers im Ausgangsverfahren wesentlich niedriger ist, als der Gesamtstreitwert im Sinne von § 51a Abs.1 GKG aF. Bis zur Höhe der Gerichtsgebühren aus dem jeweiligen persönlichen Streitwert ist ihnen die Kostentragung indes zumutbar (BGH, Beschluss vom 16. Oktober 2012 - II ZB 6/09, WM 2013, 23 Rn. 8; zu einem entsprechenden Ansatz bei fehlender Kostengrundentscheidung vgl. BGH, Beschluss vom 22. Oktober 2013 - II ZB 7/09, NJW-RR 2014, 509 Rn. 8).

[19] Ohne Erfolg reklamiert die Erinnerung, der Kostenansatz sei auf den Betrag zu begrenzen, der sich aus dem Grad der Beteiligung am Gesamtinteresse aller am Rechtsbeschwerdeverfahren auf Musterklägerseite Beteiligten (hier: 9.242.949,23 €) bezogen auf die aus dieser Summe errechneten Gerichtskosten ergibt. Für eine solche Berechnung ergeben sich weder aus dem Gesetz noch aus den von der Erinnerung angeführten Beschlüssen des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 27. November 2014 und 5. Mai 2015 (II ZB 29/12, juris) irgendwelche Anhaltspunkte. Der Verweis auf die Kostengrundentscheidung im Beschluss vom 1. Juli 2014 (II ZB 29/12, WM 2014, 1946) in der Fassung des Abänderungsbeschlusses vom 27. November 2014, nach der dem dortigen Musterkläger und den auf seiner Seite Beigeladenen gemäß § 19 Abs. 1 KapMuG aF die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Musterbeklagten nach ihrer prozentualen Beteiligung am Gesamtinteresse des Rechtsbeschwerdeverfahrens auferlegt wurden, ist ohne Aussagekraft. Anders als die Regelung zur Kostengrundentscheidung nach § 19 Abs. 1 KapMuG aF (jetzt § 26 Abs. 1 KapMuG) stellt die Antragstellerhaftung nach § 22 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 2, § 51a Abs. 2 GKG aF gerade nicht auf den Grad der Beteiligung am Rechtsbeschwerdeverfahren ab. Vorliegend fehlt es an einer Kostengrundentscheidung, die für die vorrangige Inanspruchnahme als Entscheidungsschuldner (§ 29 Nr. 1, § 31 Abs. 2 GKG aF) zu einem Kostenansatz führen kann, der unterhalb der Obergrenze des § 51a Abs. 2 GKG aF liegt (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 5. Mai 2015 - II ZB 29/12, juris Rn. 5 ff. einerseits und Rn. 8 andererseits). Zudem verkennt die Erinnerung bei ihrer Vergleichsberechnung, dass für die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - anders als für die nach § 19 Abs. 1 KapMuG aF (jetzt § 26 Abs. 1 KapMuG) zu bildenden Kostenquoten - gemäß § 51a Abs. 1 GKG aF (jetzt § 51a Abs. 2 GKG) stets der volle Streitwert aller ausgesetzten Verfahren (hier: 30.000.000 €) maßgeblich ist.

[20] Anders als die Erinnerung meint, ist der auf Grundlage der Antragstellerhaftung gemäß § 51a Abs. 2 GKG aF errechnete Kostenansatz auch nicht unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten daraufhin zu überprüfen, ob sich im Falle einer zu Lasten der Musterklägerseite ausfallenden Kostengrundentscheidung nach § 19 Abs. 1 KapMuG aF als Entscheidungsschuldner (§ 29 Nr. 1 GKG aF) ein geringerer Betrag errechnen würde. Selbst wenn der Antragsteller - anders als hier - auf einen Teil der Gerichtskosten auch als Entscheidungsschuldner haften würde, würde die Haftung als Antragsteller nicht entfallen oder auf diesen Betrag begrenzt, sondern nach Maßgabe des § 31 Abs. 2 GKG aF subsidiär fortbestehen. Solange - wie hier - noch keine gerichtliche Kostenentscheidung ergangen ist, kann sich der Antragsteller gegen seine Inanspruchnahme ohnehin nicht auf die Vorrangregelung des § 31 Abs. 2 GKG berufen (Meyer, GKG/FamGKG, 15. Aufl., § 31 GKG Rn. 16). Die dort geregelte Haftungsverteilung zwischen Erst- und Zweitschuldnern betrifft nur die Geltendmachung noch ausstehender Kosten zu einem Zeitpunkt, in dem bereits ein anderer Entscheidungsschuldner bestimmt ist (BGH, Beschluss vom 7. Oktober 1981 - IVb ZB 97/78, JurBüro 1982, 50 mwN zur Vorgängerregelung in § 58 Abs. 2 GKG).

[21] 3. Die Erinnerungen der Rechtsbeschwerdeführer zu 38, 39, 40, 98, 100, 101 und 102 sind jedoch begründet und führen zur Aufhebung der Kostenansätze, weil zu ihren Lasten falsche Werte der von ihnen in den Ausgangsverfahren verfolgten Ansprüche zu Grunde gelegt worden sind.

[22] a) Die Rechtsbeschwerdeführer zu 38 (H. R. ) und 39 (K.

R. ) haben unter dem 22. Juli 2015 jeweils eine Kostenanforderung über 5,0 Gebühren aus einem Wert von 7.151,14 €, mithin 830 €, erhalten (Kassenzeichen 780015129616 und 780015129624). Sie verfolgen im Ausgangsverfahren jedoch nur einen Anspruch in Höhe von 7.151,14 € als Gesamtgläubiger, so dass nur einmal 5,0 Gebühren aus diesem Wert abgerechnet werden dürfen, wobei beide als Gesamtschuldner auf den vollen Betrag haften (§ 31 Abs. 1 Satz 1 GKG aF). Dabei obliegt die Entscheidung, welcher Gesamtschuldner in welchem Umfang in Anspruch genommen wird, dem Kostenbeamten (§ 7 Abs. 2 KostVfg). Auf die Erinnerung sind daher beide Kostenansätze aufzuheben, um dem Kostenbeamten eine dahingehende Entscheidung zu ermöglichen.

[23] b) Dem Rechtsbeschwerdeführer zu 40 (Dr. J. ) wurden mit Rechnung vom 22. Juli 2015 Gerichtskosten in Höhe von 5,0 Gebühren aus 38.964,43 €, mithin 1.990 €, in Rechnung gestellt (Kassenzeichen 780015129632). Der von ihm im Ausgangsverfahren geltend gemachte Anspruch beläuft sich jedoch nur auf 19.922,20 €, so dass ihm nur 5,0 Gebühren aus diesem Wert in Rechnung gestellt werden dürfen.

[24] c) Der Rechtsbeschwerdeführer zu 98 (F. Ru. ) hat unter dem 23. Juli 2015 eine Kostenrechnung über 5,0 Gerichtsgebühren aus dem Wert von 3.391,39 €, mithin 525 €, erhalten (Kassenzeichen 780015130328). Er verfolgt in seinem Ausgangsverfahren jedoch nur einen Anspruch in Höhe von 1.905 €, so dass nur 5,0 Gebühren aus diesem Wert abzurechnen sind.

[25] d) Gegenüber dem Rechtsbeschwerdeführer zu 100 (S. Ki. ) wurden unter dem 23. Juli 2015 Gerichtskosten in Höhe von 5,0 Gebühren aus 8.130,90 €, mithin 905 €, abgerechnet (Kassenzeichen 780015130344). Er klagt im Ausgangsverfahren jedoch nur einen Anspruch in Höhe von 3.357 € ein, so dass nur 5,0 Gebühren aus diesem Wert in Ansatz gebracht werden dürfen.

[26] e) Die Rechtsbeschwerdeführerin zu 101 (R. D. ) hat unter dem 23. Juli 2015 eine Kostenrechnung über 5,0 Gebühren aus 3.212,81 €, also 485 €, erhalten (Kassenzeichen 780015130351) und der Rechtsbeschwerdeführer zu 102 (E. D. ) unter dem gleichen Datum eine Kostenrechnung über 5,0 Gebühren aus 2.560 €, mithin 445 € (Kassenzeichen 780015130369). Tatsächlich klagen beide zusammen als Gesamtgläubiger nur einen Anspruch in Höhe von 1.512 € ein, so dass ihnen gegenüber gesamtschuldnerisch nur 5,0 Gebühren aus diesem Wert in Rechnung gestellt werden dürfen.

[27] 4. Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 66 Abs. 8 GKG aF).

Ellenberger Joeres Matthias

Menges Dauber

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