BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2020 - XIII ZB 41/20

16.02.2021

BUNDESGERICHTSHOF

vom

15. Dezember 2020

in der Abschiebungshaftsache


Nachschlagewerk: ja


BGHZ: nein

BGHR: ja


FamFG § 70 Abs. 1, Abs. 3


Der Behörde steht die Rechtsbeschwerde gegen eine Entscheidung, mit der die Rechtswidrigkeit der Anordnung oder Fortdauer der Haft festgestellt worden ist, nur dann zu, wenn das Rechtsmittel vom Beschwerdegericht zugelassen worden ist.


BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2020 - XIII ZB 41/20 - LG München I, AG München


Der XIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. Dezember 2020 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die Richterin Prof. Dr. Schmidt-Räntsch, den Richter Prof. Dr. Kirchhoff sowie die Richterinnen Dr. Picker und Dr. Rombach

beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts München I - 13. Zivilkammer - vom 31. März 2020 wird verworfen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen im Rechtsbeschwerdeverfahren werden dem Landkreis Freising auferlegt.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 5.000 €.

Gründe:

[1] I. Der Betroffene, ein pakistanischer Staatsangehöriger, reiste 2015 mit falschen Identitätsnachweisen in das Bundesgebiet ein. Seinen Asylantrag lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Bescheid vom 21. Februar 2017 ab; die hiergegen beim Verwaltungsgericht eingereichte Klage des Betroffenen blieb ohne Erfolg. Nachdem sein Aufenthalt zwischenzeitlich unbekannt war, wurde er am 17. Februar 2019 in München festgenommen und befand sich in der Folge in Untersuchungshaft.

[2] Das Amtsgericht hat auf Antrag der beteiligten Behörde mit Beschluss vom 17. Juni 2019 Abschiebungshaft gegen den Betroffenen bis zum 2. August 2019 angeordnet. Auf die hiergegen gerichtete, nach der am 29. Juli 2019 erfolgten Abschiebung mit dem Feststellungsantrag weiter verfolgte Beschwerde des Betroffenen hat das Landgericht festgestellt, dass der Beschluss des Amtsgerichts diesen in seinen Rechten verletzt habe. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der beteiligten Behörde.

[3] II. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

[4] 1. Das Beschwerdegericht hat die Haftanordnung durch das Amtsgericht als rechtswidrig angesehen, weil der Haftantrag der beteiligten Behörde mangels Erwähnung des im Fall des Betroffenen maßgeblichen Rückübernahmeabkommens und des danach zu erwartenden Ablaufs seiner geplanten Abschiebung unzulässig gewesen sei.

[5] 2. Das Rechtsmittel ist unzulässig.

[6] a) Gemäß § 70 Abs. 1 und 3 FamFG ist die Rechtsbeschwerde in Freiheitsentziehungssachen nur statthaft, wenn sie entweder vom Beschwerdegericht zugelassen worden ist oder sich gegen einen die Freiheitsentziehung anordnenden oder eine Freiheitsentziehungsmaßnahme ablehnenden oder zurückweisenden Beschluss richtet.

[7] b) Die Beschwerdeentscheidung stellt keinen eine Freiheitsentziehungsmaßnahme ablehnenden oder zurückweisenden Beschluss im Sinne des § 70 Abs. 3 Satz 2 FamFG dar. Eine solche Ablehnung liegt nur vor, wenn das Beschwerdegericht eine vom Amtsgericht angeordnete Haft zur Sicherung einer Abschiebung aufhebt bzw. in Übereinstimmung mit dem Amtsgericht deren Anordnung verweigert. Das ist nicht der Fall, wenn das Beschwerdegericht - nach Hauptsacheerledigung - die Feststellung trifft, dass die Haftanordnung den Betroffenen in seinen Rechten verletzt habe (vgl. BGH, Beschlüsse vom 29. Juni 2017 - V ZB 64/17, Asylmagazin 2018, 101 [Ls.] = juris Rn. 4; vom 12. Juli 2018 - V ZB 48/18, juris Rn. 8).

[8] c) Das Beschwerdegericht hat die Rechtsbeschwerde in der angefochtenen Entscheidung nicht zugelassen. Ein entsprechender Ausspruch findet sich weder im Tenor noch - auch nur andeutungsweise - in den Gründen des Beschlusses vom 31. März 2020. Eine Zulassung ergibt sich auch nicht aus der vom Beschwerdegericht unterschriebenen Rechtsmittelbelehrung. Diese dient allein der Information der Beteiligten über bestehende Rechtsmittel; eine Entscheidung über die Zulassung der Rechtsbeschwerde kann daraus nicht abgeleitet werden (vgl. BGH, Beschluss vom 24. März 2020 - XIII ZB 122/19, juris Rn. 6 mwN).

[9] 3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 84, 430 FamFG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus § 36 Abs. 3 GNotKG

Meier-Beck Schmidt-Räntsch Kirchhoff

Picker Rombach

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