BGH, Beschluss vom 29. Juni 2017 - V ZB 144/16

04.10.2017

BUNDESGERICHTSHOF

vom

29. Juni 2017

in der Grundbuchsache


Nachschlagewerk: ja


BGHZ: nein

BGHR: ja


BGB §§ 183, 878; ErbbauRG § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 1


Ist als Inhalt des Erbbaurechts vereinbart, dass der Erbbauberechtigte zur Veräußerung des Erbbaurechts der Zustimmung des Grundstückseigentümers bedarf, wird die erteilte Zustimmung unwiderruflich, sobald die schuldrechtliche Vereinbarung über die Veräußerung wirksam geworden ist.


BGH, Beschluss vom 29. Juni 2017 - V ZB 144/16 - OLG München, AG Memmingen


Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. Juni 2017 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterin Prof. Dr. Schmidt-Räntsch, den Richter Dr. Kazele, die Richterin Haberkamp und den Richter Dr. Hamdorf

beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1 werden der Beschluss des Oberlandesgerichts München - 34. Zivilsenat - vom 29. September 2016 und die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Memmingen - Grundbuchamt - vom 4. Mai 2016 aufgehoben.

Das Grundbuchamt wird angewiesen, den Vollzug des Eintragungsantrages des Beteiligten zu 1 vom 15. April 2016 nicht aus den in der Zwischenverfügung vom 4. Mai 2016 angegebenen Gründen zu verweigern.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 5.000 €.

Gründe:

[1] I. Die Beteiligte zu 2 ist Inhaberin eines Erbbaurechts an einem im Eigentum der Beteiligten zu 3 stehenden Grundstück. Zur Veräußerung des Erbbaurechts ist gemäß Grundbucheintrag die Zustimmung des Eigentümers erforderlich. Die Beteiligten zu 1 und 2 einigten sich notariell über die Übertragung des Erbbaurechts auf den Beteiligten zu 1 und beauftragten den Notar mit dem Vollzug der Urkunde sowie mit der Einholung der Genehmigung der Eigentümerin. Zudem vereinbarten sie, dass die Genehmigung mit deren Eingang bei dem Notar allen Beteiligten als zugegangen gelten solle. Die Beteiligte zu 3 erklärte mit unterschriebenem und mit Farbdrucksiegel der Stadt M. versehenem Schreiben vom 19. Februar 2016 gegenüber dem Notar die Zustimmung zu "der Veräußerung des Grundstücks" an den Beteiligten zu 1. Mit ebenfalls gesiegeltem Schreiben vom 4. April 2016 widerrief sie ihre Zustimmung zu dem "genannten Kaufvertrag". Der Notar bewilligte aufgrund ihm erteilter Vollmacht am 15. April 2016 die Auflassung und stellte Eintragungsantrag, dem die Erklärung der Zustimmung und des Widerrufs der Beteiligten zu 3 beigefügt waren.

[2] Das Grundbuchamt hat mit Zwischenverfügung vom 4. Mai 2016 das Fehlen der Eigentümerzustimmung beanstandet. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Beteiligten zu 1 hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde wendet sich der Beteiligte zu 1 weiter gegen die Zwischenverfügung des Grundbuchamtes. Die Beteiligte zu 3 beantragt die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.

[3] II. Das Beschwerdegericht, dessen Entscheidung unter anderem in FGPrax 2016, 256 veröffentlicht ist, meint, das von dem Grundbuchamt aufgezeigte Eintragungshindernis bestehe, da die Beteiligte zu 3 ihre als Zustimmung zu der Übertragung des Erbbaurechts auszulegende Erklärung wirksam widerrufen habe. Zwar sei umstritten, ob eine nach § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 1 ErbbauRG erforderliche Zustimmung des Eigentümers zu der Übertragung des Erbbaurechts noch widerrufen werden könne, nachdem sie durch Zugang bei dem Erbbauberechtigten oder dem Erwerber wirksam geworden sei. Jedenfalls bis zu der Stellung des Eintragungsantrags bei dem Grundbuchamt müsse die Zustimmungserklärung aber gemäß § 183 Satz 1 Halbsatz 1 BGB als widerruflich angesehen werden.

[4] III. Die nach § 78 Abs. 1 GBO statthafte und auch im Übrigen gemäß § 78 Abs. 3 GBO i.V.m. § 71 FamFG zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Die Annahme des Beschwerdegerichts, die Zwischenverfügung des Grundbuchamts sei zu Recht ergangen, hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand.

[5] 1. Die Zwischenverfügung weist zwar einen zulässigen Inhalt i.S.d. § 18 Abs. 1 Satz 1 GBO auf. Sie zielt auf die Behebung eines Mangels des Antrags, der mit rückwirkender Kraft geheilt werden kann (vgl. zu diesem Erfordernis Senat, Beschluss vom 12. Oktober 2016 - V ZB 198/15, WuM 2017, 54 Rn. 6; Beschluss vom 26. Juni 2014 - V ZB 1/12, FGPrax 2014, 192 Rn. 6). Eine erneute Zustimmung der Beteiligten zu 3 zu der Veräußerung des Erbbaurechts würde nach § 184 Abs. 1 BGB auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts zurückwirken.

[6] 2. Im Ansatz zutreffend geht das Beschwerdegericht auch davon aus, dass die Eintragung des Übergangs des Erbbaurechts auf den Beteiligten zu 1 gemäß § 15 ErbbauRG verfahrensrechtlich den Nachweis der nach § 5 Abs. 1 ErbbauRG erforderlichen Zustimmung der Beteiligten zu 3 in der Form des § 29 GBO voraussetzt und dass das Grundbuchamt das Vorliegen dieser Voraussetzung von Amts wegen zu prüfen hat (vgl. BayObLG, FGPrax 2001, 174, 176; MüKoBGB/Heinemann, 7. Aufl., § 15 ErbbauRG Rn. 1; vgl. zu § 12 Abs. 1 WEG auch Senat, Beschluss vom 11. Oktober 2012 - V ZB 2/12, ZfIR 2013, 25 Rn. 6). Die Zustimmungserklärung der Beteiligten zu 3 vom 19. Februar 2016 genügt nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts der Form des § 29 Abs. 3 GBO (vgl. zu dessen Voraussetzungen Senat, Beschluss vom 14. Dezember 2016 - V ZB 88/16, NJW 2017, 1951 Rn. 10 ff.), und dessen Auslegung der Erklärung dahingehend, diese habe sich trotz ihres missverständlichen Wortlauts auf die Übertragung des Erbbaurechts bezogen, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Sie entspricht dem Auslegungsgrundsatz, dass im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage entspricht (Senat, Urteil vom 3. Juni 2016 - V ZR 166/15, WuM 2016, 702 Rn. 9 mwN).

[7] 3. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts hat die Beteiligte zu 3 ihre Zustimmung aber nicht wirksam widerrufen, so dass das Grundbuchamt die Eintragung nicht von der Vorlage einer (weiteren) Zustimmungserklärung in der Form des § 29 GBO abhängig machen durfte.

[8] a) Die Zustimmung zu der Veräußerung des Erbbaurechts ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, deren Voraussetzungen und Wirksamkeit nach den §§ 182 ff. BGB zu beurteilen ist (Lemke/Czub, Immobilienrecht, 2. Aufl., § 5 ErbbauRG Rn. 20). Die vorherige Zustimmung (Einwilligung) ist nach § 183 Satz 1 BGB bis zur Vornahme des Rechtsgeschäfts widerruflich, soweit nicht aus dem ihrer Erteilung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis sich ein anderes ergibt. Folglich ist die Einwilligung des Grundstückseigentümers zu dem Vertrag, mit dem sich der Erbbauberechtigte zur Übertragung des Erbbaurechts auf den Dritten verpflichtet, bis zum Vertragsschluss widerruflich, die nach Vertragsschluss erteilte Zustimmung (Genehmigung) hingegen in Bezug auf das Verpflichtungsgeschäft unwiderruflich. Umstritten ist, bis zu welchem Zeitpunkt die Zustimmung zu dem dinglichen Rechtsgeschäft, also zu der Verfügung des Erbbauberechtigten über das Erbbaurecht widerrufen werden kann.

[9] aa) Der Bundesgerichtshof hat zu § 5 ErbbauRG (damals noch § 5

ErbbauVO) entschieden, dass die danach erforderliche Zustimmung des Grundstückseigentümers zu einer Verfügung über das Erbbaurecht bis zu der Eintragung des Rechtsübergangs oder der Belastung im Grundbuch widerruflich ist (Urteil vom 27. September 1962 - III ZR 83/61, NJW 1963, 36 f.). Dies wurde damit begründet, dass das Zustimmungserfordernis den Erbbauberechtigten in seiner Befugnis zur Verfügung über das Erbbaurecht beschränke (so auch schon Senat, Beschluss vom 8. Juli 1960 - V ZB 8/59, BGHZ 33, 76, 85) und somit eine vom Gesetz zugelassene Ausnahme von dem in § 137 BGB aufgestellten Verbot der rechtsgeschäftlichen Verfügungsbeschränkung darstelle. Die unbeschränkte Verfügungsmacht müsse grundsätzlich in dem Augenblick vorhanden sein, in dem die Verfügung wirksam werden solle, bei der Verfügung über ein Erbbaurecht also bei der Eintragung dieser Rechtsänderung in das Grundbuch. Gehöre die Eintragung aber zum Tatbestand des zustimmungsbedürftigen Rechtsgeschäftes, dann sei eine zuvor erteilte Zustimmung eine Einwilligung im Sinne des § 183 BGB, die bis zur Vornahme der Eintragung widerruflich sei. Werde allerdings der Widerruf erst erklärt, nachdem die Einigung über die Rechtsänderung gemäß § 873 Abs. 2 BGB bindend geworden ist, so habe der dadurch bewirkte erneute Eintritt der Verfügungsbeschränkung gemäß § 878 BGB keinen Einfluss auf die bereits wirksam erfolgte Einigung (BGH, Urteil vom 27. September 1962 - III ZR 83/61, aaO).

[10] bb) Rechtsprechung und Schrifttum sind dem ganz überwiegend gefolgt (OLG Köln, MittRhNotK 1996, 275 f.; OLG Düsseldorf, MittRhNotK 1996, 276 f.; Böttcher, Praktische Fragen des Erbbaurechts, 7. Aufl., Rn. 257; ders., Rpfleger 1984, 377, 379; Lemke/Czub, Immobilienrecht, 2. Aufl., § 5 ErbbauRG Rn. 21; Erman/Grziwotz, BGB, 14. Aufl., § 5 ErbbauRG Rn. 4; Hustedt in

Ingenstau/Hustedt, ErbbauRG, 10. Aufl., § 5 Rn. 20; MüKoBGB/Heinemann, 7. Aufl., § 5 ErbbauRG Rn. 4; von Oefele/Winkler/Schlögel, Handbuch Erbbaurecht, 6. Aufl., § 4 Rn. 183; Palandt/Bassenge, BGB, bis zur 72. Aufl.,

§ 5 ErbbauRG Rn. 5; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl., Rn. 1783;

Staudinger/Gursky, BGB [2012], § 873 Rn. 189).

[11] cc) Nach einer im Vordringen befindlichen Auffassung soll die Zustimmung zu der Verfügung über das Erbbaurecht hingegen nicht mehr widerrufen werden können, nachdem das schuldrechtliche Kausalgeschäft wirksam geworden ist (Kössinger in Bauer/von Oefele, GBO, 3. Aufl., § 19 Rn. 203;

Palandt/Wicke, BGB, 76. Aufl., ErbbauRG § 5 Rn. 5; Staudinger/Rapp, BGB [2017], §§ 5-7 ErbbauRG Rn. 1; Kesseler, RNotZ 2005, 543, 547).

[12] Hierfür wird angeführt, bei dem nach § 5 ErbbauRG als Inhalt des Erbbaurechts vereinbarten Zustimmungserfordernis handele es sich nicht um eine Beschränkung der Verfügungsbefugnis des Berechtigten, sondern um eine an den Gegenstand der Übertragung anknüpfende Beschränkung der Übertragbarkeit, d. h. um eine auf der Ebene des Rechts selbst eintretende sog. Fungibilitätseinschränkung (Kesseler, aaO; Kössinger, aaO, Rn. 202 f.). Diese werde aber mit einer wirksamen Zustimmungserklärung materiell-rechtlich unwiderruflich beseitigt, so dass spätere Veränderungen, etwa ein Wechsel des Zustimmungsberechtigten, nicht von Bedeutung seien (Kössinger, aaO, Rn. 203; i.Erg. auch Kesseler, aaO; Staudinger/Rapp, aaO).

[13] b) Die letztgenannte Ansicht ist im Ergebnis richtig. Ist als Inhalt des Erbbaurechts vereinbart, dass der Erbbauberechtigte zur Veräußerung des Erbbaurechts der Zustimmung des Grundstückseigentümers bedarf, wird die erteilte Zustimmung unwiderruflich, sobald die schuldrechtliche Vereinbarung über die Veräußerung wirksam geworden ist.

[14] aa) Zwar spricht der Wortlaut von § 183 Satz 1 Halbsatz 1 BGB dafür, dass die Einwilligung in die Verfügung über das Erbbaurecht als mehraktiges Rechtsgeschäft, das erst mit der Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch als letztem Teilakt vorgenommen ist, bis zu diesem Zeitpunkt bzw. so lange widerruflich ist, bis die Einigung des Erbbauberechtigten und des Dritten nach den §§ 878, 873 Abs. 2 BGB bindend geworden ist. Die Widerruflichkeit besteht nach § 183 Satz 1 Halbsatz 2 BGB aber nur, soweit nicht aus dem Rechtsverhältnis, das der Erteilung der Einwilligung zu Grunde liegt, sich ein anderes ergibt. Dies ist bei dem Rechtsverhältnis zwischen Erbbauberechtigtem und Grundstückseigentümer der Fall. Entstehungsgeschichte, Systematik sowie Sinn und Zweck der das Rechtsverhältnis von Erbbauberechtigtem und Grundstückseigentümer in Bezug auf das als Inhalt des Erbbaurechts vereinbarte Zustimmungserfordernis regelnden §§ 5, 6 ErbbauRG sprechen dafür, dass die Zustimmung zu der Veräußerung oder Belastung des Erbbaurechts nur einheitlich erteilt und nicht mehr widerrufen werden kann, nachdem das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft wirksam geworden ist. Auf die Frage der dogmatischen Einordnung des Zustimmungserfordernisses kommt es dabei nicht entscheidend an.

[15] (1) Nach der Gesetzesbegründung zu den §§ 5, 6 ErbbauRG (damals noch ErbbauRVO) sollte dem Grundstückseigentümer die Möglichkeit eingeräumt werden, den Verkauf des Erbbaurechts zu Spekulationszwecken oder dessen übermäßige Belastung mit - bei vorzeitigem Heimfall nicht erlöschenden - Grundpfandrechten zu verhindern (Erste Beilage zum Deutschen Reichsanzeiger und Preußischen Staatsanzeiger Nr. 26, 1919, S. 2). Aus diesen Gründen wurde eine Vorschrift für erforderlich gehalten, nach der die Veräußerung und die hypothekarische Belastung des Erbbaurechts von der Zustimmung des Eigentümers derart abhängig gemacht werden kann, dass eine vertragswidrige Veräußerung oder Belastung unwirksam ist (aaO). Der Gesetzgeber ist folglich davon ausgegangen, dass der Eigentümer der Veräußerung oder Belastung des Erbbaurechts nur einheitlich entweder zustimmen oder diese Zustimmung verweigern kann.

[16] (2) Auch § 6 Abs. 1 ErbbauRG, wonach die Verfügung des Erbbauberechtigten über das Erbbaurecht und der Vertrag, durch den er sich zu einer solchen Verfügung verpflichtet, unwirksam sind, solange nicht der Grundstückseigentümer die erforderliche Zustimmung erteilt hat, spricht dafür, dass das Gesetz auf einen Gleichlauf des rechtlichen Schicksals von schuldrechtlichem Kausalgeschäft und dinglichem Verfügungsgeschäft abzielt. Zwar differenziert die Regelung zwischen Kausal- und Verfügungsgeschäft. Diese Differenzierung dient aber nicht dem Ziel, die getrennte und je für sich isoliert zu betrachtende Zustimmungsbedürftigkeit beider Geschäfte anzuordnen. Vielmehr soll der Erbbauberechtigte ersichtlich gerade davor geschützt werden, dass er das schuldrechtliche Kausalgeschäft erfüllen muss, obwohl er hierzu vor Erteilung der Zustimmung bzw. nach deren Versagung nicht in der Lage ist (MüKoBGB/

Heinemann, 7. Aufl., § 6 ErbbauRG Rn. 3).

[17] Diesem Regelungsziel liefe es zuwider, wenn der Widerruf der Zustimmung zu dem Verfügungsgeschäft zu einem Zeitpunkt möglich wäre, bei dem das Verpflichtungsgeschäft bereits wirksam und bindend geworden ist. Der Veräußerer bliebe in einer solchen Situation dem Erwerber gegenüber schuldrechtlich verpflichtet, ohne diesen Anspruch erfüllen zu können. Zudem liefe der Erwerber regelmäßig Gefahr, dass der Kaufpreis zu einem Zeitpunkt fällig wird, zu dem nicht sichergestellt ist, dass alle Voraussetzungen für die Vertragsdurchführung gegeben sind (vgl. Kesseler, RNotZ 2005, 542, 544 f.; Gutachten des Deutschen Notarinstituts, DNotI-Report 2004, 165, 166). Dieses Ergebnis ließe sich nur vermeiden, wenn die Genehmigung des Verpflichtungsgeschäfts und des Verfügungsgeschäfts als Einheit angesehen würde. Dann führte zwar der Widerruf der Genehmigung des Verfügungsgeschäfts auch zum Fortfall der Genehmigung des Verpflichtungsgeschäfts. Im Ergebnis hinge die Wirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts damit aber von seiner Erfüllung ab. Das entspricht weder praktischen Bedürfnissen noch den Vorstellungen des Gesetzgebers, der in § 6 Abs. 1 ErbbauRG davon ausgeht, dass das Verpflichtungsgeschäft mit der Erteilung der Genehmigung wirksam wird.

[18] Die Aufspaltung des Veräußerungsvorgangs wäre nicht durch Sachgründe gerechtfertigt, sondern allein Folge des Abstraktionsprinzips, d. h. der Trennung zwischen schuldrechtlichem Verpflichtungs- und dinglichem Verfügungsgeschäft. Diese dient aber nicht dazu, dem Grundstückseigentümer, der die Zustimmung zur Veräußerung des Erbbaurechts erteilt hat, eine weitere Überlegungsfrist einzuräumen.

[19] (3) Sinn und Zweck der §§ 5, 6 ErbbauRG erfordern es auch unter Berücksichtigung der Interessen des Erbbauberechtigten, des Erwerbers und des Grundstückseigentümers nicht, letzterem den Widerruf seiner zu der Veräußerung des Erbbaurechts erteilten Zustimmung in Bezug auf das dingliche Rechtsgeschäft zu ermöglichen. Dieser hat es in der Hand, vor Erteilung

der Zustimmung zu prüfen, ob berechtigte Gründe (vgl. § 7 Abs. 1 und 3

ErbbauRG) für deren Verweigerung vorliegen. Aber auch wenn ihm trotz entsprechender Prüfung erst nach Erteilung der Zustimmung Umstände bekannt werden, die ihn zur Versagung der Zustimmung berechtigen würden, erscheint der Grundstückseigentümer hinsichtlich der Widerruflichkeit seiner Erklärung nicht schutzbedürftiger und -würdiger als der Erbbauberechtigte, der bei einem möglichen Widerruf der Zustimmung seine wirksam bleibende schuldrechtliche Verpflichtung zur Übertragung des Erbbaurechts nicht mehr erfüllen könnte.

[20] bb) Für den Ausschluss der Widerruflichkeit der Zustimmung nach Wirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts spricht schließlich auch der Gleichlauf mit dem Wohnungseigentumsrecht, bei dem gemäß § 12 Abs. 1 WEG - der § 5 Abs. 1 ErbbauRG nachgebildet ist - als Inhalt des Sondereigentums vereinbart werden kann, dass ein Wohnungseigentümer zur Veräußerung seines Wohnungseigentums der Zustimmung anderer Wohnungseigentümer oder eines Dritten bedarf. Die inzwischen überwiegende Ansicht nimmt insoweit an, dass die Zustimmung zu der Auflassung nicht mehr widerrufen werden kann, sobald die Zustimmung zu dem schuldrechtlichen Kausalgeschäft wirksam geworden ist (vgl. OLG München, ZWE 2012, 93, 94; OLG Düsseldorf, NJW-RR 2011, 1456, 1457; MüKoBGB/Commichau, 7. Aufl., § 12 WEG Rn. 45; Demharter, GBO, 30. Aufl., Anhang zu § 3 Rn. 38; Grziwotz in Jennißen, WEG, 5. Aufl., § 12 Rn. 34; Palandt/Wicke, BGB, 76. Aufl., § 12 WEG Rn. 11; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl., Rn. 2904a; Suilmann in Bärmann, WEG, 13. Aufl., § 12 Rn. 33; aA Staudinger/Kreuzer, BGB [2005], WEG § 12 Rn. 56; vgl. zur Fortwirkung der Zustimmung des Verwalters nach Verwalterwechsel Senat, Beschluss vom 11. Oktober 2012 - V ZB 2/12, BGHZ 195, 120 Rn. 12 ff.).

[21] cc) Dem Ausschluss der Widerruflichkeit der Zustimmung nach Wirksamwerden des schuldrechtlichen Vertrages steht die Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht entgegen, wonach die Zustimmung des Grundstückseigentümers zu einer Verfügung über das Erbbaurecht bis zu der Eintragung des Rechtsübergangs oder der Belastung im Grundbuch widerruflich ist (Urteil vom 27. September 1962 - III ZR 83/61, NJW 1963, 36 f.). Diese Entscheidung betraf allein den Widerruf der Zustimmung zur Bestellung einer Sicherungshypothek an dem Erbbaurecht, folglich nur ein dingliches Rechtsgeschäft. Der Bundesgerichtshof hatte sich daher nicht mit der hier zur Entscheidung stehenden Frage zu befassen, ob die Zustimmung zur Veräußerung des Erbbaurechts nach Wirksamwerden des schuldrechtlichen Kausalgeschäfts noch widerrufen werden kann.

[22] IV. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 61 Abs. 1 i.V.m. § 36 Abs. 1 und 3 GNotKG.

Stresemann Schmidt-Räntsch Kazele

Haberkamp Hamdorf

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