BGH, Urteil vom 10. September 2020 - I ZR 63/19

01.03.2021

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

Verkündet am:

10. September 2020

FühringerJustizangestellteals Urkundsbeamtinder Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit


Nachschlagewerk: ja


BGHZ: nein

BGHR: ja


GG Art. 3 Abs. 1; UrhG § 54 aF, § 54d Abs. 1 aF; GWB § 19


In der Geltendmachung eines Anspruchs auf Gerätevergütung für die Jahre 2002 bis 2005 nach Maßgabe eines in der Anlage zu § 54d UrhG aF vorgesehenen Vergütungssatzes von 18,42 € pro Gerät durch eine Verwertungsgesellschaft gegenüber einem nicht verbandsangehörigen Unternehmen liegt keine nach Art. 3 Abs. 1 GG unzulässige Ungleichbehandlung oder ein nach § 19 GWB verbotener Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung, auch wenn der in einem von der Verwertungsgesellschaft mit einem Unternehmensverband geschlossene Vergleich für verbandsangehörige Unternehmen vorgesehene Vergütungssatz lediglich 3,15 € oder 6,30 € pro Gerät beträgt.


BGH, Urteil vom 10. September 2020 - I ZR 63/19 - OLG München


Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 10. September 2020 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Koch, die Richter Prof. Dr. Schaffert, Feddersen, die Richterinnen Pohl und Dr. Schmaltz

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerin wird das Schlussurteil des Oberlandesgerichts München - 6. Zivilsenat - vom 14. März 2019 unter Zurückweisung der Revision der Beklagten im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als darin zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 1.253.677,56 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 6. März 2010 zu zahlen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

[1] Die Klägerin ist ein Zusammenschluss deutscher Verwertungsgesellschaften, die urheberrechtliche Vergütungsansprüche für Vervielfältigungen im Wege der Bild- und Tonaufzeichnung nach § 54 UrhG in der vom 1. August 1994 bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung (aF) geltend machen können. Die Beklagte ist Herstellerin von PCs mit eingebauter Festplatte. Die Klägerin macht gegen die Beklagte wegen des Inverkehrbringens solcher PCs in den Jahren 2002 bis 2005 in zweiter Stufe Ansprüche auf Zahlung der Vergütung nach § 54 Abs. 1 UrhG aF geltend.

[2] Die Klägerin hat nach Durchführung eines Schiedsstellenverfahrens gegen die Beklagte in der ersten Stufe ein Teilurteil erwirkt, mit dem das Oberlandesgericht die Beklagte mit Urteil vom 19. Februar 2015 zur Auskunft über Art und Stückzahl der in der Bundesrepublik Deutschland in den Jahren 2002 bis 2005 veräußerten oder in Verkehr gebrachten PCs mit eingebauter Festplatte, einschließlich Laptops und Notebooks, sowie im Falle des Bezugs im Inland als Händler über die Bezugsquelle verurteilt hat. Die Revision gegen dieses Teilurteil hat der Senat zurückgewiesen (BGH, Urteil vom 14. Dezember 2017 - I ZR 54/15, ZUM 2018, 364).

[3] Die Beklagte hat mit Schreiben vom 27. Februar 2018 die Auskunft erteilt.

[4] Die Klägerin macht nunmehr Vergütung für 84.094 in den Jahren 2002 bis 2005 von der Beklagten hergestellte PCs sowie für 11.388 von der Beklagten in dieser Zeit importierte PCs in Höhe von 18,42 € pro Gerät zuzüglich 7% Umsatzsteuer geltend. Sie hat den zunächst gestellten Antrag auf Feststellung der Vergütungspflicht dem Grunde nach für erledigt erklärt und die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 1.881.892,92 € nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit beantragt. Die Beklagte hat der ihr zugestellten Teilerledigungserklärung nicht widersprochen.

[5] Das Oberlandesgericht hat mit dem streitgegenständlichen Schlussurteil die Beklagte zur Zahlung von 628.215,36 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. März 2010 verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die Revision hat das Oberlandesgericht beschränkt auf die Höhe der geltend gemachten Ansprüche zugelassen. Die von der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision hinsichtlich des Anspruchsgrunds eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat der Senat mit Beschluss vom 28. Mai 2020 zurückgewiesen. Die Klägerin verfolgt mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, ihren weitergehenden Klageantrag weiter. Die Beklagte möchte mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, die Abweisung der Klage erreichen.

Entscheidungsgründe:

[6] I. Das Oberlandesgericht hat die Klage für zulässig und teilweise begründet gehalten und zur Begründung ausgeführt:

[7] Die Klage sei zulässig, da die Parteien ein Schiedsstellenverfahren vor der Schiedsstelle beim Deutschen Patent- und Markenamt durchgeführt hätten. Die Schiedsstelle habe sich auch mit der Höhe des von der Klägerin geforderten Vergütungssatzes befasst und mit dem Einigungsvorschlag vom 24. September 2009 einen Tarif von 15 € je Gerät zuzüglich 7% Umsatzsteuer vorgeschlagen.

[8] Die von der Beklagten geschuldete Vergütung belaufe sich auf 3,78 € je Gerät für die Jahre 2002 und 2003 sowie auf 7,56 € je Gerät für die Jahre 2004 und 2005 zuzüglich Umsatzsteuer. Nach der von der Beklagten erteilten Auskunft habe diese im Jahr 2002 16.383, im Jahr 2003 19.259, im Jahr 2004 22.891 und im Jahr 2005 25.561 vergütungspflichtige Geräte hergestellt sowie in den Jahren 2004 und 2005 11.388 PCs importiert. Daraus ergebe sich eine Bruttovergütung von 628.215,36 €.

[9] Der in der Anlage zu § 54d Abs. 1 UrhG in der Fassung vom 13. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3656) vorgesehene Vergütungssatz von 18,42 € pro Gerät sei zur Abwendung einer grundgesetzwidrigen Ungleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) und einer kartellrechtswidrigen Diskriminierung (§ 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB) allerdings mit Blick darauf zu reduzieren, dass die Klägerin mit dem Bundesverband Computerhersteller e.V. (BCH) am 23. Dezember 2009 einen "Vergleich zur Regelung der urheberrechtlichen Vergütungspflicht für PCs gemäß § 54 Abs. 1 UrhG aF für die Jahre 2002 bis 2007" (nachfolgend: Vergleich) geschlossen habe. Zwar sei die Beklagte diesem Vergleich nicht beigetreten. Jedoch stelle dieses Regelungswerk ein wichtiges Indiz dafür dar, dass das gewonnene Ergebnis eine adäquate Gewichtung der in Rede stehenden Sachverhalte durch branchen- und sachkundige Akteure widerspiegele. Die Klägerin nehme eine marktbeherrschende Stellung ein, weil die vergütungspflichtigen Hersteller, Lieferanten und Importeure allein mit ihr als potentieller Gläubigerin der Gerätevergütung in Berührung kämen. Nach diesem Vergleich solle für die Jahre 2002 und 2003 eine Vergütung von 3,15 € pro Gerät und für die Jahre 2004 bis 2007 eine Vergütung von 6,30 € pro Gerät anfallen. Ein sachlicher Grund dafür, dass für die von der Beklagten vertriebenen Geräte eine drei- oder sogar sechsfach höhere Vergütung in Höhe von 18,42 € als angemessen zu qualifizieren sei, sei nicht ersichtlich. Somit gebiete es das in § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB normierte Diskriminierungsverbot als Ausfluss des Grundsatzes der Gleichbehandlung, der hier mittelbare Drittwirkung entfalte, dass die Beklagte nicht ohne sachlichen Grund von der Klägerin, der eine marktbeherrschende Stellung im Sinne von § 18 Abs. 1 GWB zukomme, zu einer Vergütung verpflichtet werde, deren Wert weit über dem mit anderen Herstellern vereinbarten Tarif liege. Andernfalls werde die Beklagte gegenüber konkurrierenden vertragsgebundenen Herstellern unangemessen benachteiligt. Zwar liege in der Geltendmachung des gesetzlichen Vergütungsanspruchs für sich genommen kein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung. Auch seien marktbeherrschende Unternehmen durch das Verbot sachlich nicht gerechtfertigter ungleicher Behandlung nicht grundsätzlich gehalten, allen Marktpartnern ohne weiteres die gleichen Bedingungen, insbesondere Preise, einzuräumen; entscheidend sei vielmehr, ob die unterschiedliche Konditionengestaltung als wettbewerbskonformer Interessenausgleich erscheine oder auf Willkür oder wirtschaftsfremden unternehmerischen Entscheidungen beruhe. Dabei sei im Auge zu behalten, dass die Unternehmen der Marktgegenseite nicht durch die Ausübung der Macht des marktbeherrschenden Unternehmens in ihrer Wettbewerbsfähigkeit untereinander beeinträchtigt werden sollten. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Ungleichbehandlung auf dem Abschluss eines Vergleichs im Sinne eines gegenseitigen Nachgebens beruhe, und den übrigen PC-Herstellern die Möglichkeit des Beitritts offengestanden habe. Dies rechtfertige allerdings nicht das Verlangen von drei- oder sechsfach höheren Vergütungssätzen. Hierdurch bestehe ein erhebliches Maß der Ungleichbehandlung, durch die die Beklagte in ihrer wirtschaftlichen Betätigung gegenüber konkurrierenden vertragsgebundenen Herstellern und in ihrer Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt werde.

[10] Sachliche Gesichtspunkte, die eine solche Ungleichbehandlung rechtfertigten, seien weder dargetan noch ersichtlich. Diese große Differenz zwischen den vertraglich vereinbarten und den von der Beklagten verlangten Vergütungssätzen könne insbesondere nicht mit den Besonderheiten des Gesamtvergleichs gerechtfertigt werden. Soweit mit dem Abschluss des Vergleichs aus Sicht der Klägerin die Vorteile einer Reduzierung des Verwaltungsaufwands, einer Vereinfachung des Inkassos und einer Ersparnis von Kontrollaufwendungen sowie der Gewinnung von Rechtssicherheit einhergingen, stellten diese Gesichtspunkte allerdings für sich genommen sachliche Gründe für eine Ungleichbehandlung dar. Diese Vorteile würden seitens der Klägerin im Rahmen von Gesamtverträgen regelmäßig durch Gewährung eines Gesamtvertragsnachlasses in Höhe von 20% bei der Berechnung der vertraglichen Vergütung eingepreist. Die in dem Vergleich festgelegten Werte (3,15 € für die Jahre 2002 und 2003; 6,30 € für die Jahre 2004 und 2005) seien daher als Ausgangspunkt für die Bemessung des angemessenen Ausgleichs zwischen den Parteien heranzuziehen und um 20% auf 3,78 € und 7,56 € zu erhöhen.

[11] Für die in den Jahren 2002 und 2003 hergestellten vergütungspflichtigen 35.642 PCs ergebe sich eine Vergütungspflicht von 35.642 x 3,78 € = 134.726,76 € netto. Für die Jahre 2004 und 2005 belaufe sich die Gesamtzahl der von der Beklagten hergestellten und importierten vergütungspflichtigen Geräte auf 59.840, so dass sich eine Vergütungspflicht in Höhe von 59.840 x 7,56 € = 452.390,40 € netto ergebe.

[12] Diese Gerätevergütung sei in Höhe von 7% umsatzsteuerpflichtig. Eine richtlinienkonforme Auslegung des § 3 Abs. 9 UStG aF mit Blick auf Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, nach der die Erhebung von Urheberrechtsvergütungen keine mehrwertsteuerpflichtige Dienstleistung sei, komme wegen des eindeutigen Wortlauts dieser Norm nicht in Betracht. Die Vorschrift sei erst mit Wirkung zum 1. Januar 2019 gestrichen worden und daher im vorliegend betroffenen Zeitraum noch anwendbar. Insgesamt ergebe sich daher ein von der Beklagten zu leistender Bruttobetrag von 628.215,36 €.

[13] II. Die gegen die vom Oberlandesgericht zugesprochene Höhe der Gerätevergütung gerichtete Revision der Klägerin hat Erfolg. Der Klägerin steht der geltend gemachte Vergütungsanspruch in voller Höhe zu. Deshalb bleibt die Revision der Beklagten ohne Erfolg.

[14] 1. Die Verurteilung der Beklagten hinsichtlich der Pflicht zur Zahlung einer angemessenen Gerätevergütung dem Grunde nach, die aus der im Streitfall anwendbaren Vorschrift des § 54 Abs. 1 UrhG aF folgt, ist nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens; insoweit ist das angegriffene Urteil rechtskräftig geworden.

[15] 2. Die Revision der Klägerin wendet sich mit Erfolg dagegen, dass das Oberlandesgericht im mit der Klage verfolgten Verlangen einer Vergütung, die nach den in der Anlage zu § 54d Abs. 1 UrhG aF genannten Vergütungssätzen berechnet ist, eine rechtswidrige Diskriminierung der Beklagten gesehen und der Berechnung des Vergütungsanspruchs der Klägerin lediglich einen reduzierten Vergütungssatz nach Maßgabe des von der Klägerin mit dem BCH am 23. Dezember 2009 geschlossenen Vergleichs zugrunde gelegt hat. Die Revision der Beklagten bekämpft ohne Erfolg die Anwendung der in der Anlage zu § 54d Abs. 1 UrhG aF vorgesehenen Vergütungssätze.

[16] a) Die in § 53 Abs. 1 und 2 UrhG aF vorgesehenen Beschränkungen des Vervielfältigungsrechts und der in § 54 Abs. 1 UrhG aF geregelte Anspruch auf angemessene Vergütung beruhen auf Art. 5 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft und sind daher richtlinienkonform auszulegen.

[17] Der "gerechte Ausgleich" im Sinne von Art. 5 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2001/29/EG soll den Urhebern die ohne ihre Genehmigung erfolgende Anfertigung von Kopien ihrer geschützten Werke vergüten und ist daher als Ersatz für den Schaden anzusehen, der ihnen durch eine solche ungenehmigte Kopie entsteht (EuGH, Urteil vom 21. Oktober 2010 - C-467/08, Slg. 2010, I-10055 = GRUR 2011, 50 Rn. 40 und 42 - Padawan; Urteil vom 27. Juli 2013 - C­457/11 bis C-460/11, GRUR 2013, 812 Rn. 31 und 32 = WRP 2013, 1174 - VG Wort u.a.; Urteil vom 10. April 2014 - C-435/12, GRUR 2014, 546 Rn. 50 = WRP 2014, 682 - ACI Adam u.a.; Urteil vom 12. November 2015 - C-572/13, GRUR 2016, 55 Rn. 36 = WRP 2016, 176 - Hewlett Packard Belgium; Urteil vom 21. April 2016 ­ C­572/14, GRUR 2016, 927 Rn. 19 - Austro Mechana). Im Rahmen des ihnen bei der Bestimmung des gerechten Ausgleichs zustehenden weiten Ermessens bestimmen die Mitgliedstaaten, welche Personen diesen Ausgleich zu zahlen haben, und legen dessen Form, Einzelheiten und Höhe fest. Allerdings müssen der gerechte Ausgleich und folglich die ihm zugrundeliegende Regelung und seine Höhe einen Bezug zu dem Schaden haben, der den Rechteinhabern durch die Herstellung der Kopien entstanden ist (EuGH, GRUR 2011, 50 Rn. 40 und 42 - Padawan; EuGH, Urteil vom 16. Juni 2011 - C-462/09, Slg. 2011, I-5331 = GRUR 2011, 909 Rn. 23 und 24 ­ Stichting de Thuiskopie; Urteil vom 11. Juli 2013 ­ C­521/11, GRUR 2013, 1025 Rn. 20 = WRP 2013, 1169 ­ Amazon.com International Sales u.a.; Urteil vom 5. März 2015 - C­463/12, GRUR 2015, 478 Rn. 20 und 21 = WRP 2015, 706 - Copydan/Båndkopi; EuGH, GRUR 2016, 927 Rn. 18 und 19 - Austro Mechana). Dem entspricht ein Vergütungssystem, mit der der zu erwartende Schaden pauschalierend für einzelne Gerätetypen oder Speichermedien festgelegt wird (EuGH, GRUR 2016, 55 Rn. 71 - Hewlett Packard Belgium; vgl. auch Schlussanträge der Generalanwältin vom 11. Mai 2010 ­ C­467/08 - Padawan, juris Rn. 91 bis 94; BGH, Urteil vom 21. Juli 2016 ­ I ZR 255/14, GRUR 2017, 172 Rn. 51 = WRP 2017, 206 - Musik-Handy).

[18] b) Die Höhe der nach § 54 Abs. 1 UrhG aF geschuldeten Gerätevergütung entspricht der Höhe des Schadens, den Urheber und Leistungsschutzberechtigte dadurch erleiden, dass das jeweilige Gerät als Typ ohne ihre Erlaubnis tatsächlich für nach § 53 Abs. 1 und 2 UrhG aF zulässige Vervielfältigungen genutzt wird. Zum Ausgleich dieses Schadens ist grundsätzlich die angemessene Vergütung zu zahlen, die die Nutzer hätten entrichten müssen, wenn sie die Erlaubnis für die Vervielfältigungen eingeholt hätten (vgl. BGH, Urteil vom 19. November 2015 - I ZR 151/13, GRUR 2016, 792 Rn. 30 = WRP 2016, 1123 - Gesamtvertrag Unterhaltungselektronik; Urteil vom 21. Juli 2016 - I ZR 212/14, GRUR 2017, 161 Rn. 37 = WRP 2017, 193 - Gesamtvertrag Speichermedien). Der Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Vergütung nach § 54 Abs. 1 UrhG aF soll den Urhebern einen Ausgleich für die ihnen aufgrund der Einschränkung ihres Vervielfältigungsrechts gemäß § 53 Abs. 1 und 2 UrhG aF entgehenden individual-vertraglichen Lizenzeinnahmen verschaffen (vgl. BGH, GRUR 2017, 161 Rn. 43 - Gesamtvertrag Speichermedien, mwN).

[19] Nach § 54d Abs. 1 UrhG aF beläuft sich die angemessene Vergütung nach § 54 Abs. 1 UrhG aF auf die in der Anlage bestimmten Sätze, soweit nichts anderes vereinbart wird. Die in dieser Anlage vorgenommene Festlegung bestimmter Vergütungssätze steht mit dem Grundsatz des gerechten Ausgleichs in Einklang (BGH, GRUR 2017, 172 Rn. 50 bis 54 - Musik-Handy). Nach dem im Streitfall einschlägigen Abschnitt I Nr. 4 der Anlage zu § 54d Abs. 1 UrhG aF beläuft sich die Vergütung nach § 54 Abs. 1 UrhG aF für jedes Bildaufzeichnungsgerät, für dessen Betrieb nach seiner Bauart gesonderte Träger nicht erforderlich sind, auf 18,42 €.

[20] c) Die Anwendung des in der Anlage zu § 54d Abs. 1 UrhG aF vorgesehenen Vergütungssatzes kann nicht mit der vom Oberlandesgericht gegebenen Begründung abgelehnt werden, diese Anwendung führe mit Blick auf den von der Klägerin mit dem BCH geschlossenen Vergleich zu einer unzulässigen Ungleichbehandlung der Beklagten.

[21] aa) Das Oberlandesgericht hat allerdings zu Recht angenommen, dass die Pflicht der Klägerin als Verwertungsgesellschaft zur Gleichbehandlung aller Vergütungsschuldner aus dem Gleichheitsgrundrecht gemäß Art. 3 Abs. 1 GG folgt.

[22] (1) Für die Anwendbarkeit der Grundrechte bei der Auslegung der zur Umsetzung der in Art. 5 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2001/29/EG genannten Ausnahmen und Beschränkungen geschaffenen Schrankenregelungen des Urheberrechtsgesetzes gelten nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Bundesverfassungsgerichts folgende Grundsätze:

[23] Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union muss zwar bei der Umsetzung einer Richtlinie durch die Mitgliedstaaten das in der EU-Grundrechtecharta vorgesehene grundrechtliche Schutzniveau unabhängig von einem Umsetzungsspielraum der Mitgliedstaaten erreicht werden. Soweit das nationale Recht aber nicht vollständig durch das Unionsrecht bestimmt ist, steht es den nationalen Behörden und Gerichten weiterhin frei, nationale Schutzstandards für die Grundrechte anzuwenden, sofern durch diese Anwendung weder das Schutzniveau der EU-Grundrechtecharta, wie sie vom Gerichtshof ausgelegt wird, noch der Vorrang, die Einheit und die Wirksamkeit des Unionsrechts beeinträchtigt werden (EuGH, Urteil vom 29. Juli 2019 - C-516/17, GRUR 2019, 940 Rn. 19 bis 23 = WRP 2019, 1162 - Spiegel Online; Urteil vom 29. Juli 2019 - C-469/17, GRUR 2019, 934 Rn. 30 bis 33 = WRP 2019, 1170 - Funke Medien).

[24] Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kommt es für die Frage, ob bei der Auslegung und Anwendung unionsrechtlich bestimmten innerstaatlichen Rechts die Grundrechte des Grundgesetzes oder die Grundrechte der EU-Grundrechtecharta maßgeblich sind, grundsätzlich darauf an, ob dieses Recht unionsrechtlich vollständig vereinheitlicht ist (dann sind in aller Regel nicht die Grundrechte des Grundgesetzes, sondern allein die Unionsgrundrechte maßgeblich) oder ob dieses Recht unionsrechtlich nicht vollständig determiniert ist (dann gilt primär der Maßstab der Grundrechte des Grundgesetzes). Die primäre Anwendung der Grundrechte des Grundgesetzes stützt sich auf die Annahme, dass das Unionsrecht dort, wo es den Mitgliedstaaten fachrechtliche Gestaltungsspielräume einräumt, regelmäßig nicht auf eine Einheitlichkeit des Grundrechtsschutzes zielt, sondern Grundrechtsvielfalt zulässt. Es greift dann die Vermutung, dass das Schutzniveau der EU-Grundrechtecharta durch die Anwendung der Grundrechte des Grundgesetzes mitgewährleistet ist. Eine Ausnahme von der Annahme grundrechtlicher Vielfalt im gestaltungsoffenen Fachrecht oder eine Widerlegung der Vermutung der Mitgewährleistung des Schutzniveaus der EU-Grundrechtecharta sind nur in Betracht zu ziehen, wenn hierfür konkrete und hinreichende Anhaltspunkte vorliegen (vgl. BVerfGE 152, 152 Rn. 71 - Recht auf Vergessen I). Soweit im Einzelfall festgestellt wird, dass die Anwendung der verschiedenen Grundrechte im konkreten Kontext nicht zu unterschiedlichen Ergebnissen führt, sind die Fachgerichte - entsprechend dem allgemeinen Prozessrecht - nicht gehindert, schwierige Abgrenzungsfragen nach der Reichweite der unionsrechtlichen Vereinheitlichung dahinstehen zu lassen (BVerfGE 152, 216 Rn. 81 - Recht auf Vergessen II).

[25] (2) Bei der Umsetzung der in Art. 5 Abs. 2 Buchst. a und b der Richtlinie 2001/29/EG vorgesehenen Schrankenbestimmungen in das nationale Recht kommt den Mitgliedstaaten ein Umsetzungsspielraum zu (EuGH, GRUR 2011, 909 Rn. 23 - Stichting de Thuiskopie; GRUR 2013, 1025 Rn. 20 - Amazon.com International Sales u.a.; GRUR 2015, 478 Rn. 20 - Copydan/Båndkopi; GRUR 2016, 927 Rn. 18 - Austro Mechana). Dabei steht es den Mitgliedstaaten nach Erwägungsgrund 35 der Richtlinie 2001/29/EG frei, in Fällen, in denen den Rechtsinhabern nur ein geringfügiger Nachteil entsteht, eine Befreiung von der Zahlung des gerechten Ausgleichs vorzusehen (zu Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29/EG vgl. EuGH, GRUR 2015, 478 Rn. 57 bis 62 - Copydan/

Båndkopi).

[26] Bewirken die genannten Schrankenregelungen der Richtlinie 2001/29/EG keine Vollharmonisierung, sondern belassen den Mitgliedstaaten einen Umsetzungsspielraum, gelangen mithin die nationalen Grundrechte, im Streitfall insbesondere Art. 3 Abs. 1 GG zur Anwendung. Es ist allerdings nicht erkennbar, dass die Zugrundelegung des in Art. 20 EU-Grundrechtecharta geregelten Gleichheitssatzes zu einem anderen Ergebnis führte (zur Geltung des Art. 20 Abs. 1 EU-Grundrechtscharta im Rahmen des Art. 5 der Richtlinie 2001/29/EG vgl. EuGH, GRUR 2015, 478 Rn. 31 bis 33 - Copydan/Båndkopi; EuGH, Urteil vom 22. September 2016 - C-110/15, GRUR 2017, 155 Rn. 44 = WRP 2016, 1482 - Microsoft Mobile Sales International u.a.).

[27] (3) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts enthält zwar Art. 3 Abs. 1 GG kein objektives Verfassungsprinzip, wonach die Rechtsbeziehungen zwischen Privaten von diesen prinzipiell gleichheitsgerecht zu gestalten wären. Gleichheitsrechtliche Anforderungen für das Verhältnis von Privaten können sich aus Art. 3 Abs. 1 GG jedoch für spezifische Konstellationen ergeben, in denen einem Privaten aufgrund der Innehabung der Zugangskontrolle über eine für das gesellschaftliche Leben erheblich bedeutsame Veranstaltung, die einem großen Publikum ohne Ansehen der Person geöffnet wird, wegen eines Monopols oder aus struktureller Überlegenheit von Verfassungs wegen eine besondere rechtliche Verantwortung dafür erwächst, bestimmte Personen nicht ohne sachlichen Grund ungleich zu behandeln. In einer solchen Gestaltung entfaltet Art. 3 Abs. 1 GG mittelbare Drittwirkung für das Rechtsverhältnis zwischen Privaten (vgl. BVerfGE 148, 267 Rn. 41 - Stadionverbot; BVerfG, NJW 2019, 1935 Rn. 15; NJW 2019, 3769 Rn. 7). Im Rahmen der mittelbaren Drittwirkung strahlen die Grundrechte als Verkörperung einer objektiven Werteordnung auf die Auslegung des Privatrechts - insbesondere seiner Generalklauseln und unbestimmten Rechtsbegriffe - aus (grundlegend BVerfGE 7, 198, 205 bis 206 [juris Rn. 24 bis 29] - Lüth-Urteil; vgl. BGH, Urteil vom 26. November 2015 - I ZR 174/14, BGHZ 208, 82 Rn. 32 - Störerhaftung des Accessproviders, mwN).

[28] (4) Die in der Klägerin zusammengeschlossenen Verwertungsgesellschaften sind für den Bereich der Wahrnehmung der Urheber- und Leistungsschutzrechte marktbeherrschend (vgl. EuGH, Urteil vom 27. Februar 2014 - C-351/12, GRUR 2014, 473 Rn. 80 und 86 = WRP 2014, 418 - OSA; BGH, Urteil vom 30. Januar 2008 - I ZR 131/05, GRUR 2008, 786 Rn. 41 = WRP 2008, 1229 - Multifunktionsgeräte; Urteil vom 16. März 2017 - I ZR 36/15, GRUR 2017, 694 Rn. 64 = WRP 2017, 826 - Gesamtvertrag PCs). Aus dieser Marktmacht ihrer Mitglieder erwächst auch für die Klägerin aus Art. 3 Abs. 1 GG eine besondere gleichheitsrechtliche Verantwortung, die einer ohne sachlichen Grund erfolgenden Ungleichbehandlung von Vergütungsschuldnern entgegensteht.

[29] bb) Die Revision der Klägerin wendet sich mit Erfolg gegen die Beurteilung des Oberlandesgerichts, es fehle an sachlichen Gründen für die unterschiedliche Heranziehung der Beklagten und der Mitglieder des BCH zur Gerätevergütung. Es muss daher im Streitfall nicht entschieden werden, ob bei der Auslegung des Rechtsbegriffs der angemessenen Vergütung im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 1 UrhG aF mit Blick auf die vom Gesetzgeber in der Anlage zu § 54d Abs. 1 UrhG aF in Gestalt genauer Vergütungssätze vorgenommene Konkretisierung überhaupt Raum für die Anwendung der Grundsätze der mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte verbleibt.

[30] Im Streitfall bestehen hinreichende sachliche Gründe für eine unterschiedliche Behandlung. Die Klägerin ist nicht an der Geltendmachung des gesetzlich bestimmten Vergütungssatzes gegenüber einem Unternehmen gehindert, das einem Vergleich oder Gesamtvertrag mit günstigeren Vergütungssätzen nicht beigetreten ist.

[31] Die Beklagte hat kein berechtigtes Interesse daran, in den Genuss der im Vergleich vorgesehenen günstigeren Vergütungssätze zu gelangen, ohne zugleich die mit dem Beitritt zum Vergleich für sie verbundenen Nachteile in Kauf zu nehmen. Kennzeichnend für einen Vergleich ist die Streitbeilegung im Wege wechselseitigen Nachgebens (vgl. § 779 BGB). Dem Vergleich zwischen BCH und der Klägerin beigetretene Verbandsmitglieder schulden zwar nach dem Inhalt des Vergleichs für die Jahre 2002 und 2003 nur eine Vergütung von 3,15 € pro Gerät und für die Jahre 2004 bis 2007 nur eine Vergütung von 6,30 € pro Gerät. Das Recht der Verbandsmitglieder, dem Vergleich beizutreten, ist allerdings davon abhängig, dass diese auch dem zwischen der Klägerin und dem BCH geschlossenen Gesamtvertrag zur Regelung der urheberrechtlichen Vergütungspflicht gemäß §§ 54 ff. UrhG für PCs beitreten, der die Vergütungspflicht für PCs für die Jahre 2008 bis 2010 betrifft. Die im Vergleich vorgesehenen Vergütungssätze gelten also nur für Unternehmen, die sich einer vertraglichen Festlegung der Vergütungssätze für eine Gesamtdauer von neun Jahren unterwerfen. Die Revision der Klägerin weist ferner zutreffend darauf hin, dass die Inanspruchnahme der im Vergleich vorgesehenen, gegenüber der gesetzlich vorgesehenen Vergütungshöhe günstigeren Vergütungssätze von der Inkaufnahme weiterer, aus der Verbandsmitgliedschaft folgender Verpflichtungen und wirtschaftlicher Belastungen - etwa der Pflicht zur Leistung eines Mitgliedsbeitrags - abhängt. Die Beklagte behauptet nicht, am Verbands- oder Vergleichsbeitritt gehindert gewesen zu sein.

[32] Die Klägerin macht entsprechend ihrer gemäß § 6 Abs. 1 UrhWG aF gegenüber den Berechtigten bestehenden Verpflichtung im Streitfall den gemäß Abschnitt I Nr. 4 der Anlage zu § 54d Abs. 1 UrhG aF vorgesehenen Vergütungssatz geltend. In dieser Geltendmachung eines auch der Höhe nach gesetzlich vorgesehenen Anspruchs kommen weder Willkür noch Absichten zum Ausdruck, die wirtschaftlichem oder unternehmerischem Handeln fremd sind (zum Kartellrecht vgl. BGH, GRUR 2008, 786 Rn. 41 - Multifunktionsgeräte). Dies gilt auch mit Blick darauf, dass der im Vergleich gegenüber den gesetzlich vorgesehenen Vergütungssätzen gewährte Nachlass einen sonst üblichen Gesamtvertragsrabatt in Höhe von 20% (vgl. BGH, Urteil vom 11. Mai 1973 - I ZR 145/71, GRUR 1974, 35, 37 [juris Rn. 18] - Musikautomat; BGH, GRUR 2017, 694 Rn. 6 - Gesamtvertrag PCs; Reinbothe in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 6. Aufl., § 35 VGG Rn. 3; Schulze in Dreier/Schulze, UrhG, 6. Aufl., § 35 VGG Rn. 2) deutlich übersteigt.

[33] cc) Die Revision der Beklagten bekämpft die Anwendung des in der Anlage zu § 54d Abs. 1 UrhG aF vorgesehenen Vergütungssatzes ohne Erfolg als gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßende Überkompensation.

[34] (1) Die Revision der Beklagten macht in erster Linie geltend, soweit die Anlage auch zur Bildaufzeichnung geeignete PCs erfasse, führe sie zu einer mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbaren Überkompensation. Das Verfahren sei nach Art. 100 Abs. 1 GG auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen. Erkläre dieses die Regelung für verfassungswidrig, fehle für die geltend gemachten Vergütungsansprüche die erforderliche gesetzliche Grundlage. Hilfsweise macht die Revision der Beklagten geltend, die Anlage zu § 54d Abs. 1 UrhG aF erfasse zur Bildaufzeichnung geeignete PCs nicht. Diese Regelungslücke sei durch Festsetzung einer angemessenen Vergütung durch die Gerichte zu schließen, indem die Vergütungssätze des von der Klägerin mit dem BCH geschlossenen Vergleichs einschließlich des darin gewährten Gesamtvertragsnachlasses anzuwenden seien.

[35] (2) Entgegen der Auffassung der Revision der Beklagten bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die in der Anlage zu § 54d Abs. 1 UrhG aF vorgesehenen Vergütungssätze eine gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßende Überkompensation beinhalten.

[36] Den Mitgliedstaaten steht bei der Bestimmung des gerechten Ausgleichs im Sinne von Art. 5 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2001/29/EG ein weites Ermessen zu. Dabei müssen der gerechte Ausgleich und folglich die ihm zugrundeliegende Regelung und seine Höhe einen Bezug zu dem Schaden haben, der den Rechteinhabern durch die Herstellung der Kopien entstanden ist. Dem entspricht ein Vergütungssystem, mit der der zu erwartende Schaden pauschalierend für einzelne Gerätetypen oder Speichermedien festgelegt wird (dazu ausführlich vorstehend Rn. 16 f. mwN). Der deutsche Gesetzgeber hat bei der Einführung der seit 1985 bis zum Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft vom 26. Oktober 2007 der Höhe nach unverändert gebliebenen pauschalen Vergütungssätze in Rechnung gestellt, dass von der Pauschalvergütung auch Geräte oder Trägermedien erfasst werden, die tatsächlich in nur geringem Umfange für die Aufnahme urheberrechtlich geschützter Werke oder für deren Übertragung von einem Tonträger auf einen anderen genutzt werden (Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiet des Urheberrechts, BT-Drucks. 10/837, S. 18; vgl. auch BGH, Urteil vom 28. Januar 1993 ­ I ZR 34/91, BGHZ 121, 215, 223 f. [juris Rn. 25] - Readerprinter). Die gesetzlichen Vergütungssätze erfassen mithin auch solche zur Vornahme von Vervielfältigungen geeignete und bestimmte Geräte, mit denen nur in geringem Umfang vergütungspflichtige Vervielfältigungen vorgenommen werden (BGH, GRUR 2017, 172 Rn. 74 - Musik-Handy).

[37] Die Revision vermag nicht aufzuzeigen, dass diese Zielsetzung im Falle der PCs mit den in der Anlage zu § 54d Abs. 1 UrhG aF vorgesehenen Vergütungssätzen verfehlt worden wäre. Soweit die Revision der Beklagten auf eine ihr zugespielte, von den gesetzlich vorgesehenen Vergütungssätzen abweichende Berechnung verweist, die auf einer empirischen Untersuchung beruhe, handelt es sich um neuen Sachvortrag, der in der Revisionsinstanz nicht berücksichtigt werden kann (§ 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

[38] Es bestehen auch im Übrigen keine Anhaltspunkte für eine Verfassungswidrigkeit oder Lückenhaftigkeit der Anlage zu § 54d Abs. 1 UrhG aF im Hinblick auf PCs mit eingebauter Festplatte, die für Bild- und Tonaufzeichnungen genutzt werden.

[39] d) Die Anwendung des in der Anlage zu § 54d Abs. 1 UrhG aF vorgesehenen Vergütungssatzes kann auch nicht mit der Begründung des Oberlandesgerichts abgelehnt werden, diese Anwendung führe entgegen § 19 Abs. 1 und 2 Nr. 1 GWB zu einer kartellrechtswidrigen Diskriminierung.

[40] aa) Nach § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB liegt ein nach § 19 Abs. 1 GWB verbotener Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung insbesondere vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen ein anderes Unternehmen ohne sachlichen Grund unmittelbar oder mittelbar anders behandelt als gleichartige Unternehmen. Die Frage, ob für eine unterschiedliche Behandlung ein sachlich gerechtfertigter Grund besteht, erfordert die umfassende Abwägung der beteiligten Interessen. Die Zulässigkeit einer unterschiedlichen Behandlung richtet sich insbesondere danach, ob die nachteilige Behandlung eines Unternehmens gegenüber anderen als wettbewerbskonformer Interessenausgleich erscheint oder auf Willkür oder Überlegungen und Absichten beruht, die wirtschaftlichem oder unternehmerischem Handeln fremd sind (vgl. BGH, Urteil vom 19. März 1996 - KZR 1/95, GRUR 1996, 808, 810 [juris Rn. 31] = WRP 1996, 905 - Pay-TV-Durchleitung; Urteil vom 13. Juli 2004 - KZR 40/02, BGHZ 160, 67, 77 [juris Rn. 50] - Standard-Spundfass; Urteil vom 12. April 2016 - KZR 30/14, NZKart 2016, 374 Rn. 48 - NetCologne). In der Geltendmachung eines gesetzlich vorgesehenen Anspruchs liegt kein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung (BGH, GRUR 2008, 786 Rn. 41 - Multifunktionsgeräte).

[41] bb) Danach liegt im Streitfall in der Anwendung des Vergütungssatzes, der in der Anlage zu § 54d Abs. 1 UrhG aF vorgesehen ist, keine kartellrechtswidrige Diskriminierung der Beklagten durch die Klägerin. Es handelt sich vielmehr um die sachlich gerechtfertigte Geltendmachung eines gesetzlichen Anspruchs durch die Klägerin (vgl. auch Rn. 29 bis 32).

[42] e) Der Höhe nach beläuft sich die Restforderung der Klägerin bei Zugrundelegung des in Abschnitt I Nr. 4 der Anlage zu § 54d Abs. 1 UrhG aF vorgesehenen Vergütungssatzes auf 1.253.677,56 €.

[43] Für 84.094 in den Jahren 2002 bis 2005 von der Beklagten hergestellte PCs sowie für 11.388 von der Beklagten in dieser Zeit importierte PCs ergibt sich bei Zugrundelegung des in Abschnitt I Nr. 4 der Anlage zu § 54d Abs. 1 UrhG aF vorgesehenen Vergütungssatzes von 18,42 € pro Gerät zuzüglich 7% Umsatzsteuer eine Gesamtforderung von 1.881.892,92 €. Hiervon hat das Oberlandesgericht bereits einen Teilbetrag von 628.215,36 € zugesprochen, so dass eine Restforderung von 1.253.677,56 € verbleibt.

[44] f) Der Zinsanspruch der Klägerin folgt aus § 286 Abs. 1 Satz 2, § 288 Abs. 1, § 291 BGB.

[45] 3. Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht veranlasst (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - 283/81, Slg. 1982, 3415 Rn. 21 = NJW 1983, 1257 - Cilfit u.a.; Urteil vom 1. Oktober 2015 - C-452/14, GRUR Int. 2015, 1152 Rn. 43 - Doc Generici, mwN). Im Streitfall stellt sich keine entscheidungserhebliche Frage zur Auslegung des Unionsrechts, die nicht bereits durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs geklärt oder nicht zweifelsfrei zu beantworten ist.

[46] III. Danach ist auf die Revision der Klägerin und unter Zurückweisung der Revision der Beklagten das angegriffene Schlussurteil im Kostenpunkt und insoweit aufzuheben, als darin zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist. Der Senat hat in der Sache selbst zu entscheiden, da die Aufhebung des Urteils nur wegen einer Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf den festgestellten Sachverhalt erfolgt und die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

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