BGH, Urteil vom 13. Oktober 2022 - I ZR 151/21

15.03.2023

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

Verkündet am:

13. Oktober 2022

HemmingerJustizangestellteals Urkundsbeamtinder Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit


Nachschlagewerk: ja


BGHZ: ja

BGHR: ja


CMR Art. 13 Abs. 1 Satz 2, Art. 29


a) Der Hauptfrachtführer haftet dem Absender nur dann nach Art. 29 CMR unbeschränkt, wenn ihm mit Blick auf die ihn selbst gegenüber dem Absender treffenden Vertragspflichten der Vorwurf qualifizierten Verschuldens gemacht werden kann. Es geht dagegen nicht zu seinen Lasten, wenn er einem Unterfrachtführer strengere Sicherheitsvorgaben macht als diejenigen, die er selbst gegenüber dem Absender einzuhalten hat, und den Unterfrachtführer im Verhältnis zum Hauptfrachtführer der Vorwurf qualifizierten Verschuldens trifft.

b) Der Empfänger kann bei festgestelltem Verlust des Guts als Drittbegünstigter die Rechte aus dem Beförderungsvertrag im eigenen Namen nicht nur gegen den Hauptfrachtführer und den abliefernden Unterfrachtführer geltend machen, sondern auch gegen denjenigen Unterfrachtführer, der den Transport nicht selbst ausgeführt hat, aber aufgrund des von ihm abgeschlossenen Unterfrachtvertrags zu einer Ablieferung des Transportguts an den Empfänger verpflichtet ist (Fortführung von BGH, Urteil vom 14. Juni 2007 - I ZR 50/05, BGHZ 172, 330 [juris Rn. 30]; BGH, Urteil vom 30. Oktober 2008 - I ZR 12/06, TranspR 2009, 130 [juris Rn. 28]).


BGH, Urteil vom 13. Oktober 2022 - I ZR 151/21 - KG, LG Berlin


Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 13. Oktober 2022 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Koch, den Richter Dr. Löffler, die Richterinnen Dr. Schwonke, Dr. Schmaltz und den Richter Odörfer

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Beklagten zu 1 wird unter Zurückweisung der Revision der Streithelferin des Beklagten zu 2 das Urteil des Kammergerichts - 2. Zivilsenat - vom 16. September 2021 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten zu 1 erkannt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

[1] Die Klägerin ist nach ihrem Vortrag Transportversicherer der S.

D. GmbH (im Folgenden: Versicherungsnehmerin).

[2] Die Versicherungsnehmerin beauftragte die Beklagte zu 1 am 1. September 2011 telefonisch damit, Kartons mit Elektronikartikeln (Fernseher und Kabel) von einem Lager der K. + N. in London (Vereinigtes Königreich Großbri-

tannien und Nordirland) zu ihr nach Berlin zu befördern. Die Beklagte zu 1 beauftragte die F. G. GmbH (im Folgenden: F. ) als Unterfrachtführerin. In

dem Ladeauftrag der Beklagten zu 1 an die F. vom 1. September 2011 ist

ausdrücklich vereinbart, dass Pausen nur auf bewachten Parkplätzen stattfinden dürfen. Die F. beauftragte wiederum eine Unterfrachtführerin, die J. R.

, welche den Transport tatsächlich durchführte. Die F. ist inzwischen in-

solvent, der Beklagte zu 2 ist Insolvenzverwalter über ihr Vermögen. Die dem Rechtsstreit auf Seiten des Beklagten zu 2 beigetretene Streithelferin (im Folgenden nur Streithelferin) ist ein Versicherungsunternehmen, bei der die F. eine

CMR-Haftpflichtversicherung unterhielt.

[3] Nach dem am Abend des 1. September 2011 erfolgten Beladevorgang in London unterschrieb der Fahrer der J. R. einen Frachtbrief, aus dem sich

ergibt, dass die geladenen Pakete Fernseher und Kabel enthalten sollten. Die Ladefläche des eingesetzten Lkw war nur durch eine Plane geschützt. Da der Fahrer der J. R. seine Ruhezeiten einhalten musste und ihm nicht gestat-

tet wurde, über Nacht innerhalb des Lagers in London zu parken, stellte er seinen Lkw in unmittelbarer Nähe des Lagers in einem Industriegebiet ab und legte sich in seiner Fahrerkabine zur Ruhe. Im Laufe der Nacht wurden die Planen des Lkw geöffnet und eine Reihe von Paletten mit Paketen durch mehrere Personen entwendet. Der Fahrer bemerkte dies und konnte dies durch Anlassen des Motors unterbrechen. Nachdem er daraufhin in das Lager zurückgefahren war, wurden die verbliebenen Pakete dort abgeladen. Der Fahrer quittierte auf dem Frachtbrief, dass 353 Fernseher sowie 557 Kabel entwendet worden seien.

[4] Die Klägerin hat aus übergegangenem Recht, gestützt auf von ihr geleistete Entschädigungsleistungen an die Versicherungsnehmerin, geltend gemacht, der Wert der in Verlust geratenen Fracht belaufe sich auf 71.157 €. Sie hat beide Beklagte mit ihrer am 4. November 2013 bei Gericht eingegangenen und am 13. November 2013 zugestellten Klage auf Zahlung dieses Betrags zuzüglich Gutachterkosten in Höhe von 5.199,97 €, jeweils nebst Zinsen, in Anspruch genommen, den Beklagten zu 2 im Wege abgesonderter Befriedigung gemäß § 110 VVG aus der Entschädigungsforderung der bei seiner Streithelferin unterhaltenen CMR-Haftpflichtversicherung der F. . Die Beklagten haben die Einrede der

Verjährung erhoben.

[5] Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten und der Streithelferin mit der klarstellenden Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagten wie Gesamtschuldner haften (KG, RdTW 2022, 365).

[6] Mit ihren vom Berufungsgericht für die Streithelferin und vom Senat für die Beklagte zu 1 zugelassenen Revisionen, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgen die Beklagte zu 1 und die Streithelferin ihre Anträge auf Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe:

[7] A. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stünden gegen die Beklagten aus übergegangenem Recht der Versicherungsnehmerin die mit der Klage geltend gemachten Schadensersatzansprüche in Höhe von 76.356,97 € nebst Zinsen zu. Zur Begründung hat es ausgeführt:

[8] Die Versicherungsnehmerin könne gemäß Art. 17 Abs. 1 CMR von der Beklagten zu 1 Ersatz des Schadens verlangen, der durch den Verlust der Fernseher und der Kabel entstanden sei, und Ersatz der Kosten für das Schadensgutachten des außergerichtlichen Sachverständigen. Die F. und damit auch der

Beklagte zu 2 als Insolvenzverwalter über ihr Vermögen könnten sich auf die Haftungsbeschränkungen gemäß Art. 29 CMR nicht berufen, weil der F. bezie-

hungsweise der J. R. ein qualifiziertes Verschulden bei der Entstehung

des Schadens zur Last falle. Die Beklagte zu 1 müsse sich dies zurechnen lassen. Zinsen schulde die Beklagte zu 1 gemäß Art. 27 Abs. 1 CMR. Die Verjährungseinrede der Beklagten gehe ins Leere, weil die Verjährungsfrist nach Art. 32 Abs. 1 Satz 2 CMR drei Jahre betrage.

[9] Die Klägerin könne außerdem von dem Beklagten zu 2 verlangen, im Wege der abgesonderten Befriedigung aus der Entschädigungsforderung der CMR-Haftpflichtversicherung der F. gegen die Streithelferin wegen des gegen

sie bestehenden Schadensersatzanspruchs der Versicherungsnehmerin entschädigt zu werden. Die Versicherungsnehmerin könne Schadensersatz unmittelbar von der F. verlangen, auch wenn sie mit dieser nicht in einer Vertrags-

beziehung gestanden habe. Sie sei als im Frachtbrief als Empfängerin angegebene Drittbegünstigte in den zwischen der Beklagten zu 1 und der F. ge-

schlossenen Unterfrachtvertrag einbezogen worden.

[10] B. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Beklagten zu 1 hat Erfolg (dazu B I), die Revision der Streithelferin ist dagegen zurückzuweisen (dazu B II).

[11] I. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann der Klage gegen die Beklagte zu 1 nicht stattgegeben werden.

[12] 1. Das Berufungsgericht hat allerdings mit Recht angenommen, dass die Beklagte zu 1 der Klägerin nach Art. 17 Abs. 1 des Übereinkommens über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) haftet.

[13] a) Auf den zwischen der Beklagten zu 1 und der Versicherungsnehmerin geschlossenen Vertrag ist nach Art. 1 Abs. 1 Satz 1 CMR die CMR anwendbar. Nach der genannten Vorschrift gilt die CMR für jeden Vertrag über die entgeltliche Beförderung von Gütern auf der Straße mittels Fahrzeugen, wenn der Ort der Übernahme des Gutes und der für die Ablieferung vorgesehene Ort, wie sie im Vertrag angegeben sind, in zwei verschiedenen Staaten liegen, von denen mindestens einer ein Vertragsstaat ist. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Das Transportgut wurde der vertraglichen Vereinbarung entsprechend im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland übernommen und in Deutschland abgeliefert; beide Staaten sind Vertragsstaaten der CMR.

[14] b) Nach Art. 17 Abs. 1 CMR haftet der Frachtführer für gänzlichen oder teilweisen Verlust und für Beschädigung des Gutes, sofern der Verlust oder die Beschädigung zwischen dem Zeitpunkt der Übernahme des Gutes und dem seiner Ablieferung eintritt. Er haftet nach Art. 3 CMR für Handlungen und Unterlassungen seiner Bediensteten und aller anderen Personen, deren er sich bei Ausführung der Beförderung bedient, wie für eigene Handlungen und Unterlassungen, wenn diese Bediensteten oder anderen Personen in Ausübung ihrer Verrichtungen handeln.

[15] Zwischen den Beteiligten ist nicht in Streit, dass die Entwendung der Fernseher und Kabel im Haftungszeitraum bei der Durchführung des Transports durch die J. R. , Unterfrachtführerin der von der Beklagten zu 1 beauftrag-

ten F. , eingetreten ist. Hierfür hat die Beklagte zu 1 als Hauptfrachtführerin

einzustehen.

[16] c) Die Klägerin ist hinsichtlich eines insoweit bestehenden Anspruchs aktivlegitimiert. Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts besteht zwischen der Versicherungsnehmerin und der Klägerin ein Versicherungsvertragsverhältnis. Außerdem hat das Berufungsgericht als bewiesen angesehen, dass die Klägerin die Versicherungsnehmerin in Höhe der Klageforderung entschädigt hat, so dass der streitgegenständliche Schadensersatzanspruch der Versicherungsnehmerin gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 VVG auf die Klägerin übergegangen ist.

[17] 2. Die Revision der Beklagten zu 1 wendet sich jedoch mit Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte zu 1 könne sich gemäß Art. 29 CMR nicht auf die Begrenzung ihrer Haftung berufen, deshalb sei der Schadensersatzanspruch gemäß Art. 17 Abs. 1 CMR bei Klageerhebung auch nicht gemäß Art. 32 Abs. 1 Satz 1 CMR verjährt gewesen.

[18] a) Nach Art. 29 Abs. 1 CMR kann sich der Frachtführer auf die Bestimmungen des IV. Kapitels der CMR (Art. 17 bis 29 CMR), die seine Haftung ausschließen oder begrenzen oder die Beweislast umkehren, nicht berufen, wenn er den Schaden vorsätzlich oder durch ein ihm zur Last fallendes Verschulden verursacht hat, das nach dem Recht des angerufenen Gerichtes dem Vorsatz gleichsteht. Das gleiche gilt, wenn seinen Bediensteten oder sonstigen Personen, deren er sich bei Ausführung der Beförderung bedient, Vorsatz oder ein dem Vorsatz gleichstehendes Verschulden zur Last fällt, wenn diese Bediensteten oder sonstigen Personen in Ausübung ihrer Verrichtungen handeln (Art. 29 Abs. 2 Satz 1 CMR). Nach Art. 32 Abs. 1 Satz 1 CMR verjähren Ansprüche aus einer der CMR unterliegenden Beförderung in einem Jahr. Bei Vorsatz oder bei einem Verschulden, das nach dem Recht des angerufenen Gerichtes dem Vorsatz gleichsteht, beträgt die Verjährungsfrist jedoch drei Jahre (Art. 32 Abs. 1 Satz 2 CMR).

[19] Da auf den zwischen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten zu 1 geschlossenen Beförderungsvertrag jedenfalls gemäß Art. 3 der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom-I-VO) deutsches Recht zur Anwendung kommt - beide Parteien haben während des Rechtsstreits ausschließlich auf der Grundlage des deutschen Rechts vorgetragen -, ist im Rahmen von Art. 29 Abs. 1 CMR ergänzend § 435 HGB heranzuziehen (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juli 2013 - I ZR 156/12, TranspR 2014, 146 [juris Rn. 15]). Nach dieser Vorschrift kann sich der Frachtführer nicht auf gesetzliche oder vertraglich vereinbarte Haftungsbeschränkungen berufen, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine in § 428 HGB genannte Person vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewusstsein, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen hat. Das Tatbestandsmerkmal der Leichtfertigkeit erfordert einen besonders schweren Pflichtenverstoß, bei dem sich der Frachtführer oder seine Leute in krasser Weise über die Sicherheitsinteressen des Vertragspartners hinwegsetzen. Das subjektive Erfordernis des Bewusstseins von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist eine sich dem Handelnden aus seinem leichtfertigen Verhalten aufdrängende Erkenntnis, es werde wahrscheinlich ein Schaden entstehen. Welche Sicherheitsvorkehrungen der Frachtführer ergreifen muss, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 22. Mai 2014 - I ZR 109/13, TranspR 2015, 33 [juris Rn. 35]; Urteil vom 19. März 2015 - I ZR 190/13, TranspR 2015, 342 [juris Rn. 30]; Urteil vom 23. Juli 2020 - I ZR 119/19, BGHZ 226, 262 [juris Rn. 40]). Die Beurteilung der Frage, ob eine bewusste Leichtfertigkeit vorliegt, obliegt dem Tatgericht und kann vom Revisionsgericht nur in eingeschränktem Umfang überprüft werden. Die Prüfung ist darauf beschränkt, ob das Tatgericht den Rechtsbegriff der bewussten Leichtfertigkeit verkannt hat oder ihm Verstöße gegen § 286 ZPO, die Denkgesetze oder Erfahrungssätze unterlaufen sind (st. Rspr.; vgl. BGHZ 226, 262 [juris Rn. 41] mwN).

[20] b) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagten könnten sich auf die Haftungsbegrenzungen gemäß Art. 29 CMR nicht berufen. Dabei könne dahinstehen, ob der Fahrer des Lkw eine von der F. an die J. R. weiter-

gegebene Weisung zum Parken auf bewachten Parkplätzen ignoriert beziehungsweise sich bei der Routenplanung nicht genügend hierauf vorbereitet habe, oder aber ob die der F. mitgeteilte Vorgabe zum Parken nur auf bewachten

Parkplätzen von dieser nicht ausreichend gegenüber der J. R. kommuni-

ziert worden sei. Lege man zugrunde, dass die Vorgabe, nur auf bewachten Parkplätzen zu halten, an den Fahrer des Lkw weitergegeben worden sei, habe die J. R. mit einem dem Vorsatz gleichstehenden Verschulden gehandelt,

weil sie sich hieran nicht gehalten habe. Gehe man davon aus, dass die Weisung zum Parken nur auf bewachten Parkplätzen nicht durch die F. an die J.

R. weitergegeben worden sei, habe die F. jedenfalls leichtfertig und in

dem Bewusstsein gehandelt, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde. Die Beklagte zu 1 müsse sich dies zurechnen lassen.

[21] c) Die Revision der Beklagten zu 1 macht mit Recht geltend, dass diese Beurteilung von Rechtsfehlern beeinflusst ist.

[22] aa) Das Berufungsgericht hat nicht berücksichtigt, dass sich der für das Tatbestandsmerkmal der Leichtfertigkeit erforderliche besonders schwere Pflichtenverstoß aus dem Vertragsverhältnis der Versicherungsnehmerin als Absenderin mit der Beklagten zu 1 ergeben muss. Bei Art. 3 CMR handelt es sich nicht um eine selbständige Anspruchsgrundlage, sondern um eine mit § 278 BGB und § 428 HGB vergleichbare Zurechnungsnorm (MünchKomm/Jesser-Huß, 5. Aufl., Art. 3 CMR Rn. 1; Großkomm.HGB/Reuschle, 5. Aufl., Art. 3 CMR Rn. 1; Koller, Transportrecht, 10. Aufl., Art. 3 CMR Rn. 1). Danach werden dem Hauptfrachtführer - neben Handlungen und Unterlassungen seiner Bediensteten - auch Handlungen und Unterlassungen anderer Personen zugerechnet, jedoch nur soweit er sich ihrer "bei Ausführung der Beförderung", das heißt zur Erfüllung der ihn selbst aus dem mit dem Absender geschlossenen Frachtvertrag treffenden Pflichten, bedient (Boesche in Ebenroth/?Boujong/?Joost/?Strohn, HGB, 4. Aufl., Art. 3 CMR Rn. 4; Großkomm.HGB/Reuschle aaO Art. 3 CMR Rn. 9; Koller aaO Art. 3 CMR Rn. 4).

[23] bb) Danach haftet die Beklagte zu 1 nur unbeschränkt, wenn ihr mit Blick auf die sie selbst gegenüber der Versicherungsnehmerin treffenden Vertragspflichten der Vorwurf leichtfertigen Verhaltens gemacht werden kann. Es kann dagegen nicht zu ihren Lasten gehen, wenn sie als Hauptfrachtführerin ihrer Unterfrachtführerin strengere Sicherheitsvorgaben macht als diejenigen, die sie selbst gegenüber der Versicherungsnehmerin als ihrer Auftraggeberin einzuhalten hat, und die Unterfrachtführerin im Verhältnis zur Beklagten zu 1 der Vorwurf qualifizierten Verschuldens trifft.

[24] cc) Die Revision der Beklagten zu 1 rügt mit Erfolg, dass das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen hat, die die Annahme rechtfertigen, dass die Beklagte zu 1 im Verhältnis zur Versicherungsnehmerin der Vorwurf leichtfertigen Verhaltens wegen eines krassen Pflichtenverstoßes trifft.

[25] (1) Der vorsätzliche Verstoß des Frachtführers oder einer in Art. 3 CMR genannten Person gegen eine der Sicherung des Transportguts dienende vertragliche Verpflichtung kann zwar schon für sich allein eine Haftung gemäß § 435 HGB rechtfertigen (vgl. BGHZ 226, 262 [juris Rn. 26] mwN).

[26] Das Berufungsgericht hat jedoch nicht festgestellt, dass die Versicherungsnehmerin der Beklagten zu 1 eine solche Verpflichtung auferlegt hätte. Es hat keine Feststellungen getroffen, welchen genauen Inhalt der telefonisch erteilte Beförderungsauftrag der Versicherungsnehmerin an die Beklagte zu 1 hat. Seine Feststellungen betreffen allein Pflichtenverstöße der F. , der die Be-

klagte zu 1 die Auflage gemacht hat, Pausen nur auf bewachten Parkplätzen einzulegen, beziehungsweise solche der J. R. .

[27] Die Revision der Beklagten zu 1 verweist darauf, dass die Beklagte zu 1 vorgetragen habe, ihr seien bei der telefonischen Auftragserteilung von der Versicherungsnehmerin keine Weisungen hinsichtlich gesicherter Fahrtunterbrechungen gemacht worden. Die Revisionserwiderung macht nicht geltend, dass die Beklagte zu 1 in diesem Telefonat verpflichtet worden wäre, bei dem Transport für Pausen nur bewachte Parkplätze anzufahren.

[28] (2) Die Feststellungen, die das Berufungsgericht zu den Umständen des Einzelfalls getroffen hat, lassen gleichfalls nicht auf ein leichtfertiges Verhalten der Beklagten zu 1 schließen.

[29] Welche Sicherheitsvorkehrungen der Transportunternehmer zur Erfüllung seiner vertraglichen Verpflichtung, das ihm anvertraute Transportgut während der Beförderung vor Diebstahl oder Raub zu bewahren, ergreifen muss, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Es kommt entscheidend darauf an, ob die getroffenen Maßnahmen den für den durchzuführenden Transport erforderlichen Sorgfaltsanforderungen genügen. Je größer die mit der Güterbeförderung verbundenen Risiken sind, desto höhere Anforderungen sind an die zu treffenden Sicherheitsmaßnahmen zu stellen. Von erheblicher Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, ob das transportierte Gut leicht verwertbar und damit besonders diebstahlgefährdet ist, welchen Wert es hat, ob dem Frachtführer die besondere Gefahrenlage bekannt sein musste und welche konkreten Möglichkeiten einer gesicherten Fahrtunterbrechung es gab, um vorgeschriebene Ruhezeiten einzuhalten (BGH, Urteil vom 6. Juni 2007 - I ZR 121/04, TranspR 2007, 423 [juris Rn. 19]; Urteil vom 1. Juli 2010 - I ZR 176/08, TranspR 2011, 78 [juris Rn. 21]; BGHZ 226, 262 [juris Rn. 34]). Der Vorwurf der Leichtfertigkeit ist nur gerechtfertigt, wenn für den Frachtführer die besondere Gefahrenlage hinreichend konkret erkennbar ist. Ein allgemeiner Hinweis, dass das zu transportierende Gut diebstahlsgefährdet ist, reicht nicht aus. Es ist Sache des Auftraggebers, dem Frachtführer durch klare Angaben im Frachtauftrag die objektiv gegebene besondere Gefahrenlage bei der Durchführung des Transports zu verdeutlichen (BGH, TranspR 2011, 78 [juris Rn. 24]).

[30] Soweit die Revisionserwiderung unter Verweis auf Vortrag der Klägerin geltend macht, die Beklagte zu 1 sei regelmäßig von der Versicherungsnehmerin mit entsprechenden Transporten beauftragt und außerdem als Lagerhalterin für die Versicherungsnehmerin tätig geworden, ihr sei deshalb bekannt gewesen, dass am betreffenden Standort in erster Linie Haushaltselektronik - und zwar vor allem Fernseher - zwischengelagert und an gewerbliche Verkäufer weitertransportiert worden sei, rechtfertigt danach den Vorwurf der Leichtfertigkeit für sich genommen nicht; erforderlich ist vielmehr eine Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalls (vgl. BGHZ 226, 262 [juris Rn. 42]). Dies gilt entsprechend für den Verweis der Revisionserwiderung auf den Vortrag der Beklagten zu 1, Gegenstand des Auftrags sei - wie in der Weitergabe des Transportauftrags an die F. angegeben - "1 Lkw Elektrogeräte auf Einwegpaletten" gewesen. Dar-

aus ergibt sich nicht, dass die Beklagte zu 1 erkennen konnte, dass Gegenstand des konkret in Rede stehenden Auftrags 557 Fernsehgeräte nebst Kabeln sein sollten. Soweit die Beklagte zu 1 der F. die Vorgabe gemacht hat, nur auf

bewachten Parkplätzen zu parken, ist dies allerdings ein Indiz dafür, dass sie die besondere Gefahrenlage erkannt hat. Zwingend ist dies ohne das Hinzutreten weiterer Umstände jedoch nicht. Das Berufungsgericht hat zu diesem Vorbringen der Parteien keine Feststellungen getroffen, genauso wenig dazu, ob im Hinblick auf die weiteren im Streitfall gegebenen Umstände der Beklagten zu 1 besondere Sicherheitsvorkehrungen in Bezug auf das transportierte Gut oblegen haben.

[31] Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung rechtfertigt auch der Umstand, dass der Fahrer der J. R. bei der Abholung der Sendung am Abend

des 1. September 2011 Kenntnis davon erhalten hat, dass mehrere hundert Fernseher für die Versicherungsnehmerin transportiert werden sollten, ebenfalls nicht den Vorwurf qualifizierten Verschuldens auf Seiten der Beklagten zu 1. Das Wissen der J. R. kann der Beklagten zu 1 nicht gemäß Art. 3 CMR zuge-

rechnet werden. Nach dieser Vorschrift werden dem Frachtführer Handlungen und Unterlassungen zugerechnet; sie ordnet aber keine Wissenszurechnung an. Es kommt deshalb nicht darauf an, dass ohnehin nicht ersichtlich ist, dass die Beklagte zu 1 zu dem Zeitpunkt der Kenntniserlangung der J. R. nach

Beginn der Ausführung des Transportauftrags noch in der Lage gewesen wäre, Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz des Transportguts zu treffen.

[32] 3. Danach kann auch die Beurteilung des Berufungsgerichts keinen Bestand haben, die Beklagte zu 1 sei gemäß § 280 Abs. 1, § 249 Abs. 1 BGB, § 430 HGB verpflichtet, der Versicherungsnehmerin die Kosten für das Schadensgutachten der außergerichtlichen Sachverständigen in Höhe von 5.199,97 € zu erstatten, da sich die Beklagte zu 1 gemäß Art. 29 CMR nicht auf Haftungsbeschränkungen berufen könne.

[33] II. Die Revision der Streithelferin, mit der sie sich gegen die Verurteilung des Beklagten zu 2 wendet, hat keinen Erfolg und ist zurückzuweisen.

[34] 1. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin könne vom Beklagten zu 2 verlangen, im Wege der abgesonderten Befriedigung aus der Entschädigungsforderung der CMR-Haftpflichtversicherung der F. entschädigt zu

werden, wobei die Beklagten wie Gesamtschuldner hafteten, da die Klägerin die Leistung letztlich nur einmal verlangen könne. Ursprünglich sei ein entsprechender Anspruch auf Zahlung gemäß Art. 17 Abs. 1 CMR und § 280 Abs. 1, § 249 Abs. 1 BGB gegenüber der F. in der Person der Versicherungsnehmerin als

Empfängerin entstanden. Die Versicherungsnehmerin könne Schadensersatz gemäß Art. 13 Abs. 1 Satz 2 und Art. 17 CMR in Verbindung mit § 328 BGB unmittelbar von der F. verlangen, auch wenn sie mit ihr nicht unmittelbar in Ver-

tragsbeziehung gestanden habe. Die Versicherungsnehmerin sei in den zwischen der Beklagten zu 1 und der F. geschlossenen Unterfrachtvertrag als

Drittbegünstigte dergestalt einbezogen, dass der Versicherungsnehmerin selbst aus dem Vertrag resultierende Sekundäransprüche wegen etwaiger Transportschäden gegenüber der F. zustehen konnten. Der Empfänger sei regelmäßig

als Drittbegünstigter eines Unterfrachtvertrags anzusehen, wenn der Unterfrachtführer verpflichtet sei, das Gut an ihn abzuliefern. Dies sei nicht auf den Fall beschränkt, dass der in Anspruch genommene Unterfrachtführer abliefernder Unterfrachtführer sei, vielmehr genüge die Verpflichtung zur Ablieferung.

[35] 2. Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision der Streithelferin ohne Erfolg. Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass der Versicherungsnehmerin als Empfängerin gegen die F. ein eigener Schadens-

ersatzanspruch in Höhe der Klageforderung wegen des Verlusts des Gutes zusteht, den die Klägerin aus gemäß § 86 VVG übergegangenem Recht gegen die F. beziehungsweise den Beklagten zu 2 geltend machen kann.

[36] a) Nach Ankunft des Gutes an dem für die Ablieferung vorgesehenen Ort ist der Empfänger gemäß Art. 13 Abs. 1 Satz 1 CMR berechtigt, vom Frachtführer zu verlangen, dass ihm gegen Empfangsbestätigung die zweite Ausfertigung des Frachtbriefes übergeben und das Gut abgeliefert wird. Nach Art. 13 Abs. 1 Satz 2 CMR kann der Empfänger die Rechte aus dem Beförderungsvertrage im eigenen Namen gegen den Frachtführer geltend machen, wenn der Verlust des Gutes festgestellt oder das Gut innerhalb der in Art. 19 CMR vorgesehenen Frist nicht angekommen ist.

[37] b) Der Empfänger kann diese Rechte sowohl gegen den Hauptfrachtführer als auch - wie der Senat bereits entschieden hat - gegen den abliefernden Unterfrachtführer geltend machen.

[38] Der Hauptfrachtführer, der einen Beförderungsauftrag nicht selbst ausführt, sondern damit im eigenen Namen und für eigene Rechnung einen anderen Frachtführer, den Unterfrachtführer, beauftragt, schließt einen selbständigen (Unter-)Frachtvertrag mit diesem ab. Er ist Absender im Sinne des Landfrachtrechts, weil er Vertragspartner des (Unter-)Frachtführers ist. Der Unterfrachtführer haftet dem Hauptfrachtführer als dem Absender, soweit es sich um einen grenzüberschreitenden Beförderungsvertrag handelt, nach den Haftungsbestimmungen der Art. 17 ff. CMR. Trifft aber den Unterfrachtführer dem Hauptfrachtführer gegenüber die volle Frachtführerhaftung, gibt es keinen Grund, seine Haftung gegenüber dem Empfänger als Drittbegünstigten des Unterfrachtvertrags auszuschließen (BGH, Urteil vom 14. Juni 2007 - I ZR 50/05, BGHZ 172, 330 [juris Rn. 30]; zu § 421 HGB BGH, Urteil vom 30. Oktober 2008 - I ZR 12/06, TranspR 2009, 130 [juris Rn. 28]; Urteil vom 28. Mai 2009 - I ZR 29/07, TranspR 2010, 34 [juris Rn. 17]; Urteil vom 13. Juni 2012 - I ZR 161/10, TranspR 2012, 456 [juris Rn. 27]). Der Empfänger muss auch gegenüber dem abliefernden Unterfrachtführer befugt sein, die Primärrechte aus Art. 13 Abs. 1 Satz 1 CMR auf Ablieferung des Gutes und Übergabe der Zweitausfertigung des Frachtbriefs geltend zu machen und sich auf das Weisungsrecht zu berufen. Denn andernfalls wäre Art. 13 Abs. 1 Satz 1 CMR bei Transportketten, die sich auf Unterfrachtverträge stützen, weitgehend ohne Bedeutung und die praktische Abwicklung solcher Transporte ganz erheblich erschwert. Da die Sekundärrechte des Empfängers dessen Primärrechte sanktionieren sollen, müssen dem Empfänger gegenüber dem Unterfrachtführer dementsprechend auch die Haftungsansprüche aus Art. 13 Abs. 1 Satz 2 CMR zustehen (vgl. BGHZ 172, 330 [juris Rn. 31]).

[39] Dem wird zwar im Schrifttum, bezogen auf das nationale Recht, entgegengehalten, der Empfänger, der vom Unterfrachtführer die Auslieferung des Transportguts verlange, mache damit als durch den Unterfrachtvertrag Drittbegünstigter einen Anspruch aus diesem Unterfrachtvertrag mit der Folge geltend, dass er (nur) zur Zahlung der dem Unterfrachtführer (vom Hauptfrachtführer) geschuldeten Fracht verpflichtet wäre. Man könne aber kaum annehmen, dass der Hauptfrachtführer durch den Unterfrachtvertrag dem Unterfrachtführer das Recht einräume, das Gut beim Empfänger im eigenen Namen und im eigenen Frachterwerbsinteresse abzuliefern (MünchKomm.HGB/?Herber/?Harm aaO § 425 HGB Rn. 82). Diese Ansicht, auf die sich die Revision der Streithelferin beruft, steht der Annahme der Passivlegitimation des Unterfrachtführers für Empfängeransprüche auf Schadensersatz wegen des Verlusts oder der Beschädigung des Transportguts nicht entgegen. Für die Frage, ob der Unterfrachtführer dem Empfänger wegen des Verlusts oder der Beschädigung des Transportguts auf Schadensersatz haftet, ist es ohne Bedeutung, inwieweit gegen den Empfänger ein Anspruch auf Zahlung der Fracht besteht.

[40] c) Die Revision der Streithelferin macht ohne Erfolg geltend, zwischen der Beklagten zu 1 und der F. sei schon kein Beförderungsvertrag gemäß Art. 13

CMR zustande gekommen, vielmehr sei der F. nur ein Ladeauftrag erteilt wor-

den, der sie nicht zum Transport des Guts nach Berlin und zu seiner Ablieferung bei der Versicherungsnehmerin verpflichtet habe.

[41] aa) Sowohl das Landgericht als auch das Berufungsgericht sind davon ausgegangen, dass das als Ladeauftrag bezeichnete Schreiben der Beklagten zu 1 an die F. vom 1. September 2011 als Transportauftrag zu qualifizieren

ist, durch den die F. sich zum Transport des Guts per Lkw von London nach

Berlin verpflichtet hatte.

[42] bb) Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Die Beklagte zu 1 hat die F. durch den Ladeauftrag vom 1. September 2011 damit beauf-

tragt, "gemäß ADSp-CMR Bedingungen" einen kompletten Lkw mit Elektrogeräten auf Einwegpaletten in London zu laden und am 3. September 2011 bei der namentlich benannten Versicherungsnehmerin an deren Adresse in Berlin zu entladen. Außerdem enthält dieser Ladeauftrag den Hinweis auf folgende Besonderheiten: "Eingesetztes Fahrzeug (KFZ-Zeichen durchgeben) ist entsprechend versichert! Fahrzeug darf seine Pausen etc. nur auf bewachten Plätzen tätigen! Fahrzeug verplomben lassen mit CMR Vermerk!". Der mehrfache Hinweis auf die CMR und der vorstehend wiedergegebene weitere Inhalt des Ladeauftrags lässt zweifelsfrei erkennen, dass die F. das im Auftrag bezeichnete Gut mit dem

Lkw von London nach Berlin befördern und bei der Versicherungsnehmerin abliefern sollte.

[43] d) Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass nicht nur der befördernde und abliefernde Unterfrachtführer gegenüber dem drittbegünstigten Empfänger passivlegitimiert ist, sondern auch derjenige Unterfrachtführer, der den Transport nicht selbst ausführt, aber aufgrund der Vereinbarungen in dem von ihm abgeschlossenen Unterfrachtvertrag zu einer Ablieferung an den Empfänger verpflichtet ist.

[44] aa) Allerdings hat der Senat seine Entscheidung, dass der Empfänger Direktansprüche aus dem Unterfrachtvertrag gegen den Unterfrachtführer geltend machen kann, mit Erwägungen begründet, die sich auf den abliefernden Unterfrachtführer beziehen. Er hat angenommen, dass auch der Wortlaut von Art. 13 Abs. 1 CMR für die Annahme spricht, dass sich die Empfängeransprüche in erster Linie gegen den abliefernden Frachtführer richten. Der Empfänger ist berechtigt, vom Frachtführer die Übergabe (der zweiten Ausfertigung) des Frachtbriefs zu verlangen. Damit ist jedenfalls die Fallkonstellation erfasst, in der der Empfänger nach Ankunft des Guts an dem für die Ablieferung vorgesehenen Ort vom anwesenden Frachtführer die Ablieferung des Guts und die Übergabe des Frachtbriefs verlangt. Dabei kann es sich nur um den Frachtbrief handeln, den der abliefernde Frachtführer auch in seinem Besitz hat und übergeben kann. Das wird häufig nur der Frachtbrief sein, in dem sein Vertrag mit dem Hauptfrachtführer als Absender gemäß Art. 4 Satz 1 CMR festgehalten ist. Den Frachtbrief des Urversenders mit dem Hauptfrachtführer wird der abliefernde Unterfrachtführer wegen der häufig vorkommenden Kette von Frachtführern vielfach selbst nicht kennen (vgl. BGHZ 172, 330 [juris Rn. 32]).

[45] bb) Nach einer im Schrifttum vertretenen Ansicht ist die Passivlegitimation auf denjenigen Frachtführer begrenzt, der das Gut tatsächlich transportiert, geschädigt und abgeliefert hat (Koller aaO Art. 13 CMR Rn. 5). Nach anderer Ansicht können auch mehrere nacheinander geschaltete Unterfrachtverträge solche zugunsten des Empfängers sein, so dass der in dieser Weise begünstigte Empfänger nicht nur Ansprüche gegen den letzten ausführenden Unterfrachtführer erwirbt, sondern gegebenenfalls gegen mehrere Unterfrachtführer in der Frachtführerkette (Ramming, NJW 2008, 289, 292).

[46] cc) Die zuletzt genannte Ansicht, die auch das Berufungsgericht seiner Beurteilung zugrunde gelegt hat, trifft zu.

[47] (1) Hierfür spricht, dass Art. 13 Abs. 1 Satz 2 CMR allgemein anordnet, dass der Empfänger die Rechte "aus dem Beförderungsvertrage" im eigenen Namen "gegen den Frachtführer" geltend machen kann, wenn der Verlust des Gutes festgestellt ist oder das Gut nicht fristgerecht angekommen ist. Daraus ergibt sich keine Beschränkung der Anspruchsberechtigung des Empfängers auf einen bestimmten Frachtführer. Insbesondere ergibt sich aus dieser Regelung nicht, dass nur derjenige Frachtführer passivlegitimiert sein soll, der den Transport ausgeführt oder der den Verlust oder die Verzögerung verursacht hat. Aus der Zusammenschau von Art. 13 Abs. 1 Satz 2 mit Art. 13 Abs. 1 Satz 1 CMR ergibt sich vielmehr, dass der Empfänger diejenige Person in Anspruch nehmen kann, von der er nach dem jeweiligen Beförderungsvertrag die Ablieferung des Guts verlangen kann. Existieren mehrere Frachtführer in der Frachtführerkette, die sich vertraglich zu einer Ablieferung gegenüber dem Empfänger verpflichtet haben, können dem Empfänger nach Art. 13 Abs. 1 Satz 2 CMR mehrere Personen haften. So liegt es im Streitfall, in dem nicht nur die Beklagte zu 1 als Hauptfrachtführer und die J. R. als ausliefernder Unter-Unterfrachtführer, sondern

auch der zwischengeschaltete, den Transport nicht selbst vornehmende Unterfrachtführer - hier die F. - vertraglich verpflichtet war, das Gut an den Emp-

fänger - hier die Versicherungsnehmerin - abzuliefern.

[48] (2) Nichts Anderes ergibt sich aus Art. 36 CMR (aA Koller aaO Art. 13 CMR Rn. 5).

[49] Nach dieser Regelung können Ersatzansprüche wegen eines Verlustes, einer Beschädigung oder einer Überschreitung der Lieferfrist nur gegen den ersten, den letzten oder denjenigen Frachtführer geltend gemacht werden, der den Teil der Beförderung ausgeführt hat, in dessen Verlauf das Ereignis eingetreten ist, das den Verlust, die Beschädigung oder die Überschreitung der Lieferfrist verursacht hat. Diese Vorschrift im Kapitel VI der CMR findet nur auf die Beförderung durch aufeinanderfolgende Straßenfrachtführer Anwendung. Nach Art. 34 CMR haften aufeinanderfolgende Straßenfrachtführer für die Ausführung der gesamten Beförderung, die Gegenstand eines einzigen Vertrages ist; der zweite und jeder folgende Frachtführer wird durch die Annahme des Gutes und des Frachtbriefes nach Maßgabe der Bedingungen des Frachtbriefes Vertragspartei.

[50] Zu den aufeinanderfolgenden Frachtführern im Sinne von Art. 34 CMR zählt nach der Rechtsprechung des Senats nur derjenige Unterfrachtführer, der durch die Annahme von Gut und Frachtbrief als sogenannter Samtfrachtführer gesamtschuldnerisch neben dem ihn beauftragenden Haupt- oder Unterfrachtführer Vertragspartei des Absenders wird (BGH, Urteil vom 25. Oktober 1984 - I ZR 138/82, TranspR 1985, 48 [juris Rn. 14]; Urteil vom 10. Mai 1990 - I ZR 234/88, TranspR 1990, 418 [juris Rn. 16]; Urteil vom 19. April 2007 - I ZR 90/04, TranspR 2007, 416 [juris Rn. 18]). Die Haftung als aufeinanderfolgende Straßenfrachtführer setzt voraus, dass sich die Frachtführer dem Absender gegenüber bereit erklärt haben, als Einheit zu fungieren. Sie müssen gemäß Art. 34 CMR durch einen "einzigen Vertrag" eine einheitliche Leistung durch die Beförderung mit Straßenfahrzeugen erbringen wollen (zum nachfolgenden Luftfrachtführer im Sinne von Art. 30 des Warschauer Abkommens in der Fassung des Haager Protokolls [WA 1955] in Verbindung mit Art. 1 Abs. 3 WA 1955 vgl. BGHZ 172, 330 [juris Rn. 25]).

[51] Diese Voraussetzungen des Art. 34 CMR liegen hier nicht vor. Die von der Beklagten zu 1 (Hauptfrachtführerin) beauftragte F. (Unterfrachtführerin) hat

weder das Frachtgut noch den Frachtbrief angenommen und ist auch nicht neben der Beklagten zu 1 Vertragspartnerin der Versicherungsnehmerin (Absenderin) geworden.

[52] (3) Der Passivlegitimation der F. steht auch nicht der Einwand der Re-

vision der Streithelferin entgegen, dass der nicht selbst abliefernde Unterfrachtführer keine Gelegenheit hat, dem Empfänger den Frachtbrief zu übergeben, in dem der von ihm abgeschlossene Beförderungsvertrag festgehalten ist. Die Berechtigung des Empfängers, gemäß Art. 13 Abs. 1 Satz 2 CMR Ansprüche gegen den Unterfrachtführer geltend zu machen, setzt nicht voraus, dass der Frachtführer ihm den Frachtbrief aushändigt oder aushändigen kann.

[53] e) Im Revisionsverfahren steht nicht in Streit, dass die von der Beklagten zu 1 im Transportauftrag an die F. vorgeschriebenen Sicherheitsvorkehrun-

gen nicht eingehalten worden sind, weil der von der J. R. eingesetzte Fah-

rer seine Pause nicht auf einem bewachten Parkplatz eingelegt hat. Die Revision der Streithelferin wendet sich auch nicht gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass der F. beziehungsweise der J. R. , deren Verhalten sich

die F. gemäß Art. 3 CMR zurechnen lassen muss, den bei der Versicherungs-

nehmerin durch den infolge des Diebstahls des Transportguts eingetretenen Schaden deshalb infolge qualifizierten Verschuldens verursacht hat. Diese Beurteilung entspricht der Rechtsprechung des Senats (BGHZ 226, 262 [juris Rn. 26] mwN). Rechtsfehler sind insoweit nicht ersichtlich.

[54] f) Durch den Teilverlust des Guts ist der Versicherungsnehmerin der mit der Klage geltend gemachte Schaden entstanden.

[55] aa) Der Versicherungsnehmerin ist nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts durch die Entwendung von 353 Fernsehern und 557 Kabeln ein Schaden in Höhe von 71.157 € entstanden.

[56] bb) Zu dem von der F. zu ersetzenden Schaden gehören auch die mit

der Klage geltend gemachten Sachverständigenkosten in Höhe von 5.199,97 €. Das Berufungsgericht hat mit Recht und von der Revision der Streithelferin unbeanstandet angenommen, dass im Rahmen der verschärften Haftung nach Art. 29 CMR ein Anspruch auf Ersatz der Kosten der Feststellung des Schadens aus den ergänzend anwendbaren Vorschriften der § 280 Abs. 1, § 249 Abs. 1 BGB, § 430 HGB besteht (zur lückenfüllenden Anwendung nationalen Rechts im Rahmen von Art. 29 CMR vgl. BGH, Urteil vom 19. Januar 2006 - I ZR 80/03, TranspR 2006, 121 [juris Rn. 18]).

[57] g) Der Zinsanspruch ergibt sich aus Art. 27 Abs. 1 CMR.

[58] h) Die Klägerin kann von dem Beklagten zu 2 gemäß § 110 VVG wegen des auf sie übergegangenen Anspruchs der Versicherungsnehmerin gegen die F. abgesonderte Befriedigung aus dem Freistellungsanspruch der F. ge-

gen die Streithelferin verlangen. Diesen Freistellungsanspruch kann die Klägerin aus gemäß § 86 VVG übergegangenem Recht der Versicherungsnehmerin durch unmittelbare Klage auf Zahlung gegen den beklagten Insolvenzverwalter, beschränkt auf die Leistung aus der Versicherungsforderung, geltend machen, ohne dass es des Umwegs über das insolvenzrechtliche Anmeldungs- und Prüfungsverfahren bedarf (BGH, Urteil vom 18. Juli 2013 - IX ZR 311/12, ZIP 2013, 1742 [juris Rn. 10] mwN).

[59] i) Einer Verurteilung des Beklagten zu 2 steht die erhobene Verjährungseinrede nicht entgegen. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die vor Ablauf von drei Jahren nach dem 2. September 2011 - dem Tag des Diebstahls - erhobene Klage die Verjährung gehemmt hat und die geltend gemachten Ansprüche nicht gemäß Art. 32 Abs. 1 Satz 2 CMR verjährt sind, trifft im Hinblick auf Art. 32 Abs. 1 Satz 3 Buchst. a CMR jedenfalls im Ergebnis zu. Bei einem Teilverlust, von dem hier auszugehen ist, beginnt die Verjährung allerdings nicht an dem Tag des Verlusts, sondern gemäß Art. 32 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a CMR am Tag der Ablieferung des (restlichen) Guts. Dies war nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erst der 16. September 2011.

[60] C. Danach ist die Revision der Streithelferin zurückzuweisen und auf die Revision der Beklagten zu 1 das angefochtene Urteil gemäß § 562 Abs. 1 ZPO aufzuheben, soweit es zu ihrem Nachteil ergangen ist. Die Sache ist, da sie im Umfang der Aufhebung nicht gemäß § 563 Abs. 3 ZPO zur Endentscheidung reif ist, gemäß § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Für das wiedereröffnete Berufungsverfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

[61] I. Das Berufungsgericht wird im wiedereröffneten Berufungsverfahren Feststellungen dazu zu treffen haben, ob nach allen maßgeblichen Umständen des Streitfalls der Beklagten zu 1 gegenüber der Versicherungsnehmerin ein qualifiziertes Verschulden im Hinblick auf den eingetretenen Schaden zur Last fällt.

[62] II. Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangen, dass dies der Fall ist, wird es zu prüfen haben, ob - wie die Revision der Beklagten zu 1 geltend macht - die Klägerin wegen einer möglicherweise nur unbestimmten Bezeichnung des Transportguts ein Mitverschulden am Schadenseintritt trifft. Nach der Rechtsprechung des Senats kann ein Absender in einen nach § 425 Abs. 2 HGB, § 254 Abs. 1 BGB beachtlichen Selbstwiderspruch geraten, wenn er Kenntnis davon hatte oder hätte haben müssen, dass der Frachtführer die Sendung bei zutreffender Wertangabe mit größerer Sorgfalt behandelt, von einer Wertdeklaration absieht und bei Verlust gleichwohl vollen Schadensersatz verlangt. Von

einem Kennenmüssen der Anwendung höherer Sorgfalt bei korrekter Wertangabe kann etwa dann ausgegangen werden, wenn sich aus den Beförderungsbedingungen des Frachtführers ergibt, dass er für diesen Fall bei Verlust oder Beschädigung des Gutes höher haften will. Denn zur Vermeidung der versprochenen höheren Haftung werden erfahrungsgemäß höhere Sicherheitsstandards gewählt (BGHZ 226, 262 [juris Rn. 66] mwN).

Koch Löffler Schwonke

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