BGH, Urteil vom 17. September 2024 - EnZR 57/23

04.11.2024

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

Verkündet am:

17. September 2024

KüpferleJustizamtsinspektorinals Urkundsbeamtinder Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit


Nachschlagewerk: ja


BGHZ: nein

BGHR: ja


Lieferantenausfall bei Mittelspannungskunden


EnWG § 38 Abs. 1, §§ 32, 20 Abs. 1

a) Zur Wahrung des diskriminierungsfreien Zugangs zu Stromnetzen darf der Netzbetreiber Marktlokationen von Letztverbrauchern nicht ohne sachlichen Grund dem Bilanzkreis eines bestimmten Lieferanten zuordnen.

b) § 38 Abs. 1 Satz 1 EnWG, der für den Bereich der Niederspannung eine Ersatzversorgung anordnet, findet keine entsprechende Anwendung auf Fälle des Energiebezugs in höheren Spannungsebenen.

c) Kommt es in der Mittelspannung zum Ausfall eines Energielieferanten und fehlt es an einer vertraglich vereinbarten Ersatzversorgung, ist die Lieferstelle für die Übergangszeit bis zu einer möglichen Anschlusssperre dem Bilanzkreis eines Energieversorgungsunternehmens zuzuordnen, das aus der insoweit maßgeblichen Sicht des Netzbetreibers voraussichtlich in der Lage ist, die Versorgung kurzfristig sicherzustellen.

d) Fällt ein Folgelieferant zu einem Zeitpunkt aus, in dem noch ein Lieferverhältnis mit einem anderen Versorger besteht, hat der Netzbetreiber übergangsweise die betreffende Marktlokation auch über das Vertragsende hinaus diesem Lieferanten zuzuordnen, wenn dieser weiter lieferfähig ist; das gilt auch, wenn mehrere Energieversorgungsunternehmen geeignet sind.

e) War die Bilanzkreiszuordnung wegen eines Verstoßes gegen das Diskriminierungsverbot nach § 20 Abs. 1 EnWG rechtswidrig, kann der Netzbetreiber die rückwirkende Zuordnung einer Lieferstelle zum Bilanzkreis des vertraglich verpflichteten Lieferanten innerhalb der Clearingfrist gemäß den Marktregeln für die Durchführung der Bilanzkreisabrechnung Strom der Bundesnetzagentur (MaBiS) nicht mangels Zustimmung desjenigen Lieferanten verweigern, dem die Lieferstelle fehlerhaft zugeordnet worden war.


BGH, Urteil vom 17. September 2024 - EnZR 57/23 - OLG Düsseldorf, LG Dortmund


Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 7. Mai 2024 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kirchhoff, den Richter Dr. Tolkmitt, die Richterinnen Dr. Picker und Dr. Holzinger sowie den Richter Dr. Kochendörfer

für Recht erkannt:

Auf die Revisionen der Klägerin und der Beklagten wird unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel das Urteil des 5. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 2. März 2023 teilweise aufgehoben und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der III. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Dortmund vom 5. Mai 2022 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

I. Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit bezüglich

der gegen die Beklagte zu 1 gerichteten Unterlassungsanträge 1.a.i (Weitergabe von Kundendaten) und 1.a.ii (Einhaltung form- und fristgerechter Marktmeldung und Verweigerung rückwirkender Anmeldung), mit Ausnahme der Verhaltensweisen gegenüber der N. , und

des ebenfalls gegen die Beklagte zu 1 gerichteten Antrags 2.b, die Marktlokationen der G.

(MaLo-ID und ), I.

(MaLo-ID ), R.

(MaLo-ID ) und H.

(MaLo-ID ) rückwirkend zum 1. Januar 2019 dem Bilanzkreis der Klägerin, , in der Regelzone der Übertragungsnetzbetreiberin A. zuzuordnen,

in der Hauptsache erledigt ist.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 1 der Klägerin den bereits entstandenen und künftig noch entstehenden Schaden aus der verweigerten rückwirkenden Zuordnung der genannten Marktlokationen zum Bilanzkreis der Klägerin zum 1. Januar 2019 zu ersetzen hat.

III. Die Beklagte zu 1 wird verurteilt, an die Klägerin 1.679,81 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 5. August 2019 zu zahlen.

IV. Die Beklagte zu 2 wird verurteilt, der G.

, der R. , der N. und der H. binnen einer Frist von drei Wochen ab Zustellung dieser Entscheidung in geeigneter Weise mitzuteilen, dass eine Belieferung durch die in. im Rahmen eines vertraglichen Verhältnisses im Januar 2019 (G. , R. , H. ) beziehungsweise vom 9. Januar bis Februar 2019 (N. ) nicht vorgelegen hat.

V. Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 2 der Klägerin den bereits entstandenen und künftig noch entstehenden Schaden aus der Nutzung der von der Beklagten zu 1 erhaltenen Kundendaten sowie der unter Hinweis auf eine Vertragsbindung verweigerten Abmeldung der Marktlokationen der G. , der I. , der R. und der H. zum 1. Januar 2019 und der N. zum 9. Januar 2019 zu ersetzen hat.

VI. Die Beklagte zu 2 wird verurteilt, an die Klägerin 1.679,81 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26. August 2019 zu zahlen.

VII. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 94 % der Gerichtskosten und 99 % der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2. Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Beklagte zu 1 zu 5 % und die Beklagte zu 2 zu 1 %. Die Klägerin trägt von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1 40 % in erster und zweiter Instanz und 28 % im Revisionsverfahren.

Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

[1] Die Beklagte zu 1 ist Rechtsnachfolgerin der W GmbH, die ein Stromnetz in der Mittelspannung betrieb (beide nachfolgend: Beklagte zu 1). Zwischen der Beklagten zu 1 und fünf gewerblichen Letztverbrauchern (G, I, R, H und N) bestanden Anschlussnutzungsverträge. Bestandteil dieser Verträge waren Preisblätter, die die Angabe enthielten, "bei der Grundversorgung/ Ersatzbelieferung" werde "die Belieferung des Kunden mit elektrischer Energie durch den zuständigen Grundversorger sichergestellt". Die Preisbestimmung erfolge in diesem Fall oberhalb der Niederspannung durch den Grundversorger nach billigem Ermessen. Grund- und Ersatzversorgerin der hier in Rede stehenden Marktlokationen war die IN, deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte zu 2 ist (beide nachfolgend: Beklagte zu 2). Die Beklagten zu 1 und 2 waren ebenso wie ihre Rechtsvorgängerinnen konzernrechtlich verbunden.

[2] Die Klägerin ist Stromlieferantin. Sie hatte - wie auch die Beklagte zu 2 - mit der Beklagten zu 1 Lieferantenrahmenverträge entsprechend der Festlegung BK6-13-042 der Bundesnetzagentur vom 16. April 2015 geschlossen. Diese regelten, dass die Abwicklung der Netznutzung auf Grundlage der von der Bundesnetzagentur erlassenen "Festlegung einheitlicher Geschäftsprozesse und Datenformate zur Abwicklung der Belieferung von Kunden mit Elektrizität - GPKE" in der jeweils geltenden Fassung zu erfolgen hat. Die Letztverbraucher G, I, R und H hatten mit der Klägerin Stromlieferungsverträge abgeschlossen, die zum 31. Dezember 2018 endeten. Ab dem 1. Januar 2019 sollte eine Belieferung durch die D GmbH erfolgen. Die Letztverbraucherin N wurde bereits seit Dezember 2018 von der D GmbH beliefert. Die D GmbH konnte infolge der Kündigung ihrer Bilanzkreise durch die Übertragungsnetzbetreiber zum 22. Dezember 2018, 0:00 Uhr ihre Kunden nicht (weiter) mit Strom beliefern. Die Klägerin schloss mit der Letztverbraucherin H am 21. Dezember 2018 und mit den Letztverbrauchern G, I und R am 22. Dezember 2018 Stromlieferverträge für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. März 2019. Die Letztverbraucherin N beauftragte die Klägerin am 8. Januar 2019 mit der Belieferung, möglichst rückwirkend zum 22. Dezember 2018, wobei der Vertrag am 4. Februar 2019 schriftlich fixiert wurde. Aufgrund eines systembedingten Fehlers bei der Klägerin wurden die Kunden nicht zum jeweiligen Vertragsbeginn bei der Beklagten zu 1 als Netzbetreiberin angemeldet.

[3] Die Beklagte zu 1 ordnete am 22. Dezember 2018 die Marktlokation der Letztverbraucherin N zum gleichen Tag und diejenigen der Letztverbraucher G, I, R und H zum 1. Januar 2019 dem Bilanzkreis der Beklagten zu 2 als Ersatz- und Grundversorger zu. In einem Schreiben an die Letztverbraucher vom 27. Dezember 2018 teilte sie diesen mit, sie habe "gemäß den gesetzlichen Regelungen ... den für Sie zuständigen Grundversorger mit der Übernahme der Ersatzversorgung beauftragt". Die Beklagte zu 2 erklärte den fünf Letztverbrauchern durch im wesentlichen gleichlautende Schreiben vom 4. Januar 2019, der zuständige Netzbetreiber habe ihr mitgeteilt, dass die Stromversorgung ab dem 1. Januar 2019 (N zum 22. Dezember 2018) nicht mehr durch einen Lieferanten sichergestellt sei. Die Beklagte zu 2 stelle die Energieversorgung als örtlicher Grund- und Ersatzversorger sicher.

[4] Die Klägerin versuchte am 7. Januar 2019 bei der Beklagten zu 1 als Netzbetreiberin eine Zuordnung der in Rede stehenden Marktlokationen zu ihrem Bilanzkreis rückwirkend zum 1. Januar 2019 zu erreichen. Ab dem 9. Januar (H und N) und ab dem 23. Januar 2019 (G, I und R) meldete sie die Marktlokationen bei der Beklagten zu 1 an. Eine Abmeldeanfrage an die Beklagte zu 2 wurde von dieser mit der Begründung "Vertragsbindung" abschlägig beantwortet. Die Anmeldung zum Bilanzkreis der Klägerin erfolgte schließlich für

I und R zum 28. Januar, für H und G zum 30. Januar und für N zum 4. Februar 2019.

[5] Die Beklagte zu 2 stellte den Letztverbrauchern für den ab dem 1. Januar 2019 oder ab dem 22. Dezember 2018 (N) gelieferten Strom insgesamt 594.239,34 € in Rechnung. Die Letztverbraucherin I hat die Beklagte zu 2 gerichtlich auf Rückzahlung des von ihr gezahlten Betrags von 85.872,72 € in Anspruch genommen. Die Klägerin hat die Beklagten mit Schreiben vom 28. Mai 2019 erfolglos abgemahnt. Im November 2019 übertrug die Beklagte zu 1 den Geschäftsbereich Verteilernetzbetrieb als Gesamtheit im Wege der Ausgliederung auf eine Tochtergesellschaft.

[6] Die Klägerin hat mit ihrer Klage gegen die Beklagten Unterlassungs-, Beseitigungs- und Schadensersatzansprüche wegen der Weitergabe und Nutzung kundenbezogener Daten sowie wegen der - aus ihrer Sicht - unrichtigen Zuordnung der Letztverbraucher G, H, I, N und R zum Bilanzkreis der Beklagten zu 2 geltend gemacht, die sie zum Teil in der Hauptsache für erledigt erklärt hat. Außerdem hat sie beantragt, die Beklagte zu 2 zur Auskunftserteilung über die von den Letztverbrauchern erhaltenen Zahlungen und zu deren Herausgabe zu verurteilen. Sie begehrt auch die Erstattung von Abmahnkosten.

[7] Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht der Klage teilweise stattgegeben. Es hat festgestellt, dass der Rechtsstreit bezüglich des Unterlassungsantrags auf Weitergabe von Kundendaten durch die Beklagte zu 1 erledigt ist. Weiter hat es festgestellt, dass die Beklagte zu 1 der Klägerin den Schaden aus der unrichtigen Zuordnung der Marktlokationen der fünf Letztverbraucher zu ersetzen hat. Die Beklagte zu 2 hat es verurteilt, den Letztverbrauchern G, R, N und H in geeigneter Weise mitzuteilen, dass eine Belieferung im Rahmen eines vertraglichen Verhältnisses mit der Beklagten zu 2 im Januar 2019 bzw. zwischen Dezember 2018 und Februar 2019 nicht vorgelegen habe. Es hat festgestellt, dass der Rechtsstreit bezüglich des Antrags auf Zustimmung der Beklagten zu 2 zur rückwirkenden Zuordnung der Marktlokationen zum Bilanzkreis der Klägerin in der Hauptsache erledigt ist und dass die Beklagte zu 2 der Klägerin den Schaden aus der Akzeptanz der unrichtigen Zuordnung samt Nutzung der Kundendaten sowie der verweigerten Abmeldung der Marktlokationen zum 1. Januar 2019 zu ersetzen hat. Außerdem hat es die Beklagten zur Erstattung von Abmahnkosten verurteilt. Im Übrigen hat es die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

[8] Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin die zurückgewiesenen Klageanträge im Wesentlichen weiter. Die Beklagten zu 1 und 2 begehren mit ihren Revisionen weiterhin vollständige Klageabweisung.

Entscheidungsgründe:

[9] A. Das Berufungsgericht (OLG Düsseldorf, Urteil vom 2. März 2023

- VI-5 U 1/22 (Kart), juris) hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

[10] Die Zuordnung der Marktlokationen der fünf Letztverbraucher zum Bilanzkreis der Beklagten zu 2 sei rechtswidrig gewesen. Die Beklagte zu 1 habe insoweit gegen das Diskriminierungsverbot nach § 20 Abs. 1 Satz 1 EnWG sowie gegen die hier einschlägige GPKE 2017 (Beschluss der Bundesnetzagentur vom 20. Dezember 2016, Az. BK6-16-200) verstoßen. Die Entnahme von Strom an den fraglichen Marktlokationen ab dem 1. Januar 2019 bzw. ab dem 22. Dezember 2018 sei weder aufgrund eines gesetzlichen noch aufgrund eines vertraglichen Schuldverhältnisses mit der Beklagten zu 2 erfolgt. Die Zuordnung aufgrund eines Ersatzversorgungsverhältnisses nach § 38 Abs. 1 EnWG scheide aus, da keine Versorgung in Niederspannung, sondern ein Strombezug über das Mittelspannungsnetz vorliege. Darauf sei die Vorschrift nicht - auch nicht entsprechend - anwendbar. Ein Ersatzbelieferungsvertrag zwischen der Beklagten zu 2 und den Letztverbrauchern habe zum Zeitpunkt der Zuordnung nicht bestanden. Die Zuordnung der Marktlokationen zum Bilanzkreis der Beklagten zu 2 folge auch nicht aus den Anschlussnutzungsverträgen der Letztverbraucher mit der Beklagten zu 1 und dem darin enthaltenen Verweis auf die Preisblätter. Die Weitergabe von Kundendaten an die Beklagte zu 2 sei mit § 6a Abs. 1 EnWG nicht vereinbar.

[11] Als Folge dieser Verstöße stehe der Klägerin gegen die Beklagte zu 1 dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch aus § 32 Abs. 3 EnWG sowie ein Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten zu. Der Unterlassungsantrag wegen Weitergabe kundenbezogener Angaben sei ursprünglich zulässig und begründet gewesen. Mit Blick auf die zwischenzeitliche Verschmelzung der Rechtsvorgängerin auf die Beklagte zu 1 sei zwar keine Wiederholungsgefahr, aber zunächst Erstbegehungsgefahr gegeben gewesen. Diese sei erst wegen der Ausgliederung des Netzbetriebs entfallen, weshalb sich der Antrag nach Rechtshängigkeit erledigt habe. Die Beklagte zu 1 habe fahrlässig gehandelt. Auf einen Rechtsirrtum könne sie sich nicht berufen. Die Klägerin habe gegen die Beklagte zu 1 mangels Zustimmung der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 2 keinen Anspruch auf rückwirkende Zuordnung der Entnahmestellen zu ihrem Bilanzkreis gehabt.

[12] Die von der Klägerin für erledigt erklärten Unterlassungsanträge gegen die Beklagte zu 2 seien ursprünglich unbegründet gewesen. Die Klägerin habe von der Beklagten zu 2 weder verlangen können, kundenbezogene Angaben, die ihr von der Beklagten zu 1 als Grund- und Ersatzversorger zugeordnet wurden, nicht zum Zwecke der Vertragsanbahnung zu nutzen, noch, die Behinderung eines Lieferantenwechsels durch Verweigerung der Zustimmung zu unterlassen. Die erforderliche Erstbegehungsgefahr könne für die Beklagte zu 2 als Rechtsnachfolgerin der IN nicht festgestellt werden.

[13] Die Klägerin habe gegen die Beklagte zu 2 einen Anspruch aus §§ 3, 5 Abs. 1, § 8 Abs. 1 UWG auf Mitteilung an die Letztverbraucher G, R, H und N, dass eine Belieferung durch ihre Rechtsvorgängerin nicht vorgelegen habe. Diese habe irreführende geschäftliche Handlungen vorgenommen, indem sie sich auf eine Vertragsbindung berufen und Rechnungen über die Stromlieferungen gestellt habe. Ein Liefervertrag sei tatsächlich nicht zustande gekommen. Der zur Verfügung gestellte Strom gelte zivilrechtlich auch nicht als von der Beklagten zu 2 geliefert. Ein konkludenter Vertragsschluss könne nicht unter Berücksichtigung des Schreibens der Rechtsvorgängerin an die Letztverbraucher vom 4. Januar 2019 angenommen werden. Die Beklagte zu 2 sei verpflichtet, den von ihrer Rechtsvorgängerin gesetzten Rechtsschein der Vertragsbindung zu beseitigen.

[14] Auch der gegen die Beklagte zu 2 gerichtete Antrag, der rückwirkenden Zuordnung der Marktlokationen zum Bilanzkreis der Klägerin zuzustimmen, sei ursprünglich zulässig und begründet gewesen. Die Beklagte zu 2 hätte die an sie erfolgten Zuordnungen prüfen und ablehnen müssen. Der Klägerin stehe gegen die Beklagte zu 2 auch dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch und ein Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten zu.

[15] Unbegründet sei die Stufenklage auf Auskunftserteilung und Herausgabe erbrachter Zahlungen. Ein Anspruch aus angemaßter Eigengeschäftsführung (§ 687 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 681, 667 BGB) sei nicht gegeben. Mit der Entnahme von Strom durch die Letztverbraucher seien keine Verträge mit der Beklagten zu 2 zustande gekommen. Wirtschaftlich seien die Strommengen der Klägerin zuzurechnen, die mit den Letztverbrauchern zuvor Verträge abgeschlossen habe. Die Klägerin könne daher den Stromverbrauch gegenüber ihren Kunden abrechnen. Auch ein Anspruch aus § 816 Abs. 1 BGB auf Herausgabe des Erlangten bestehe nicht.

[16] B. Die Revisionen sind uneingeschränkt zulässig (§ 543 Abs. 1 ZPO). Die vorsorglich eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist deshalb gegenstandslos (vgl. BGH, Urteil vom 24. Februar 2023 - V ZR 152/22, NJW 2023, 2111 Rn. 6 mwN). Das Berufungsgericht hat das Rechtsmittel ohne Beschränkung zugelassen. Eine Beschränkung folgt auch nicht aus seiner Begründung, wonach höchstrichterlich noch nicht geklärt sei, ob und unter welchen Voraussetzungen der Netzbetreiber bei Auftreten einer Zuordnungslücke in höheren Spannungsebenen die Marktlokation eines Letztverbrauchers dem Bilanzkreis des Grund- und Ersatzversorgers zuordnen dürfe, ohne dass ein Ersatzbelieferungsvertrag abgeschlossen ist.

[17] Zwar kann eine - zulässige - Beschränkung der Revision aus den Urteilsgründen folgen, wenn dort eine als zulassungsrelevant angesehene Rechtsfrage aufgeführt wird, die sich nur für einen eindeutig abgrenzbaren selbständigen Teil des Streitstoffs stellt, der Gegenstand eines Teilurteils oder eines eingeschränkt eingelegten Rechtsmittels sein kann. Sie setzt jedoch die Selbständigkeit des von der Zulassungsbeschränkung erfassten Teils des Streitstoffs in dem Sinne voraus, dass dieser in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unabhängig von dem übrigen Streitstoff beurteilt werden und auch im Falle einer Zurückverweisung kein Widerspruch zum nicht anfechtbaren Teil des Streitstoffs auftreten kann (st. Rspr., vgl. BGH, Urteile vom 28. Januar 2020 - KZR 24/17, BGHZ 224, 281 Rn. 15 mwN - Schienenkartell II; vom 23. September 2020 - KZR 35/19, BGHZ 227, 84 Rn. 14 - LKW-Kartell). Diese Voraussetzungen wären im Streitfall nicht erfüllt, weil die aufgeworfene Rechtsfrage alle geltend gemachten Ansprüche betreffen kann. Ungeachtet dessen lässt sich weder dem Tenor noch den Entscheidungsgründen mit der erforderlichen Deutlichkeit entnehmen, dass das Berufungsgericht mit dem Verweis auf die im Entscheidungszeitpunkt ungeklärte Rechtsfrage überhaupt eine Beschränkung der Revision auf Teile des Streitstoffs erwogen hat und nicht bloß den Anlass für die - unbeschränkte - Zulassung der Revision benennen wollte.

[18] C. In der Sache haben die Rechtsmittel nur teilweise Erfolg.

[19] I. Die Revision der Beklagten zu 1 hat insoweit Erfolg, als das Berufungsgericht Ansprüche der Klägerin auf Unterlassung und Kostenerstattung auch hinsichtlich der Marktlokation der Letztverbraucherin N für begründet erachtet und soweit es der Klägerin Schadensersatz zugesprochen hat. Im Übrigen ist sie zurückzuweisen.

[20] 1. Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen zu Recht festgestellt, dass der gegen die Beklagte zu 1 auf Unterlassung der Weitergabe kundenbezogener Daten gerichtete Antrag 1.a.i ursprünglich zulässig und begründet war und sich in der Hauptsache erledigt hat. Der Antrag war hinreichend bestimmt und der Klägerin stand gegen die Beklagte zu 1 nach § 32 Abs. 1 Satz 2 EnWG i.V.m. § 20 Abs. 1 Satz 1 EnWG ursprünglich ein Anspruch auf Unterlassung zu, kundenbezogene Angaben zu einem Letztverbraucher einer Marktlokation, die sich nicht auf der Niederspannungsebene befindet, weiterzuleiten, ohne dass ein gesetzliches oder vertragliches Lieferverhältnis mit dem Ersatzversorger besteht. Lediglich soweit der Antrag 1.a.i mit dem Zusatz "wie geschehen" auch ausdrücklich auf die kundenbezogenen Angaben der Letztverbraucherin N Bezug nahm, war er unbegründet, sodass die Feststellung der Erledigung in diesem Punkt keinen Bestand haben kann.

[21] a) Ein Feststellungsantrag nach einer einseitig gebliebenen Erledigungserklärung ist begründet, wenn die Klage bis zum geltend gemachten erledigenden Ereignis zulässig und begründet war und sie durch dieses Ereignis unzulässig oder unbegründet geworden ist. Sind diese Voraussetzungen - wie hier - erfüllt, ist die Erledigung der Hauptsache festzustellen (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 18. Mai 2022 - VIII ZR 9/22, MDR 2022, 1009 Rn. 44 mwN).

[22] b) Der Unterlassungsantrag war zulässig. Entgegen der Auffassung der Beklagten zu 1 fehlte es ihm nicht an der nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erforderlichen Bestimmtheit.

[23] aa) Ein Verbotsantrag darf nicht derart undeutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich der Beklagte nicht erschöpfend verteidigen kann und letztlich die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, dem Vollstreckungsgericht überlassen bleibt. Der Mangel der Bestimmtheit des Klageantrags ist auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachten (vgl. BGH, Urteile vom 30. April 2015 - I ZR 13/14, BGHZ 205, 195 Rn. 26 - Tagesschau-App; vom 5. November 2015 - I ZR 50/14, GRUR 2016, 705 Rn. 11

- ConText; vom 22. März 2018 - I ZR 118/16, GRUR 2018, 1161 Rn. 16 - Hohlfasermembranspinnanlage II).

[24] bb) Mit dem Antrag sollte der Beklagten zu 1 verboten werden, kundenbezogene Angaben zu einem Letztverbraucher einer Marktlokation (insbesondere die Marktlokations-ID, Name, Firma, Straße, PLZ und Ort), die sich nicht auf der Niederspannungsebene befindet, dem Ersatzversorger weiterzugeben, wenn der Energiebezug dieses Letztverbrauchers keinem Bilanzkreis aufgrund eines vertraglichen oder gesetzlichen Lieferverhältnisses zugeordnet werden kann, wie geschehen gegenüber den Letztverbrauchern G, I, R, H und N im Dezember 2018 oder Januar 2019. Das zu untersagende Verhalten wird damit hinreichend konkret beschrieben. Der Antrag wird mit der Wendung "wie geschehen" ausdrücklich auf die Lage bezogen, wie sie sich bei den genannten fünf Letztverbrauchern dargestellt hat. Es geht also - unter Berücksichtigung des in tatsächlicher Hinsicht unstreitigen Sachvortrags der Klägerin - um die Weitergabe der Kontaktdaten der Letztverbraucher durch die Beklagte zu 1 an den Ersatzversorger, wenn die Versorgung an der Lieferstelle ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr durch einen angemeldeten Lieferanten sichergestellt ist. Diese Umschreibung genügt, da die betreffende Vorgehensweise in tatsächlicher Hinsicht unstreitig ist und sich der Streit der Parteien ausschließlich auf die rechtliche Qualifizierung der angegriffenen Verhaltensweise beschränkt (vgl. BGH, Urteile vom 30. April 2015 - I ZR 196/13, GRUR 2015, 1235 Rn. 10 - Rückkehrpflicht V; vom 16. Juni 2016 - I ZR 46/15, GRUR 2017, 194 Rn. 36 mwN - Orthopädietechniker).

[25] cc) Dem kann die Revision der Beklagten zu 1 nicht mit Erfolg entgegenhalten, für einen Netzbetreiber sei nicht immer klar erkennbar, ob für eine bestimmte Marktlokation ein vertragliches oder gesetzliches Lieferverhältnis besteht, oder ob ein vertragsloser Zustand vorliegt. Er sei vertraglich und aufsichtsrechtlich angewiesen, die Bilanzkreiszuordnungen aufgrund streng formalisierter Geschäftsprozesse vorzunehmen. Erfolge die Abmeldung des bisherigen Lieferanten ohne lückenlose Anmeldung eines neuen, müsse sie vom Fehlen eines regulären Lieferverhältnisses ausgehen. Für die Bestimmtheit des hier in Rede stehenden Antrags kommt es nicht darauf an, ob ein Lieferverhältnis immer erkennbar ist und ob der Netzbetreiber zur Zuordnung an den Ersatzversorger verpflichtet ist. Der Unterlassungsantrag stellt allein auf die tatsächliche Situation ab, dass die (nicht in der Niederspannung) bezogene Energie einer Marktlokation vom Netzbetreiber keinem Bilanzkreis zugeordnet werden kann, wie dies bei den aufgeführten fünf Letztverbrauchern der Fall war. Es geht also darum, dass nach dem Ende eines Lieferverhältnisses kein neuer Lieferant angemeldet wurde. Eine auslegungsbedürftige Antragsformulierung ist im Übrigen hinzunehmen, wenn eine weitergehende Konkretisierung nicht möglich und die gewählte Antragsformulierung zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes erforderlich ist (st. Rspr.; vgl. BGH, GRUR 2015, 1235 Rn. 10 - Rückkehrpflicht V; Urteil vom 26. Januar 2017 - I ZR 207/14, GRUR 2017, 422 Rn. 18 - ARD-Buffet). So liegt es hier. Entgegen der Ansicht der Revision der Beklagten zu 1 kommt es auch nicht darauf an, dass die Bezugnahme auf die konkret beanstandete Handlungsweise ("wie geschehen") keinen Eingang in den Tenor des angefochtenen Urteils gefunden hat. Das Berufungsgericht hat die Unterlassungspflicht nicht tenoriert, da es nur noch darüber zu entscheiden hatte, ob sich der Antrag in der Hauptsache erledigt hat.

[26] c) Der Unterlassungsantrag war auch überwiegend begründet. Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass der Klägerin gegen die Beklagte zu 1 ein Anspruch auf Unterlassung der Weitergabe von kundenbezogenen Angaben nach Maßgabe der im Klageantrag bezeichneten Umstände nach § 32 Abs. 1 Satz 1, 2 EnWG i.V.m. § 20 Abs. 1 EnWG in der seit 17. Juli 2017 geltenden Fassung zusteht.

[27] aa) Zu Recht hat das Berufungsgericht die Klage nicht teilweise abgewiesen, soweit der Antrag vorrangig auf § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 UWG i.V.m. § 3a UWG gestützt war. Zwar tritt der lauterkeitsrechtliche Anspruch gegenüber dem Anspruch aus § 32 Abs. 1 Satz 1, 2 EnWG zurück; der auf § 8 Abs. 1 UWG gestützte und der aus § 32 Abs. 1 EnWG folgende Unterlassungsanspruch bilden jedoch einen einheitlichen Streitgegenstand.

[28] (1) Für den von der Klägerin geltend gemachten Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 UWG ist neben dem Anspruch aus § 32 Abs. 1 Satz 1, 2 EnWG kein Raum. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass bei Kartellrechtsverstößen § 8 UWG von den §§ 33 ff. GWB verdrängt wird, weil das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen die Anspruchsberechtigung für Verstöße gegen das Kartellrecht abschließend regelt und dies nicht mit der deutlich weiterreichenden Anspruchsberechtigung von Verbänden nach § 8 Abs. 3 UWG unterlaufen werden darf (vgl. BGH, Urteil vom 7. Februar 2006 - KZR 33/04, BGHZ 166, 154 Rn. 13 bis 16). Für § 32 EnWG gilt nichts Anderes. Diese Bestimmung enthält spezielle zivilrechtliche Anspruchsgrundlagen im Zusammenhang mit dem Netzanschluss (§§ 17 bis 19a EnWG) und dem Netzzugang (§§ 20 bis 28a EnWG), und zwar auch für Marktbeteiligte, gegen die sich der Verstoß nicht gezielt richtet (§ 32 Abs. 1 Satz 3 EnWG). Der Gesetzgeber hat die zivilrechtlichen Sanktionen des EnWG ausdrücklich am Vorbild des Kartellrechts ausgerichtet (Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts vom 14. Oktober 2004, BT-Drucks. 15/3917, S. 63). Die Bestimmung des § 32 Abs. 2 EnWG sieht - ebenso wie § 33 Abs. 4 GWB - nur eine eingeschränkte Verbandsklagebefugnis vor. Die für das Kartellrecht geltenden Wertungen sind daher auf das EnWG zu übertragen (Alexander, WRP 2012, 660, 663). Damit kommt ein Rückgriff auf § 3a UWG und die Sanktionen der §§ 8, 9 UWG nicht in Betracht (Pahlow in Teplitzky/Peifer/Leistner, UWG, 3. Aufl., § 3a Rn. 32).

[29] (2) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird der Streitgegenstand durch den Klageantrag, in dem sich die von der Klagepartei in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt, aus dem die Klagepartei die begehrte Rechtsfolge herleitet (BGH, Urteile vom 13. September 2012 - I ZR 230/11, BGHZ 194, 314 Rn. 18 - Biomineralwasser; vom 7. März 2019 - I ZR 184/17, GRUR 2019, 746 Rn. 32 - Energieeffizienzklasse III). Von einem einheitlichen Streitgegenstand ist auszugehen, wenn der Tatsachenstoff nicht sinnvoll auf verschiedene eigenständige, den Sachverhalt in seinem Kerngehalt verändernde Geschehensabläufe aufgeteilt werden kann, selbst wenn diese einer eigenständigen rechtlichen Bewertung zugänglich sind (BGH, Urteile vom 11. Oktober 2017 - I ZR 78/16, GRUR 2018, 431 Rn. 12 - Tiegelgröße; vom 12. März 2020 - I ZR 126/18, BGHZ 225, 59 Rn. 26 - WarnWetter-App). Danach können beispielsweise lauterkeitsrechtliche und kartellrechtliche Ansprüche sowie lauterkeitsrechtliche und öffentlich-rechtliche Ansprüche einen einheitlichen Streitgegenstand bilden (vgl. BGHZ 225, 59 Rn. 31 bis 33 - WarnWetter-App; Köhler/?Feddersen in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 42. Aufl., § 12 Rn. 1.23k). Nach diesen Maßstäben liegt dem Klageantrag 1.a.i ein einheitlicher Streitgegenstand zugrunde. Unabhängig davon, ob die Rechtsfolge der Unterlassung aus § 8 Abs. 1 UWG oder aus § 32 Abs. 1 EnWG abgeleitet wird, bezieht sich der Vorwurf der Klägerin auf einen Verstoß der Beklagten zu 1 gegen das Diskriminierungsverbot nach § 20 Abs. 1 EnWG und gegen die in § 6a EnWG normierte Vertraulichkeit von Informationen. Beide Angriffe sind auf denselben Lebenssachverhalt gestützt.

[30] bb) Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen des Unterlassungsanspruchs aus § 32 Abs. 1 Satz 1, 2 EnWG im Streitfall zutreffend als erfüllt angesehen. Danach ist derjenige, der u.a. gegen das Diskriminierungsverbot in § 20 Abs. 1 Satz 1 EnWG verstößt, dem Betroffenen zur Beseitigung einer Beeinträchtigung und bei Wiederholungsgefahr zur Unterlassung verpflichtet. Der Anspruch besteht bereits dann, wenn eine Zuwiderhandlung droht (§ 32 Abs. 1 Satz 2 EnWG). Die Beklagte zu 1 hat gegen das Diskriminierungsverbot des § 20 Abs. 1 Satz 1 EnWG verstoßen, indem sie nach der Kündigung der Bilanzkreisverträge der D GmbH die hier in Rede stehenden Marktlokationen der vier Letztverbraucher G, I, R und H unmittelbar dem Bilanzkreis der Beklagten zu 2 als örtlich zuständigem Grundversorger zugeordnet und im Zuge dessen - in vermeintlicher Erfüllung der Pflichten aus § 4 Abs. 4 Satz 1 StromNZV - Kundendaten an die Beklagte zu 2 weitergegeben hat.

[31] (1) Gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 EnWG haben Betreiber von Energieversorgungsnetzen jedermann nach sachlich gerechtfertigten Kriterien diskriminierungsfrei Netzzugang zu gewähren. Es handelt sich um eine spezielle Regelung gegenüber dem aus § 19 GWB folgenden allgemeinen Grundsatz, dass ein Unternehmen, das den Zugang zu einem Markt vermittelt, für den keine ausreichenden und zumutbaren Ausweichmöglichkeiten bestehen, diesen Marktzugang nicht unbillig behindern darf. Der Netzbetrieb stellt als nicht ohne weiteres duplizierbare Einrichtung ein natürliches Monopol dar (vgl. BGH, Beschluss vom 12. November 2019 - EnVR 65/18, RdE 2020, 189 Rn. 27

- Gewoba). Zu den Berechtigten des Diskriminierungsverbots gehören Lieferanten, die entweder ihre selbst erzeugte Energie vermarkten, oder Energie zum Zwecke der Belieferung von Endkunden ankaufen (Hartmann/Wagner in Theobald/Kühling, Energierecht, 124. EL Januar 2024, § 20 EnWG Rn. 21). Der Begriff des Netzzugangs ist weit zu verstehen (Säcker in Berliner Kommentar zum Energierecht, 4. Aufl., § 20 Rn. 26). Neben der Einräumung der Netznutzung selbst, müssen auch die Bedingungen der Netznutzung diskriminierungsfrei sein (BGH, Urteil vom 14. April 2015 - EnZR 13/14, RdE 2015, 302 Rn. 18

- Versorgungsunterbrechung I). Dem Netzbetreiber ist es verwehrt, mit einzelnen Netznutzern individuelle Vereinbarungen zu treffen, ohne diese gleichermaßen allen anderen Netznutzern anzubieten (Hartmann/Wagner in Theobald/?Kühling, aaO, § 20 EnWG Rn. 25).

[32] (2) Zur diskriminierungsfreien Nutzung gehört damit auch, dass Marktlokationen von Letztverbrauchern nicht ohne sachlichen Grund dem Bilanzkreis eines bestimmten Lieferanten zugeordnet und die entsprechenden Kundendaten diesem übermittelt werden. Die Zuordnung hat sich zuvorderst daran zu orientieren, wem der an der Verbrauchsstelle entnommene Strom wirtschaftlich zuzuordnen wäre, was sich nach den zivilrechtlichen Gegebenheiten beurteilt (BGH, Urteil vom 10. Mai 2022 - EnZR 54/21, RdE 2022, 404 Rn. 27 - Verbrauchsstelle Goldbuschfeld). Maßgebend ist daher, welcher Energieversorger auf Grundlage eines vertraglichen oder gesetzlichen Schuldverhältnisses für die Stromlieferung an dieser bestimmten Lieferstelle zuständig ist (vgl. BGH, RdE 2022, 404 Rn. 20 - Verbrauchsstelle Goldbuschfeld). Besteht für eine Entnahmestelle kein Lieferverhältnis (mehr) und droht deshalb eine Versorgungslücke, ist eine diskriminierungsfreie Zuordnung nach sachlichen Kriterien erforderlich. Die Zuordnung beinhaltet für den betreffenden Lieferanten eine Erwerbschance. Sie führt zwar zunächst nur zur wirtschaftlichen Einstandspflicht des Lieferanten der an solchen Lieferstellen entnommenen Strommengen. Er muss sie unabhängig davon, ob er sich bei dem Nutzer der Lieferstelle schadlos halten kann oder nicht, auf eigene Kosten beschaffen oder dem Übertragungsnetzbetreiber als Ausgleichsenergie vergüten (BGH, Beschluss vom 27. Oktober 2020 - EnVR 104/19, RdE 2021, 275 Rn. 21 - Unberechtigt genutzte Lieferstellen). Der Lieferant erhält aber im Zuge der Zuordnung gemäß § 4 Abs. 4 Satz 1 StromNZV die zur Abrechnung des entnommenen Stroms erforderlichen Daten, die er zur Vertragsanbahnung nutzen kann. Kommt mit dem Kunden ein (neues) Vertragsverhältnis zustande, gilt die dort entnommene Energie als von diesem Versorgungsunternehmen geliefert, so dass entsprechende Vergütungsansprüche entstehen (BGH, RdE 2021, 275 Rn. 21 - Unberechtigt genutzte Lieferstellen).

[33] (3) Für eine Pflicht des Netzbetreibers, die Zuordnung von Marktlokationen zu einem Bilanzkreisverantwortlichen und die Übermittlung der dazugehörigen Daten diskriminierungsfrei und von sachlichen Gründen getragen vorzunehmen, spricht auch der Rechtsgedanke des § 6a Abs. 1 EnWG. Danach müssen Netzbetreiber die Vertraulichkeit wirtschaftlich sensibler Informationen sicherstellen, von denen sie in Ausübung ihrer Geschäftstätigkeit Kenntnis erlangen. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts führt ein Verstoß gegen § 6a EnWG zwar nicht unmittelbar zu Ansprüchen aus § 32 EnWG; nach seinem eindeutigen Wortlaut gilt § 32 Abs. 1 Satz 1 EnWG nur für Verstöße gegen Vorschriften der Abschnitte 2 und 3 des dritten Teils des Energiewirtschaftsgesetzes, mithin der §§ 17 bis 28c EnWG. Die in § 6a EnWG bestimmte Vertraulichkeit von Informationen ist jedoch zugleich eine Ausprägung des Diskriminierungsverbots. Eine Ungleichbehandlung kann nämlich darin liegen, dass Marktteilnehmer über die Energieinfrastruktur Kundeninformationen erhalten, die anderen Marktteilnehmern nicht zur Verfügung stehen. Solche Informationsvorsprünge soll § 6a EnWG verhindern. Er bezweckt die informationelle Entflechtung vertikal integrierter Energieversorgungsunternehmen und dient dem Interesse an einem diskriminierungsfreien Netzzugang und unverfälschten Wettbewerb auf den vor- und nachgelagerten Märkten (BT-Drucks. 15/3917, S. 54 f.; Säcker/Schönborn in Berliner Kommentar zum Energierecht, 4. Aufl., § 6a EnWG Rn. 5, 32; Jenn in BeckOK EnWG, 11. Ed. [1.6.2024], § 6a Rn. 2). Wirtschaftlich sensibel sind dabei Informationen, die Wettbewerbern auf diesen Märkten einen Vorteil verschaffen und zur Unterbreitung gezielter Angebote dienen können. Dazu zählen auch allgemeine Kundendaten wie Name, Anschrift und Marktlokations-ID, wenn sie mit der Information verbunden sind, dass die Lieferstelle einen neuen Versorger benötigt (vgl. Säcker/Schönborn, aaO, Rn. 29; Jenn, aaO, Rn. 16, 17; Knauff in Kment, EnWG, 3. Aufl., § 6a Rn. 6 f.; a.A. de Wyl/Finke in Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, 5. Aufl., § 4 Rn. 46 f.). Leitet der Netzbetreiber solche Kundendaten einem bestimmten Versorgungsunternehmen im Zuge einer ohne sachlichen Grund erfolgten Zuordnung von Marktlokationen zu seinem Bilanzkreis weiter, verletzt er damit zugleich das Vertraulichkeitsgebot nach § 6a Abs. 1 EnWG.

[34] (4) Auch die Festlegungen der Regulierungsbehörde gehen von einer Pflicht des Netzbetreibers zur Gewährung eines diskriminierungsfreien Netzzugangs aus und gestalten diesen näher aus. Mit den GPKE 2017 hat die Bundesnetzagentur nach § 29 Abs. 1, 2 EnWG sowie § 24 Abs. 1 Nr. 9 StromNZV gegenüber allen Marktbeteiligten Geschäftsprozesse zur Kundenbelieferung mit Elektrizität festgelegt. Danach regelt der Prozess "Beginn der Ersatz-/Grundversorgung" die Zuordnung einzelner Marktlokationen für den Fall, dass ein Energiebezug weder einer Lieferung noch einem bestimmten Energieliefervertrag zugeordnet werden kann (GPKE 2017, S. 40). Gegenüber Letztverbrauchern, für die keine gesetzliche Grund- oder Ersatzversorgung vorgesehen ist, gilt dieser Prozess entsprechend, wenn eine Ersatzbelieferung vertraglich vereinbart wurde und der Letztverbraucher dem Netzbetreiber vorab einen Ersatzbelieferer benannt hat (GPKE 2017, S. 38). Ist eine Marktlokation außerhalb der Niederspannung keinem Lieferanten zugeordnet, ist entweder eine Meldung an den Ersatzbelieferer zu veranlassen - soweit vertraglich vereinbart - oder der Netzanschluss zu unterbrechen (GPKE 2017, S. 31, 42). Diese speziell für Lieferstellen höherer Spannungsebenen geltende Bestimmung geht der Grundregel nach dem Prozess "Lieferende" vor, wonach Zuordnungslücken zu vermeiden sind, indem die Marktlokation zur Ersatz-/Grundversorgung angemeldet wird (GPKE 2017, S. 22, 29).

[35] (5) Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben war im Dezember 2018 die Zuordnung der Marktlokationen der vier Letztverbraucher G, I, R und H zum Bilanzkreis der Beklagten zu 2 zum 1. Januar 2019 und die bereits zuvor erfolgte Überlassung ihrer Kundendaten an die Beklagte zu 2 sachlich nicht gerechtfertigt und daher diskriminierend. Zwischen diesen Letztverbrauchern und der Beklagten zu 2 bestand ab 1. Januar 2019 weder ein gesetzliches Ersatzversorgungsverhältnis (dazu (a)) noch ein vertragliches Lieferverhältnis (dazu (b)). Die Zuordnung der vier Lieferstellen zum Bilanzkreis der Beklagten zu 2 war auch nicht zur Vermeidung einer Zuordnungs- und Versorgungslücke sachlich gerechtfertigt (dazu (c)).

[36] (a) Die Marktlokationen der hier in Rede stehenden Letztverbraucher waren der Beklagten zu 2 zum 1. Januar 2019 nicht aufgrund eines gesetzlichen Schuldverhältnisses in Form der Ersatzversorgung nach § 38 Abs. 1 Satz 1 EnWG zuzuordnen. Nach dieser Vorschrift gilt der Bezug von Energie durch Letztverbraucher in der Niederspannung, der keiner Lieferung oder keinem bestimmten Liefervertrag zuordenbar ist, als von dem Unternehmen geliefert, das nach § 36 Abs. 1 EnWG als Grundversorger berechtigt und verpflichtet ist. Die Grund- und Ersatzversorgung soll insbesondere in dem für Haushaltskunden relevanten Bereich der allgemeinen Versorgung in der Niederspannung einerseits eine nahtlose Stromversorgung aller Haushalte sicherstellen und andererseits Stromentnahmen ohne vertragliche oder gesetzliche Grundlage verhindern (BGH, RdE 2021, 275 Rn. 16 - Unberechtigt genutzte Lieferstellen). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor, da die in Rede stehenden Letztverbraucher nicht Strom in der Niederspannung beziehen, sondern an das Mittelspannungsnetz angeschlossen sind. Eine analoge Anwendung des § 38 Abs. 1 Satz 1 EnWG auf den Energiebezug oberhalb der Niederspannung kommt nicht in Betracht. Weder liegt eine planwidrige Regelungslücke vor, noch ist die im vorliegenden Zusammenhang maßgebliche Interessenlage mit den Grundgedanken des § 38 Abs. 1 Satz 1 EnWG vergleichbar.

[37] (aa) Eine Analogie ist nur zulässig, wenn das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht so weit mit dem Tatbestand, den der Gesetzgeber geregelt hat, vergleichbar ist, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen. Eine Analogie setzt daher voraus, dass die Übertragung der gesetzlichen Regelung auf den ungeregelten Fall nicht durch eine gesetzgeberische Entscheidung ausgeschlossen ist. Die Lücke muss auf einem unbeabsichtigten Abweichen des Gesetzgebers von seinem Regelungsplan beruhen, wie er sich aus dem Gesetz selbst im Wege der historischen und teleologischen Auslegung ergibt. Dabei muss die Planwidrigkeit aufgrund konkreter Umstände positiv festgestellt werden können. Weiter ist für eine Analogie erforderlich, dass die Interessenlage des gesetzlich geregelten mit der des zu entscheidenden Falls übereinstimmt sowie die Wertungsgrundlage und die gesetzgeberische Interessenbewertung der Gesetzesnorm auf den zu entscheidenden Fall zutreffen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 5. Dezember 2023 - KZR 101/20, BGHZ 239, 116 Rn. 41 - Fernwärmenetz Stuttgart). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

[38] (bb) Es fehlt bereits an einer planwidrigen Regelungslücke. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Bestimmung ist der Anwendungsbereich des § 38 Abs. 1 Satz 1 EnWG auf Letztverbraucher beschränkt, die über das Energieversorgungsnetz der allgemeinen Versorgung in Niederspannung oder Niederdruck Energie beziehen. Konkrete Umstände für eine Planwidrigkeit dieser ausdrücklichen Einschränkung lassen sich nicht feststellen (vgl. Heinlein/?Weitenberg in Theobald/Kühling, Energierecht, 124. EL Januar 2024, § 38 EnWG Rn. 10; Schnurre in BeckOK EnWG, 11. Ed. [1.6.2024], § 38 Rn. 7 f.; Hellermann in Bourwieg/Hellermann/Hermes, EnWG, 4. Aufl., § 38 Rn. 9; Busche in Berliner Kommentar zum Energierecht, 4. Aufl., § 38 EnWG Rn. 4; Rasbach in Kment, aaO, § 38 Rn. 2 f.; Tüngler, EnWZ 2022, 404, 406 f.; Haun, EnWZ 2023, 29).

[39] Dass der Gesetzgeber bei Schaffung des § 38 Abs. 1 EnWG übersehen haben könnte, die darin geregelte Problematik könne auch bei Anschlussstellen auf höheren Spannungsebenen eintreten, erscheint auch deshalb ausgeschlossen, weil er mit Wirkung vom 24. Dezember 2022 unter dem Eindruck der Energiekrise für diese Fälle mit § 118c EnWG eine ausdrückliche Sonderregelung geschaffen hat. Damit sollte aufgrund aktuell außergewöhnlicher Bedingungen am Energiemarkt der Sorge eines vertragslosen Zustands von Mittelspannungskunden Rechnung getragen werden. Nach § 118c Abs. 1 EnWG sind die Betreiber von Verteilernetzen berechtigt, Entnahmestellen von Letztverbrauchern, die ab dem 1. Januar 2023 keinem Energielieferanten zugeordnet waren, befristet bis zum 28. Februar 2023 dem Bilanzkreis des letzten Energielieferanten zuzuordnen. Dabei ging der Gesetzgeber ausdrücklich davon aus, dass die Regelungen der §§ 36 und 38 EnWG im Bereich der Mittelspannung keine Anwendung finden (Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Strompreisbremse und zur Änderung weiterer energierechtlicher Bestimmungen vom 14. Dezember 2022, BT-Drucks. 20/4915, S. 157). Mit der Gesetzesänderung hat er bekräftigt, dass § 38 EnWG weiterhin auf die Ersatzversorgung im Niederspannungsnetz beschränkt bleiben soll. Denn er hat die Änderung gerade nicht zum Anlass genommen, die Regelungen der §§ 36, 38 EnWG dauerhaft auf die Mittelspannung zu erstrecken, sondern sich für eine befristete Übergangslösung entschieden. Zugleich dokumentiert er damit, dass er nicht von der Planwidrigkeit der Beschränkung auf den Niederspannungsbereich bei Einführung der Regelung ausgeht. Dafür sind auch sonst keine Anhaltspunkte ersichtlich. Vielmehr ist anzunehmen, dass schon damals davon ausgegangen wurde, von größeren Letztverbrauchern, die in der Mittelspannung angeschlossen sind, könne grundsätzlich erwartet werden, dass sie sich rechtzeitig um einen neuen Energieliefervertrag bemühen, um die Unterbrechung ihrer Versorgung zu verhindern (vgl. BT-Drucks. 20/4915, S. 157).

[40] (cc) Entgegen der Auffassung der Revision der Beklagten besteht auch keine vergleichbare Interessenlage der Mittelspannungskunden mit Letztverbrauchern in der Niederspannung. Zutreffend stellt das Berufungsgericht darauf ab, dass § 38 EnWG der besonderen Schutzbedürftigkeit der an die Netzebene der Niederspannung angeschlossenen Kunden Rechnung trägt und auf deren gesteigertem Interesse an Schutz vor Versorgungsunterbrechungen beruht (vgl. Haun, EnWZ 2023, 29 mwN). Dass Letztverbraucher in höheren Spannungsebenen, bei denen es sich meist um energieintensive Unternehmen handelt, ebenfalls ein Interesse an einer unterbrechungsfreien Stromversorgung haben, rechtfertigt für sich alleine keine analoge Anwendung dieser Vorschrift. Von einer vergleichbaren Schutzbedürftigkeit geht der Gesetzgeber nicht aus, wie auch die auf die Niederspannungsebene beschränkte allgemeine Anschlusspflicht in § 18 EnWG sowie die hierfür geltenden Regelungen der Niederspannungsanschlussverordnung zeigen. Den Letztverbrauchern in höheren Spannungsebenen wird im energiewirtschaftsrechtlichen Ordnungsrahmen zugemutet, selbst Vorsorge gegen Unterbrechungen des Netzanschlusses und der Anschlussnutzung zu treffen, etwa, indem sie vorsorglich einen (aufschiebend bedingten) Ersatzbelieferungsvertrag oder nach Eintritt einer Zuordnungslücke unverzüglich einen neuen Stromliefervertrag abschließen (Tüngler, EnWZ 2022, 404, 407). Nichts Anderes folgt aus dem Umstand, dass die Ersatzversorgung nach § 38 EnWG - anders als die Grundversorgung nach § 36 EnWG - nicht auf Haushaltskunden (§ 3 Nr. 22 EnWG) beschränkt ist, sondern auch Letztverbraucher größerer Strommengen im Niederspannungsbereich erfasst. Die unterschiedliche Behandlung zu Letztverbrauchern höherer Spannungsebenen erscheint sachlich schon deswegen gerechtfertigt, weil es sich bei Letztverbrauchern der Niederspannungsebene, die keine Haushaltskunden sind, um eine überschaubare Letztverbrauchergruppe handeln dürfte (vgl. Rasbach in Kment, EnWG, aaO, § 38 Rn. 2). Die Anknüpfung der Ersatzversorgung an die Spannungsebene erscheint auch praktikabel, da diese ohne weitergehende Informationen einfach und - im Unterschied zur Anknüpfung an die Haushaltskundeneigenschaft - rechtssicherer beurteilt werden kann.

[41] (b) Die Beklagte zu 1 durfte die Marktlokationen der vier Letztverbraucher G, I, R und H dem Bilanzkreis der Beklagten zu 2 im Dezember 2018 auch nicht wegen eines zwischen dieser und den Letztverbrauchern ab 1. Januar 2019 bestehenden Vertragsverhältnisses zuordnen.

[42] (aa) Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass eine vertragliche Vereinbarung über die Ersatzbelieferung nicht aus den Anschlussnutzungsverträgen der Letztverbraucher mit der Beklagten zu 1 abgeleitet werden kann. Soweit diese als Vertragsbestandteil Preisblätter zur "Grundversorgung/Ersatzbelieferung" enthalten und hierin mitgeteilt wird, dass die Belieferung des Kunden mit elektrischer Energie durch den Grundversorger sichergestellt werde, wobei die Preisbestimmung durch diesen nach billigem Ermessen gemäß §§ 315 ff. BGB erfolge, kann hieraus nicht entnommen werden, dass die Beklagte zu 1 im Falle einer Versorgungslücke zur Übermittlung eines Vertragsangebots der Letztverbraucher gegenüber dem jeweiligen Grund- und Ersatzversorger ermächtigt wird.

[43] i. Nach der Würdigung des Berufungsgerichts stellen sich die Preisblätter lediglich als - rechtlich unzutreffende - Information dar, weil für die Anwendung des § 38 EnWG kein Raum sei. Aus der maßgeblichen Sicht der Letztverbraucher komme den Preisblättern allenfalls eine Mitteilungsfunktion zu und kein irgendwie gearteter Regelungsgehalt. Durch eine Einbeziehung der Preisblätter in die Anschlussnutzungsverträge komme weder ein Vertrag zwischen dem Letztverbraucher und dem Grund- und Ersatzversorger zustande, noch sei darin ein Angebot des Letztverbrauchers an den zuständigen Grund- und Ersatzversorger auf Abschluss eines Ersatzbelieferungsvertrages zu sehen, das vom Netzbetreiber mit der Meldung der Marktlokation an den Grund- und Ersatzversorger übermittelt werde. Das lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

[44] ii. Ohne Erfolg hält die Beklagte zu 2 dieser Würdigung entgegen, im Falle einer Versorgungslücke, die aus Sicht eines vernünftigen Dritten in der Position des Netzbetreibers zu beurteilen sei, der keine Kenntnis von den mit der Klägerin geschlossenen Neuverträgen der Letztverbraucher habe, sei die Beklagte zu 1 als Erklärungsbotin berechtigt, ein Angebot der Letztverbraucher gegenüber der Beklagten zu 2 als zuständigem Ersatz- und Grundversorger abzugeben. Dieses liege in der Anmeldung der Ersatzversorgung gegenüber der Beklagten zu 2 und sei durch die Belieferung mit Strom konkludent angenommen worden. Mit diesem Vorbringen nimmt die Revision nur eine vom Berufungsgericht abweichende Würdigung des Erklärungsgehalts der Anschlussnutzungsverträge und des Informationsblatts vor, ohne einen Rechtsfehler des Berufungsgerichts aufzuzeigen. Insbesondere legt die Revision der Beklagten zu 2 nicht dar, inwiefern dem Anschlussnutzungsvertrag ein Hinweis darauf entnommen werden kann, dass der jeweilige Letztverbraucher mit dessen Abschluss aus Sicht eines objektiven Empfängers zugleich erklärt hat, ein - unter der aufschiebenden Bedingung einer Versorgungslücke stehendes und durch die Beklagte zu 1 zu übermittelndes - Angebot auf Abschluss eines Ersatzversorgungsvertrags mit dem für die Niederspannungsebene zuständigen Grund- und Ersatzversorger abzugeben. Ein entsprechender Rechtsbindungswille liegt schon deshalb fern, weil in den Preisblättern der Begriff der Versorgungslücke nicht verwendet wird. Es heißt dort nur, dass bei der "Grundversorgung/Ersatzversorgung" die Belieferung mit elektrischer Energie durch den Grundversorger "sichergestellt" werde. Unter welchen Voraussetzungen ein solcher Sicherungsfall eintritt, bleibt unklar. Es kann nicht angenommen werden, dass die Letztverbraucher den Anschlussnutzungsvertrag in dem Bewusstsein geschlossen haben, zugleich die Abnahme einer inhaltlich nicht hinreichend konkretisierten Versorgungsleistung anzubieten.

[45] (bb) Die Beklagte zu 1 kann einen sachlichen Grund für die am 22. Dezember 2018 erfolgte Zuordnung der Marktlokationen von G, I, R und H zum Bilanzkreis der Beklagten zu 2 zum 1. Januar 2019 und die damit verbundene Datenüberlassung auch nicht daraus ableiten, dass ein Stromlieferungsvertrag zwischen der Beklagten zu 2 und den vier Letztverbrauchern G, I, R und H ab dem 1. Januar 2019 konkludent im Wege einer Realofferte durch die Bereitstellung und Abnahme des Stroms zustande gekommen ist (s. dazu näher unten Rn. 82, 83). Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Letztverbraucher keinen Anlass hatten, die Stromlieferung ab dem 1. Januar 2019 als eine solche der Beklagten zu 2 einzuordnen, da sie für diesen Zeitraum bereits einen Anschlussvertrag mit der Klägerin geschlossen hatten (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 2014 - VIII ZR 391/12, RdE 2015, 26 Rn. 14 mwN). Die Schreiben der Beklagten zu 1 vom 27. Dezember 2018 und von der Beklagten zu 2 vom 4. Januar 2019 ändern daran nichts. Soweit dort von einer Ersatzbelieferung durch die Beklagte zu 2 die Rede ist, lag es aus Sicht der vier Letztverbraucher nahe, dies als eine überholte Information anzusehen. Insoweit kann auf die zutreffende Würdigung des Berufungsgerichts Bezug genommen werden, die keinen Rechtsfehler erkennen lässt. Im Übrigen könnte ein auf diese Weise konkludent zustande gekommener Vertrag die Zuordnung der Entnahmestellen zum Bilanzkreis der Beklagten zu 2 und die damit verbundene Datenübermittlung auch nicht nachträglich rechtfertigen. Denn die Schreiben waren Folge der unrichtigen Bilanzkreiszuordnung und der damit verbundenen Übermittlung der Kundendaten an die Beklagte zu 2. Sie sind somit selbst Teil des gegen das Diskriminierungsverbot verstoßenden Verhaltens.

[46] (c) Die Zuordnung der Lieferstellen der vier Letztverbraucher G, I, R und H zum Bilanzkreis der Beklagten zu 2 war schließlich auch nicht deshalb sachlich gerechtfertigt, weil nach dem Ausfall der D GmbH - aus Sicht der Beklagten zu 1 - eine Versorgungslücke drohte. Es kommt in diesem Zusammenhang nicht entscheidend darauf an, dass die Beklagte zu 1 zum Zeitpunkt der Zuordnung am 22. Dezember 2018 noch nicht wusste, dass die vier Letztverbraucher am gleichen Tag oder am Vortag bereits einen Stromlieferungsvertrag mit der Klägerin zum 1. Januar 2019 abgeschlossen hatten.

[47] (aa) Allerdings ist eine Marktlokation auch während eines vertragslosen Zustands zwingend einem Bilanzkreis zuzuordnen. Das folgt nicht nur aus § 4 Abs. 3 StromNZV, sondern bereits aus dem Prinzip der Netzstabilität, dem das in § 20 Abs. 1a Satz 5 EnWG aF angelegte Bilanzkreissystem dient, welches beim Stromnetz den Ausgleich zwischen Einspeisung und Entnahme gewährleisten soll (BGH, RdE 2021, 275 Rn. 20 - Unberechtigt genutzte Lieferstellen). Um die korrekte bilanzielle Erfassung der aus dem Stromnetz entnommenen Strommengen zu ermöglichen, muss der Netzbetreiber für jede Lieferstelle an seinem Netz einen zuständigen Bilanzkreisverantwortlichen bestimmen oder die Anschlussstelle sperren. Das gilt auch für Verbrauchsstellen, für die kein gesetzliches oder vertragliches Lieferverhältnis besteht. Denn auch hier ist mit Stromentnahmen zu rechnen, und auch diese sind nach den energiewirtschaftsrechtlichen Vorgaben zwingend einem Bilanzkreis zuzuordnen (BGH, RdE 2022, 404 Rn. 21 - Verbrauchsstelle Goldbuschfeld).

[48] (bb) Fehlt es beim Ausfall eines Stromlieferanten - wie hier aus Sicht der Beklagten zu 1 - an einer vertraglich vereinbarten Ersatzversorgung und findet wie im Bereich der Mittelspannung keine gesetzliche Ersatzversorgung statt, käme für den Netzbetreiber nur die Sperrung der Anschlussstelle in Betracht. Dies entspricht auch den Festlegungen der Bundesnetzagentur (GPKE 2017, S. 42). Eine sofortige Sperrung des Anschlusses liegt allerdings regelmäßig nicht im Interesse des Letztverbrauchers, der unter Umständen keine Kenntnis vom Ausfall seines Versorgers hat. Ihm drohten bei einer plötzlichen Kappung der Stromversorgung erhebliche Nachteile. Eine Anschlusssperre kann daher nur Ultima Ratio sein. Nach dem Vortrag der Beklagten zu 1 kann die Unterbrechung außerdem in der Regel nicht nahtlos erfolgen, sondern erfordert einen physischen Zutritt zum Grundstück und damit einen entsprechenden zeitlichen Vorlauf. Dies ist nicht nur im Revisionsverfahren zugunsten der Beklagten zu unterstellen, sondern entspricht auch den Erfahrungen des täglichen Lebens und ist daher offenkundig (vgl. auch Jacob, N&R 2024, 130, 137). Jedenfalls für eine zur Umsetzung der Sperrung erforderliche Übergangszeit bedarf es einer Bilanzkreiszuordnung der betroffenen Lieferstellen. Die Zuordnung muss der Netzbetreiber diskriminierungsfrei nach sachlichen Kriterien vornehmen, wobei er insbesondere die Netzstabilität, die Versorgungssicherheit und sonstige Interessen der betroffenen Letztverbraucher berücksichtigen muss. Es ist daher sachlich gerechtfertigt, wenn ein Netzbetreiber sie einem Energieversorgungsunternehmen zuordnet, das aus seiner Sicht nach den vorstehenden Kriterien voraussichtlich am besten in der Lage ist, die Versorgung kurzfristig sicherzustellen.

[49] Das kann ausnahmsweise auch dann gelten, wenn - wie hier bei den Letztverbrauchern G, I, R und H - die alten Lieferverträge noch einige Tage (hier bis zum Monatsende) weiterlaufen. Im Streitfall war besondere Eile deshalb geboten, weil sich der Ausfall der D GmbH als ab dem 1. Januar 2019 designierter Folgelieferantin unmittelbar vor Weihnachten am 22. Dezember 2018 ereignete und bis zum Auslaufen der alten Lieferverträge nur noch zwei Werktage zur Verfügung standen (27. und 28. Dezember 2018, Samstage gelten nach den Festlegungen der Bundesnetzagentur nicht als Werktag, GPKE 2017, S. 7). Bei dieser Sachlage war aus Sicht der Beklagten zu 1 zu befürchten, dass es den betroffenen Letztverbrauchern möglicherweise nicht mehr gelingt, rechtzeitig zum 1. Januar 2019 neue Lieferverträge abzuschließen.

[50] (cc) Die Zuordnung der Verbrauchsstellen der vier Letztverbraucher zum Bilanzkreis der Beklagten zu 2 war nicht sachlich gerechtfertigt, weil die Beklagte zu 1 bei der Auswahl der Beklagten zu 2 als Auffangversorger unzutreffende Kriterien angewandt hat. Der Netzbetreiber hat sowohl die Netzstabilität als auch den diskriminierungsfreien Netzzugang zu gewährleisten. Entgegen der Ansicht der Beklagten zu 1 war aber nicht die Beklagte zu 2 wegen ihrer Eigenschaft als Grundversorgerin aufgrund ihrer Größe, Erfahrung und Kompetenz als am besten geeignet anzusehen, den erheblichen Energiebedarf der Marktlokationen der Mittelspannungskunden der D GmbH aufzufangen; vielmehr hätte sie die Verbrauchsstellen (weiterhin) dem Bilanzkreis der Klägerin zuordnen müssen. In Fällen der Diskriminierung eines Unternehmens durch einen Normadressaten kommt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Beschränkung auf eine Handlungsmöglichkeit in Betracht, wenn die Diskriminierung nur auf diese Weise vermieden werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 27. September 2022 - KZB 75/21, BGHZ 234, 288 Rn. 32 - Kartellrecht im Schiedsverfahren).

[51] i. Die Beklagte zu 2 konnte nicht allein mit der Erwägung als Auffangversorgerin für die betreffenden Marktlokationen bestimmt werden, dass sie wegen ihrer Stellung als Grundversorgerin (in der Niederspannung) dafür besser geeignet sei als andere im Netzbereich der Beklagten zu 1 tätige Elektrizitätsversorgungsunternehmen. Die Marktlokationen von G, I, R und H befanden sich im Bereich der Mittelspannung, in der das Gesetz keine Grundversorgung vorsieht. Die Grundversorgungspflicht nach § 36 EnWG besteht nur für Haushaltskunden im Bereich der Niederspannung. Die Möglichkeit Stromkapazitäten zu nutzen, die für die Sicherstellung der Grundversorgung vorgehalten werden, kann für sich genommen kein sachlicher Grund sein, um dem Grundversorger Marktlokationen von Mittelspannungskunden zuzuweisen.

[52] ii. Demgegenüber hat der Netzbetreiber, wenn ein Folgelieferant

- wie hier die D GmbH - zu einem Zeitpunkt ausfällt, in dem wie bei G, I, R und H noch ein Lieferverhältnis mit einem anderen Versorger besteht, unter Berücksichtigung der Interessen der Verbraucher, die betreffende Marktlokation übergangsweise auch über das Vertragsende hinaus weiterhin diesem Lieferanten zuzuordnen. Zum einen weiß dieser Lieferant aufgrund des bestehenden Lieferverhältnisses regelmäßig, wer sein Schuldner ist. Er kann daher zivilrechtliche Ansprüche wegen rechtmäßiger oder unrechtmäßiger Stromentnahmen leichter durchsetzen (vgl. BGH, RdE 2021, 275 Rn. 26 - Unberechtigt genutzte Lieferstellen). Für seine bilanzielle Verantwortlichkeit spricht zudem, dass die letzte rechtliche Lieferbeziehung während eines vertragslosen Zustands durch weitere Stromentnahmen faktisch nahtlos fortgeführt wird (vgl. BGH, RdE 2022, 404 Rn. 26 - Verbrauchsstelle Goldbuschfeld; Tüngler, EnWZ 2022, 404, 407). Schließlich spricht für die "Fortsetzung" des Lieferverhältnisses mit dem bisherigen Vertragspartner, dass er bereits über die Kundendaten verfügt, diese also nicht unter Ausschluss anderer Mitbewerber einem dritten Elektrizitätsversorgungsunternehmen offengelegt werden müssen. Eine andere Beurteilung ist nur dann geboten, wenn der noch aktuelle Lieferant seinerseits für eine Fortsetzung der Belieferung nicht mehr verfügbar ist oder seine Lieferfähigkeit nicht hinreichend gewährleistet erscheint. Dann kann die Zuordnung auch an den im Gebiet der Entnahmestelle verantwortlichen Grund- und Ersatzversorger erfolgen, selbst wenn dieser - wie hier - mit dem Netzbetreiber konzernrechtlich verbunden ist.

[53] Hier bestand bei den vier Letztverbrauchern G, I, R und H - anders als bei der Letztverbraucherin N (s. dazu unten Rn. 81) - im Zeitpunkt des Ausfalls der D GmbH noch eine vertragliche Lieferbeziehung zur Klägerin. Anhaltspunkte für deren fehlende Lieferfähigkeit ab dem 1. Januar 2019 sind nicht ersichtlich. Die Beklagte zu 1 hätte die Verbrauchsstellen daher der Klägerin zuweisen müssen.

[54] cc) Die Klägerin ist Betroffene des Verstoßes gegen § 20 Abs. 1 EnWG. Die Ansprüche aus § 32 EnWG dienen dem Schutz anderer Marktbeteiligter (§ 32 Abs. 1 Satz 3 EnWG). Der Gesetzgeber hat sich dabei an dem Begriff der Betroffenheit in § 33 Abs. 3 GWB orientiert (vgl. BT-Drucks. 15/3917, S. 63). Für die Auslegung kann daher die Definition des § 33 Abs. 3 GWB herangezogen werden (Wahlhäuser in Kment, EnWG, aaO, § 32 Rn. 5; Baumgart in BeckOK EnWG, aaO, § 32 Rn. 3). Betroffen ist damit, wer als Mitbewerber oder sonstiger Marktbeteiligter durch den Verstoß beeinträchtigt ist. Die Klägerin ist als Stromlieferantin eine Marktbeteiligte. Ihre Beeinträchtigung ergibt sich daraus, dass die Marktlokationen ihrer Vertragskunden unberechtigt (s.o. Rn. 35) dem Bilanzkreis der Beklagten zu 2 zugeordnet und deshalb diesem Unternehmen auch deren Kundendaten übermittelt wurden.

[55] dd) Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht eine Erstbegehungsgefahr in der Person der Beklagten zu 1 bejaht (§ 32 Abs. 1 Satz 2 EnWG), die erst nach Rechtshängigkeit entfallen ist.

[56] (1) Eine Wiederholungsgefahr hat das Berufungsgericht zutreffend verneint. Der Verstoß wurde von der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1 begangen. Die Netzbetreibergesellschaft wurde erst im Juli 2019, also nach der fehlerhaften Zuordnung, auf die Beklagte zu 1 verschmolzen. In der Person der Beklagten zu 1 konnte deshalb keine Wiederholungsgefahr entstehen (§ 32 Abs. 1 Satz 1 EnWG). Wettbewerbsverstöße, die Organe oder Mitarbeiter einer auf einen anderen Rechtsträger verschmolzenen Gesellschaft begangen haben, begründen keine Wiederholungsgefahr für die Rechtsnachfolgerin. Der neue Unternehmensinhaber tritt nicht im Wege der (Gesamt-)Rechtsnachfolge in eine gesetzliche Unterlassungspflicht ein (BGH, Urteile vom 6. Dezember 2012 - III ZR 173/12, BGHZ 196, 11 Rn. 15 - Wiederholungsgefahr bei Unternehmensverschmelzung; vom 7. März 2019 - I ZR 184/17, GRUR 2019, 746 Rn. 38 - Energieeffizienzklasse III).

[57] (2) Zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass in der Person der Beklagten zu 1 ursprünglich - ab Juli 2019 - eine Erstbegehungsgefahr bestand. Eine solche setzt voraus, dass ernsthafte und greifbare tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, der Anspruchsgegner werde sich in naher Zukunft rechtswidrig verhalten (BGH, Urteil vom 20. Oktober 2021 - I ZR 96/20, GRUR 2021, 1531 Rn. 35 mwN - Kurventreppenlift). Allein aus der Verschmelzung des Unternehmens, in dem ein Verstoß begangen worden ist, folgt noch keine Erstbegehungsgefahr bei dem übernehmenden Rechtsträger (vgl. BGH, Urteil vom 3. April 2008 - I ZR 49/05, GRUR 2008, 1002 Rn. 39 mwN - Schuhpark). Es müssen vielmehr konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Mitarbeiter oder Organe auch unter dem neuen Unternehmensinhaber vergleichbare Wettbewerbsverstöße begehen werden (vgl. BGHZ 196, 11 Rn. 15 - Wiederholungsgefahr bei Unternehmensverschmelzung; Köhler/?Feddersen in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 42. Aufl., § 8 Rn. 2.53a). Solche Umstände hat das Berufungsgericht mit ausführlicher, von der Revision der Beklagten zu 1 nicht beanstandeter Begründung bejaht. Es hat festgestellt, dass der Geschäftsbetrieb nach der Verschmelzung in personeller und wirtschaftlicher Kontinuität fortgesetzt wurde und es sich bei der beanstandeten Vermittlung freiwerdender Marktlokationen an die Beklagte zu 2 um eine Geschäftsstrategie der Rechtsvorgängerin gehandelt habe. Ein Abweichen von dieser Praxis sei auch für die Zukunft nicht beabsichtigt. Denn auch die Beklagte zu 1 verwende in ihren Anschlussnutzungsverträgen die hier streitgegenständlichen Preisblätter und stelle sich auf den Standpunkt, sie könne eine Berechtigung zur Zuweisung "vertragsloser" Lieferstellen an den Bilanzkreis des Grund- und Ersatzversorgers aus diesen herleiten.

[58] (3) Diese Erstbegehungsgefahr, die an das Verhalten der Beklagten zu 1 in ihrer Funktion als Netzbetreiberin anknüpft, ist nach Rechtshängigkeit durch die im November 2019 erfolgte Ausgliederung des Geschäftsbereichs Verteilernetzbetrieb aus der Beklagten zu 1 entfallen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte zu 1 in naher Zukunft erneut als Netzbetreiberin tätig wird und sich in der beanstandeten Weise verhalten wird. Anders als bei der Wiederholungsgefahr bedarf es für die Ausräumung der Erstbegehungsgefahr keiner strafbewehrten Unterlassungserklärung (vgl. BGH, Urteile vom 31. Mai 2001 - I ZR 106/99, GRUR 2001, 1174 [juris Rn. 47] - Berühmungsaufgabe; vom 14. Januar 2010

- I ZR 92/08, GRUR 2010, 838 Rn. 30 - DDR-Logo; demgegenüber: Urteil vom 1. Dezember 2022 - I ZR 144/21, BGHZ 235, 222 Rn. 28 - Wegfall der Wiederholungsgefahr III). Damit ist hinsichtlich des ursprünglich zulässigen und im Hinblick auf die Letztverbraucher G, I, R und H auch begründeten Klageantrages 1.a.i Erledigung der Hauptsache eingetreten.

[59] d) Keinen Bestand kann die Feststellung der Erledigung des Unterlassungsantrags allerdings im Hinblick auf die Weitergabe der kundenbezogenen Angaben der Letztverbraucherin N haben. Insoweit war der Unterlassungsantrag von vornherein unbegründet, weil ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot nach § 20 Abs. 1 EnWG nicht vorliegt. Die sofortige Zuordnung der Marktlokation der N zum Bilanzkreis der Beklagten zu 2 ab dem 22. Dezember 2018 und die Zurverfügungstellung der entsprechenden Kundendaten an die Beklagte zu 2 waren vielmehr sachlich gerechtfertigt.

[60] aa) Anders als die Letztverbraucher G, I, R und H wurde die Letztverbraucherin N bereits im Dezember 2018 von der D GmbH beliefert. Mit dem Ausfall der D GmbH am 22. Dezember trat daher an dieser Verbrauchsstelle unmittelbar eine Versorgungslücke ein, die - bis zu einer möglichen und aus den oben (Rn. 48) genannten Gründen zu vermeidenden - Anschlusssperre übergangsweise eine Zuordnung zum Bilanzkreis eines anderen Elektrizitätsversorgungsunternehmens als Auffangversorger durch die Beklagte zu 1 erforderte. Es bestand - anders als bei den vier weiteren Letztverbrauchern - keine Übergangszeit bis zum Monatsende, in der noch ein altes Lieferverhältnis fortgesetzt wurde. Die Marktlokation der N konnte auch nicht der letzten Lieferantin zur faktischen Fortführung des Lieferverhältnisses zugeordnet werden, denn dies war die - gerade nicht mehr lieferfähige - D GmbH.

[61] bb) In dieser Situation können mehrere Elektrizitätsversorgungsunternehmen als gleichermaßen geeignete Auffangversorger in Betracht kommen. Dem Netzbetreiber kann daher - im Rahmen seiner Verpflichtung, diskriminierungsfrei nach sachlichen Kriterien zu entscheiden - ein Wahlrecht zustehen. Es ist weder ersichtlich noch von der Klägerin gerügt, dass die Bestimmung der Beklagten zu 2 als Auffangversorger für die Verbrauchsstelle der N durch die Beklagte zu 1 nach diesen Kriterien fehlerhaft war. Zwar war die Beklagte zu 2 nicht aufgrund ihrer Stellung als örtlicher Grundversorger für die Übernahme einer Auffangversorgung in der Mittelspannung besser geeignet als andere Elektrizitätsversorgungsunternehmen. Es ist aber nach dem festgestellten Sach- und Streitstand auch nicht ersichtlich, dass ein dritter Lieferant aus sachlichen Gründen für die Versorgung der Entnahmestelle der N besser geeignet war als die Beklagte zu 2. Bei dieser Sachlage durfte die Beklagte zu 1 die Lieferstelle der Beklagten zu 2 zuweisen.

[62] 2. Die Revision der Beklagten zu 1 hat Erfolg, soweit das Berufungsgericht festgestellt hat, sie habe der Klägerin Schäden aus der unrichtigen Zuordnung der Marktlokationen der fünf Letztverbraucher samt Mitteilung der Kundendaten an die Beklagte zu 2 zu ersetzen (Antrag 4). Insoweit ist das Urteil aufzuheben und die Berufung zurückzuweisen.

[63] a) Das Berufungsgericht hat angenommen, ein Feststellungsinteresse liege vor. Es bestehe eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Klägerin ein Schaden entstanden sei, weil sie entsprechend den mit den Letztverbrauchern abgeschlossenen Verträgen Energie beschafft und in ihrem Bilanzkreis zur Verfügung gestellt habe, hierfür aber nur nach den Preisen für Ausgleichsenergie vergütet worden sei. Es sei offen, ob sie noch Vergütungsansprüche gegen ihre Kunden durchsetzen könne. Außerdem stehe zu befürchten, dass ihre Kunden sie wegen der fehlgeschlagenen Anmeldung auf Schadensersatz in Anspruch nehmen. Die Beklagte zu 1 habe bei der unrichtigen Zuordnung der Marktlokationen zum Bilanzkreis der Beklagten zu 2 fahrlässig gehandelt, weil sie habe erkennen können, dass die gesetzlichen Voraussetzungen der Ersatzversorgung nicht vorliegen. Außerdem habe sie den Prozess zum "Beginn der Ersatz/-Grundversorgung" nach der GPKE 2017 nicht eingehalten. Auf einen Rechtsirrtum könne sie sich nicht berufen.

[64] b) Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Nach § 32 Abs. 3 Satz 1 EnWG ist zum Schadensersatz verpflichtet, wer einen Verstoß gegen § 32 Abs. 1 EnWG vorsätzlich oder fahrlässig begeht. Die Beklagte zu 1 hat bei der sofortigen Zuordnung der Marktlokationen der vier Letztverbraucher G, I, R und H zum Bilanzkreis der Beklagten zu 2 am 22. Dezember 2018 und der damit verbundenen Datenweitergabe nicht schuldhaft gehandelt.

[65] aa) Sie hat es insbesondere nicht schuldhaft unterlassen, die Lieferstellen aufgrund der zwischen den Letztverbrauchern und der Klägerin mit Wirkung ab dem 1. Januar 2019 neu abgeschlossenen Stromlieferungsverträge dem Bilanzkreis der Klägerin zuzuordnen. Es ist davon auszugehen, dass die Beklagte zu 1 am 22. Dezember 2018 von diesen neuen Vertragsschlüssen keine Kenntnis hatte oder haben konnte, weil sie weder von der Klägerin noch von den Letztverbrauchern über die neuen Vertragsschlüsse informiert worden war.

[66] bb) Auch vor dem Hintergrund, dass die Beklagte zu 1 davon ausgehen konnte und musste, dass die vier Anschlussstellen ab dem 1. Januar 2019 "vertragslos" sein würden, stellt sich deren - fehlerhafte - Zuordnung zum Bilanzkreis der Beklagten zu 2 und die damit verbundene sofortige Datenweitergabe noch am 22. Dezember 2018 nicht als fahrlässig dar. Im Zeitpunkt der Entscheidung war unsicher und höchstrichterlich nicht geklärt, wessen Bilanzkreis der Netzbetreiber Marktlokationen im Bereich höherer Spannungsebenen, bei denen ein vertragsfreier Zustand eingetreten ist oder zeitnah droht, bis zum Vollzug einer Anschlusssperre zuordnen darf oder muss.

[67] (1) Grundsätzlich trifft den Schuldner das Risiko, die Rechtslage zu verkennen. Er darf das Risiko einer zweifelhaften Rechtslage nicht dem anderen Teil zuschieben (BGH, Urteil vom 10. Oktober 1989 - KZR 22/88, WuW/E BGH 2603 [juris Rn. 23] - Neugeborenentransporte). Ein Rechtsirrtum ist regelmäßig nur dann entschuldigt, wenn der Irrende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt mit einer anderen Beurteilung durch die Gerichte nicht zu rechnen brauchte (BGH, Urteile vom 16. Dezember 1986 - KZR 36/85, WuW/E BGH 2341 [juris Rn. 19] - Taxizentrale Essen; vom 12. Oktober 2021 - EnZR 43/20, RdE 2022, 114 Rn. 57 - Stadt Bargteheide). Diese strengen Voraussetzungen, die die Rechtsprechung an die Entschuldbarkeit eines Rechtsirrtums gestellt hat, gehen vorrangig auf die Überlegung zurück, dass derjenige schuldhaft handelt, der seine Interessen trotz zweifelhafter Rechtslage auf Kosten fremder Rechte wahrnimmt (vgl. BGH, Urteil vom 7. März 1972 - VI ZR 169/70, NJW 1972, 1045 [juris Rn. 9]; Beschluss vom 21. Dezember 1995 - V ZB 4/94, BGHZ 131, 347 [juris Rn. 22]). So liegen die Dinge beim Rechtsirrtum eines Stromnetzbetreibers über die richtige Zuordnung einer mutmaßlich vertragslosen Lieferstelle zum Bilanzkreis eines bestimmten Lieferanten nicht. Die Entscheidung über die Zuordnung trifft er nicht allein im eigenen Interesse, sondern er folgt seinen Verpflichtungen aus § 4 Abs. 3 StromNZV zur Sicherstellung der Netzstabilität. Zudem handelt er im Interesse des Letztverbrauchers, der an einer Sperrung seines Anschlusses kein Interesse haben kann. Ist die Zuordnung - wie hier - eilbedürftig, kann er einer Verletzung seiner Pflicht nach § 20 Abs. 1 EnWG auch nicht dadurch vorbeugen, dass er abwartet, ob noch rechtzeitig eine Anmeldung der betroffenen Marktlokationen durch einen Lieferanten erfolgt. Bei dieser Sachlage kann der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt auch dann genügt werden, wenn der Netzbetreiber die Rechtslage sorgfältig prüft und einen vertretbaren Rechtsstandpunkt einnimmt. Bleibt bei dieser Prüfung mangels höchstrichterlicher Leitentscheidungen für die Auslegung der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen die Rechtslage ungewiss, darf er seinen Rechtsstandpunkt zugrunde legen, ohne Schadensersatzpflichten befürchten zu müssen (vgl. BGHZ 131, 347 [juris Rn. 22 bis 24]; Urteil vom 18. Januar 2011 - XI ZR 356/09, NJW 2011, 1063 Rn. 31).

[68] (2) Am 22. Dezember 2018 bestand eine unklare Rechtslage. Zwar konnte den zu dieser Zeit geltenden Festlegungen der Bundesnetzagentur entnommen werden, dass gegenüber Letztverbrauchern, für die keine gesetzliche Grund- oder Ersatzversorgung vorgesehen ist, eine Zuordnung an den Ersatzversorger nur in Betracht kommt, wenn sie vertraglich vereinbart wurde, und ansonsten der Netzanschluss zu unterbrechen ist (GPKE 2017, S. 31, 42); aus den oben genannte Gründen war aber fraglich, ob eine Unterbrechung, die ohnehin nur als Ultima Ratio zu betrachten ist, rechtzeitig durchgeführt werden könnte. Die Senatsentscheidungen "Unberechtigt genutzte Lieferstellen" und "Verbrauchsstelle Goldbuschfeld", die eine Zuordnung an den jeweils letzten Lieferanten nahelegen, sind erst in den Jahren 2020 und 2022 ergangen (BGH, RdE 2021, 275 Rn. 25 f.; RdE 2022, 404 Rn. 26) und konnten daher von der Beklagten zu 1 bei der im Dezember 2018 vorgenommenen Zuordnung nicht berücksichtigt werden.

[69] 1. Der gegen die Beklagte zu 1 geltend gemachte Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten ist in Höhe von 1.679,81 € zuzüglich Zinsen begründet (Klageantrag 7.). Nach den Grundsätzen für die Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß §§ 677, 683 Satz 1, § 670 BGB besteht ein Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten, wenn die Abmahnung berechtigt war und dem Interesse und dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Abgemahnten entsprach (BGH, Urteile vom 15. Oktober 1969 - I ZR 3/68, BGHZ 52, 393 [juris Rn. 13] - Fotowettbewerb; vom 17. Juli 2008 - I ZR 219/05, GRUR 2008, 996 Rn. 11 - Clone-CD). Die gegenüber der Beklagten zu 1 ausgesprochene Abmahnung war, soweit sie sich auf die vom Berufungsgericht zugesprochenen Ansprüche bezog, überwiegend berechtigt. Sie war lediglich unberechtigt, soweit sie sich auf die Marktlokation der Letztverbraucherin N bezog. Die Höhe des Ersatzanspruchs ist damit nach dem Verhältnis des Gegenstandswerts des berechtigten Teils der Abmahnung zum Gegenstandswert der gesamten Abmahnung zu bestimmen (BGH, Urteil vom 10. Dezember 2009 - I ZR 149/07, GRUR 2010, 744 Rn. 52

- Sondernewsletter). Das Berufungsgericht hat einen Gegenstandswert von 50.000 € angenommen, so dass für die vier verbleibenden Marktlokationen ohne jene der Letztverbraucherin N von einem Gegenstandswert in Höhe von 40.000 € auszugehen ist. Die Klägerin kann ihre Abmahnkosten auf der Basis einer 1,5 Geschäftsgebühr zuzüglich Auslagenpauschale erstattet verlangen.

[70] II. Die Revision der Beklagten zu 2 hat teilweise Erfolg, soweit das Berufungsgericht die Erledigung des Antrags auf Zustimmung zur rückwirkenden Zuordnung zum Bilanzkreis der Klägerin festgestellt hat (Antrag 3.b) und soweit es der Klägerin Beseitigungs-, Schadensersatz- und Kostenerstattungsansprüche auch hinsichtlich der Marktlokation der Letztverbraucherin N für die Zeit von Dezember 2018 bis zum 8. Januar 2019 zugesprochen hat. Im Übrigen ist sie zurückzuweisen.

[71] 1. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass der Klägerin gegen die Beklagte zu 2 ein Anspruch aus § 8 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. §§ 3, 5 Abs. 1 UWG zusteht, den Letztverbrauchern G, R und H mitzuteilen, dass eine Belieferung durch ihre Rechtsvorgängerin im Rahmen der Ersatzversorgung oder eines Vertragsverhältnisses nicht vorgelegen habe (Klageantrag 3.a). Erfolg hat die Revision nur, soweit sich die Verurteilung durch das Berufungsgericht auch auf die Letztverbraucherin N für die Zeit von Dezember 2018 bis zum 8. Januar 2019 bezogen hat.

[72] a) Der auf Beseitigung eines fortdauernden Störungszustands gerichtete Antrag und der darauf gestützte Tenor des Berufungsgerichts sind hinreichend bestimmt. Nach dem Antrag ist den betroffenen Letztverbrauchern "in geeigneter Weise" mitzuteilen, dass eine Belieferung durch die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 2 nicht vorgelegen habe. Die fehlende Konkretisierung, auf welchem Wege die Mitteilung zu erfolgen hat, beruht darauf, dass es dem Schuldner überlassen bleiben muss, wie er den Störungszustand beseitigt (vgl. BGH, Urteil vom 14. Dezember 2017 - I ZR 184/15, GRUR 2018, 423 Rn. 70

- Klauselersetzung; Bornkamm in Köhler/Bornkamm/Feddersen, aaO, § 8 Rn. 1.115). Kann ein materiell-rechtlicher Anspruch nicht anders als durch einen relativ unbestimmten Begriff umschrieben werden, muss dies zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes hingenommen werden (BGH, Urteil vom 5. Oktober 2010 - I ZR 46/09, GRUR 2011, 433 Rn. 10 - Verbotsantrag bei Telefonwerbung).

[73] b) Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG kann derjenige, der eine nach § 3 UWG oder § 7 UWG unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, auf Beseitigung in Anspruch genommen werden. Dem steht vorliegend nicht § 32 EnWG als abschließende Regelung entgegen. Diese Rechtsvorschrift sanktioniert nur Rechtsverstöße im Zusammenhang mit dem Netzanschluss und dem Netzzugang. Sie regelt keine Ansprüche im Zusammenhang mit der Energielieferung an Letztverbraucher (Pahlow in Teplitzky/Peifer/Leistner, UWG, aaO, § 3a Rn. 35; Alexander, WRP 2012, 660, 664).

[74] c) Die Klägerin ist gemäß §§ 2 Abs. 1 Nr. 4, 8, Abs. 3 Nr. 1 UWG als Mitbewerberin anspruchsberechtigt.

[75] aa) Das hierfür erforderliche konkrete Wettbewerbsverhältnis ist gegeben, wenn beide Parteien gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen und daher das Wettbewerbsverhalten des einen den anderen beeinträchtigen, das heißt im Absatz behindern oder stören kann. Da im Interesse eines wirksamen lauterkeitsrechtlichen Individualschutzes grundsätzlich keine hohen Anforderungen an das Vorliegen eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses zu stellen sind, reicht es hierfür aus, dass sich der Verletzer durch seine Verletzungshandlung im konkreten Fall in irgendeiner Weise in Wettbewerb zu dem Betroffenen stellt. Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis ist daher anzunehmen, wenn zwischen den Vorteilen, die die eine Partei durch eine Maßnahme für ihr Unternehmen oder das eines Dritten zu erreichen sucht, und den Nachteilen, die die andere Partei dadurch erleidet, eine Wechselwirkung in dem Sinne besteht, dass der eigene Wettbewerb gefördert und der fremde Wettbewerb beeinträchtigt werden kann und die von den Parteien angebotenen Waren oder Dienstleistungen einen wettbewerblichen Bezug zueinander aufweisen (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 24. Februar 2022 - I ZR 128/21, GRUR 2022, 729 Rn. 13 mwN - Zweitmarkt für Lebensversicherungen II).

[76] bb) Nach diesen Maßstäben lag ein konkretes Wettbewerbsverhältnis zwischen der Klägerin und der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 2 vor. Beide waren Energieversorgungsunternehmen, die Letztverbraucher aufgrund von Stromlieferungsverträgen mit Strom versorgen. Der Einwand der Beklagten zu 2, ihre Rechtsvorgängerin habe die Dienstleistung der Ersatzbelieferung, die Klägerin hingegen eine gewöhnliche Strombelieferung angeboten, greift nicht durch. Selbst wenn sich die Modalitäten der Ersatzbelieferung von einer unter normalen Umständen vereinbarten Lieferbeziehung im Hinblick auf die kurzfristige Beschaffungszeit, die kürzeren Laufzeiten und andere Kriterien unterscheiden mögen, liegen aus der maßgeblichen Kundensicht austauschbare, gleichartige Leistungen vor. Im Übrigen waren die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Grund- oder Ersatzversorgung aus den oben genannten Gründen ohnehin nicht erfüllt. Die Klägerin und die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 2 konkurrierten unter gleichen Voraussetzungen um den Abschluss eines neuen Lieferantenvertrages gegenüber den "vertragslosen" Letztverbrauchern.

[77] cc) Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis bestand im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht auch zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 2. Die Beklagte zu 2 ist als Rechtsnachfolgerin der IN ebenfalls Energieversorgerin. Sie erfüllt auch die zusätzlichen Voraussetzungen nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG in der ab dem 1. Dezember 2021 geltenden Fassung. Danach ist die Anspruchsberechtigung zusätzlich davon abhängig, dass die Klägerin als Mitbewerberin in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich Waren oder Dienstleistungen vertreibt oder nachfragt. Damit soll Missbrauchsmöglichkeiten vorgebeugt werden, die sich aus einer nur pro forma, aber nicht ernsthaft und nachhaltig betriebenen Geschäftstätigkeit ergeben (BGH, GRUR 2022, 729 Rn. 14 mwN - Zweitmarkt für Lebensversicherungen II). Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin nur in so geringfügigem Umfang als Energielieferantin tätig ist, dass die vorliegende Anspruchsverfolgung dazu in einem Missverhältnis steht, sind indes weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

[78] d) In dem Sich-Berühmen eines wirksamen Lieferverhältnisses gegenüber der Beklagten zu 1 und den Letztverbrauchern liegt eine geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG. Darunter fällt jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes

oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen unmittelbar und objektiv zusammenhängt. Die Beklagte zu 2 hat den Abmeldeanfragen der Beklagten zu 1 als Netzbetreiberin unter Hinweis auf eine Vertragsbindung widersprochen. Den betroffenen Letztverbrauchern hat sie Rechnungen über ihre vermeintlichen Stromlieferungen gestellt. Diese Handlungen zielten nach den Feststellungen des Berufungsgerichts darauf ab, die Zuordnung der Marktlokationen zu ihrem Bilanzkreis bis zum Ablauf der Kündigungsfrist von zwei Wochen aufrechtzuerhalten und den Letztverbrauchern einen wirksamen Vertrag vorzuspiegeln. Das Verhalten war damit darauf gerichtet, geschäftliche Entscheidungen der Letztverbraucher, insbesondere die Bezahlung der Rechnungen, zu fördern.

[79] e) Die Beklagte zu 2 hat die Beklagte zu 1 sowie die Letztverbraucher G, R und H durch das Behaupten eines wirksamen Lieferverhältnisses irregeführt. Gemäß § 5 Abs. 1 UWG handelt unlauter, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Die Beklagte zu 2 hat mit ihrem Hinweis auf eine Vertragsbindung gegenüber der Beklagten zu 1 suggeriert, es bestünde ein vertragliches oder gesetzliches Lieferverhältnis. Das gleiche gilt für die unzutreffende Rechnungsstellung gegenüber den Letztverbrauchern. Die Irreführung war geeignet, den Eindruck entstehen zu lassen, es sei ein - zumindest konkludentes - Lieferverhältnis zustande gekommen, und die Beklagte zu 1 so zur Aufrechterhaltung der Zuordnung der Lieferstellen zum Bilanzkreis der Beklagten zu 2 und die Letztverbraucher zur Bezahlung der Rechnungen zu veranlassen.

[80] f) Durch die irreführenden Handlungen wurde auch ein fortdauernder Störungszustand geschaffen. Der durch die Rechnungsstellung gesetzte Rechtsschein ist zu beseitigen, indem die Letztverbraucher entsprechend aufgeklärt werden. Schuldnerin des Beseitigungsanspruchs ist die Beklagte zu 2, die als Rechtsnachfolgerin der IN zur Störungsbeseitigung verpflichtet ist (vgl. Köhler/Feddersen in Köhler/Bornkamm/Feddersen, aaO, § 8 Rn. 2.53b; Fritzsche in Münchener Kommentar zum Lauterkeitsrecht, 3. Aufl., § 8 UWG Rn. 358).

[81] g) Keinen Bestand kann allerdings die Beurteilung durch das Berufungsgericht haben, dass die Beklagte zu 2 auch gegenüber der Letztverbraucherin N zur Beseitigung eines entsprechenden Rechtsscheins ab Dezember 2018 verpflichtet ist. Zu Unrecht ist es davon ausgegangen, dass auch zwischen N und der Beklagten zu 2 kein Belieferungsverhältnis zustande gekommen ist. Der Antrag, der seinem Wortlaut nach auf das Nichtvorliegen einer Belieferung im Rahmen der Ersatzversorgung oder eines Vertragsverhältnisses abstellt, ist bei verständiger Würdigung dahingehend auszulegen, dass er allgemein das Fehlen eines Schuldverhältnisses als Rechtsgrundlage der Belieferung voraussetzt. Grundlage von Stromlieferungen kann auch ein gesetzliches Schuldverhältnis wie die Geschäftsführung ohne Auftrag sein.

[82] aa) Für die Versorgung von Haushaltskunden im Bereich der Niederspannung ist grundsätzlich anerkannt, dass die Bereitstellung von Energie eine Realofferte des Grundversorgers darstellt, die vom Letztverbraucher mit der Entnahme konkludent angenommen wird, sofern der Kunde keinen anderweitigen Versorgungsvertrag geschlossen hat und sich nicht ausdrücklich gegen den Vertragsschluss verwahrt (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 2. Juli 2014

- VIII ZR 316/13, BGHZ 202, 17 Rn. 10; RdE 2022, 404 Rn. 14 - Verbrauchsstelle Goldbuschfeld). Diese Rechtsprechung zielt darauf ab, einen ersichtlich nicht gewollten vertragslosen Zustand bei Versorgungsleistungen zu vermeiden. Für den Vertrag gelten die allgemeinen Preise der Grundversorgung. Außerhalb der Grundversorgung nach § 36 EnWG ist das nicht der Fall. Insoweit ist darauf abzustellen, wie die Bereitstellung der Elektrizität und die Stromentnahme als tatsächliche Verhaltensweisen im Einzelfall zu verstehen sind. Es kommt darauf an, an wen sich nach dem objektiven Empfängerhorizont das in der Entgegennahme der bereitgestellten Elektrizität liegende Vertragsangebot richtet (vgl. BGH, RdE 2022, 404 Rn. 14 mwN - Verbrauchsstelle Goldbuschfeld). Ein konkludenter Vertragsabschluss setzt voraus, dass in den im streitigen Zeitraum erfolgten Stromlieferungen eine an den Letztverbraucher gerichtete Realofferte des Grundversorgers zu sehen war. Daran fehlt es, wenn der Stromkunde von dem Ausfall seines Lieferanten keine Kenntnis hat (vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 2005 - VIII ZR 66/04, RdE 2005, 140 [juris Rn. 18]) oder zumindest nicht weiß, von wem der - außerhalb der Niederspannung bezogene - Strom zu welchen Konditionen geliefert wird. Dem Strom liefernden Unternehmen, also dem Unternehmen, dessen Bilanzkreis die vertragslose Verbrauchsstelle zugeordnet ist, kann in solchen Fällen jedoch ein Vergütungsanspruch nach den Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag aus §§ 677, 683 Satz 1, 670 BGB zustehen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt dies voraus, dass der Geschäftsführer ein Geschäft nicht nur als eigenes, sondern auch als fremdes führt, das heißt in dem Bewusstsein und mit dem Willen, zumindest auch im Interesse eines anderen zu handeln (BGH, Urteil vom 19. Januar 2021 - VI ZR 188/17, SpuRt 2021, 164 Rn. 39 mwN). Davon ist auszugehen, wenn Letztverbraucher ohne vertragliche oder gesetzliche Grundlage an einer Verbrauchsstelle Strom entnehmen, der bilanziell, wirtschaftlich und zivilrechtlich einem bestimmten Stromversorger zuzuordnen ist (BGH, RdE 2022, 404 Rn. 18 f. - Verbrauchsstelle Goldbuschfeld). Da sich der Kunde grundsätzlich selbst um eine Anschlussversorgung kümmern müsste, um einer Versorgungsunterbrechung zu entgehen, führt der Versorger dann auch das Geschäft dieses Kunden. Ein entsprechender Fremdgeschäftsführungswille ist zu vermuten (BGH, RdE 2005, 140 [juris Rn. 24 f.]).

[83] bb) Nach diesen Grundsätzen ist davon auszugehen, dass N vom 22. Dezember 2018 bis zum 8. Januar 2019 von der Beklagten zu 2 zuerst im Wege der Geschäftsführung ohne Auftrag und anschließend - nach Kenntniserlangung von der Zuordnung zu deren Bilanzkreis - aufgrund eines konkludenten Vertragsschlusses versorgt wurde. Bis zum Ausfall der D GmbH am 22. Dezember 2018 bestand zwischen dieser und N ein vertragliches Lieferverhältnis. Anders als die übrigen vier Letztverbraucher wurde N in dieser Zeit nicht von der Klägerin beliefert. Sie beauftragte die Klägerin erst am 8. Januar 2019 mit der Stromversorgung. In der Zwischenzeit bestand teilweise ein vertragsloser Zustand. Ein konkludenter Vertragsschluss mit der Beklagten zu 2 ist trotz der Zuordnung der Lieferstelle zu deren Bilanzkreis nicht sofort zustande gekommen. Es ist nicht ersichtlich, dass nach dem objektiven Empfängerhorizont der N schon ab dem 22. Dezember 2018 erkennbar war, dass ihr Strom von der Beklagten zu 2 geliefert wurde. Mit der Zurverfügungstellung des Stroms an der ihr bilanziell zugeordneten Entnahmestelle hat die Beklagte zu 2 aber auch ein Geschäft der N geführt. Es bestand damit ein gesetzliches Schuldverhältnis in Gestalt der Geschäftsführung ohne Auftrag.

[84] cc) Dieses gesetzliche Schuldverhältnis hatte Bestand, bis nach dem objektiven Empfängerhorizont der N von einer Realofferte der Beklagten zu 2 durch die Stromlieferungen auszugehen war und durch deren Entgegennahme ein konkludenter Belieferungsvertrag zustande kam.

[85] (1) Mit dem Schreiben der Beklagten zu 1 vom 27. Dezember 2018 ist N über den Ausfall der D GmbH als Lieferantin in Kenntnis gesetzt worden und musste daher davon ausgehen, dass eine Belieferung mit Strom nicht mehr von diesem Energieunternehmen, sondern jedenfalls ab dem 1. Januar 2019 von der Beklagten zu 2 erfolgen wird. Zwar ist im Tatbestand des Berufungsurteils nur von einem Schreiben vom 27. Dezember 2018 an die Letztverbraucherin I die Rede; das Berufungsgericht hat aber in seinen Entscheidungsgründen ausgeführt, dass entsprechende Schreiben "an die Letztverbraucher", mithin auch an die N gingen. Ab dem Zugang des Schreibens war die Bereitstellung des Stroms nach dem objektiven Empfängerhorizont der N als Realofferte der Beklagten zu 2 zu verstehen. Im Normalfall kann zwar ein Letztverbraucher (§ 3 Nr. 25 EnWG), der kein Haushaltskunde (§ 3 Nr. 22 EnWG) ist und bei dem daher keine Grundversorgungspflicht nach § 36 Abs. 1 EnWG besteht, in der Möglichkeit der Stromentnahme an seiner Lieferstelle kein Angebot des Grund- und Ersatzversorgers zum Abschluss eines Stromlieferungsvertrags sehen. Denn anders als im Verhältnis zu grundversorgungsfähigen und -berechtigten Haushaltskunden bestehen in einer solchen Konstellation nicht zwingend "Allgemeine Bedingungen und Allgemeine Preise für die Versorgung in Niederspannung" (§ 36 Abs. 1 Satz 1 EnWG), auf deren Grundlage das konkludente Angebot des Grund- und Ersatzversorgers bei Haushaltskunden erfolgt. Einer Realofferte des Ersatzversorgers fehlen deshalb Angaben zum Preis des lieferbaren Stroms und damit ein wesentlicher Bestandteil des zu schließenden Vertrags (BGH, RdE 2022, 404 Rn. 15 - Verbrauchsstelle Goldbuschfeld). Hier liegt der Sachverhalt jedoch anders. Die Überschrift des Schreibens vom 27. Dezember lautet: "Überführung in die Ersatzversorgung". In dem folgenden Text wird darauf hingewiesen, dass die Stromversorgung für die Entnahmestelle unterbrechungsfrei sichergestellt bleibe, weil der zuständige Grundversorger mit der Übernahme der Ersatzversorgung zum 1. Januar 2019 beauftragt worden sei. Die Preise der Ersatzversorgung seien auf der Internetseite des Grundversorgers veröffentlicht.

[86] (2) Die Annahme des Berufungsgerichts, die Letztverbraucher hätten dem Schreiben nicht entnehmen können, dass keine Anmeldung ihrer Marktlokation im Bilanzkreis der Klägerin erfolgt war, verstößt im Hinblick auf die Letztverbraucherin N gegen anerkannte Auslegungsregeln und kann daher keinen Bestand haben. Anders als bei den übrigen vier Letztverbrauchern stand bei N einer Realofferte durch die im streitigen Zeitraum erfolgten Stromlieferungen kein Vertragsschluss mit der Klägerin entgegen. Dass der am 8. Januar 2019 geschlossene Vertrag mit der Klägerin nach Wunsch der Vertragsparteien rückwirkend zum 22. Dezember 2018 gelten sollte, hindert die zwischenzeitliche Realofferte eines Dritten nicht. Einem konkludenten Vertragsschluss steht auch nicht entgegen, dass in dem Schreiben sachlich unzutreffend von der gesetzlichen Grundversorgung die Rede ist. Das Schreiben kann nach dem objektiven Empfängerhorizont nur so verstanden werden, dass der Strom bis zum Abschluss eines anderen Vertrags von der Beklagten zu 2 zu den im Internet angebotenen Preisen geliefert wird. Auf das Schreiben der Beklagten zu 2 vom 4. Januar 2019 kommt es für den Vertragsschluss damit nicht mehr an.

[87] dd) Da sich das Berufungsurteil in diesem Punkt auch nicht aus anderen Gründen als richtig erweist (§ 561 ZPO), war es insoweit aufzuheben und die hierzu erfolgte Klageabweisung im Urteil des Landgerichts teilweise wiederherzustellen.

[88] h) Keinen Erfolg hat die Revision der Beklagten zu 2, soweit sich die Verurteilung auf Benachrichtigung der Letztverbraucherin N über das nicht bestehende Vertragsverhältnis auf die Zeit ab dem 9. Januar 2019 bezieht. Unter dem 8. Januar 2019 hat die Klägerin mit N einen wirksamen Liefervertrag abgeschlossen. Dieser Vertrag sollte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts "möglichst rückwirkend zum 22. Dezember 2018" gelten. Eine Rückwirkung war wegen der zwischenzeitlichen Versorgung durch die Beklagte zu 2 nicht möglich. Es ist daher davon auszugehen, dass N ab dem 9. Januar 2019 von der Klägerin beliefert wurde. Soweit die Beklagte zu 2 ihr Stromlieferungen ab diesem Zeitpunkt in Rechnung gestellt hat, wurde auch sie im Sinne des § 5 Abs. 1 UWG irregeführt. Der Rechtsschein eines Lieferverhältnisses ab diesem Zeitpunkt ist zu beseitigen.

[89] 2. Die Revision der Beklagten zu 2 hat Erfolg, soweit das Berufungsgericht festgestellt hat, dass sich der Rechtsstreit bezüglich des Antrags auf Zustimmung zur rückwirkenden Zuordnung der Verbrauchsstellen zum Bilanzkreis der Klägerin in der Hauptsache erledigt hat (Antrag 3.b). Dieser Antrag, mit dem die Klägerin ein Beseitigungsbegehren verfolgt hat, war schon ursprünglich nicht begründet.

[90] a) Das Berufungsgericht hat angenommen, ein Beseitigungsanspruch habe sich aus § 32 Abs. 1 Satz 1 EnWG in Verbindung mit den zu § 20 EnWG ergangenen Festlegungen der GPKE und der Marktregeln für die Durchführung der Bilanzkreisabrechnung Strom (MaBiS) ergeben. Nachdem die Beklagte zu 1 die streitgegenständlichen Marktlokationen unter Nichteinhaltung des Prozesses "Beginn der Ersatz-/Grundversorgung" zugeordnet hätte, habe die Beklagte zu 2 unter Verstoß gegen ihre Prüfpflicht (GPKE 2017, S. 43) diese Zuordnung positiv beantwortet. Richtigerweise hätte sie die Zuordnung ablehnen müssen. Sie sei daher zur Beseitigung der Beeinträchtigung durch Zustimmung zur rückwirkenden Zuordnung der Lieferstellen zum Bilanzkreis der Klägerin verpflichtet gewesen.

[91] b) Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Beklagte zu 2 muss nur für die Beseitigung solcher Beeinträchtigungen einstehen, die in den Schutzbereich der verletzten Verhaltensnorm fallen. Nach dem Prozess "Beginn der Ersatz-/Grundversorgung" muss der Versorger unverzüglich nach Eingang der Meldung durch den Netzbetreiber prüfen, ob es sich bei den gemeldeten Marktlokationen "um Grund- oder Ersatzversorgung handelt" und bei negativem Prüfergebnis die Zuordnung ablehnen (GPKE 2017, S. 43). Es ist nicht erkennbar, dass es sich bei dieser Prüfpflicht um eine zugunsten konkurrierender Lieferanten bestehende Verhaltenspflicht handelt. Vielmehr führt der Lieferant oder Ersatzversorger die Prüfung der Zuordnung einer Lieferstelle durch den Netzbetreiber in erster Linie im eigenen Interesse in seiner Rolle als Bilanzkreisverantwortlicher für die Marktlokation eines Letztverbrauchers durch. Die Sicherstellung eines diskriminierungsfreien Netzbetriebs nach § 20 Abs. 1 EnWG obliegt allein dem Netzbetreiber. Dementsprechend ist für eine rückwirkende Zuordnung der Verbrauchsstellen zum Bilanzkreis der Klägerin durch die Beklagte zu 1 eine Zustimmung der Beklagten zu 2 nicht erforderlich. Insoweit kann auf die nachfolgenden Ausführungen zum Klageantrag der Klägerin gegenüber der Beklagten zu 1 auf Unterlassung der Verweigerung der rückwirkenden Zuordnung (Antrag 1.a.ii) verwiesen werden (Rn. 102).

[92] 3. Keinen Erfolg hat die Revision der Beklagten zu 2 hingegen in Bezug auf die Feststellung des Berufungsgerichts, dass die Beklagte zu 2 der Klägerin zum Schadensersatz verpflichtet ist, soweit es um Schäden aus der Nutzung der erhaltenen Kundendaten sowie der unter Hinweis auf eine bestehende Vertragsbindung verweigerten Abmeldung der Marktlokationen der Letztverbraucher G, I, R und H geht (Antrag 5). Dies gilt jedoch nicht, soweit das Berufungsgericht die Schadensersatzpflicht auch im Hinblick auf Schäden aus der Akzeptanz der unrichtigen Zuordnung und im Hinblick auf die Marktlokation der Letztverbraucherin N festgestellt hat. Insoweit hat die Revision teilweise Erfolg und ist das angegriffene Urteil aufzuheben sowie die Berufung zurückzuweisen.

[93] a) Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stehe aus § 32 Abs. 3 Satz 1 EnWG ein Anspruch auf Erstattung von Schäden aus der Akzeptanz der unrichtigen Zuordnung samt Nutzung der von der Beklagten zu 1 erhaltenen Kundendaten sowie der verweigerten Abmeldung der genannten Marktlokationen zum 1. Januar 2019 gegen die Beklagte zu 2 zu. Es bestehe eine gewisse Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 2 habe schuldhaft gehandelt, denn es sei für sie ohne weiteres erkennbar gewesen, dass weder die Voraussetzungen der gesetzlichen Ersatzversorgung noch ein vertragliches Ersatzversorgungsverhältnis vorlagen. Auf einen Rechtsirrtum könne sie sich nicht berufen, weil bei der Zuordnung der Prozess "Beginn der Ersatz-/Grundversorgung" nach der GPKE 2017 nicht eingehalten worden sei.

[94] b) Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nur teilweise stand.

[95] aa) Die Klägerin kann Schadensersatz verlangen, soweit sie sich auf Schäden aus der Nutzung der erhaltenen Kundendaten und der unter Verweis auf eine Vertragsbindung verweigerten Abmeldung der Marktlokationen der Letztverbraucher G, I, R und H beruft.

[96] (1) Auf § 32 Abs. 3 Satz 1, § 20 Abs. 1 EnWG in Verbindung mit den Vorgaben der GPKE 2017 kann der Anspruch entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts indes nicht gestützt werden. Der Anspruch aus § 32 Abs. 3 Satz 1 EnWG i.V.m. § 32 Abs. 1 Satz 1 EnWG setzt einen Verstoß gegen eine Vorschrift der Abschnitte 2 und 3, eine auf Grund der Vorschriften dieser Abschnitte erlassene Rechtsverordnung oder eine auf Grundlage dieser Vorschriften ergangene Entscheidung der Regulierungsbehörde voraus. Das Berufungsgericht sah einen solchen Verstoß darin, dass die Beklagte zu 2 den "Prozess Ersatzversorgung" nach den von der Bundesnetzagentur erlassenen GPKE vom 20. Dezember 2016 (BK6-16-200, Anlage 1, S. 43) nicht eingehalten hat. Dieses Regelwerk hat jedoch seine Grundlage in § 29 EnWG, der zum Abschnitt 4 gehört (vgl. GPKE 2016, S. 8). Die Festlegungen sind damit nicht originär in den Anwendungsbereich von § 32 EnWG einbezogen (Boos in Theobald/Kühling, Energierecht, 124. EL Januar 2024, § 32 EnWG Rn. 9). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann auch nicht darauf abgestellt werden, dass sie das Diskriminierungsverbot nach § 20 Abs. 1 EnWG näher konkretisieren. Die Beklagte zu 2 ist als Stromlieferantin nicht Adressatin des Diskriminierungsverbots. Es richtet sich nur an Betreiber von Energieversorgungsnetzen.

[97] (2) Die Klägerin kann ihren Schadensersatzanspruch jedoch auf § 9 Satz 1 UWG in der bis zum 27. Mai 2022 geltenden Fassung i.V.m. §§ 3, 5 Abs. 1 UWG stützen, soweit sie sich auf Schäden aus der Nutzung der erhaltenen Kundendaten und der verweigerten Abmeldung der Marktlokationen der Letztverbraucher G, I, R und H beruft. Die Beklagte zu 2 hat den Abmeldeanfragen der Beklagten zu 1 unter Hinweis auf eine Vertragsbindung widersprochen. Den vier Letztverbrauchern hat sie Rechnungen über ihre vermeintlichen Stromlieferungen gestellt. Mit diesem Verhalten hat sie der Beklagten zu 1 und den vier Letztverbrauchern ein wirksames Lieferverhältnis vorgespiegelt, das nicht vorlag. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass insoweit eine gewisse Schadenswahrscheinlichkeit besteht, weil offen ist, ob die Klägerin die Vergütungsansprüche aus ihren Lieferverträgen wird durchsetzen können. Die Beklagte zu 2 handelte auch schuldhaft. Zum Zeitpunkt der Abmeldeanfragen der Beklagten zu 1 ab dem 9. Januar 2019 und erst Recht zum Zeitpunkt der Rechnungsstellung gegenüber den Kunden ab dem 28. Januar 2019 musste ihr bewusst gewesen sein, dass sich die Klägerin auf eigene Lieferverträge mit den betreffenden Kunden beruft. Sie hätte sich deshalb nicht ohne genauere Prüfung auf ein eigenes wirksames Lieferverhältnis für den gleichen Zeitraum stützen dürfen.

[98] bb) Im Hinblick auf die Marktlokation der Letztverbraucherin N kann aus den oben genannten Gründen (Rn. 83) keine Irreführung angenommen werden, soweit sich die Beklagte zu 2 auf ein Lieferverhältnis bis zum 8. Januar berufen hat. Soweit sie allerdings auch für den anschließenden Zeitraum ein wirksames Lieferverhältnis vorgespiegelt, insbesondere der N für diese Zeit weiterhin Strom in Rechnung gestellt hat, hat sie sich schadensersatzpflichtig gemacht.

[99] cc) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht darüber hinaus allgemein eine Schadensersatzpflicht der Beklagten zu 2 wegen der "Akzeptanz der unrichtigen Zuordnung" festgestellt. Auch bei einer Feststellungsklage muss der Klageantrag im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO bestimmt sein, damit über den Umfang der Rechtskraft des Feststellungsausspruchs keine Ungewissheit herrschen kann. Die erforderliche Bestimmtheit verlangt, dass das festzustellende Rechtsverhältnis genau bezeichnet wird. Es ist eine bestimmte Bezeichnung des zum Ersatz verpflichtenden Ereignisses erforderlich (BGH, Urteil vom 6. Februar 2024 - VIa ZR 764/22, juris Rn. 12 mwN). Die "Akzeptanz der unrichtigen (Bilanz-

kreis-)Zuordnung" stellt keine hinreichend bestimmte Verletzungshandlung in diesem Sinne dar. Es ist nicht erkennbar, welches konkrete Verhalten damit gemeint ist. Der Feststellungsantrag ist daher insoweit unzulässig.

[100] 4. Der gegen die Beklagte zu 2 geltend gemachte Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten ist in Höhe von 1.679,81 € zuzüglich Zinsen begründet (Klageantrag 8.). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts war die Abmahnung, soweit sie sich auf Ansprüche im Hinblick auf die Marktlokation der Letztverbraucherin N bezog, nicht vollständig berechtigt. Für den berechtigten Teil der Abmahnung ist von einem Gegenstandswert in Höhe von 40.000 € auszugehen. Das kann der Senat auf Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts selbst beurteilen.

[101] III. Die Revision der Klägerin ist hinsichtlich der Zurückweisung ihrer gegen die Beklagte zu 1 gerichteten Anträge auf Unterlassung und Beseitigung der rechtswidrigen Zuordnung der fünf Marktlokationen (Anträge 1.a.ii und 2.b) durch das Berufungsgericht und insoweit begründet, als ihr Anspruch gegen die Beklagten zu 1 auf Schadensersatz aus der verweigerten rückwirkenden Zuordnung (Antrag 4.) zurückgewiesen worden ist. Im Übrigen ist sie unbegründet.

[102] 1. Mit Erfolg wendet sich die Klägerin gegen die Ablehnung der Feststellung der Erledigung des Klageantrags 1.a.ii. Mit dem Antrag hat sie von der Beklagten zu 1 Unterlassung begehrt, für den Fall der Anmeldung einer Marktlokation oberhalb der Niederspannung, welche die Beklagte zu 1 dem Bilanzkreis des Ersatzversorgers zugeordnet hat, ohne dass im Zeitpunkt der Zuordnung eine vertragliche oder gesetzliche Liefervereinbarung bestand, auf die Einhaltung einer form- und fristkonformen Marktanmeldung der Klägerin nach GPKE zu bestehen und die rückwirkende Zuordnung einer Marktlokation zum Bilanzkreis der Klägerin zu verweigern.

[103] a) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Antrag 1.a.ii sei von Anfang an unbegründet gewesen, weil die Klägerin die Voraussetzungen einer Erstbegehungsgefahr in der Person der Beklagten zu 1 nicht hinreichend dargelegt habe. Eine rückwirkende Zuordnung von Energiemengen einer Entnahmestelle zu einem Lieferanten oder seinem Bilanzkreis sei nach Maßgabe derMaBiS nur im Wege einer bilateralen Vereinbarung zwischen Lieferant und Netzbetreiber innerhalb der dafür vorgesehenen Fristen möglich. Sei die Entnahmestelle einem anderen Lieferanten zugeordnet, sei dessen Zustimmung erforderlich. Ob die Zuordnung zu Recht erfolgt sei, sei nicht maßgeblich. Die rückwirkende Zuordnung sei an der fehlenden Zustimmung der Beklagten zu 2 gescheitert. Die Beklagte zu 1 sei dazu grundsätzlich bereit gewesen. Für eine Erstbegehungsgefahr der Beklagten zu 1 sei daher kein Raum.

[104] b) Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.

[105] aa) Dem Unterlassungsantrag fehlt es entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung nicht an der erforderlichen Bestimmtheit. Der Antrag ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auf die Fehlerbeseitigung einer rechtswidrig erfolgten Bilanzkreiszuordnung von Entnahmestellen gerichtet. Er benennt hinreichend konkret die Voraussetzungen, unter denen eine rückwirkende Zuordnung nicht verweigert werden soll. Er hat damit einen vollstreckbaren Inhalt.

[106] bb) Der Klägerin stand gegen die Beklagte zu 1 ein entsprechender Unterlassungsanspruch aus § 32 Abs. 1 EnWG i.V.m. § 20 Abs. 1 Satz 1 EnWG zu. Die Zuordnung der Marktlokationen zum Bilanzkreis der Beklagten zu 2 war aus den oben (Rn. 35) genannten Gründen rechtswidrig. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann die Beklagte zu 1 die rückwirkende Zuordnung zum Bilanzkreis der Klägerin nicht mit der Begründung verweigern, nach den Marktregeln und den Festlegungen der Bundesnetzagentur sei dies ohne Zustimmung der Beklagten zu 2 nicht möglich. Einer solchen Zustimmung bedarf es im Falle einer gegen das Diskriminierungsverbot verstoßenden Zuordnung nicht. Etwas anderes lässt sich auch nicht aus den ergänzenden Festlegungen der Bundesnetzagentur ableiten, die die gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 StromNZV erforderliche Zuordnung von Entnahmestellen zu einem Bilanzkreis konkretisieren. Dazu gehören im Streitfall neben den GPKE 2017 die Marktregeln für die Durchführung der Bilanzkreisabrechnung Strom in der ab 1. April 2012 geltenden Fassung gemäß dem Beschluss der Bundesnetzagentur vom 28. Oktober 2011 (Az. BK6-11-150; im Folgenden: MaBiS 2012).

[107] (1) Die GPKE 2017 regeln nicht, wie Zuordnungsfehler des Netzbetreibers zwischen den Marktpartnern behoben werden können. Auf die nach dem Prozess "Lieferbeginn" erforderliche rechtzeitige Anmeldung der Belieferung der Marktlokation (GPKE 2017, S. 32, 34) kann es daher für die rückwirkende Zuordnung nicht ankommen. Die GPKE sehen in ihrem allgemeinen Teil ausdrücklich vor, dass Marktprozesse, die von dem Regelwerk nicht abgedeckt werden, von den Marktteilnehmern anders gelöst werden können, soweit sie nicht im Widerspruch zu dem Regelwerk stehen (GPKE 2017, S. 5). Das gleiche gilt für die Einhaltung der Formalien zum Prozess "Lieferende", die eine Abmeldeanfrage des Netzbetreibers an den alten Lieferanten, die Prüfung der Abmeldeanfrage durch diesen und im Fall seines Widerspruchs die Ablehnung der Zuordnung zum neuen Lieferanten durch den Netzbetreiber vorsehen (GPKE 2017, S. 35 bis 37). Dieser Prozess kann jedenfalls dann nicht maßgeblich sein, wenn die für den fraglichen Zeitraum vorgenommene Zuordnung zum Bilanzkreis eines anderen Lieferanten oder Ersatzversorgers wegen Diskriminierung rechtswidrig war. Der rechtswidrige Zustand kann nur dadurch beseitigt werden, dass die Entnahmestelle dem für den fraglichen Zeitraum vertraglich zur Belieferung Verpflichteten zugeordnet wird.

[108] (2) Aus den MaBiS 2012 ergibt sich grundsätzlich eine Korrekturmöglichkeit für die Bilanzkreisabrechnung, die von bestimmten Bedingungen abhängt. Nach Ziff. 2.7 ist eine Korrektur-Bilanzkreisabrechnung binnen acht Monaten nach dem betreffenden Liefermonat möglich. Die hierfür erforderlichen Voraussetzungen, wie etwa eine Zustimmung desjenigen Lieferanten, dessen Bilanzkreis die Marktlokation bisher zugeordnet war, müssen aber für die Berichtigung einer wegen Diskriminierung fehlerhaften Zuordnung nicht erfüllt sein. Die Festlegungen der Bundesnetzagentur sind Allgemeinverfügungen, die massengeschäftstaugliche Regeln für die Zuordnung von Entnahmestellen zur Gewährleistung eines effektiven Netzzugangs aufstellen (BGH, Beschlüsse vom 29. April 2008 - KVR 28/07, RdE 2008, 362 Rn. 8 - EDIFACT; vom 29. September 2009 - EnVR 14/09, ZNER 2010, 168 Rn. 16 - Verwaiste Lieferstellen). Neben der Standardisierung dienen sie der Verfahrenserleichterung und - beschleunigung im administrativen Entscheidungsprozess (Schmidt-Preuß in Berliner Kommentar zum Energierecht, 4. Aufl., § 29 EnWG Rn. 12). Sie sind dazu bestimmt, in dem durch das Energiewirtschaftsgesetz und die Stromzugangsverordnung vorgegebenen Rahmen durch generelle Handlungsanweisungen das Verhalten der Marktteilnehmer bei typischen und regelmäßig wiederkehrenden Geschäftsprozessen zu steuern (BGH, RdE 2008, 362 Rn. 8 - EDIFACT). In Situationen, die außerhalb dieser typisierten Prozesse liegen, kann es zu Abweichungen kommen. Das muss auch bei einer im Einzelfall fehlerhaften Zuordnung gelten, die unter Beachtung der typisierten Prozesse nicht behoben werden kann. Die Regulierung soll nämlich nicht nur effiziente, sondern auch diskriminierungsfreie Bedingungen für den Netzzugang sicherstellen (vgl. BGH, RdE 2008, 362 Rn. 28 - EDIFACT). Steht die Anwendung der Regeln der MaBiS im Einzelfall im Widerspruch zum Gebot eines diskriminierungsfrei zu gewährenden Netzzugangs nach § 20 Abs. 1 EnWG, können sie keine Anwendung finden. Insbesondere im Fall einer Lieferantenkonkurrenz kann das Einvernehmen der Beteiligten kein taugliches Korrekturmittel sein. Die (richtige) Zuordnung der an einer bestimmten Lieferstelle aus dem Netz entnommenen Strommengen zum Bilanzkreis eines bestimmten Elektrizitätsversorgungsunternehmens folgt vielmehr den zivilrechtlichen Gegebenheiten, also dem Vorliegen eines vertraglichen oder gesetzlichen Lieferverhältnisses (BGH, RdE 2022, 404 Rn. 20 - Verbrauchsstelle Goldbuschfeld). Dies hat zur Folge, dass der Netzbetreiber eine davon abweichende, fehlerhafte Zuordnung gegebenenfalls auch rückwirkend zu korrigieren hat.

[109] cc) Die Beklagte zu 1 war daher innerhalb der achtmonatigen Clearingfrist nach Ziff. 2.7 MaBiS zur rückwirkenden Korrektur der Bilanzkreiszuordnung verpflichtet, sobald sie von den Lieferverträgen zwischen den fünf Letztverbrauchern und der Klägerin erfuhr. Aufgrund des Verstoßes gegen diese Pflicht stand der Klägerin gegen die Beklagte zu 1 ein Anspruch zu, zukünftig die rückwirkende Zuordnung von Lieferstellen nicht wegen fehlender Zustimmung der fehlerhaft zugeordneten Lieferantin zu verweigern. Der Anspruch hat sich durch die Ausgliederung des Netzbetriebs aus der Beklagten zu 1 erledigt.

[110] 1. Nach den vorstehenden Ausführungen hat die Revision der Klägerin auch Erfolg, soweit das Berufungsgericht dem Antrag auf Feststellung der Erledigung des Antrags 2.b im Hinblick auf die vier Letztverbraucher G, I, R und H nicht entsprochen hat. Die Klägerin wollte damit ursprünglich die Verurteilung der Beklagten zu 1 zur rückwirkenden Zuordnung der betroffenen Marktlokationen zu ihrem Bilanzkreis erreichen. Der Klägerin stand gegen die Beklagte zu 1 ein entsprechender Beseitigungsanspruch aus §§ 32 Abs. 1 Satz 1 EnWG i.V.m. § 20 Abs. 1 EnWG zu. Ein auf einem rechtswidrigen Verhalten beruhender Beseitigungsanspruch setzt einen andauernden rechtswidrigen Störungszustand voraus (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Oktober 2017 - I ZB 96/16, GRUR 2018, 292 Rn. 28 - Produkte zur Wundversorgung; Urteil vom 14. Dezember 2017 - I ZR 184/15, GRUR 2018, 423 Rn. 71 - Klauselersetzung). Die Klägerin war durch die diskriminierende bilanzielle Zuordnung der Lieferstellen zur Beklagten zu 2 fortwirkend beeinträchtigt. Zwar führt diese nicht dazu, dass der in der fraglichen Zeit entnommene Strom wirtschaftlich der Beklagten zu 2 zuzuordnen wäre. Gleichwohl ist die Zuordnung nicht allein buchhalterischer Natur, sondern hat zur Folge, dass der Bilanzkreisverantwortliche die wirtschaftliche Verantwortung für ausgeglichene Einspeisungen und Entnahmen und gegebenenfalls zu beschaffende Ausgleichsenergie zu tragen hat. Zwischen den von dem Zuordnungsfehler betroffenen Elektrizitätsversorgungsunternehmen muss deshalb ein bilanzieller Ausgleich stattfinden (BGH, RdE 2022, 404 Rn. 20, 27 - Verbrauchsstelle Goldbuschfeld). Dieser Ausgleich liegt auch im Interesse der Klägerin. Der Beseitigungsanspruch hat sich aber erledigt, weil nach Ablauf der achtmonatigen Clearingfrist im Interesse der Rechtssicherheit nach Ziff. 2.7 MaBiS ein bilanzieller Ausgleich nicht mehr möglich ist.

[111] 2. Die Revision der Klägerin hat auch Erfolg, soweit das Berufungsgericht den weitergehenden Feststellungsantrag zur Schadensersatzpflicht (Klageantrag 4.) im Hinblick auf die vier Letztverbraucher G, I, R und H abgewiesen hat. Die Klägerin begehrt damit Ersatz der Schäden aus der verweigerten (rückwirkenden) Zuordnung der Marktlokationen zum Bilanzkreis der Klägerin zum 1. Januar 2019. Die Verweigerung war aus den genannten Gründen (oben Rn. 35) rechtswidrig. Sie erfolgte auch schuldhaft. Die Beklagte zu 1 hat im Januar 2019 Kenntnis davon erlangt, dass an den Lieferstellen Stromlieferungsverträge mit der Klägerin bestanden. Auf einen Rechtsirrtum kann sie sich in diesem Zusammenhang nicht mit Erfolg berufen. Zwar ist die fehlerhafte Zuordnung der Lieferstellen zum Bilanzkreis der Beklagten zu 2 als vermeintlicher Ersatzversorgerin am 22. Dezember 2018 wegen Fehlens höchstrichterlicher Leitentscheidungen zu dieser Frage entschuldigt. Im Januar 2019 stellte sich die Lage jedoch anders dar. Nachdem die Beklagte zu 1 von den Lieferverträgen mit der Klägerin erfahren hatte, wusste sie, dass die Verbrauchsstellen gerade nicht vertragslos waren. Ihr musste auch klar sein, dass die rückwirkende Zuordnung nicht von der Zustimmung der Beklagten zu 2 abhängen kann. Die Verweigerung der rückwirkenden Zuordnung der Verbrauchsstellen zum Bilanzkreis der Klägerin erfolgte daher schuldhaft.

[112] 4. Mit Recht hat das Berufungsgericht die Berufung der Klägerin im Hinblick auf die im Wege der Stufenklage geltend gemachten Klageanträge 6. zurückgewiesen. Insoweit hat die Revision keinen Erfolg. Der Klägerin steht gegen die Beklagte zu 2 kein Anspruch auf Herausgabe der von den Letztverbrauchern erhaltenen Zahlungen für Stromlieferungen zu. Ein solcher Anspruch lässt sich weder aus angemaßter Eigengeschäftsführung nach § 687 Abs. 2, §§ 681, 667 BGB noch aus § 816 Abs. 1 Satz 1 BGB herleiten.

[113] a) Ein angemaßtes Eigengeschäft führt nach § 687 Abs. 2 BGB derjenige durch, der ein fremdes Geschäft als sein eigenes behandelt, obwohl er weiß, dass er dazu nicht berechtigt ist. In Abgrenzung zur Geschäftsführung ohne Auftrag geht es um Fälle, bei denen der Geschäftsführer keinen Fremdgeschäftsführungswillen hat, sondern das - objektiv fremde - Geschäft in der Absicht führt, es als eigenes zu behandeln (BGH, Urteil vom 12. Juni 1989

- II ZR 334/87, WM 1989, 1335 [juris Rn. 25]). Das kommt unter anderem dann in Betracht, wenn in eine zwischen dem vertraglich Berechtigten und einem Dritten bestehende schuldrechtliche Vereinbarung eingegriffen wird (BGH, Urteil vom 12. Juni 1989 - II ZR 334/87, WM 1989, 1335 [juris Rn. 27]). Voraussetzung ist ein objektiv fremdes Geschäft, die Kenntnis des Geschäftsführers von der Fremdheit und der Vorsatz, das Geschäft im eigenen statt fremden Interesse abzuwickeln (vgl. BGH, Urteil vom 28. September 1992 - II ZR 299/91, BGHZ 119, 257 [juris Rn. 6]; Gehrlein in Hau/Poseck, BeckOK BGB, 70. Ed. [1.5.2024], § 687 Rn. 3; Mansel in Jauernig, BGB, 19. Aufl., § 687 Rn. 6 f.).

[114] aa) Hinsichtlich der Letztverbraucherin N fehlt es - jedenfalls bis zum 8. Januar 2019 - an einem objektiv fremden Geschäft im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 2. N hatte vorher keinen Neuvertrag mit der Klägerin geschlossen. Vielmehr wurde sie zunächst im Wege der Geschäftsführung ohne Auftrag von der Beklagten zu 2 versorgt. Später - nach Erhalt der Schreiben der Beklagten zu 1 vom 27. Dezember 2018 und der Beklagten zu 2 vom 4. Januar 2019 - kam zwischen ihr und der Beklagten zu 2 ein konkludenter Vertragsschluss durch die Bereitstellung und Entnahme des Stroms zustande (vgl. oben Rn. 83). Mit der Belieferung und Rechnungsstellung hat die Beklagte zu 2 daher bis zum 8. Januar 2019 objektiv ihr eigenes Geschäft geführt.

[115] bb) Soweit zwischen der Klägerin und den fünf Letztverbrauchern (mit der N ab dem 9. Januar 2019) Stromlieferungsverträge bestanden, hat die Beklagte zu 2 ebenfalls kein fremdes Geschäft der Klägerin geführt. Denn obwohl die an den betreffenden Verbrauchsstellen gelieferten Strommengen dem Bilanzkreis der Beklagten zu 2 zugeordnet waren, sind die von den Letztverbrauchern bezogenen Strommengen wirtschaftlich der Klägerin zuzuordnen und gelten daher als von dieser, nicht von der Beklagten zu 2, geliefert. Es trifft deshalb entgegen der Revision nicht zu, dass der Klägerin die Vertragserfüllung durch eine Lieferung der Beklagten zu 2 unmöglich geworden wäre. Es steht der Klägerin vielmehr frei, die erbrachten Leistungen gegenüber ihren Kunden abzurechnen.

[116] (1) Das Berufungsgericht hat unter Verweis auf die Rechtsprechung des Senats (vgl. BGH, RdE 2022, 404 Rn. 20 - Verbrauchsstelle Goldbuschfeld) zutreffend angenommen, dass die ab dem 1. Januar 2019 von den vier Letztverbrauchern G, I, R und H entnommenen Strommengen wirtschaftlich der Klägerin zuzurechnen waren, da sie mit ihnen entsprechende Stromlieferungsverträge geschlossen hatte. Die wirtschaftliche Zuordnung des an einer bestimmten Lieferstelle entnommenen Stroms zu einem konkreten Elektrizitätsversorgungsunternehmen erfolgt über Bilanzkreise. Die Bilanzkreiszuordnung führt zur wirtschaftlichen Einstandspflicht des Bilanzkreisverantwortlichen für diese Energiemengen. Die betreffenden Strommengen müssen deshalb dem Vermögen des Bilanzkreisverantwortlichen zugeordnet sein. Dementsprechend folgt die Zuordnung der an einer bestimmten Lieferstelle aus dem Stromnetz entnommenen Strommengen zum Bilanzkreis eines bestimmten Elektrizitätsversorgungsunternehmens den zivilrechtlichen Gegebenheiten (BGH, RdE 2021, 275 Rn. 21 - Unberechtigt genutzte Lieferstellen). Im Normalfall, wenn - wie hier - Stromentnahmen auf Grundlage eines Vertragsverhältnisses stattfinden, gilt die entnommene Energie als von dem vertraglich gebundenen Elektrizitätsversorgungsunternehmen geliefert und wird dessen Bilanzkreis (oder Unterbilanzkreis) zugeschrieben (vgl. BGH, RdE 2021, 275 Rn. 21 - Unberechtigt genutzte Lieferstellen; RdE 2022, 404 Rn. 20 - Verbrauchsstelle Goldbuschfeld).

[117] (2) Die von diesen Grundsätzen abweichende und damit fehlerhafte bilanzielle Zuordnung einer Verbrauchsstelle und des dort entnommenen Stroms durch den Netzbetreiber - hier: an den nur für die Niederspannung zuständigen Grund- und Ersatzversorger - hat auf die wirtschaftliche und zivilrechtliche Zuordnung des entnommenen Stroms keinen Einfluss. Sie ändert nichts an dem Umstand, dass dieser aus dem Vermögen des vertraglich verpflichteten Elektrizitätsversorgungsunternehmens, also hier der Klägerin, stammt. Die buchhalterische Zuordnung der aus dem Stromnetz entnommenen Strommengen zu den Bilanzkreisen von Elektrizitätsversorgungsunternehmen determiniert nicht die zivilrechtliche Zuordnung im Verhältnis zum Strom entnehmenden Letztverbraucher (vgl. BGH, RdE 2022, 404 Rn. 27 - Verbrauchsstelle Goldbuschfeld).

[118] (3) Damit kommt ein Tätigwerden im fremden Rechtskreis durch die Beklagte zu 2 weder durch die schriftliche Ankündigung, als Grund- und Ersatzversorger zuständig zu sein, noch durch die spätere Rechnungsstellung für bezogenen Strom in Betracht.

[119] (a) Dem kann die Revision der Klägerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, die Rechtsprechung des Senats, wonach die entnommenen Strommengen weiterhin der Klägerin zuzurechnen seien, würde nur den für die Beklagte zu 2 fremden Rechtskreis definieren, was nicht mit dem eigentlichen Tätigwerden, also dem Führen des Geschäfts, gleichgesetzt werden könne. Zwar macht sie im Ansatz zutreffend geltend, dass die Anmaßung im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB nicht notwendig in einer rechtsgeschäftlichen Verfügung über das fremde Recht liegt. Es genügt jedes unbefugte Tätigwerden im fremden Rechtskreis, wozu auch jedes tatsächliche Handeln rechnet (Schäfer in Münchener Kommentar zum BGB, 9. Aufl., § 687 Rn. 19; Bergmann in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2020, § 687 Rn. 20; Mansel in Jauernig, BGB, 19. Aufl., § 687 Rn. 6). Indes liegt bei der Stromversorgung die Besonderheit darin, dass die Stromentnahme an der jeweiligen Lieferstelle durch den Verbraucher - soweit keine Sperrung durch den Netzbetreiber vorliegt - keine weitere Mitwirkung durch das sich als Lieferant berühmende Energieversorgungsunternehmen voraussetzt. Sie ist insbesondere nicht davon abhängig, dass es die gleiche Menge an verbrauchtem Strom selbst produziert und in das Netz einspeist oder Ausgleichsmengen von dritter Seite besorgt.

[120] (b) Daher ist allein normativ zu bestimmen, durch wen der entnommene Strom an der jeweiligen Lieferstelle als geliefert - und damit in Erfüllung eines Vertragsverhältnisses als geleistet - gilt. Die Zuordnung kann zwar im Ausgangspunkt wegen der Entflechtungsvorschriften der §§ 6 ff. EnWG und der damit zusammenhängenden Pflicht der Netzbetreiber, für jede Lieferstelle an ihrem Netz ein Elektrizitätsversorgungsunternehmen als zuständigen Bilanzkreisverantwortlichen zu bestimmen, nur über Bilanzkreisverantwortlichkeiten getroffen werden. Der Senat hat aber entschieden, dass bei der fehlerhaften Zuordnung des an einer Lieferstelle entnommenen Stroms zum Bilanzkreis eines anderen Elektrizitätsversorgungsunternehmens als dem Vertragspartner des Anschlussnutzers, der entnommene Strom nicht als von dem anderen Elektrizitätsversorgungsunternehmen geliefert gilt. Vielmehr hat ein bilanzieller und gegebenenfalls bereicherungsrechtlicher Ausgleich zwischen den von dem Zuordnungsfehler betroffenen Elektrizitätsversorgungsunternehmen zu erfolgen (vgl. BGH, RdE 2022, 404 Rn. 27 - Verbrauchsstelle Goldbuschfeld). Ein Anspruch aus angemaßter Eigengeschäftsführung kommt daneben nicht in Betracht.

[121] b) Nach Maßgabe dieser Erwägungen scheidet auch ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 2 aus § 816 Abs. 1 Satz 1 BGB aus. Danach ist der Nichtberechtigte dem Berechtigten zur Herausgabe des Erlangten verpflichtet, wenn er eine Verfügung über einen Gegenstand getroffen hat, die dem Berechtigten gegenüber wirksam ist. Verfügung ist dabei die Vornahme eines Rechtsgeschäfts durch das ein bestehendes Recht übertragen, inhaltlich verändert, belastet oder aufgehoben wird (Wendehorst in BeckOK BGB, aaO, § 816 Rn. 5; Schwab in Münchener Kommentar zum BGB, 9. Aufl., § 816 Rn. 9). Zutreffend leitet das Berufungsgericht hieraus ab, dass die Beklagte zu 2 über Strom der Klägerin "verfügt", ihn also den Letztverbrauchern zur Verfügung gestellt haben müsste. Das war aber nicht der Fall, weil die Zuordnung der Marktlokationen der betreffenden Letztverbraucher zum Bilanzkreis der Beklagten zu 2 unberechtigt erfolgt war und deshalb der an der Lieferstelle entnommene Strom nicht als von der Beklagten zu 2, sondern von der Klägerin geliefert gilt. Das hat zur Folge, dass Zahlungen der Letztverbraucher auf Rechnungen der Beklagten zu 2 ohne Rechtsgrund erfolgt sind. Darauf, dass die Klägerin nach ihrem als übergangen gerügten Vortrag die unberechtigte Verfügung der Beklagten zu 2 ausdrücklich nach § 185 Abs. 2 BGB genehmigt haben will, kommt es - mangels Verfügung - nicht an.

[122] B. Auf die Revisionen der Klägerin und der Beklagten ist das angefochtene Urteil daher teilweise aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, da weitergehende Feststellungen nicht zu treffen sind und die Sache damit zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO).

[123] C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, § 100 Abs. 1 ZPO.

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