BGH, Urteil vom 20. Dezember 2016 - VI ZR 612/15
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
Verkündet am:
20. Dezember 2016
Böhringer-MangoldJustizamtsinspektorinals Urkundsbeamtinder Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 249 Abs. 2 Satz 1 Ga, Gb
1. Es ist im Hinblick auf das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB unbedenklich, wenn die für den Geschädigten handelnde Fachbehörde den Auftrag zur Reinigung ölverunreinigter Verkehrsflächen auf der Grundlage einer Ausschreibung erteilt. In diesem Fall ist für die Bestimmung des zur Herstellung erforderlichen Geldbetrages im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB im konkreten Schadensfall maßgeblich, ob die Fachbehörde im Zeitpunkt der Zuschlagserteilung in ihrer damaligen speziellen Situation, d.h. angesichts ihrer damaligen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie unter Berücksichtigung etwaiger gerade für sie bestehender Schwierigkeiten, die ausgeschriebenen Maßnahmen zur Schadensbehebung für wirtschaftlich und den Angebotspreis des jeweiligen Bieters für angemessen halten durfte.
2. Die Entscheidung der Fachbehörde, welche Leistungen sie im Zusammenhang mit der Beseitigung von Ölverunreinigungen auf Verkehrsflächen ausschreibt, ist angesichts ihres erheblichen Entscheidungsspielraums hinsichtlich der zu treffenden Maßnahmen nur beschränkt überprüfbar. Bei der Vergabe eines Auftrags auf der Grundlage einer Ausschreibung ist die Bandbreite künftiger Schadensfälle und deren zuverlässige, rasche und vollständige Beseitigung in den Blick zu nehmen.
3. Bezugspunkt für die Beurteilung der Erforderlichkeit im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB im Zeitpunkt der Zuschlagserteilung ist der jeweilige Angebotsendpreis für das Gesamtpaket der ausgeschriebenen Leistungen. Damit wird der speziellen Situation des Auftraggebers und seinen Einflussmöglichkeiten im Vergabeverfahren Rechnung getragen.
BGH, Urteil vom 20. Dezember 2016 - VI ZR 612/15 - OLG Naumburg, LG Magdeburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 20. Dezember 2016 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Wellner, die Richterinnen von Pentz und Müller und den Richter Dr. Klein
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 28. September 2015 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
[1] Die Klägerin verlangt von den Beklagten im Wege des Schadensersatzes die restlichen Kosten für die Beseitigung von Dieselöl auf der Bundesstraße 81. Die Verschmutzung entstand dadurch, dass der Beklagte zu 1 im August 2010 mit dem bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversicherten Lkw während eines Überholvorgangs nach links von der Fahrbahn abkam und im Straßengraben liegen blieb. Infolge des Unfallgeschehens trat Dieselöl aus, weiter verlor das Fahrzeug einen Teil der Rapsladung. Für den Unfall sind die Beklagten dem Grunde nach voll einstandspflichtig.
[2] Mit der Beseitigung der weiträumigen Verschmutzung wurde die Fa. B. beauftragt. Dieser war im September 2009 nach einer beschränkten Ausschreibung von dem für die Klägerin handelnden Landesbetrieb Bau Sachsen-Anhalt der Zuschlag für die Reinigung ölverunreinigter Verkehrsflächen für den Bördekreis erteilt worden. Für diesen Kreis hatte laut Vergabevermerk des Landesbetriebes Bau die Fa. B. das wirtschaftlichste Angebot von insgesamt drei Bietern abgegeben; ihre Angebotsendsumme lag unter der jeweiligen Endsumme der beiden Mitbieter. Die Fa. B. stellte dem Landesbetrieb Bau die Kosten für die Beseitigung der streitgegenständlichen Verunreinigungen in Rechnung, der sie auf Seiten der Klägerin bezahlte und gegenüber der Beklagten zu 2 geltend machte. In den Rechnungen der Fa. B. enthalten sind unter anderem die den Angebotspreisen aus dem Vergabeverfahren entsprechenden Einheitspreise für die Beseitigung von Öl bezogen auf die im Streitfall maßgebliche Fallvariante einer Reinigungsfläche von 100 bis 500 qm (17 €/qm), für die Entsorgung von Öl-Wasser (0,65 €/l) sowie für das Lösen, Laden und Entsorgen des verunreinigten Erdreichs (5,30 €/kg). Diese Einheitspreise liegen deutlich über den Angebotspreisen der beiden Mitbieter. Die Beklagten halten sie für unangemessen.
[3] Das Landgericht hat, nachdem die Beklagten von dem Klageanspruch in Höhe von insgesamt 68.758,34 € einen Teilbetrag in Höhe von 3.512,38 € anerkannt haben, ein Teilanerkenntnisurteil über diesen Betrag erlassen und die Beklagten unter Abweisung der Klage im Übrigen zur Zahlung von weiteren 133,50 € sowie Zinsen verurteilt. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht die Beklagten unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung über den vom Landgericht zugesprochenen Betrag hinaus zur Zahlung von weiteren 65.000,62 € nebst Zinsen verurteilt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihr Begehren auf Zurückweisung der Berufung mit Ausnahme eines Betrages von 692,72 € (Mehrwertsteuer auf den anerkannten und den vom Landgericht zugesprochenen Betrag) weiter.
Entscheidungsgründe:
[4] I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, für die Frage, ob die Klägerin als Geschädigte das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB beachtet habe, komme es auf die Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten in dem der Beauftragung vorangegangenen förmlichen Vergabeverfahren an. Ob dieses seinerseits Mängel aufweise, könne dahinstehen, da es bestandskräftig abgeschlossen sei. Entscheidend sei, ob der für die Klägerin handelnde Landesbetrieb Bau als Vergabestelle im Zeitpunkt der Zuschlagserteilung habe erkennen können, dass das Angebot der Fa. B. nicht wirtschaftlich war. Dies hätten die Beklagten nicht konkret dargelegt. Die Vergabevorschriften, insbesondere der Grundsatz der öffentlichen Ausschreibung, dienten dazu, dem Staat als schwachem Marktteilnehmer die Marktübersicht zu verschaffen und den wirtschaftlich günstigsten Anbieter zu ermitteln. Damit bestehe tendenziell ein Gleichlauf mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB. Bezugspunkt sei dabei der Angebotsendpreis für das "Gesamtpaket" der ausgeschriebenen Leistungen, nicht die Einzelpreise für die im Streitfall nachgefragten Leistungen. Denn das Leistungsverzeichnis müsse möglichst alle Fallvarianten abbilden. Die Fallvarianten würden von den Konkurrenten bei ihrem Angebot im Wege einer "Mischkalkulation" jeweils unterschiedlich gewichtet, so dass den von ihnen gebotenen Einheitspreisen für die konkreten streitgegenständlichen Leistungen keine entscheidende Aussagekraft zukomme. Für die Frage der Erkenntnismöglichkeiten der Klägerin sei zu berücksichtigen, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Vergabeverfahren um das erste Verfahren dieser Art zur Vergabe von Reinigungsarbeiten gehandelt habe. Die in der Zeit davor bei Einzelaufträgen vereinbarten, von der Klägerin ohnehin nicht statistisch erfassten Preise könnten keine oder nur bedingt aussagekräftige Anhaltspunkte für den wirtschaftlichen Preis bieten, weil bei einer Gesamtvergabe die Investitions- und Vorhaltekosten der Bieter zu berücksichtigen seien, ebenso der Umstand, dass sich bei der Verpflichtung des Bieters, sämtliche, ggf. auch verlustbringende Fälle zu übernehmen, der gesamte Aufwand rechnen müsse. Die Vergabe der Gesamtleistung enthalte eine Vielzahl von unbekannten oder allenfalls erahnbaren Faktoren, für die es - bezogen auf die erste Ausschreibungsperiode - keinen greifbaren Vergleichsmaßstab gegeben habe, anhand dessen die Klägerin hätte erkennen können, dass der von der Fa. B. gebotene Preis unangemessen überhöht war. Der Umstand, dass die Klägerin im Laufe der Durchführung der Verträge die Schwächen des Abrechnungssystems erkannt und versucht habe, diesen Mangel zu beheben, besage nichts zur Erkennbarkeit des Fehlers im Zeitpunkt der Begehung. Es bestehe weder eine Veranlassung für eine Beweisaufnahme über die Angemessenheit der in Rechnung gestellten Preise noch komme es angesichts der Maßgeblichkeit des Angebotsendpreises auf die Feststellungen des in erster Instanz bestellten Sachverständigen zu den in Rechnung gestellten Einzelpreisen an, zumal ohnehin nicht hinreichend erkennbar sei, woher der Sachverständige seine Vergleichszahlen nehme.
[5] II. Das angegriffene Urteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.
[6] 1. Der Klägerin steht wegen der Verunreinigung der Bundesstraße dem Grunde nach - unabhängig von der Möglichkeit eines öffentlich-rechtlichen Kostenersatzes - ein Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten zu 1 aus § 7 Abs. 1 StVG, § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB, gegen die Beklagte zu 2 in Verbindung mit § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG, zu (vgl. Senatsurteile vom 9. Dezember 2014 - VI ZR 138/14, VersR 2015, 503 Rn. 6 ff.; vom 15. Oktober 2013 - VI ZR 528/12, VersR 2013, 1590 Rn. 13 ff., jeweils mwN).
[7] 2. Die Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruchs ist in erster Linie Sache des dabei nach § 287 ZPO besonders freigestellten Tatrichters und revisionsrechtlich lediglich daraufhin überprüfbar, ob der Tatrichter Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Acht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat (st. Rspr., vgl. etwa Senatsurteil vom 15. September 2015 - VI ZR 475/14, VersR 2015, 1522 Rn. 7). Einer solchen Überprüfung hält das Urteil stand; insbesondere wurden die vom Senat zur Bestimmung der Erforderlichkeit im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB entwickelten Rechtsgrundsätze beachtet.
[8] a) Ist wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Geschädigte gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Sein Anspruch ist auf Befriedigung seines Finanzierungsbedarfs in Form des zur Wiederherstellung objektiv erforderlichen Geldbetrages und nicht etwa auf Ausgleich von ihm bezahlter Rechnungsbeträge gerichtet (vgl. Senatsurteile vom 19. Juli 2016 - VI ZR 491/15, VersR 2016, 1387 Rn. 15; vom 11. Februar 2014 - VI ZR 225/13, VersR 2014, 474 Rn. 8; vom 23. Januar 2007 - VI ZR 67/06, VersR 2007, 560 Rn. 13). Der Geschädigte hat die freie Wahl der Mittel zur Schadensbehebung; er darf zur Schadensbeseitigung grundsätzlich den Weg einschlagen, der aus seiner Sicht seinen Interessen am besten zu entsprechen scheint. Denn Ziel der Schadensrestitution ist es, den Zustand wiederherzustellen, der wirtschaftlich gesehen der hypothetischen Lage ohne Schadensereignis entspricht (vgl. Senatsurteile vom 19. Juli 2016 - VI ZR 491/15, aaO Rn. 15; vom 15. September 2015 - VI ZR 475/14, aaO Rn. 10; vom 9. Dezember 2014 - VI ZR 138/14, aaO Rn. 13; vom 15. Oktober 2013 - VI ZR 528/12, aaO Rn. 18, jeweils mwN).
[9] Der Geschädigte kann jedoch vom Schädiger nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und notwendig bzw. angemessen erscheinen (vgl. Senatsurteile vom 19. Juli 2016 - VI ZR 491/15, aaO Rn. 16; vom 26. April 2016 - VI ZR 50/15, VersR 2016, 1133 Rn. 13; vom 15. September 2015 - VI ZR 475/14, aaO Rn. 11; vom 9. Dezember 2014 - VI ZR 138/14, aaO Rn. 14; vom 15. Oktober 2013 - VI ZR 528/12, aaO Rn. 19). Er ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Allerdings ist bei der Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand erforderlich ist, auch Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen (sog. subjektbezogene Schadensbetrachtung; vgl. Senatsurteile vom 19. Juli 2016 - VI ZR 491/15, aaO Rn. 16; vom 15. September 2015 - VI ZR 475/14, aaO Rn. 11 und 18; vom 9. Dezember 2014 - VI ZR 138/14, aaO Rn. 14; vom 15. Oktober 2013 - VI ZR 528/12, aaO Rn. 19, jeweils mwN; vom 6. November 1973 - VI ZR 27/73, BGHZ 61, 346, 348).
[10] Hinsichtlich der Frage, welcher Geldbetrag zur Wiederherstellung objektiv erforderlich ist, genügt der Geschädigte regelmäßig seiner Darlegungslast durch Vorlage der - von ihm beglichenen (Senatsurteile vom 19. Juli 2016 - VI ZR 491/15, aaO Rn. 18; vom 26. April 2016 - VI ZR 50/15, aaO Rn. 12; vom 15. September 2015 - VI ZR 475/14, aaO Rn. 19) - Rechnung des von ihm zur Schadensbeseitigung in Anspruch genommenen Fachunternehmens. Ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit des ausgewiesenen Rechnungsbetrages zur Schadensbehebung reicht dann grundsätzlich nicht aus, um die geltend gemachte Schadenshöhe in Frage zu stellen. Denn der in Übereinstimmung mit der Rechnung vom Geschädigten tatsächlich erbrachte Aufwand bildet bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung "erforderlichen" Betrages im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB (vgl. Senatsurteile vom 15. September 2015 - VI ZR 475/14, aaO Rn. 19; vom 9. Dezember 2014 - VI ZR 138/14, aaO Rn. 16; vom 15. Oktober 2013 - VI ZR 528/12, aaO Rn. 27, jeweils mwN).
[11] b) Im Zusammenhang mit der Beseitigung von Fahrbahnverschmutzungen hat der Senat bereits entschieden, dass den zuständigen Behörden ein erheblicher Entscheidungsspielraum hinsichtlich der zu treffenden Maßnahmen zusteht, um die Befahrbarkeit und einen sicheren Zustand der Straße so schnell wie möglich wieder herzustellen. Es ist nicht zu beanstanden, wenn Maßnahmen veranlasst werden, die aus vorausschauender Sicht als vernünftig erscheinen und nicht ersichtlich außer Verhältnis zu dem Anlass und dem zu erwartenden notwendigen Schadensbeseitigungsaufwand stehen. Dabei verstößt es in der Regel nicht gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot, wenn bei der Beauftragung auf den zu erwartenden Beseitigungsaufwand und den sichersten Weg einer vollständigen Schadensbeseitigung abgestellt wird (Senatsurteile vom 15. September 2015 - VI ZR 475/14, aaO Rn. 12; vom 15. Oktober 2013 - VI ZR 528/12, aaO Rn. 21; vom 15. Oktober 2013 - VI ZR 471/12, VersR 2013, 1544 Rn. 22).
[12] Fehlt es an einer Vergütungsvereinbarung zwischen der zuständigen Behörde und dem Reinigungsunternehmen, ist nur die übliche Vergütung im Sinne des § 632 Abs. 2 BGB, ersatzweise eine im Rahmen ergänzender Vertragsauslegung ermittelte angemessene oder jedenfalls eine der Billigkeit im Sinne des § 315 Abs. 3 BGB entsprechende Vergütung rechtlich geschuldet; nur sie bildet daher den zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB. Denn in Fällen der Verunreinigung öffentlicher Straßen ist Auftraggeber des jeweiligen Reinigungsunternehmens eine mit technischen Fachleuten besetzte Fachbehörde, die ständig mit derartigen Schadensfällen und ihrer Abwicklung konfrontiert ist und sich mit anderen derartigen Fachbehörden austauschen kann. Es ist ihr im Rahmen der vorbeschriebenen subjektbezogenen Schadensbetrachtung daher abzuverlangen, dass sie Sorge dafür trägt, dass sich keine von den Reinigungsunternehmen diktierte unangemessene Preisgestaltung etabliert, ihr also nicht mehr als die rechtlich geschuldete Vergütung in Rechnung gestellt wird (Senatsurteile vom 15. Oktober 2013 - VI ZR 528/12, aaO Rn. 29 f.; vom 15. Oktober 2013 - VI ZR 471/12, aaO Rn. 28 f.). Allerdings ist von der besonderen individuellen Lage der Fachbehörde nicht auf deren unbegrenzte Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten losgelöst von der tatsächlichen Marktsituation zu schließen (Senatsurteil vom 9. Dezember 2014 - VI ZR 138/14, aaO Rn. 18).
[13] Auch in Fällen, in denen eine Vergütungsvereinbarung - gegebenenfalls als Rahmenvereinbarung - zwischen der zuständigen Behörde und dem Reinigungsunternehmen getroffen wird, hat die Fachbehörde aufgrund ihres Sachverstandes Sorge dafür zu tragen, dass sich keine von den Reinigungsunternehmen diktierte unangemessene Preisgestaltung etabliert (vgl. Senatsurteil vom 15. September 2015 - VI ZR 475/14, aaO Rn. 22). Verlangt das Reinigungsunternehmen für die Behörde erkennbar deutlich überhöhte Preise, kann sich die Beauftragung dieses Reinigungsunternehmens als nicht erforderlich erweisen (vgl. für die Beauftragung eines Sachverständigen durch einen Geschädigten: Senatsurteile vom 26. April 2016 - VI ZR 50/15, aaO Rn. 13; vom 22. Juli 2014 - VI ZR 357/13, VersR 2014, 1141 Rn. 17; vom 11. Februar 2014 - VI ZR 225/13, VersR 2014, 474 Rn. 8). Liegt der Vereinbarung eine Ausschreibung zugrunde, kann im Rahmen der subjektbezogenen Schadensbetrachtung neben den Erkenntnismöglichkeiten der Behörde der Frage besondere Bedeutung zukommen, ob und inwieweit diese die Höhe der für die Schadensbeseitigung erforderlichen Kosten (mithin die Preisgestaltung) beeinflussen kann (vgl. Senatsurteil vom 15. September 2015 - VI ZR 475/14, aaO Rn. 22). Ist etwa aufgrund entsprechender Marktkonstellationen nur ein Bieter aufgetreten, der den Zuschlag erhalten hat, so ist es grundsätzlich nicht Aufgabe der Zivilgerichte, im Rahmen der Erforderlichkeit im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB eine Kontrolle der wirtschaftlichen Angemessenheit der auf Grundlage der Ausschreibung zustande gekommenen Preise vorzunehmen und hierzu ein Sachverständigengutachten einzuholen (Senatsurteil vom 15. September 2015 - VI ZR 475/14, aaO Rn. 21 f. für den Fall, dass die zwischen der zuständigen Behörde und dem Reinigungsunternehmen vereinbarten Preisen inhaltlich denjenigen entsprachen, die aufgrund einer Ausschreibung einer hinsichtlich der örtlichen Gegebenheiten und der Wettbewerbssituation vergleichbaren Stadt zustande gekommen waren).
[14] 3. Es ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht im Streitfall für die Frage der Erforderlichkeit im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB darauf abgestellt hat, ob der in der Ausschreibung von der Fa. B. unterbreitete Angebotsendpreis für den Landesbetrieb Bau erkennbar deutlich überhöht war, und dies verneint hat. Auf die Angemessenheit der für die streitgegenständlichen Leistungen in Rechnung gestellten Einzelpreise kommt es hingegen im Streitfall nicht an.
[15] a) Der von der Klägerin für die streitgegenständlichen Leistungen erbrachte Kostenaufwand stimmt mit den von der Fa. B in Rechnung gestellten und bezahlten Preisen überein, die ihrerseits den angebotenen Einzelpreisen aus dem Vergabeverfahren entsprechen und durch den Zuschlag angenommen, also vereinbart wurden. Dies ist bei der Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Erforderlichkeit des geltend gemachten Betrages im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB.
[16] b) Es ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht dem Einwand der Beklagten, der von der Klägerin aufgewendete Betrag sei nicht mit den tatsächlich erforderlichen Kosten identisch, den Erfolg versagt hat.
[17] aa) Es ist, was die Revision nicht in Frage stellt, im Hinblick auf das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB unbedenklich, dass sich die Klägerin bzw. der für sie handelnde Landesbetrieb Bau der Ausschreibung nach VOL/A bedient und auf dieser Grundlage den Auftrag zur Erledigung der künftigen Reinigungsarbeiten erteilt hat. Da Zweck des Vergabeverfahrens vor allem die wirtschaftliche Beschaffung - wenn auch mit Blick auf eine möglichst sparsame Haushaltsführung - ist, Leistungen zu angemessenen Preisen zu vergeben sind (§ 2 Nr. 3 VOL/A in der zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Vergabe maßgeblichen Fassung vom 6. April 2006), der Zuschlag auf Angebote, die in einem offenbaren Missverhältnis zur Leistung stehen, nicht erteilt werden darf (§ 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A 2006) und der Zuschlag auf das unter Berücksichtigung aller Umstände wirtschaftlichste Angebot zu erteilen ist (§ 25 Nr. 3 Satz 1 VOL/A 2006), steht die Wahl des Vergabeverfahrens nach VOL/A für die Beauftragung eines Reinigungsunternehmens mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB im Einklang.
[18] bb) Da das "Gesamtpaket" künftiger Reinigungsarbeiten aufgrund einer Ausschreibung vergeben wurde, ist für die Bestimmung des zur Herstellung erforderlichen Geldbetrages im konkreten Schadensfall maßgeblich, ob der für die Klägerin handelnde Landesbetrieb Bau im Zeitpunkt der Zuschlagserteilung in seiner damaligen speziellen Situation, d.h. angesichts seiner damaligen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie unter Berücksichtigung etwaiger gerade für ihn bestehender Schwierigkeiten, die ausgeschriebenen Maßnahmen zur Schadensbehebung für wirtschaftlich und den Angebotspreis der Fa. B. für angemessen halten durfte. Bis zum Zuschlag hatte es die Vergabestelle - im Rahmen des Vergaberechts - noch in der Hand, Art und Umfang der Reinigungsmaßnahmen zu bestimmen und sich einer unangemessenen Preisgestaltung durch das Reinigungsunternehmen dadurch zu entziehen, dass sie den Zuschlag nicht erteilt.
[19] cc) Für die Bestimmung des zur Herstellung erforderlichen Geldbetrages im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB ist es hingegen entgegen der Ansicht der Revision unerheblich, ob die vergaberechtlichen Vorschriften in dem konkreten Vergabeverfahren eingehalten worden sind und das Angebot des Bieters, der den Zuschlag erhalten hat, objektiv bzw. vergaberechtlich sowohl wirtschaftlich als auch das wirtschaftlichste war. Im Rahmen des hier allein maßgeblichen Wirtschaftlichkeitsgebots des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB, das anders als das Vergaberecht weder dem Wettbewerbsprinzip noch dem sparsamen Umgang mit Haushaltsmitteln dient, und der insoweit anzustellenden subjektbezogenen Schadensbetrachtung bleiben auch im Falle der Vergütungsvereinbarung auf der Grundlage einer Ausschreibung die Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten des Geschädigten, die für den Geschädigten bestehenden Schwierigkeiten sowie der Rahmen des Zumutbaren entscheidend, wobei diese Kriterien durchaus durch die Besonderheiten des Vergabeverfahrens bestimmt sein können.
[20] (1) Dies bedeutet zum einen, dass die Entscheidung der Vergabestelle, welche Leistungen sie im Zusammenhang mit der Beseitigung von Ölverunreinigungen auf Verkehrsflächen ausschreibt, angesichts ihres erheblichen Entscheidungsspielraums hinsichtlich der zu treffenden Maßnahmen (s.o. 2 b) nur beschränkt überprüfbar ist. Bei der Vergabe eines Auftrags auf der Grundlage einer Ausschreibung ist die Bandbreite künftiger Schadensfälle und deren zuverlässige, rasche und vollständige Beseitigung in den Blick zu nehmen. Vor diesem Hintergrund hatte das Berufungsgericht entgegen der Ansicht der Revision nicht zu beanstanden, dass sich vorliegend der Landesbetrieb Bau für die Methode des Nassreinigungsverfahrens sowie dafür entschieden hat, in das Leistungsverzeichnis sowohl die Ölspurbeseitigung als auch die Erdreichentsorgung aufzunehmen, also diese bei einem Schadensfall möglicherweise kumulativ anfallenden Leistungen aus einer Hand erbringen zu lassen.
[21] (2) Zum anderen bedeutet dies, dass Bezugspunkt für die Beurteilung der Erforderlichkeit im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB im Zeitpunkt der Zuschlagserteilung der jeweilige Angebotsendpreis für das Gesamtpaket der ausgeschriebenen Leistungen ist, nicht aber die - ohnehin nicht verhandelbaren - Einzelpreise. Zwar werden im konkreten Schadensfall stets nur die angebotenen Einzelpreise für diejenigen Einzelpositionen abgerechnet, die tatsächlich angefallen sind, während der Angebotsendpreis die Summe aller in die Leistungsbeschreibung aufgenommen Fallvarianten in den vom Auftraggeber vermuteten Mengen abbildet. Da sich aber die Vergabe nicht auf einen Einzelfall, sondern auf eine Vielzahl künftiger Schadensfälle bezieht, ist für die Frage, welcher Bieter bei subjektbezogener Schadensbetrachtung im Zeitpunkt des Zuschlags ein wirtschaftliches und zugleich das wirtschaftlichste Angebot abgegeben hat, nicht auf den einzelnen Schadensfall, sondern auf die Vielzahl der mit der Leistungsbeschreibung abgedeckten Fälle abzustellen. Damit wird der speziellen Situation des Auftraggebers und seinen Einflussmöglichkeiten im Vergabeverfahren Rechnung getragen. Denn auch vergaberechtlich ist jedenfalls bei der Prüfung, ob die angebotenen Preise im offenbaren Missverhältnis zur Leistung stehen mit der Folge, dass auf sie der Zuschlag nicht erteilt werden darf, auf die Angebotsendpreise abzustellen (OLG Düsseldorf, VergabeR 2009, 956, 962; Weyand, Vergaberecht, 4. Aufl., VOL/A § 16 Rn. 675, 677 mwN; Ruhland in Pünder/Schellenberg, Vergaberecht, 2. Aufl., VOL/A § 16 Rn. 47; Jürschik in Heuvels/Höß/Kuß/Wagner, Vergaberecht, § 16 VOL/A Rn. 45; Wagner in Heiermann/Zeiss, jurisPK-Vergaberecht, 5. Aufl., § 16 VOL/A Rn. 190; Dicks in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, Kommentar zur VOL/A, 3. Aufl., § 16 Rn. 216).
[22] Einzelpreisen in einem Angebot im Vergabeverfahren kommt eine ganz andere Aussagekraft zu als den Preisen in einem Angebot zur Abwicklung eines Einzelauftrags. Der Pflichtenkreis des Auftragnehmers gegenüber dem Auftraggeber ist bei einer Gesamtvergabe im Vergleich zu einem Einzelauftrag in der Regel deutlich erweitert, etwa hinsichtlich seiner Erreichbarkeit, der Abrufbarkeit seiner Leistung, des Leistungsspektrums sowie der zeitlichen und inhaltlichen Vorgaben für seine Leistung. Wie im angegriffenen Urteil zutreffend ausgeführt hat der Bieter beispielsweise Investitionskosten, Vorhaltekosten sowie den Umstand einzukalkulieren, dass sich bei seiner Verpflichtung, sämtliche, ggf. auch verlustbringende Fälle zu übernehmen, der gesamte Aufwand rechnen muss. In diesem Zusammenhang ist weiter zu berücksichtigen, dass die vom Auftraggeber vermuteten Auftragsmengen (also die Vermutung, wie häufig welche Fallvariante abgefragt werden wird) nur Schätzungen sind, die wesentlich über- oder unterschritten werden können, und dass bei einer Abrechnung nach Aufmaß der Verunreinigung und Wägung der Abfälle der Zeitaufwand nicht vergütet wird. All dies schlägt sich in den Einzelpreisen in einem Angebot im Vergabeverfahren nieder und führt dazu, dass diese mit den bei Einzelaufträgen (orts-)üblichen Preisen, die von den Fachbehörden aufgrund ihrer Sachkunde durchaus festgestellt werden können, nicht vergleichbar sind.
[23] Dass auf die Angebotsendpreise abzustellen ist, ergibt sich ferner daraus, dass, wie vom Berufungsgericht zu Recht festgestellt, die Bieter hinsichtlich der Einzelpreise je nach ihren individuellen Verhältnissen und Einschätzungen sehr unterschiedlich kalkulieren und gewichten können, mit der Folge, dass die von ihnen angebotenen Einzelpreise - wie auch im Streitfall - anders als die Angebotsendpreise für das "Gesamtpaket" nur schwer vergleichbar sind.
[24] dd) Dass der Landesbetrieb Bau im Zeitpunkt des Zuschlags den von der Fa. B. unterbreiteten, im Vergleich zum Endpreis der Mitbieter günstigsten Angebotsendpreis bezogen auf die angebotene Gesamtleistung hätte für unangemessen bzw. deutlich überhöht erachten müssen, macht die Revision nicht geltend. Sie stellt vielmehr darauf ab, dass ein Teil der im Streitfall angefallenen Einzelpreise erkennbar unangemessen sei und entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts diese und nicht der Angebotsendpreis maßgeblich seien, was jedoch aus den genannten Gründen nicht zutrifft. Der Einholung eines Gutachtens dazu, ob die für die streitgegenständlichen Leistungen angebotenen Einzelpreise (erkennbar) überhöht waren, bedurfte es daher nicht; die in dem vom Landgericht eingeholten Gutachten hierzu getroffenen Feststellungen waren somit, wie im angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt, ungeachtet der Frage ihrer Nachvollziehbarkeit für die Entscheidung nicht erheblich. Zur Frage der Erkennbarkeit einer etwaigen Unangemessenheit des Angebotsendpreises durfte das Berufungsgericht zudem aus revisionsrechtlicher Sicht berücksichtigen, dass es sich um das erste Vergabeverfahren des Landesbetriebs Bau handelte. Die nachträgliche Erkenntnis, dass Angebote nach Zeitaufwand oder mit Mengenstaffelungen für das zu entsorgende Erdreich möglicherweise zu niedrigeren Gesamtpreisen geführt hätten, begründet ebenso wie der Umstand, dass sich später andere Unternehmer freiwillig auf eine Abrechnung nach Stunden eingelassen haben, keinen Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot im maßgeblichen Zeitpunkt des Zuschlags. Einen Anspruch auf eine Änderungsvereinbarung, wie sie der Landesbetrieb Bau nach der Vergabe in anderen Kreisen mit anderen Unternehmern abgeschlossen hat, hatte die Klägerin gegenüber der Fa. B. nicht.
[25] 4. Soweit die Revision schließlich rügt, das Berufungsgericht habe den erstinstanzlichen Vortrag der Beklagten dazu übergangen, dass es grob unvernünftig gewesen sei, Raps und Dieselöl gemeinsam zu entsorgen, dass diesbezügliche Entsorgungsnachweise nicht vorlägen und dass eine Nassreinigung tatsächlich gar nicht erfolgt sei, kann sie damit nicht durchdringen. Nach den für den Senat bindenden Feststellungen im Tatbestand des Berufungsurteils ist die Position 6 der Rechnung vom 23. August 2010 insoweit unstreitig, als es um die Entsorgung von 3.320 Liter Öl-Wasser geht, worin der Raps ausweislich der Rechnung enthalten ist. Die Entsorgung dieses wasserhaltigen Gemisches setzt wiederum voraus, dass ihr eine Nassreinigung vorausgegangen ist. Dementsprechend ist im Tatbestand des angefochtenen Urteils festgestellt, dass hinsichtlich der Positionen 5 (Beseitigung des Öls) und 6 (Entsorgung Öl-Wasser) (nur) die Angemessenheit der Einheitspreise streitig ist. Es bestand
daher für das Berufungsgericht keine Veranlassung, auf die in der Revision genannten Punkte gesondert einzugehen.
Galke Wellner von Pentz
Müller Klein