III ZR 110/09

12.11.2009

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

Verkündet am:

12. November 2009

K i e f e rJustizangestellterals Urkundsbeamterder Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit


Nachschlagewerk: ja


BGHZ: ja

BGHR: ja


GOÄ § 1 Abs. 1; KHEntgG § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2; RhPfBerufsO Ärztinnen und Ärzte §§ 12, 31


Vereinbarungen zwischen Krankenhausträgern und niedergelassenen Ärzten über deren Zuziehung im Rahmen allgemeiner Krankenhausleistungen unterliegen nicht den Vorschriften der Gebührenordnung für Ärzte.


BGH, Urteil vom 12. November 2009 - III ZR 110/09 - OLG Zweibrücken, LG Frankenthal


Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 12. November 2009 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter Dörr, Hucke, Seiters und Tombrink

für Recht erkannt:

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 10. März 2009 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsrechtszugs zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

[1] Die Klägerin, eine Gemeinschaftspraxis von Röntgenärzten, erbrachte in den Jahren 2004 und 2005 für das von der Beklagten betriebene St. V. Krankenhaus in S. in 561 Fällen radiologische Leistungen für Regelleistungspatienten des Krankenhauses. Sie berechnete der Beklagten hierfür insgesamt 197.491,94 €, wobei sie für einen Großteil ihrer Leistungen einen Steigerungssatz von 1,2 des Gebührensatzes der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) zugrunde legte. Mit Rücksicht auf eine mit dem früheren Praxisinhaber geschlossene mündliche Vereinbarung zahlte die Beklagte unter Zugrundelegung eines einheitlichen Steigerungssatzes von 0,75 des Gebührensatzes hierauf nur 122.917,09 €.

[2] Die Klägerin, die diese Vereinbarung bereits wegen Nichteinhaltung der in § 2 Abs. 2 GOÄ vorgesehenen Schriftform für unwirksam hält, nimmt die Beklagte auf den Unterschiedsbetrag von 74.574,85 € nebst Zinsen in Anspruch. Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit ihrer vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Antrag weiter.

Entscheidungsgründe

[3] Die Revision ist nicht begründet.

[4] I. Hintergrund der hier zu beurteilenden Leistungsbeziehungen zwischen der radiologischen Praxis der Klägerin und dem Krankenhaus ist der Umstand, dass das Krankenhaus über keine radiologische Abteilung verfügte. Soweit daher für stationär aufgenommene Patienten radiologische Leistungen erforderlich waren, musste sich das Krankenhaus diese Leistungen durch externe Ärzte beschaffen. Diese Leistungen sind nach § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 KHEntgG Bestandteil der allgemeinen Krankenhausleistungen; bei diesen handelt es sich um die Krankenhausleistungen, die unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Krankenhauses im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung des Patienten notwendig sind. Mit den Entgelten für die allgemeinen Krankenhausleistungen (§ 7 KHEntgG) werden die für die sachgerechte Behandlung der Patienten erforderlichen Leistungen vergütet. Soweit es sich um sozialversicherte Patienten oder Privatpatienten handelt, die darauf verzichten, wahlärztliche Leistungen in Anspruch zu nehmen, sind auch die Leistungen eines vom Krankenhaus hinzugezogenen externen Arztes als Bestandteil der allgemeinen Krankenhausleistungen mit diesen Entgelten abgegolten (vgl. Senatsurteile BGHZ 151, 102, 106; 172, 190, 195 f Rn. 19). Die Leistungen der Klägerin sind daher aus den Mitteln des Krankenhauses zu honorieren, ohne dass die Patienten in Anspruch genommen werden könnten oder die Honorierung über die kassenärztliche Vereinigung vorgenommen werden könnte (vgl. allgemein zum Honorararzt im Krankenhaus Quaas, GesR 2009, 459).

[5] II. Das Berufungsgericht (GesR 2009, 415) ist der Auffassung, dass die nur mündlich getroffene, das Einfache des Gebührensatzes unterschreitende Vergütungsabrede wirksam ist. Denn auf die von dem Rechtsvorgänger der Klägerin und dem Krankenhausträger geschlossene Vereinbarung, die als Rahmenvertrag im Sinne eines Konsiliararztvertrags anzusehen sei, sei die Gebührenordnung für Ärzte nicht anzuwenden. Eine zwingende Anwendung der Gebührenordnung für Ärzte auf das Vertragsverhältnis der Parteien lasse sich nicht mit den in der Verordnung getroffenen Regelungen unter Berücksichtigung der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage in § 11 der Bundesärzteordnung (BÄO) vereinbaren. Sie berücksichtige zwar die Interessen des selbst zahlenden Patienten und der öffentlichen Leistungsträger, trage aber der hier gegebenen Vertragsgestaltung nicht ausreichend Rechnung.

[6] Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung stand.

[7] 1. Nach § 1 Abs. 1 GOÄ bestimmen sich die Vergütungen für die beruflichen Leistungen der Ärzte nach dieser Verordnung, soweit nicht durch Bundesgesetz etwas anderes bestimmt ist. In § 11 BÄO wird die Bundesregierung ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Entgelte für ärztliche Tätigkeit in einer Gebührenordnung zu regeln. In dieser Gebührenordnung sind Mindest- und Höchstsätze für die ärztlichen Leistungen festzusetzen. Dabei ist den berechtigten Interessen der Ärzte und der zur Zahlung der Entgelte Verpflichteten Rechnung zu tragen. Danach handelt es sich bei der ärztlichen Gebührenordnung, wie der Senat entschieden hat (Urteil vom 23. März 2006 - III ZR 223/05 - NJW 2006, 1879, 1880 Rn. 10), um ein für alle Ärzte geltendes zwingendes Preisrecht, das verfassungsrechtlich unbedenklich ist und weder die Kompetenzordnung des Grundgesetzes noch die Berufsfreiheit der Ärzte verletzt (vgl. BVerfGE 68, 319, 327 ff = NJW 1985, 2185 ff; BVerfG <Kammerbeschlüsse> NJW 1992, 737; 2005, 1036, 1037).

[8] 2. Ungeachtet des weit gefassten Wortlauts des § 1 Abs. 1 GOÄ, der die Vergütungen für ärztliche Leistungen insgesamt zu erfassen scheint, teilt der Senat jedoch die Auffassung des Berufungsgerichts, dass die Gebührenordnung für Ärzte für die hier entfaltete Tätigkeit der Ärzte der Klägerin nicht anwendbar ist. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Vertragsschließenden, was ohne weiteres zulässig ist, sich für die Vergütung der von den Ärzten der Klägerin erbrachten Leistungen am Gebührenverzeichnis der Gebührenordnung orientiert und einen bestimmten Steigerungsfaktor vereinbart haben. Eine Schriftform war daher für die Vereinbarung nicht zu beachten.

[9] a) Die Gebührenordnung für Ärzte regelt, für welche Leistungen und in welcher Höhe Ärzte von Privatpatienten und von in § 11 Abs. 1 GOÄ genannten Leistungsträgern, die für einen bestimmten Kreis von Patienten einstehen, die die Vergütung nicht selbst bezahlen müssen, Honorare verlangen können (vgl. Lang/Schäfer/Stiel/Vogt, Der GOÄ-Kommentar, 2. Aufl. 2002, § 1 Rn. 9; Quaas/Zuck, Medizinrecht, 2. Aufl. 2008, § 13 Rn. 42 f). Um eine solche Fallgestaltung handelt es sich hier nicht. Das Krankenhaus ist kein (öffentlich-rechtlicher) Leistungsträger, sondern - wie die Ärzte der Klägerin - ein Leistungserbringer, der dem Patienten die allgemeinen Krankenhausleistungen schuldet, zu denen auch die von der Klägerin erbrachten Leistungen rechnen (s.o. I). Wenn auch nicht unmittelbar der in § 1 Abs. 1 GOÄ geregelte Fall einer anderen Bestimmung durch Bundesgesetz vorliegt, werden die hier in Rede stehenden Leistungen der Klägerin - im rechtlichen Sinne - weder dem Patienten noch zur Erfüllung einer vertragsärztlichen Pflicht erbracht, sondern auf Grund eines Dienstvertrags mit dem Krankenhaus zur Komplettierung der vom diesem geschuldeten allgemeinen Krankenhausleistungen, die insgesamt nach dem Krankenhausentgeltgesetz abgerechnet werden. Es geht daher nicht um den in der Ermächtigungsnorm des § 11 BÄO geforderten Interessenausgleich zwischen den Interessen der Ärzte und der zur Zahlung der Entgelte Verpflichteten, der Patienten, sondern um eine Einbindung und Vergütung einer ärztlichen Tätigkeit, die weder unmittelbar dem Privatpatienten noch vertragsärztlich erbracht wird, sondern gleichsam zwischen diesen beiden Honorierungssystemen wirtschaftlich in die Finanzierung der Krankenhausleistungen eingepasst werden muss. Aus dieser Besonderheit ergeben sich, wie beiden Vertragsteilen bewusst ist, die für die Angemessenheit der Vergütung wesentlichen Parameter. Dies im Einzelnen zu regeln, ist Sache der jeweiligen Vertragsparteien, die sich am ärztlichen Gebührenrecht orientieren können (vgl. Quaas GesR 2009, 459, 460). Die Gebührenordnung für Ärzte verhält sich zum Inhalt einer solchen Vereinbarung jedoch nicht. Sie nimmt sich dieser Gestaltung nur an, wenn eine Zahlung solcher externer Leistungen durch den Patienten geschuldet wird, etwa im Sinne der Gebührenminderungspflicht nach § 6a Abs. 1 GOÄ, die bei der Vereinbarung wahlärztlicher Leistungen auch den externen Arzt betrifft (vgl. Senatsurteil BGHZ 151, 102).

[10] b) Die Materialien zur Gebührenordnung für Ärzte vom 12. November 1982 (BGBl. I S. 1522) belegen den Befund, dass Vereinbarungen zwischen Krankenhausträgern und externen Ärzten über deren Hinzuziehung im Rahmen allgemeiner Krankenhausleistungen nicht Gegenstand der Regelungen geworden sind.

[11] In § 2 Abs. 1 GOÄ 1982 wurde geregelt, dass durch Vereinbarung eine von dieser Verordnung abweichende Höhe der Vergütung festgelegt werden kann. In der Begründung zur Verordnung wird zu dieser Bestimmung ausgeführt, sie gelte sowohl für Einzelvereinbarungen zwischen Arzt und Zahlungspflichtigem als auch für Kollektivvereinbarungen wie z.B. für Vereinbarungen zwischen Ärzteverbänden und der Postbeamtenkrankenkasse oder der Krankenversorgung der Bundesbahnbeamten (vgl. BR-Drucks. 295/82 S. 13). Der Verordnungsgeber hat daher nicht nur Vereinbarungen des Arztes mit dem Patienten in die Regelung einbezogen, sondern mit den so genannten Kollektivvereinbarungen auch solche mit Leistungsträgern, die anstelle des Patienten die Vergütungspflicht zu übernehmen haben. Verträge mit Leistungserbringern werden demgegenüber nicht genannt, obwohl schon während der Geltung der Bundespflegesatzverordnung vom 25. April 1973 (BGBl. I S. 333) mit den allgemeinen Pflegesätzen die allgemeinen Krankenhausleistungen einschließlich der Leistungen von nicht am Krankenhaus angestellten Konsiliarärzten abgegolten wurden, so dass insoweit eine vertragliche Regelung zwischen Krankenhaus und Arzt erforderlich war (vgl. § 3 Abs. 1 BPflV 1973).

[12] In § 2 Abs. 2 Satz 1 GOÄ 1982 war bestimmt, dass "eine Vereinbarung nach Absatz 1 zwischen Arzt und Zahlungspflichtigem" vor Erbringung der Leistung des Arztes in einem Schriftstück zu treffen sei, das keine anderen Erklärungen enthalten dürfe. In der Begründung wird hierzu ausgeführt, Absatz 2 enthalte eine Schutzvorschrift für die Individualvereinbarung zwischen Arzt und Zahlungspflichtigem (BR-Drucks. 295/82 S. 13). Aus dem Kreis der nach Absatz 1 zulässigen Vereinbarungen wurden daher durch Absatz 2 solche Vereinbarungen einer besonderen Regelung unterworfen, die zwischen dem Arzt und Zahlungspflichtigem anlässlich und vor einer konkreten Behandlung geschlossen werden. Auch wenn die Verordnung den Begriff des "Zahlungspflichtigen" verwendet, liegt es auf der Hand, dass es um den Schutz des Patienten oder eines mitversicherten Angehörigen geht, der durch eine klare, der Schriftform bedürftige Vereinbarung vor Erbringung der Leistung wissen soll, was hinsichtlich der abweichenden Vergütungshöhe auf ihn zukommt. Die hier in Rede stehende Vereinbarung, die nicht mit dem Patienten, sondern mit dem Krankenhaus getroffen wurde und nur den Rahmen für die Honorierung einer Vielzahl von Einzelbehandlungen durch das Krankenhaus darstellt, wird von dieser Zielsetzung nicht erfasst.

[13] c) An diesem Rechtszustand hat sich aus Sicht des Senats durch spätere Änderungen der ärztlichen und zahnärztlichen Gebührenordnungen, die vor allem dem weitergehenden Schutz des Zahlungspflichtigen gedient haben, nichts geändert.

[14] aa) Der Schutz des Zahlungspflichtigen wurde zunächst bei der anstehenden Novellierung der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) vom 22. Oktober 1987 (BGBl. I S. 2316) weiter ausgebaut. Während § 2 Abs. 1 GOZ wörtlich mit § 2 Abs. 1 GOÄ 1982 übereinstimmt, sieht § 2 Abs. 2 GOZ für eine Vereinbarung zwischen Zahnarzt und Zahlungspflichtigem - neben den soeben erörterten Erfordernissen des § 2 Abs. 2 GOÄ 1982 - zusätzlich vor, dass das Schriftstück die Feststellung enthalten müsse, dass eine Erstattung der Vergütung durch Erstattungsstellen möglicherweise nicht in vollem Umfang gewährleistet sei. In der Begründung wird hierzu ausgeführt, die Bestimmung enthalte zwingende Schutzvorschriften zugunsten des Patienten. Durch den vorgesehenen Hinweis solle dem besonderen Informationsbedürfnis der privat krankenversicherten und beihilfeberechtigten Patienten Rechnung getragen werden, deren Erstattungsansprüche in der Regel auf den Umfang der nach der Verordnung vorgesehenen Vergütungshöhe begrenzt seien (vgl. BR-Drucks. 276/87 S. 63 f). Die Regelung betrifft damit das Verhältnis zwischen Zahnarzt und Patient und trifft Vorkehrungen dafür, dass der Patient die Folgen einer über die Sätze der Gebührenordnung hinausgehenden Honorarvereinbarung rechtzeitig und richtig einschätzt (vgl. Senatsurteil BGHZ 138, 100, 103).

[15] bb) Durch die Dritte Verordnung zur Änderung der Gebührenordnung für Ärzte vom 9. Juni 1988 (BGBl. I S. 797) wurde § 2 Abs. 2 GOÄ an die Regelung des § 2 Abs. 2 GOZ angeglichen, verfolgt daher wie diese den Schutz des privat krankenversicherten und beihilfeberechtigten Patienten, um diesen Personenkreis durch den gebotenen Hinweis vor Überraschungen zu schützen (BR-Drucks 118/88 S. 45).

[16] cc) Seine heute noch geltende Fassung hat § 2 GOÄ durch die Vierte Verordnung zur Änderung der Gebührenordnung für Ärzte vom 18. Dezember 1995 (BGBl. I S. 1861) erhalten. Die bisherige Regelung in § 2 Abs. 1 GOÄ 1982 ist mit einer geringfügigen Änderung (statt "abweichende Höhe der Vergütung" jetzt "abweichende Gebührenhöhe") § 2 Abs. 1 Satz 1 geworden. Daneben enthält die Bestimmung jetzt einige zusätzliche Modifikationen, die die Zulässigkeit einer Vereinbarung betreffen. So ist in Fällen eines unter den Voraussetzungen des § 218a Abs. 1 StGB vorgenommenen Abbruchs einer Schwangerschaft, für die § 5a GOÄ eine besondere Bemessung vorsieht, eine Vereinbarung ausgeschlossen (§ 2 Abs. 1 Satz 2 GOÄ). Ferner ist nach § 2 Abs. 1 Satz 3 GOÄ die Vereinbarung einer abweichenden Punktzahl (§ 5 Abs. 1 Satz 2 GOÄ) oder eines abweichenden Punktwerts (§ 5 Abs. 1 Satz 3 GOÄ) nicht zulässig. Der Verordnungsgeber hat insoweit im Interesse einer größeren Transparenz eine Klarstellung vorgenommen, die der vorherrschenden Auffassung zu dem bereits davor geltenden Recht entsprochen hat (vgl. BR-Drucks. 211/94 S. 94). Schließlich wird in § 2 Abs. 1 Satz 3 GOÄ bestimmt, dass Notfall- und akute Schmerzbehandlungen nicht von einer Vereinbarung abhängig gemacht werden dürfen. Daraus ergibt sich, dass § 2 Abs. 1 GOÄ grundsätzlich weiterhin Vereinbarungen zulässt, die die Gebührenhöhe abweichend nach einem anzuwendenden Steigerungssatz bestimmen.

[17] In § 2 Abs. 2 ist der Schutz des Patienten weiter verstärkt worden; die Vorschrift nimmt die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 115, 391, 394 ff) auf, dass es zur Wirksamkeit einer abweichenden Honorarvereinbarung der individuellen Absprache im Einzelfall zwischen Arzt und Zahlungspflichtigem bedarf (§ 2 Abs. 2 Satz 1 GOÄ), und ergänzt die Regelung zur Verbesserung der Transparenz dahin, dass das Schriftstück auch die Nummer und Bezeichnung der Leistung, den Steigerungssatz und den vereinbarten Betrag enthalten muss (§ 2 Abs. 2 Satz 2 GOÄ). Alle diese Tatbestandsmerkmale betreffen die hier zu beurteilende Rahmenvereinbarung zwischen dem Krankenhaus und den zugezogenen Ärzten nicht. Dies belegt, dass die Vorschrift des § 2 GOÄ vor allem Individualvereinbarungen zwischen dem einzelnen Arzt und dem Zahlungspflichtigen im Auge hat (vgl. Lang/Schäfer/Stiel/Vogt aaO § 2 Rn. 2; ähnlich Miebach, in: Uleer/Miebach/Patt, Abrechnung von Arzt- und Krankenhausleistungen, 3. Aufl. 2006, § 2 GOÄ Rn. 14; Hoffmann, GOÄ, 3. Aufl. Stand November 1999, § 2 Rn. 1). Ob sie nach Maßgabe des § 2 Abs. 1 auch noch auf Kollektivvereinbarungen anzuwenden ist (vgl. hierzu Lang/Schäfer/Stiel/Vogt aaO § 11 Rn. 8 und § 12 Rn. 16; Miebach aaO; Hoffmann aaO Stand September 1998, § 2 Rn. 1 am Ende), bedarf hier keiner Entscheidung. Jedenfalls lassen sich der Rechtsentwicklung keine Hinweise darauf entnehmen, dass der Verordnungsgeber mit der Gebührenordnung für Ärzte und ihren Einzelregelungen, die durchweg dem Patientenschutz dienen, zugleich einen verbindlichen Rahmen für Vereinbarungen zwischen Krankenhausträgern und externen Ärzten über deren Zuziehung im Rahmen allgemeiner Krankenhausleistungen setzen wollte. Es wird daher auch im Schrifttum vertreten, dass Dauerschuldverhältnisse, mit denen Krankenhäuser unter Verzicht auf eigenes Personal niedergelassene Ärzte zu bestimmten Dienstleistungen heranziehen, nicht der Gebührenordnung unterliegen, so dass auch pauschale Vergütungsvereinbarungen, die nach § 2 GOÄ unwirksam wären, geschlossen werden könnten (vgl. Brück, GOÄ, 3. Aufl. Stand 1.4.2007, § 1 Rn. 4 Anm. 4.2.2). Eine solche Dienstleistungspflicht ist hier zwar nicht vereinbart worden; gleichwohl haben die Beklagte und der Rechtsvorgänger der Klägerin eine Rahmenvereinbarung geschlossen, auf deren Grundlage eine längerfristige - wenngleich kündbare - Zusammenarbeit vorgesehen war.

[18] 3. Die hier zu beurteilende Vereinbarung ist auch nicht deshalb unwirksam, weil sie eine Honorierung unterhalb des Gebührenrahmens der Gebührenordnung vorsieht oder aus berufsrechtlichen Gründen zu beanstanden wäre. Wie die vertragsärztliche Versorgung insgesamt zeigt, ist die Gebührenordnung nicht das einzige Vergütungssystem, das für eine leistungsgerechte und angemessene Vergütung ärztlicher Leistungen den Maßstab bildet. Im Übrigen liegt es, wenn der Verordnungsgeber für die Vergütung Mindest- und Höchstsätze festlegt und zugleich zur Höhe abweichende Vereinbarungen zulässt, grundsätzlich in der Konsequenz dieser Regelung, dass Abweichungen in beide Richtungen gehen können (vgl. Erman/Edenfeld, BGB, 12. Aufl. 2008, § 612 Rn. 16; Pflüger MedR 2003, 276, 277; zurückhaltend Dahm MedR 1994, 13, 14; zur GOZ KG NJW-RR 2008, 910, 911; a.A. Kamps/Kiesecker MedR 2000, 72, 73 f, die - nicht bei einer Überschreitung, aber bei einer Unterschreitung - § 11 BÄO für verletzt ansehen). Auch die Berufsordnungen der Ärztekammern gehen davon aus, dass bei der privatärztlichen Liquidation eine Unterschreitung der Mindestgebühr nicht generell verboten ist. § 12 Abs. 1 Satz 3 der Berufsordnung für die Ärztinnen und Ärzte in Rheinland-Pfalz sieht (lediglich) vor, dass die Sätze nach der Gebührenordnung nicht in unlauterer Weise unterschritten werden dürfen (vgl. hierzu auch Brück aaO Stand 1. Juli 2004, § 2 Anm. 1.3.2). Darüber hinaus erlaubt sie in § 12 Abs. 2, dass der Arzt gegenüber einem bestimmten Kreis von Personen - Verwandten, Kollegen, deren Angehörigen, mittellosen Patienten - das Honorar ganz oder teilweise erlassen darf. Um einen Erlass geht es hier freilich nicht, sondern um die Befugnis, für einen gesamten Behandlungsbereich konsiliarärztlicher Tätigkeit eine Vergütung unter dem Einfachsatz zu vereinbaren. Ob das unlauter ist, lässt sich nicht - wie die Klägerin dies vertritt - allein mit der Unterschreitung des Rahmens der Gebührenordnung begründen. Vielmehr kann es selbst im Anwendungsbereich der Gebührenordnung gerade auch unter dem Gesichtspunkt der Berufsfreiheit erforderlich sein, dem Arzt eine Unterschreitung des Einfachsatzes zu erlauben, wie es insbesondere für Laborärzte vertreten wird, die mit nicht ärztlich geleiteten Einrichtungen im Wettbewerb stehen (vgl. hierzu Ratzel, in: Ratzel/Lippert, Kommentar zur Musterberufsordnung der deutschen Ärzte, 4. Aufl. 2006, § 12 Rn. 13; Pflüger aaO). Dass die hier in Rede stehende Unterschreitung des Einfachsatzes den Wettbewerb in unlauterer Weise beeinflusst hätte, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt; auch die Klägerin verweist auf keinen Vortrag, nach dem sie oder das Krankenhaus durch ein zu niedrig bemessenes Honorar andere Radiologen in unlauterer Weise in ihrer Tätigkeit behindert hätten. Dagegen spricht vor allem, dass nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien mit der die Gebührenhöhe betreffenden Rahmenvereinbarung nicht die Pflicht für das Krankenhaus verbunden war, alle Patienten, die radiologische Leistungen benötigten, den Ärzten der Klägerin zuzuführen, und dass auch die Ärzte der Klägerin entscheiden konnten, ob sie vom Krankenhaus der Beklagten zugewiesene Patienten behandeln wollten. Dass die Klägerin ihre Tätigkeit für das Krankenhaus der Beklagten fortgesetzt und von einer Kündigung der Rahmenvereinbarung abgesehen hat, nachdem sich die Beklagte nach der ersten Rechnungsstellung vom 24. März 2005 am 29. April 2005 auf die mit dem Praxisvorgänger geschlossene Vereinbarung berufen hatte, spricht im Übrigen dafür, dass die Klägerin die getroffene Regelung selbst nicht für unangemessen gehalten hat. Dass man sie als eine unerlaubte Vorteilsgewährung im Sinne von § 31 der genannten Berufsordnung seitens der Klägerin an das Krankenhaus für eine Zuweisung von Patienten ansehen müsste (vgl. zu einem solchen Verbot Senatsurteil vom 20. März 2003 - III ZR

135/02 - NJW-RR 2003, 1175), ist unter diesen Umständen eine - fern liegende - theoretische Überlegung der Revision, für die es an Feststellungen fehlt.

Schlick Dörr Hucke

Seiters Tombrink

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