IX ZB 105/09

11.02.2010

BUNDESGERICHTSHOF

 

vom

 

11. Februar 2010

in dem Verbraucherinsolvenzverfahren

Nachschlagewerk: ja

BGHZ: nein

BGHR: ja

InsO § 203 Abs. 1 Nr. 3, § 313 Abs. 2 Satz 1

Eine Nachtragsverteilung kann angeordnet werden, wenn ein Gläubiger im vereinfachten Insolvenzverfahren schlüssig darlegt, dass er mit Hilfe einer Anfechtungsklage unbekannte Gegenstände zur Masse ziehen kann.

BGH, Beschluss vom 11. Februar 2010 - IX ZB 105/09 - LG Potsdam, AG Potsdam

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter und die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Vill, Dr. Fischer und Grupp

am 11. Februar 2010

beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 20. April 2009 wird auf Kosten der Schuldnerin zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe:

[1] I. Die Schuldnerin beantragte, ein Verbraucherinsolvenzverfahren über ihr Vermögen zu eröffnen; zugleich stellte sie einen Antrag auf Restschuldbefreiung. Der Treuhänder wies in seinem Schlussbericht darauf hin, dass keine Masse vorhanden sei; den Antrag auf Restschuldbefreiung befürwortete er. Nach Durchführung des Schlusstermins hob das Amtsgericht das Insolvenzverfahren auf.

[2] Am 17. November 2008 hat der Beteiligte, der Forderungen eines Gläubigers der Schuldnerin erworben hat, die Anordnung einer Nachtragsverteilung beantragt. Er beruft sich darauf, dass die Schuldnerin am 9. April 2002 ein Grundstück in anfechtbarer Weise unentgeltlich auf ihre Kinder übertragen habe. Wie von ihm angekündigt, hat der Beteiligte zwischenzeitlich gemäß § 313 Abs. 2 InsO Anfechtungsklage gegen die Zuwendungsempfänger erhoben.

[3] Durch Beschluss vom 28. November 2008 hat das Amtsgericht die Nachtragsverteilung hinsichtlich des Anfechtungsanspruchs der unentgeltlichen Übertragung des Grundstücks angeordnet. Die dagegen von der Schuldnerin eingelegte Beschwerde hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit ihrer Rechtsbeschwerde verfolgt die Schuldnerin ihr Begehren weiter.

[4] II. Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, §§ 7, 6 Abs. 1, § 204 Abs. 2 Satz 2 InsO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig. Die von ihr zur Prüfung unterbreitete Rechtsfrage, ob im Rahmen des § 203 Abs. 1 Nr. 3 InsO "abschließend über das Vorliegen der Voraussetzungen des Anfechtungsanspruchs zu befinden ist", ist zu verneinen.

[5] 1. Sind die maßgeblichen Tatsachen unstreitig, hat eine umfassende rechtliche Prüfung zu erfolgen, ob nachträglich ermittelte Gegenstände die Anordnung einer Nachtragsverteilung rechtfertigen (§ 203 Abs. 1 Nr. 3 InsO). Anders verhält es sich hingegen, wenn die für eine Nachtragsverteilung in Betracht kommenden Gegenstände erst nach Durchführung eines Rechtsstreits - etwa wie im Streitfall auf der Grundlage einer Anfechtungsklage (BGHZ 83, 102, 103) - zur Masse gezogen werden können. In einer solchen Konstellation kann es nicht Aufgabe des Insolvenzgerichts sein, bei der Anordnung der Nachtragsverteilung abschließend über die dem Prozessgericht vorbehaltene Prüfung der Begründetheit der Klage zu befinden, zumal der Beklagte des Streitverfahrens häufig an der Entscheidung über die Nachtragsverteilung gar nicht beteiligt ist. Vielmehr kann das Gericht in einer solchen Lage eine Nachtragsverteilung anordnen, wenn die beabsichtigte Klage nach dem Inhalt des dem Gericht unterbreiteten Sachverhaltes schlüssig ist.

[6] 2. Die Schuldnerin bestreitet nicht, das fragliche Grundstück im Jahre 2002 unentgeltlich auf ihre Kinder übertragen zu haben. Mithin kommt hier eine Anfechtung nach § 134 InsO in Betracht. Die von der Rechtsbeschwerde in den Mittelpunkt gerückte Frage, ob den Anfechtungsgegnern auf der Grundlage einer im Jahre 1995 erfolgten Abtretung eines Auflassungsanspruchs ein Aussonderungsrecht (§ 47 InsO) zusteht, ist nicht entscheidungserheblich, weil ein solcher Rechtserwerb nach dem Inhalt der mit dem Antrag auf Nachtragsverteilung vorgelegten Klageschrift von dem weiteren Beteiligten gerade bestritten wird.

Ganter Gehrlein Vill

Fischer Grupp

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