IX ZB 230/05

28.09.2006

BUNDESGERICHTSHOF

vom

28. September 2006

in dem Insolvenzeröffnungsverfahren


Nachschlagewerk: ja


BGHZ: nein

BGHR: ja


InsVV §§ 3, 11


Zur Frage, wann sich der vorläufige Insolvenzverwalter in erheblichem Umfang mit Aus- oder Absonderungsrechten beschäftigt.


BGH, Beschluss vom 28. September 2006 - IX ZB 230/05 - LG Dresden, AG Dresden


Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Richter Dr. Ganter, Raebel, Dr. Kayser, Cierniak und Dr. Fischer

am 28. September 2006

beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerden der weiteren Beteiligten zu 2 und 3 wird der Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Dresden vom 10. August 2005 aufgehoben.

Die Sache wird - auch zur Entscheidung über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 165.912,77 € festgesetzt.

Gründe:

[1] I. Die Schuldnerin war eine aus den weiteren Beteiligten zu 1 und zu 2 gebildete Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Ihr Vermögen bestand im Wesentlichen aus zwei wertausschöpfend belasteten Grundstücken in Weißig und Bautzen, für die sie Mieteinnahmen erzielte. Inwiefern die Mietzinsforderungen zur Sicherheit abgetreten waren, ist streitig. Ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der weiteren Beteiligten zu 1, einer GmbH, wurde mangels Masse abgelehnt. In diesem Verfahren war der weitere Beteiligte zu 3 vorläufiger Insolvenzverwalter.

[2] Am 26. Juli 2001, noch vor der Ablehnung des sie betreffenden Eröffnungsantrags, beantragte die weitere Beteiligte zu 1 mit Zustimmung des weiteren Beteiligten zu 3, jedoch gegen den Widerspruch der weiteren Beteiligten zu 2, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin. Am gleichen Tage setzte das Amtsgericht - Insolvenzgericht - den weiteren Beteiligten zu 3 zum vorläufigen Insolvenzverwalter auch in diesem Verfahren ein. Am 12. Oktober 2001 nahm die weitere Beteiligte zu 1 den Insolvenzantrag zurück.

[3] Der vorläufige Insolvenzverwalter (weiterer Beteiligter zu 3) hat beantragt, seine Vergütung im Eröffnungsverfahren gegen die Schuldnerin auf 222.488,39 € zuzüglich Umsatzsteuer festzusetzen. Den Wert der verwalteten Gegenstände hat er auf 68.778.420,28 DM beziffert. In diesen Betrag sind eingeflossen der Wert des Grundstücks in Weißig von 68 Mio. DM, des Grundstücks in Bautzen von 300.000 DM, Mietzinsforderungen für Weißig von 429.382,49 DM und für Bautzen von 49.037,79 DM. Mit Beschluss vom 13. Mai 2002 hat das Amtsgericht die Vergütung auf 165.912,77 € brutto festgesetzt und ausgesprochen, dass diese von der Schuldnerin zu zahlen sei. Auf die sofortige Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 2 und die Anschlussbeschwerde des weiteren Beteiligten zu 3 hat das Landgericht mit Beschluss vom 10. August 2005 die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters auf 46.086,88 € herabgesetzt und ausgesprochen, dass die weitere Beteiligte zu 2 als Rechtsnachfolgerin der Schuldnerin die Vergütung zu zahlen habe. Dagegen wenden sich die weiteren Beteiligten zu 2 und 3 mit jeweils selbstständigen Rechtsbeschwerden.

[4] II. Das statthafte (§ 7 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und zulässige (§ 574 Abs. 2 ZPO) Rechtsmittel der weiteren Beteiligten zu 2 führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

[5] 1. Die Beschwerdeentscheidung beruht auf der früheren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 146, 165 ff), wonach der vorläufige Insolvenzverwalter bereits durch die nennenswerte, nicht notwendig erhebliche Befassung mit Aus- oder Absonderungsrechten eine Vergütung verdiente. Der Verkehrswert der schuldnerfremden oder mit Fremdrechten belasteten Gegen-

stände war hierbei in die Berechnungsgrundlage einzustellen. Falls sich der vorläufige Insolvenzverwalter nur nennenswert, jedoch nicht erheblich mit den fraglichen Rechten befasst hatte, war allerdings ein Abschlag vorzunehmen. Mit zwei Entscheidungen vom 14. Dezember 2005 (IX ZB 256/04, WM 2006, 530, z.V.b. in BGHZ 165, 266, und IX ZB 268/04, WM 2006, 534; vgl. ferner Beschl. v. 12. Januar 2006 - IX ZB 127/04, ZInsO 2006, 257; v. 13. Juli 2006 - IX ZB 104/05, ZInsO 2006, 811 ff, z.V.b. in BGHZ) hat der Senat diese Rechtsprechung geändert. Nunmehr hat eine solche Tätigkeit bei der Ermittlung der Berechnungsgrundlage nach §§ 1, 10 InsVV außer Betracht zu bleiben. Beschäftigt sich der vorläufige Insolvenzverwalter in erheblichem Umfang mit solchen Rechten, wofür es auch ausreicht, dass er sich mit den belasteten Gegenständen befasst, ist ein Zuschlag zu gewähren (§§ 3, 10, 11 Abs. 1 Satz 2 InsVV).

[6] 2. Damit stellt sich ein Großteil der Fragen, welche die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu 2 als rechtsgrundsätzlich ansieht, nicht mehr. Indes gebietet es die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, dass die der neuen Rechtsprechung des Senats widersprechende Beschwerdeentscheidung nicht rechtskräftig wird (vgl. BGH, Beschl. v. 2. Dezember 2004 - IX ZB 110/04, ZVI 2005, 99, 100).

[7] a) Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts hat sich der vorläufige Insolvenzverwalter nur in nennenswertem, jedoch nicht in erheblichem Umfang mit dem Grundstück in Weißig und den für dieses Objekt eingezogenen, ebenfalls der abgesonderten Befriedigung unterliegenden Mietzinsen befasst. Auf dieser Grundlage (vgl. indes unten III 2) sind der Verkehrswert des Grundstücks und die Mietbeträge zu Unrecht bei der Berechnungsgrundlage für seine Vergütung berücksichtigt worden (zu der Frage, ob der vorläufige Insolvenzverwalter insoweit einen Zuschlag zur Regelvergütung verdient hat, vgl. unten III 1 a); allerdings entfällt dann auch der Abschlag wegen minderer Belastung des vorläufigen Verwalters.

[8] b) Auch im Hinblick auf das Grundstück in Bautzen hat die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu 2 Erfolg. Insoweit hat das Beschwerdegericht dem vorläufigen Insolvenzverwalter zugute gehalten, er habe sich in erheblichem Umfang mit dem Grundstück befasst. Er habe sich um die Einziehung rückständiger Mieten bemüht, mit Minderungseinreden der Mieter auseinandergesetzt und insbesondere eine abfallrechtliche Verfügung abgewehrt. Auch insofern hätte nach der neuen Rechtsprechung des Senats nur ein Zuschlag gewährt, nicht jedoch der Substanzwert des vermieteten Objekts in die Berechnungsgrundlage eingestellt werden dürfen. Außerdem rügt die Rechtsbeschwerde mit Recht, dass die Auseinandersetzung mit den Mietern doppelt berücksichtigt worden ist. Zum einen hat das Beschwerdegericht sie zum Anlass genommen, die eingezogenen Mieten - obwohl zur Sicherheit an die

Bank abgetreten - in vollem Umfang in die Berechnungsgrundlage einzustellen; zum andern hat das Beschwerdegericht deswegen auch den vollen Substanzwert des vermieteten Objekts in gleicher Weise berücksichtigt.

[9] c) Ob das Beschwerdegericht die Tätigkeit, derentwegen es die für das Grundstück in Bautzen eingezogenen Mieten in die Berechnungsgrundlage eingestellt hat, als erheblich oder nur - wie bei der vergleichbaren Position für Weißig - als nennenswert bewertet hat, lässt sich dem angefochtenen Beschluss nicht zuverlässig entnehmen. Deshalb ist die Sache auch insoweit zurückzuverweisen.

[10] 3. Ohne Erfolg bleibt die Rechtsbeschwerde, soweit sie sich dagegen wendet, dass die weitere Beteiligte zu 2 Schuldnerin der Vergütungsforderung ist.

[11] Nimmt der Schuldner einen von ihm selbst gestellten Insolvenzantrag zurück, so hat nach § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO in Verbindung mit § 4 InsO grundsätzlich er die Kosten des Verfahrens zu tragen (MünchKomm-InsO/Ganter, § 4 Rn. 54; MünchKomm-InsO/Schmahl, § 15 Rn. 63; HK-InsO/Kirchhof, 4. Aufl. § 13 Rn. 15). Hat für den Schuldner ein organschaftlicher Vertreter oder Gesellschafter den Antrag gestellt, trifft die Kostenlast den schuldnerischen Rechtsträger als solchen und nicht den Vertreter oder Gesellschafter (Jaeger/Müller, InsO § 15 Rn. 65; MünchKomm-InsO/Schmahl, aaO). Zwar wird eine Ausnahme dann in Betracht gezogen, wenn das Antragsrecht des antragstellenden Vertreters oder Gesellschafters nicht zur Überzeugung des Gerichts festgestellt worden ist (Jaeger/Müller, aaO § 15 Rn. 66; MünchKomm-InsO/Schmahl, § 15 Rn. 64; vgl. ferner LG Duisburg DZWIR 2000, 34, 35). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor. Auch die Rechtsbeschwerde bezweifelt nicht, dass die weitere Beteiligte zu 1 - unabhängig davon, dass sie nach dem Gesellschaftsvertrag nicht allein vertretungsbefugt war und der andere Gesellschafter (die weitere Beteiligte zu 2) widersprach - gemäß § 15 Abs. 1 InsO den Insolvenzantrag stellen durfte [RBB 18]. Falls die weitere Beteiligte zu 1 dadurch ihre gesellschaftsrechtlichen Pflichten verletzt haben sollte, ist dies gesellschaftsintern auszutragen (Jaeger/Müller, aaO; MünchKomm-InsO/

Schmahl, § 15 Rn. 63).

[12] Die Rechtsbeschwerde stellt zur Nachprüfung durch den Senat, ob und unter welchen Voraussetzungen Fragen der Rechtsnachfolge auf Seiten des Schuldners zum Gegenstand des Vergütungsfestsetzungsverfahrens gemacht werden können. Das Beschwerdegericht hat diese Frage im Allgemeinen offen gelassen, weil im vorliegenden Fall feststehe, dass die weitere Beteiligte zu 2 Rechtsnachfolgerin der Schuldnerin sei. Letzteres wird auch von der Rechtsbeschwerde nicht in Frage gestellt. Deswegen sieht der Senat ebenfalls keinen Anlass, die Frage zu vertiefen.

[13] III. Die Rechtsbeschwerde des vorläufigen Insolvenzverwalters (weiteren Beteiligten zu 3) ist gleichfalls zulässig und zum Teil auch begründet.

[14] 1. Die Bemessung von Vergütungszu- und -abschlägen ist eine Frage der tatrichterlichen Würdigung des Leistungsbildes im Einzelfall (BGH, Beschl. v. 11. Mai 2006 - IX ZB 249/04, ZInsO 2006, 642, 644); sie kann mit der Rechtsbeschwerde nur angegriffen werden, sofern die Gefahr besteht, dass ein falscher Maßstab angewendet worden ist (BGH, Beschl. v. 4. Juli 2002 - IX ZB 31/02, NJW 2002, 2945, 2946). Diese Gefahr wird von der Rechtsbeschwerde nicht aufgezeigt.

[15] a) Ohne Erfolg beanstandet die Rechtsbeschwerde, das Beschwerdegericht, das Forderungen aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 478.420,28 DM in die Bemessungsgrundlage eingestellt hat, hätte zusätzlich einen Zuschlag für die Mietverwaltung gemäß § 3 Abs. 1 Buchst. b InsVV gewähren müssen. Falls die Mietforderungen, wie der vorläufige Insolvenzverwalter geltend gemacht hat, nicht sicherungshalber abgetreten waren und der Schuldnerin uneingeschränkt zustanden, ist die Masse durch die Zuflüsse der Mietzinsen größer geworden; in einem solchen Falle schließt § 3 Abs. 1 Buchst. b InsVV einen Zuschlag regelmäßig aus. Waren die Forderungen jedoch sicherungshalber abgetreten und hat sich der vorläufige Insolvenzverwalter in erheblichem Maße damit beschäftigen müssen (vgl. unten 2.), kommt ein Zuschlag zwar in Betracht (s. oben III.1.), aber nur anstelle, nicht neben der bisher gewährten Erhöhung der Berechnungsgrundlage.

[16] b) Dass das Beschwerdegericht wegen vorzeitiger Beendigung der vorläufigen Insolvenzverwaltung einen Abschlag vorgenommen hat, ist nicht "objektiv willkürlich". Gemäß § 3 Abs. 2 Buchst. c InsVV ist die vorzeitige Beendigung des Amts sogar als Regelfall für ein Zurückbleiben hinter dem Regelsatz normiert. Im vorliegenden Fall ist die Tätigkeit des weiteren Beteiligten zu 3 durch die Rücknahme des Insolvenzantrags vorzeitig beendet worden. In welchem Maße die Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters dadurch erleichtert worden ist, hat im Einzelnen der Tatrichter abzuwägen.

[17] c) Entsprechendes gilt für den Abschlag, den das Beschwerdegericht im Hinblick darauf für gerechtfertigt gehalten hat, dass der weitere Beteiligte zu 3 bereits in dem Verfahren über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der weiteren Beteiligten zu 1 als Gutachter und vorläufiger Insolvenzverwalter tätig gewesen ist. Der Rechtsgedanke des § 3 Abs. 2 Buchst. a InsVV ist auch dann anwendbar, wenn die vorherige Einsetzung als vorläufiger Insolvenzverwalter in dem Insolvenzeröffnungsverfahren eines Gesellschafters der nunmehrigen Schuldnerin die Arbeit erleichtert hat. Gewisse "Synergieeffekte" hat der weitere Beteiligte zu 3 selbst eingeräumt.

[18] 2. Demgegenüber kann der Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten zu 3 der Erfolg nicht versagt werden, soweit er sich dagegen wendet, dass das Beschwerdegericht seine Tätigkeit in Bezug auf die verwaltete Masse als nicht "erheblich" bewertet hat. Zwar richtet sich der Angriff der Rechtsbeschwerde zunächst nur gegen die Vornahme eines Abschlags gemäß der früheren Rechtsprechung (BGHZ 146, 165, 177). Insoweit geht der Angriff ins Leere, weil nach der neuen Rechtsprechung des Senats für einen derartigen Abschlag inzwischen die Voraussetzungen weggefallen sind. Indessen hat die Frage, ob die Beschäftigung des vorläufigen Insolvenzverwalters mit Aus- oder Absonderungsrechten erheblich war, sogar noch an Bedeutung gewonnen. Sie entscheidet nunmehr darüber, ob diese Beschäftigung mit der Regelvergütung abgegolten wird oder einen Zuschlag auslöst.

[19] a) Dass die Befassung mit den Gegenständen, die einem Aus- oder Absonderungsrecht unterliegen, vergütungsrechtlich derjenigen mit dem Aus- oder Absonderungsrecht gleichsteht, hat der Senat mit seinen Entscheidungen vom 14. Dezember 2005 (aaO) geklärt.

[20] b) Hinsichtlich der Frage, wann eine "erhebliche" Beschäftigung des vorläufigen Insolvenzverwalters mit diesen Gegenständen vorliegt, hat der Senat (Beschl. v. 14. Dezember 2005 - IX ZB 256/05, aaO S. 532 f; v. 13. Juli 2006 - IX ZB 104/05, aaO) auf die Grundsätze zurückgegriffen, welche die Rechtsprechung zu § 3 Abs. 1 Buchst. a InsVV entwickelt hat. Danach ist eine den Regelsatz übersteigende Vergütung festzusetzen, wenn die Bearbeitung von Aus- und Absonderungsrechten einen "erheblichen Teil" der Tätigkeit des (endgültigen) Insolvenzverwalters ausgemacht hat. Der Senat hat darauf abgestellt, ob der Verwalter durch die Bearbeitung tatsächlich über das gewöhnliche Maß in Anspruch genommen worden ist; maßgebliches Bemessungskriterium ist hierbei der real gestiegene Arbeitsaufwand in diesem Bereich (BGH, Beschl. v. 24. Juli 2003 - IX ZB 607/02, NZI 2003, 603, 604). Die Erhöhung der Vergütung kann nicht an formale Kriterien geknüpft werden, etwa an die Zahl der Sicherungsgläubiger oder den Anteil der Fremdrechte an dem verwalteten Vermögen. Diese Umstände können allerdings indiziell auf einen erhöhten Arbeitsanfall bei dem Verwalter hindeuten.

[21] Im Insolvenzeröffnungsverfahren wird das "gewöhnliche Maß" der Beschäftigung mit Aus- oder Absonderungsrechten noch nicht überschritten, wenn der vorläufige Insolvenzverwalter die fraglichen Gegenstände in Besitz nimmt und inventarisiert. Entsprechendes gilt regelmäßig für die Prüfung, wie die Eigentumsverhältnisse liegen, welche der verwalteten Gegenstände mit Fremdrechten belastet sind und um welche Fremdrechte es sich handelt. Nicht

außergewöhnlich belastend ist in der Regel auch die Prüfung, ob für Gegenstände mit fremden Rechten Versicherungsschutz besteht. Solche Tätigkeiten werden vielfach routinemäßig und meist mit geringem Aufwand erledigt. Anders kann es sich etwa dann verhalten, wenn die Verwaltung von fremden oder mit Grundpfandrechten belasteten Grundstücken oder von beweglichem Sicherungsgut einen erheblichen Teil der Arbeitskraft des vorläufigen Verwalters bindet. Dann wäre es unangemessen, seine entsprechenden Bemühungen nur deshalb unvergütet zu lassen, weil sie sich auf schuldnerfremde oder mit Fremdrechten belastete Gegenstände bezogen haben. Ob diese Gegenstände zur künftigen Insolvenzmasse gehören, kann für die Pflichten des vorläufigen Verwalters unerheblich sein.

[22] Eine erhebliche Belastung des vorläufigen Verwalters durch die Beschäftigung mit Aus- oder Absonderungsrechten (oder den betreffenden Gegenständen) kann je nach den konkreten Umständen beispielsweise vorliegen: wenn ein Grundpfandgläubiger die Zwangsversteigerung einer schuldnereigenen Immobilie betreibt und der vorläufige Insolvenzverwalter mit ihm darüber verhandelt, von der Zwangsvollstreckung Abstand zu nehmen, oder dieser eine bereits anhängige Zwangsvollstreckungsmaßnahme nach § 30d Abs. 4 ZVG einstweilen einstellen lässt; wenn die belastete Immobilie zugleich vermietet ist und dem vorläufigen Verwalter die Mietverwaltung obliegt, ohne dass das verwaltete Vermögen dadurch angereichert wird (BGH, Beschl. v. 13. Juli 2006 - IX ZB 104/05, aaO).

[23] Sache des vorläufigen Insolvenzverwalters, der die Festsetzung seiner Vergütung beantragt, ist es, seine aus der Beschäftigung mit fremden oder mit Fremdrechten belasteten Gegenständen herrührende Arbeitsbelastung konkret darzulegen, und der Tatrichter ist aufgerufen, die Umstände des Einzelfalls umfassend zu würdigen.

[24] c) Die Rechtsbeschwerde beanstandet mit Recht, das Beschwerdegericht habe Vorbringen des weiteren Beteiligten zu 3 unvollständig gewürdigt. Dieser hat vorgetragen, er habe eine I.

GmbH mit der Erstellung eines Verkehrswertgutachtens über das Objekt in Weißig beauftragt. Darüber hinaus habe er sich öffentlich-rechtliche Bescheide sowie Nachweise über laufende Lasten der Immobilie vorlegen lassen und die gesamte Rechtslage einschließlich der Erfolgsaussichten einer Aufnahme von Rechtsstreitigkeiten im Hinblick auf einen abgeschlossenen notariellen Vergleich geprüft, der den Verkauf des gesamten Objekts Weißig an zwei Erwerbergesellschaften zum Inhalt gehabt habe. Ferner habe er sich mit der Anwendbarkeit des § 571 BGB a.F. und des Schicksals der laufenden Mietverhältnisse im Verhältnis zu den Erwerbergesellschaften, deren vormerkungsgesicherten Übereignungsansprüchen und einer zugunsten eines Titelgläubigers der Schuldnerin eingetragenen Zwangssicherungshypothek befasst. Dies habe die eingehende inhaltliche Überprüfung der gesamten Vertragsunterlagen (Kaufverträge, Nachträge, Teilungserklärung, Mietverträge, Darlehensverträge, Sicherungsabreden und Sicherungszweckerklärungen, Klageschriften, Vergleiche, Kontensalden etc.) vorausgesetzt. Zur Vorbereitung einer vollständigen insolvenzrechtlichen Auskunftserteilung habe er drei Termine mit dem Geschäftsführer der weiteren Beteiligten zu 1 durchgeführt, vorab sämtliche verfügbaren Unterlagen über Finanzierung, Bau und Vermietung geprüft, schon frühzeitig Kontakt mit der Bank aufgenommen, um Übersendung weiterer Unterlagen zur Prüfung gebeten und einen später weggefallenen Besprechungstermin vereinbart. Unterstrichen werde die "Erheblichkeit" seiner Tätigkeit durch den Hinweis auf das monatliche Mietzinsvolumen von ca. 478.000,00 DM und die Dauer der vorläufigen Insolvenzverwaltung von mehr als neun Wochen. Mit diesem Vorbringen hat sich das Beschwerdegericht nicht auseinandergesetzt. Dies ist rechtsfehlerhaft, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass jedenfalls ein Teil der vorgenannten Angelegenheiten schon von dem vorläufigen Insolvenzverwalter wahrzunehmen war.

[25] IV. Die Sache ist deshalb an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen, damit geprüft wird, welche der in die Berechnungsgrundlage aufgenommenen Gegenstände der Aus- oder Absonderung unterliegen und ob gegebenenfalls die darauf bezogene Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters die Erheblichkeitsschwelle übersteigt.

Ganter Raebel Kayser

Cierniak Fischer

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