IX ZB 62/13

26.03.2015

BUNDESGERICHTSHOF

vom

26. März 2015

in dem Insolvenzverfahren


Nachschlagewerk: ja


BGHZ: nein

BGHR: ja


InsO § 63; InsVV § 5


a) Die Vergütung des Sonderinsolvenzverwalters ist regelmäßig in entsprechender Anwendung der Vorschriften über die Vergütung des Insolvenzverwalters festzusetzen. Wird ihm nur eine einzelne Aufgabe übertragen und könnte diese Gegenstand der Beauftragung eines Rechtsanwalts sein, ist die Höhe der Vergütung aber durch den Vergütungsanspruch eines Rechtsanwalts nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz begrenzt.

b) Ist ein Sonderinsolvenzverwalter, der als Rechtsanwalt zugelassen ist, für eine Tätigkeit bestellt, die ein nicht als Rechtsanwalt zugelassener Verwalter angemessenerweise einem Rechtsanwalt übertragen hätte, bemisst sich seine Vergütung unmittelbar nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz.


BGH, Beschluss vom 26. März 2015 - IX ZB 62/13 - LG Neubrandenburg, AG Neubrandenburg


Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Pape, Grupp und die Richterin Möhring

am 26. März 2015

beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten zu 1 wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Neubrandenburg vom 9. August 2013 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 1.811,06 € festgesetzt.

Gründe:

[1] I. Die weitere Beteiligte zu 2 ist Verwalterin sowohl in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen des R. L. als auch im Insolvenzverfahren über das Vermögen der T. GbR, deren Gesellschafter R. L. ist. Im Insolvenzverfahren über das Vermögen des R. L. meldete die weitere Beteiligte zu 2 eine Forderung der T. GbR in Höhe von 502.542,80 € an. Das Insolvenzgericht bestellte den weiteren Beteiligten zu 1 zum Sonderinsolvenzverwalter mit der Aufgabe, die angemeldete Forderung der T.

GbR zu prüfen. Der weitere Beteiligte zu 1 führte die ihm übertragene Tätigkeit aus und beantragte, seine Vergütung auf 2.457,23 € (2.044,90 € zuzüglich einer Auslagenpauschale von 20 € und 19 v.H. Umsatzsteuer) festzusetzen.

[2] Das Insolvenzgericht hat die Vergütung auf 25 € (eine 1,0-Verfahrensgebühr für das Insolvenzverfahren nach Nr. 3317 VV RVG nach dem Mindestwert von 300 € gemäß § 13 RVG) zuzüglich 20 € Auslagenpauschale und Umsatzsteuer, mithin auf 53,55 € festgesetzt. Auf die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1 hat das Landgericht die Vergütung auf insgesamt 646,17 € heraufgesetzt und die weitergehende Beschwerde zurückgewiesen. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Beteiligte zu 1 den zurückgewiesenen Teil seines Antrags weiter.

[3] II. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO, § 6 Abs. 1 Satz 1 InsO, § 64 Abs. 3 InsO analog) und auch im Übrigen zulässig. Sie führt in der Sache zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.

[4] 1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, die Vergütung eines Sonderinsolvenzverwalters erfolge zwar grundsätzlich nach der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung. Weil die Bestellung des Beteiligten zu 1 aber darauf beschränkt gewesen sei, einen einzelnen Anspruch zu prüfen, könne die Vergütung nicht höher als nach § 5 InsVV in Verbindung mit den Bestimmungen des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes festgesetzt werden. Sie bestimme sich somit letztlich nach diesem Gesetz. Danach sei eine 0,5-fache Gebühr analog Nr. 3320 VV RVG anzusetzen. Der Gegenstandswert sei gemäß § 28 Abs. 3, § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG mit 50.000 € (ca. 10 v.H. der verfahrensgegenständlichen Forderung) zu bestimmen. Die Vergütung betrage deshalb 523 € zuzüglich 20 € Auslagenpauschale und Umsatzsteuer.

[5] 2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

[6] a) Die Vergütung des Sonderinsolvenzverwalters bemisst sich in entsprechender Anwendung der Bestimmungen über die Vergütung des Insolvenzverwalters in §§ 63 bis 65 InsO und in der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung. Meist bezieht sich die Tätigkeit eines Sonderinsolvenzverwalters zwar nur auf einen Teil der Aufgaben des Insolvenzverwalters. Dem kann aber dadurch Rechnung getragen werden, dass die Vergütung auf einen angemessenen Bruchteil der Vergütung des Verwalters festgesetzt wird. Darüber hinaus können entsprechend § 3 InsVV Zu- und Abschläge festgesetzt werden, um eine angemessene Vergütung zu erreichen. Die Regelung über die Mindestvergütung in § 2 Abs. 2 InsVV gilt dabei nicht (BGH, Beschluss vom 29. Mai 2008 - IX ZB 303/05, NZI 2008, 485 Rn. 11, 20 bis 23). Hat der Sonderinsolvenzverwalter lediglich die Aufgabe, einzelne Ansprüche zu prüfen, zur Tabelle anzumelden oder anderweitig rechtlich durchzusetzen, ist seine Tätigkeit allerdings mit derjenigen eines Insolvenzverwalters kaum mehr vergleichbar. In diesem Fall kann die Vergütung jedenfalls nicht höher festgesetzt werden, als sie nach § 5 InsVV beansprucht werden könnte, wenn der Sonderinsolvenzverwalter nach dieser Vorschrift für eine Tätigkeit als Rechtsanwalt, Steuerberater

oder Wirtschaftsprüfer zu vergüten wäre. Liegt diese Voraussetzung vor, bemisst sich die Vergütung des Sonderinsolvenzverwalters nach den Bestimmungen des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (BGH, Beschluss vom 29. Mai 2008, aaO Rn. 24 f; vom 21. Januar 2010 - IX ZB 163/08, ZInsO 2010, 399 Rn. 8).

[7] b) Nach diesen Grundsätzen hat der Beteiligte zu 1 keinen Anspruch auf Festsetzung einer unmittelbar nach den Bestimmungen des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes berechneten Vergütung, denn die Voraussetzungen, unter denen ein als Rechtsanwalt zugelassener Verwalter für den Einsatz seiner besonderen Sachkunde nach § 5 InsVV eine so berechnete Vergütung verlangen kann, lagen nicht vor. Aufgabe des Beteiligten zu 1 als Sonderinsolvenzverwalter war es, die von der Beteiligten zu 2 angemeldete Forderung zu prüfen. Die Prüfung der zur Aufnahme in die Insolvenztabelle angemeldeten Forderungen gehört zu den Kernaufgaben, die ein Insolvenzverwalter in der Regel selbst auszuführen in der Lage sein muss, auch wenn er nicht als Rechtsanwalt zugelassen ist. Er wird diese Tätigkeit deshalb angemessener Weise nicht einem Rechtsanwalt übertragen, wenn nicht ausnahmsweise besondere rechtliche Schwierigkeiten mit der Prüfung einer Forderung verbunden sind. Dafür ist im Streitfall aber nichts festgestellt.

[8] c) Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts bemisst sich die Vergütung des Beteiligten zu 1 auch nicht "letztlich" nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz. Ist der Auftrag an den Sonderinsolvenzverwalter auf die Prüfung einer angemeldeten Forderung beschränkt und steht einer Übertragung dieser Tätigkeit auf einen Rechtsanwalt entgegen, dass es des Einsatzes der besonderen Sachkunde eines Rechtsanwalts nicht bedarf, ist die Vergütung des Sonderinsolvenzverwalters nach den Bestimmungen der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung zu bemessen. Die Vergütung, die ein Rechtsanwalt für eine solche Tätigkeit nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz beanspruchen könnte, bildet, sofern die Tätigkeit des Sonderinsolvenzverwalters insgesamt Gegenstand der Beauftragung eines Rechtsanwalts sein könnte, in diesem Fall lediglich die obere Grenze der festzusetzenden Vergütung, die nicht überschritten, wohl aber unterschritten werden darf.

[9] 3. Die angefochtene Entscheidung ist danach aufzuheben und die Sache zur erneuten tatrichterlichen Festsetzung der Vergütung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen. Dieses wird die Vergütung des Beteiligten zu 1 nach § 63 InsO in Verbindung mit der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung zu berechnen und bei der Bestimmung der oberen Grenze der Vergütung zu berücksichtigen haben, dass einer - hypothetischen - Vergütung nach den Bestimmungen des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes eine Geschäftsgebühr für außergerichtliche Tätigkeit nach Nr. 2300 VV RVG zugrunde zu legen ist und nicht eine Gebühr analog Nr. 3320 VV RVG. Jene Gebühr betrifft als Unterfall der hier ebenfalls nicht einschlägigen allgemeinen Verfahrensgebühr für das Insolvenzverfahren nach Nr. 3317 VV RVG die Anmeldung einer Insolvenzforderung für einen Insolvenzgläubiger. In den Fällen des § 5 InsVV geht es hingegen um die Vergütung einer dem Insolvenzverwalter obliegenden Tätigkeit nach Maßgabe der Gebühren, die ein mit dieser Tätigkeit gesondert beauftragter Rechtsanwalt beanspruchen könnte. Die Tätigkeit kann ganz verschiedene Gegenstände haben. Betrifft sie die Prüfung einer angemeldeten Forderung,

erlaubt die Anwendung der Rahmengebühr der Nr. 2300 VV RVG eine Berücksichtigung des mit der Forderungsprüfung im Einzelfall verbundenen Aufwands, der über denjenigen einer Forderungsanmeldung hinausgehen kann.

Kayser Gehrlein Pape

Grupp Möhring

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