RiZ(R) 1/06

08.11.2006

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

vom

8. November 2006

in dem Prüfungsverfahren


Nachschlagewerk: ja


BGHZ: nein

BGHR: ja


DRiG § 22 Abs. 1


Maßgeblich für die Fristberechnung des § 22 Abs. 1 DRiG ist das Ernennungsdatum des konkreten Dienstverhältnisses, um dessen Beendigung es geht. Hat der Richter die Entlassung beantragt oder der frühere Dienstherr das Richterverhältnis auf Probe aus den Gründen des § 22 DRiG beendet, und wird ein neues Richterverhältnis auf Probe durch Ernennung begründet, so beginnt die Frist von Neuem.


BGH, Urteil vom 8. November 2006 - RiZ(R) 1/06 - Brandenburgischer Dienstgerichtshof für Richter, Brandenburgisches Dienstgericht für Richter


der Richterin auf Probe

Antragstellerin und Revisionsklägerin,

- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte

gegen

das Land

Antragsgegner und Revisionsbeklagter,

wegen Entlassung aus dem Richterverhältnis auf Probe

Der Bundesgerichtshof - Dienstgericht des Bundes - hat am 8. November 2006 ohne mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof Nobbe, die Richterin am Bundesgerichtshof

Solin-Stojanovi?, die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Kniffka und Dr. Joeres sowie die Richterin am Bundesgerichtshof Mayen

für Recht erkannt:

Die Revision der Antragstellerin gegen das Urteil des Brandenburgischen Dienstgerichtshofs für Richter bei dem Brandenburgischen Oberlandesgericht vom 26. Oktober 2005 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die 1962 geborene Antragstellerin, die beide juristische Staatsprüfungen mit der Note "befriedigend" bestanden hat, ist Mutter von zwei Kindern. Sie wurde vom Antragsgegner erstmals mit Wirkung vom 26. Mai 1992 unter Berufung in das Richterverhältnis auf Probe in den höheren Justizdienst des Landes Brandenburg eingestellt, auf ihren eigenen Antrag aber mit Urkunde vom 19. Oktober 1994 zum 31. März 1995 wieder entlassen, nachdem ihre Leistungen in den in der Zwischenzeit erstellten Personal- und Befähigungsnachweisungen wiederholt als "noch nicht durchschnittlichen Anforderungen" entsprechend bewertet worden waren und sie selbst als für das Richteramt "nicht geeignet" bezeichnet worden war. An der Entlassung zum 31. März 1995 hielt der Präsident des Oberlandesgerichts auch fest, nachdem die Antragstellerin ihren Entlassungsantrag im März 1995 unter Hinweis auf eine veränderte berufliche und private Situation zurückgenommen hatte. Er teilte ihr jedoch mit, eine Neubewerbung werde angesichts der Beurteilung des Präsidenten des Landgerichts Potsdam vom 29. März 1995, in der die Antragstellerin "als für das Richteramt geeignet" bezeichnet worden war, nicht an der ansonsten geltenden Examensnotenvoraussetzung scheitern. Im Übrigen werde ein Bewerbungsverfahren seinen üblichen Lauf nehmen.

Mit Wirkung zum 1. August 1995 wurde die Antragstellerin erneut unter Berufung in das Richterverhältnis auf Probe zur Richterin ernannt. Sie war aufgrund entsprechender Dienstleistungsaufträge vom 1. August 1995 bis 30. April 1996 am Landgericht Frankfurt (Oder), vom 1. Mai 1996 bis 28. Februar 1997 am Amtsgericht Fürstenwalde und vom 1. März bis 21. September 1997 wieder am Landgericht Frankfurt (Oder) eingesetzt. Vom 22. September 1997 bis 26. Januar 1998 befand sie sich wegen ihres am 13. Oktober 1997 geborenen zweiten Kindes im Mutterschutz, vom 27. Januar 1998 bis 12. Oktober 2000 in Erziehungsurlaub. Ihre Schwangerschaft hatte sie am 14. Mai 1997 angezeigt.

Die Antragstellerin wurde während ihrer erneuten Proberichterzeit mehrfach dienstlich beurteilt. Mit Personal- und Befähigungsnachweisung vom 15. Februar 1996, der der Präsident des Brandenburgischen Oberlandesgerichts nicht entgegen trat, bewertete der Präsident des Landgerichts Frankfurt (Oder) sie "als für das Richteramt schon geeignet" und ihre Kenntnisse im Zivil- und Zivilprozessrecht als schon durchschnittlichen Anforderungen entsprechend. Hierzu führte er u.a. aus:

"Die von der Richterin vorgelegten Voten würdigen den Sachverhalt in der Regel erschöpfend, ihre Rechtsausführungen bieten stets eine brauchbare Grundlage für die Kammerberatung. Allerdings hätten die Rechtsausführungen verschiedentlich vollständiger und umfassender sein können. Ihre Entscheidungsentwürfe legt die Richterin stets rechtzeitig vor. Im Aufbau und Stil sind sie nicht zu beanstanden. Sie entsprechen stets dem Beratungsergebnis, so dass die in den vorbereitenden Voten mitunter zu erkennenden Lücken nicht mehr auftreten. Wenngleich die Qualität der von der Richterin vorgelegten Voten und Entscheidungsentwürfe noch nicht durchgehend zufriedenstellend ist, ist die sehr starke Belastung der Richterin in der Kammer zu berücksichtigen."

Mit Beurteilung vom 24. März 1997 bewertete der Präsident des Landgerichts Frankfurt (Oder) die Fähigkeiten und Leistungen der Antragstellerin "insgesamt als durchschnittlich". Für das Richteramt sei sie geeignet. Er wiederholte, dass die von ihr vorgelegten Voten den Sachverhalt in der Regel erschöpfend würdigten und stets eine brauchbare Grundlage für die Kammerberatung böten, wenngleich die rechtlichen Erörterungen verschiedentlich vollständiger und umfassender hätten sein können. Weiter führte er aus:

"Die Leistungen, die die Richterin während ihres Einsatzes am Amtsgericht Fürstenwalde gezeigt hat, haben das insgesamt positive Bild bestätigt. Die Kenntnisse der Richterin im strafrechtlichen Bereich weisen noch einige Lücken auf, die allerdings bei entsprechender Fortbildung ohne weiteres zu schließen sein dürften. Die Richterin hat sich als in der Lage erwiesen, ein durchschnittlich belastetes amtsrichterliches Dezernat im wesentlichen sachgerecht zu verwalten. Ihre Urteile sind insgesamt brauchbar, könnten jedoch verschiedentlich etwas inhaltsreicher ausfallen. Die Richterin hat auch beim Amtsgericht eine fleißige und zügige Arbeitsweise gezeigt."

In der hierzu ergangenen Überbeurteilung vom 14. Mai 1997 bewertete der Präsident des Brandenburgischen Oberlandesgerichts die Fähigkeiten und Leistungen der Antragstellerin als "durchschnittlich (untere Grenze)" und führte zur Begründung aus:

"Nach Durchsicht mehrerer von der Richterin beim Amts- und Landgericht bearbeiteter Verfahrensakten und angesichts der Einschränkungen, die die Beurteilung des Landgerichtspräsidenten auch für die Zeit des Einsatzes als Richterin am Amtsgericht enthält, nämlich dass

die Kenntnisse der Richterin im strafrechtlichen Bereich "noch einige Lücken" aufweisen,

sie sich in der Lage gezeigt hat, ein durchschnittlich belastetes amtsrichterliches Dezernat "im wesentlichen sachgerecht" zu verwalten und

ihre Urteile "insgesamt brauchbar" seien, jedoch "verschiedentlich etwas inhaltsreicher" ausfallen könnten,

beurteile ich die Fähigkeiten und Leistungen der Richterin erst als "durchschnittlich (untere Grenze)".

Die gegen diese Überbeurteilung gerichtete Klage der Antragstellerin hat das Verwaltungsgericht rechtskräftig abgewiesen.

In einem Bericht des Präsidenten des Landgerichts Frankfurt

(Oder) vom 29. August 1997 hat dieser zwar eine leichte Verbesserung des Leistungsbildes der Antragstellerin, die mittlerweile in einer Strafkammer tätig war, festgestellt, nicht aber eine durchgreifende Änderung gegenüber der letzten Beurteilung. Die Urteilstatbestände hätten in Bezug auf die subjektiven Tatbestandsmerkmale leichter Ergänzungen bedurft, die Ausführungen zur Strafzumessung seien nicht erschöpfend gewesen.

In dem nachfolgenden Bericht des Präsidenten des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 4. November 1997 ist der Leistungsbericht des Kammervorsitzenden wiedergegeben, in dem es heißt:

"Frau Richterin war unter meinem Vorsitz drei Monate in der Jugendkammer tätig. Aus der Zusammenarbeit mit ihr ergibt sich für mich folgendes Bild: Ihre schriftlichen Arbeiten zeigten ein schwankendes Leistungsbild. Einige der von ihr gefertigten Urteilsentwürfe wiesen Mängel und teilweise grobe Fehler auf, die wohl ihre Ursachen in ungenügenden Kenntnissen des Jugendstrafrechtes hatten. Nachdem die Richterin auf diese Mängel hingewiesen worden war und sie sich die erforderlichen Kenntnisse verschafft hatte, waren ihre folgenden Urteilsentwürfe brauchbar, bedurften nur geringer Korrektur und genügten so schon durchschnittlichen Anforderungen. Ebenso verhielt es sich mit den von Frau in Beschwerdesachen gefertigten Beschlussentwürfen. Teilweise waren nicht geringe Korrekturen erforderlich, insbesondere wenn komplexe Sachverhalte oder schwierige rechtliche Probleme zu beurteilen waren. Andererseits waren bei einfacher gelagerten Sachverhalten oder Problemen ihre Beschlussentwürfe gut brauchbar. Insgesamt fiel folgendes auf: In einfach gelagerten Fällen vermochte Frau den an sie gestellten Anforderungen zu genügen und gut brauchbare Entwürfe zu liefern. In schwierig gelagerten Fällen bedurfte sie der Anleitung und Unterstützung, um schließlich verwertbare schriftliche Arbeiten zu fertigen. Somit weisen die schriftlichen Arbeiten von Frau kein einheitliches Leistungsbild auf. Nur eingeschränkt brauchbare Entscheidungsentwürfe stehen neben durchschnittlichen Anforderungen genügenden Arbeiten... Auf Grund der im schriftlichen Bereich auszumachenden Unstetigkeit der erbrachten Leistungen beurteile ich ihre Gesamtleistungen als knapp durchschnittlich."

Angesichts dieses Leistungsberichts und einer Einsicht in verschiedene von der Richterin bearbeitete Sachakten war nach Ansicht des Präsidenten des Landgerichts Frankfurt (Oder) eine bessere Bewertung als "durchschnittlich an der unteren Grenze des Beurteilungsspielraums" nicht zu rechtfertigen, da die Richterin noch nicht in der Lage gewesen sei, Fälle mit einer Sach- und Rechtslage von gehobenem Schwierigkeitsgrad in wenigstens durchschnittlichen Anforderungen genügender Weise zu bearbeiten.

Nach Anhörung der Antragstellerin und des Präsidialrates, der gegen die Entlassung keine Einwendungen erhob, entließ der Antragsgegner die Antragstellerin durch Verfügung vom 19. Juli 2000, der Richterin zugestellt am 13. Oktober 2000, gemäß § 22 Abs. 1 DRiG aus dem Richterverhältnis auf Probe mit Wirkung zum 25. November 2000. Zur Begründung der Entlassung führte der Antragsgegner im Wesentlichen aus, es bestünden ernsthafte Zweifel an der Eignung der Antragstellerin für eine Tätigkeit als Richterin. Es fehle nach den Beurteilungen der Präsidenten des Landgerichts Frankfurt (Oder) und des Brandenburgischen Oberlandesgerichts sowie den Leistungsberichten an ihrer durchgängigen, die gesamte richterliche Tätigkeit umfassenden durchschnittlichen Leistungsfähigkeit. Bereits in der ersten Beurteilung seien Lücken im Bereich der zivilrechtlichen Voten festgestellt worden. In der Folge seien zwar leichte Verbesserungen, aber keine durchgreifenden Änderungen des Leistungsbildes festzustellen gewesen. Vielmehr habe sich das schwankende Leistungsbild in der Folge bestätigt. Urteilsentwürfe hätten bei komplexen Sachverhalten oder schwierigen rechtlichen Problemen erhebliche Mängel und sogar teilweise grobe Fehler aufgewiesen und seien daher nur eingeschränkt brauchbar gewesen. Lediglich bei einfach gelagerten Sachverhalten und rechtlichen Fragestellungen hätten die Arbeiten durchschnittlichen Anforderungen entsprochen.

Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Antragsgegner durch Bescheid vom 15. Mai 2001 zurück.

Mit ihrer vor dem Dienstgericht erhobenen Klage begehrt die Antragstellerin die Aufhebung der Entlassungsverfügung in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Mai 2001. Das Brandenburgische Dienstgericht für Richter hat den Antrag durch Urteil vom 25. September 2003 zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Antragstellerin hat der Brandenburgische Dienstgerichtshof für Richter bei dem Brandenburgischen Oberlandesgericht durch Urteil vom 26. Oktober 2005 zurückgewiesen. Zur Begründung hat der Dienstgerichtshof ausgeführt, der Antragsgegner habe zu Recht seine Entlassungsverfügung auf § 22 Abs. 1 DRiG gestützt, weil die dort genannte Frist von 24 Monaten im Zeitpunkt der Zustellung der Entlassungsverfügung angesichts der Schutzfristen nach den Vorschriften über den Mutterschutz noch nicht abgelaufen gewesen sei. Die Voraussetzungen für eine Entlassung lägen vor. Ausreichend für die auf § 22 Abs. 1 DRiG gestützte Entlassung sei jeder sachlich vertretbare Grund. Dem werde der angefochtene Bescheid gerecht, der rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelange, dass im Falle der Antragstellerin ernstliche Zweifel an deren Eignung für ein Richteramt bestünden. Der Antragsgegner habe auf der Grundlage der über die Antragstellerin erstellten dienstlichen Beurteilungen und sonstigen Leistungsberichte davon ausgehen dürfen, dass die Antragstellerin seit der (zweiten) Ernennung zur Richterin auf Probe durchweg Leistungsschwankungen gezeigt habe, insbesondere bei der Bearbeitung nicht einfach gelagerter Fälle noch bis zur Entlassung Mängel zu verzeichnen gewesen seien.

Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren weiter. Wegen ihres Vorbringens wird auf die Revisionsbegründungsschrift vom 13. April 2006 Bezug genommen.

Beide Parteien haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Revision (§ 80 Abs. 2 DRiG, § 80 BbgRiG) ist nicht begründet. Die auf § 22 Abs. 1 DRiG gestützte Entlassung der Antragstellerin aus dem Richterverhältnis auf Probe ist rechtlich nicht zu beanstanden.

I. Die formellen Voraussetzungen des § 22 Abs. 1 DRiG sind erfüllt. Die Antragstellerin wurde am 1. August 1995 zur Richterin auf Probe ernannt. Mit Rücksicht auf den zwischenzeitlichen Mutterschutz und den Erziehungsurlaub der Antragstellerin ist mit der Entlassung zum 25. November 2000 die Zweijahresfrist des § 22 Abs. 1 DRiG gewahrt. Die Entlassung, die - wie hier - zum Ablauf der Frist des § 22 Abs. 1 DRiG aus Gründen des Mutterschutzes oder eines Erziehungsurlaubs aus zwingenden gesetzlichen Gründen nicht möglich ist, ist nach deren Wegfall unter Beachtung der Frist des § 22 Abs. 5 DRiG, nach welcher die Entlassungsverfügung dem Richter sechs Wochen vor dem Entlassungstag mitgeteilt werden muss, zum nächstmöglichen Zeitpunkt zulässig (BGH, Urteil vom 22. Juli 1980 - RiZ(R) 4/80, BGHZ 78, 93, 96 f.). Das war hier der 25. November 2000, da der Erziehungsurlaub der Antragstellerin am 13. Oktober 2000 beendet war.

Dies stellt auch die Revision nicht in Abrede. Sie meint jedoch, bei der Fristberechnung dürfe nicht auf den 1. August 1995 als Einstellungsdatum abgestellt werden, sondern es müsse ausnahmsweise die Zeit berücksichtigt werden, in der die Antragstellerin bereits zuvor Richterin auf Probe gewesen sei, da die Entlassung und sofortige Wiedereinstellung eine Umgehung der Fristenregelung des § 22 Abs. 1 DRiG darstelle. Dies trifft nicht zu.

Maßgeblich für die Fristberechnung des § 22 Abs. 1 DRiG ist das Ernennungsdatum des konkreten Dienstverhältnisses, um dessen Beendigung es geht. Hat der Richter - wie hier - die Entlassung beantragt

oder der frühere Dienstherr das Richterverhältnis auf Probe aus den Gründen des § 22 DRiG beendet, und wird - wie hier - ein neues Richterverhältnis auf Probe durch Ernennung begründet, so beginnt die Frist von Neuem (Schmidt-Räntsch, Deutsches Richtergesetz 5. Aufl. § 22 Rdn. 6). Andernfalls könnte der Fall eintreten, dass der Dienstherr den Richter auf Probe nach Begründung eines neuen Dienstverhältnisses nicht unter den erleichterten Voraussetzungen des § 22 Abs. 1 DRiG entlassen kann. Dafür gibt es keinen überzeugenden Grund.

Entgegen der Auffassung der Revision stellt die auf Antrag der Richterin erfolgte Entlassung und ihre spätere Neueinstellung auch keine Umgehung der Fristenregelung des § 22 DRiG durch den Antragsgegner dar, die es ihm verwehren würde, sich auf die mit der Begründung des neuen Dienstverhältnisses neu laufende Frist des § 22 DRiG zu berufen. Dabei kann dahin stehen, ob dieser Vortrag, den die Antragstellerin in den Tatsacheninstanzen so nicht gehalten hat, im Revisionsverfahren noch zulässig ist. Er ist jedenfalls schon angesichts des eigenen Vortrags der Antragstellerin in der Berufungsbegründung nicht zutreffend. Danach hat sie sich, nachdem sie durchgehend schlecht beurteilt und als für den Richterberuf nicht geeignet bewertet worden war, zu dem Entlassungsantrag entschlossen, um in einem anderen Arbeitszusammenhang noch einmal neu anfangen zu können. Die Entlassung mit späterer Neueinstellung stellt sich vor diesem Hintergrund nicht als Umgehung der Frist des § 22 Abs. 1 DRiG durch den Antragsgegner dar, sondern als die Einräumung einer dem Wunsch der Antragstellerin entsprechenden weiteren Möglichkeit, sich noch einmal von Neuem in einem Proberichterverhältnis bewähren zu können mit der Folge, dass auch die Fristen für eine erleichterte Entlassung nach § 22 Abs. 1 DRiG erneut zu laufen begannen.

Etwas anderes folgt auch nicht etwa daraus, dass die Antragstellerin im Anschluss an die auf ihren eigenen Antrag hin ergangene Entlassungsverfügung in den verbleibenden Monaten ihrer ersten Proberichterzeit verbesserte Leistungen erbracht hatte. Wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat, können Leistungen, die nach der Entlassungsverfügung erbracht werden, Rechtmäßigkeit und Wirksamkeit der Entlassung als eines rechtsgestaltenden Aktes nicht mehr beeinträchtigen (BGH, Urteile vom 29. September 1975 - RiZ(R) 1/75, DRiZ 1976, 23, 24 und vom 12. Oktober 1995 - RiZ(R) 8/94, DRiZ 1997, 67, 68). Der Antragsgegner war daher nicht etwa verpflichtet, das frühere Proberichterverhältnis fortzusetzen. Die Entlassung und spätere Neueinstellung der Antragstellerin stellt sich danach auch unter diesem Gesichtspunkt nicht als Umgehung der Fristenregelung des § 22 Abs. 1 DRiG dar.

II. Zu Recht hat der Dienstgerichtshof für Richter die Entlassungsverfügung auch als materiell rechtmäßig angesehen. Sie überschreitet weder die Grenzen des Ermessens, das § 22 Abs. 1 DRiG dem Dienstherrn einräumt, noch widerspricht sie dem Zweck dieser Ermächtigung (§ 114 VwGO).

Nach § 22 Abs. 1 DRiG ist die Entlassung eines Richters auf Probe bis zum Ablauf des 24. Monats nach seiner Ernennung aus jedem sachlichen Grund zulässig (BGH, Urteil vom 22. Juli 1980 - RiZ(R) 4/80, BGHZ 78, 93, 98). Die Entlassung setzt insbesondere nicht die Feststellung voraus, der Richter auf Probe sei für das Amt des Richters nicht geeignet. Vielmehr rechtfertigen schon ernstliche Zweifel an der Eignung eines Richters auf Probe, die sich aus einer dienstlichen Beurteilung ergeben können, seine Entlassung (BGH, Urteile vom 29. September 1975 - RiZ(R) 1/75, DRiZ 1976, 23, 24 und vom 10. Juli 1996 - RiZ(R) 3/95, DRiZ 1996, 454). Solche Zweifel begründende Umstände hat der Antragsgegner nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Dienstgerichtshofes für Richter in der Entlassungsverfügung und dem Widerspruchsbescheid, die sich auf die vorangegangenen Personal- und Befähigungsnachweisungen und die ergänzenden Leistungsberichte des Präsidenten des Landgerichts Frankfurt (Oder) stützen, dargelegt.

Die Beurteilung der Eignung ist ein Akt wertender Erkenntnis, der dem Dienstherrn einen Beurteilungsspielraum gewährt, dessen gerichtliche Überprüfung darauf beschränkt ist, ob der Begriff der Eignung verkannt oder ein unrichtiger Sachverhalt zugrunde gelegt worden ist, ob allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt worden sind (st.Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 13. November 2002 - RiZ(R) 5/01, NJW-RR 2003, 570, 572 m.w.Nachw.).

1. Der Antragsgegner hat den Begriff der Eignung nicht verkannt. Er hat in der Entlassungsverfügung auf die vorangegangenen Beurteilungen der Präsidenten des Landgerichts Frankfurt (Oder) und des Brandenburgischen Oberlandesgerichts sowie die Leistungsberichte des Präsidenten des Landgerichts Frankfurt (Oder) verwiesen. Danach waren während der gesamten Proberichterzeit der Antragstellerin Leistungsdefizite festzustellen. Es fehlte an einer durchgängigen, die gesamte richterliche Tätigkeit umfassenden durchschnittlichen Leistungsfähigkeit. Dies bezog sich sowohl auf die Tätigkeit der Antragstellerin in Zivilsachen als auch später in Strafsachen. Es wurden sowohl Lücken in den Voten als auch bei komplexen Sachverhalten oder schwierigen rechtlichen Problemen erhebliche Mängel und zum Teil grobe Fehler festgestellt. Unter diesen Umständen bestehen offenkundig erhebliche Zweifel an der Eignung der Antragstellerin, wobei der Antragsgegner nicht einmal berücksichtigt hat, dass dem hier in Rede stehenden Richterverhältnis bereits eine mehrjährige Tätigkeit der Antragstellerin als Proberichterin in der ordentlichen Gerichtsbarkeit vorausgegangen war, in der die Antragstellerin bereits richterliche Erfahrung hatte sammeln können.

2. Der Antragsgegner ist auch nicht von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen. Er durfte der Entlassungsverfügung entgegen der Auffassung der Revision die vorangegangenen Personal- und Befähigungsnachweisungen sowie die Leistungsberichte zu Grunde legen. Nach ständiger Rechtsprechung des Dienstgerichts des Bundes darf sich der Dienstherr bei ihm obliegenden Personalentscheidungen auf Beurteilungen des Dienstvorgesetzten verlassen, solange er keinen vernünftigen Anlass hat, ihre Zuverlässigkeit zu bezweifeln (BGH, Urteil vom 13. November 2002 - RiZ(R) 5/01, NJW-RR 2003, 570, 572 m.w.Nachw.). Zu solchen Zweifeln bestand hier kein Anlass. Anders als die Revision meint, hat der Antragsgegner für seine abschließende Bewertung nicht etwa nur selektiv Erkenntnisse aus Leistungen der Antragstellerin gezogen, die diese lediglich jeweils am Anfang einer ihr neu zugewiesenen Tätigkeit erbracht hat. Die vom Antragsgegner aufgeführten Leistungsdefizite finden sich vielmehr in sämtlichen Beurteilungen und ziehen sich durch die gesamte Proberichterzeit der Antragstellerin, die die Beurteilungen mit Ausnahme der Überbeurteilung des Präsidenten des Oberlandesgerichts vom 14. Mai 1997 nicht angefochten hat. Nicht zuletzt der Umstand, dass die Klage der Antragstellerin gegen diese Überbeurteilung, in der der Präsident des Oberlandesgerichts nach Durchsicht mehrerer von der Antragstellerin beim Amts- und Landgericht bearbeiteter Verfahrensakten die zu dieser Zeit erkennbaren Leistungsdefizite der Antragstellerin zusammengefasst hatte, keinen Erfolg hatte, belegt im Übrigen, dass ein Anlass zu Zweifeln an der Zuverlässigkeit der vom Antragsgegner zur Grundlage seiner Entlassungsverfügung gemachten Beurteilungen nicht besteht. Soweit die Revision darauf verweist, die Leistungseinschätzung des Präsidenten des Landgerichts vom 4. November 1997 habe einen Zeitraum von nur drei Monaten umfasst, in welchem die Antragstellerin sich in das für sie neue Rechtsgebiet des Jugendstrafrechts habe einarbeiten müssen, übersieht sie, dass dieser Leistungsbericht nicht für sich steht, sondern sich an die vorangegangenen Beurteilungen und den Leistungsbericht vom 29. August 1997 anschließt, in welchem der Präsident des Landgerichts bemängelt hatte, dass durchgreifende Änderungen im Leistungsvermögen der Antragstellerin seit der letzten Beurteilung nicht zu verzeichnen seien. Die Dienstvorgesetzten haben - anders als die Revision meint - daher nicht etwa nur selektiv Erkenntnisse aus einzelnen Vorgängen gezogen, sondern die Leistungen der Antragstellerin kontinuierlich beobachtet und - wie das Dienstgericht zutreffend ausgeführt hat - die Beurteilung der Fähigkeiten und Leistungen der Antragstellerin auf der Grundlage einer breiten Erkenntnisbasis unter Berücksichtigung eines hinlänglich langen Zeitraums getroffen.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 80 Abs. 1 Satz 1 DRiG, § 154 Abs. 2 VwGO.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren entsprechend § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 und § 71 Abs. 1 Satz 2 GKG auf 30.896,45 € festgesetzt.

Nobbe Solin-Stojanovi? Kniffka

Joeres Mayen

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