V ZB 123/07

21.02.2008

BUNDESGERICHTSHOF

vom

21. Februar 2008

in dem Zwangsversteigerungsverfahren


Nachschlagewerk: ja


BGHZ: nein

BGHR: ja


WEG § 62 Abs. 1


Verfahren in Zwangsversteigerungssachen sind i.S. von § 62 Abs. 1 WEG ab dem Erlass des Anordnungsbeschlusses (§ 20 Abs. 1 ZVG) bei Gericht anhängig.


BGH, Beschl. v. 21. Februar 2008 - V ZB 123/07 - LG Koblenz, AG Linz am Rhein


Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 21. Februar 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Czub

beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde der Gläubigerin gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 16. Oktober 2007 wird zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 2.921,73 €.

Gründe:

[1] I. Auf Antrag der Stadtsparkasse B. ordnete das Amtsgericht am 16. Mai 2002 die Zwangsversteigerung des im Eingang dieses Beschlusses bezeichneten Wohnungseigentums des Schuldners an. Die Gläubigerin beantragte am 13. Juli 2007 die Zwangsversteigerung dieses Wohnungseigentums wegen eines titulierten Anspruchs gegen den Schuldner auf Zahlung von Hausgeld und Sonderumlagen; sie beansprucht die Berücksichtigung ihrer Forderung in der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 ZVG.

[2] Das Amtsgericht hat den Beitritt zu der Zwangsversteigerung zugelassen und den Anspruch der Rangklasse 5 des § 10 Abs. 1 ZVG zugeordnet; den Antrag auf Zuordnung zu der Rangklasse 2 hat es zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde ist erfolglos geblieben. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Gläubigerin ihren Antrag auf Zuordnung des Anspruchs zu der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 ZVG weiter.

[3] II. Nach Auffassung des Beschwerdegerichts gehört der Anspruch zwar nach dem seit dem 1. Juli 2007 geltenden Recht in die Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 ZVG. Aber nach der Übergangsvorschrift des § 62 Abs. 1 WEG müsse er der Rangklasse 5 zugeordnet werden, weil das Zwangsversteigerungsverfahren am 1. Juli 2007 bereits anhängig gewesen sei. Auf den Zeitpunkt der Zulassung des Beitritts der Gläubigerin nach § 27 ZVG komme es nicht an, weil zwar jeder Beitrittsgläubiger im Verhältnis zu dem Gläubiger, der die Anordnung der Zwangsversteigerung erwirkt habe, und zu den anderen Beitrittsgläubigern in dem Verfahren eine selbständige Stellung einnehme, welche aber ein bereits anhängiges Verfahren voraussetze.

[4] Das hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.

[5] III. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) und im Übrigen zulässig (§ 575 ZPO). Sie ist jedoch unbegründet. Zu Recht haben die Vorinstanzen den Anspruch der Gläubigerin nicht der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 ZVG zugeordnet.

[6] 1. Durch Art. 2 des Gesetzes zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und anderer Gesetze vom 26. März 2007 (BGBl. I 370) ist § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG neu gefasst worden. Nunmehr sind bei der Vollstreckung in ein Wohnungseigentum die daraus fälligen Ansprüche auf Zahlung der Beiträge zu den Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums oder des Sondereigentums, die nach §§ 16 Abs. 2, 28 Abs. 2 und 5 WEG geschuldet werden und aus dem Jahr der Beschlagnahme und den letzten zwei Jahren stammen, der Rangklasse 2 zuzuordnen. Das Vorrecht einschließlich aller Nebenleistungen ist begrenzt auf Beträge in Höhe von nicht mehr als 5 v.H. des nach § 74a Abs. 5 festgesetzten Wertes. Danach gehört der Anspruch der Gläubigerin in die Rangklasse 2.

[7] 2. Nach § 62 Abs. 1 WEG sind für die am 1. Juli 2007 bei Gericht anhängigen Verfahren in Wohnungseigentums- oder Zwangsversteigerungssachen die durch die Art. 1 und 2 des Gesetzes vom 26. März 2007 (aaO) geänderten Vorschriften des III. Teils des Wohnungseigentumsgesetzes sowie die des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung in ihrer bis dahin geltenden Fassung weiter anzuwenden. Danach ist die Zuordnung des Anspruchs der Gläubigerin zu der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 ZVG ausgeschlossen.

[8] a) Das Zwangsversteigerungsverfahren ist bereits seit Mai 2002 anhängig. Maßgeblicher Zeitpunkt ist insoweit nämlich der Erlass des Anordnungsbeschlusses (Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 27 Rdn. 2.3). Dass jeder betreibende Gläubiger, also der Anordnungsgläubiger (§ 15 ZVG) und die Beitrittsgläubiger (§ 27 ZVG), in dem Verfahren insoweit eine selbständige Stellung einnimmt, als sowohl die Anordnung der Zwangsversteigerung als auch die Zulassung des Beitritts zu einem bereits anhängigen Verfahren zugunsten des jeweiligen Gläubigers als Beschlagnahme des Grundstücks gilt (§§ 20, 27 Abs. 2 ZVG) und einstweilige Einstellungen (§ 30 ZVG), deren Aufhebung (§ 30 f. ZVG), die Fortsetzung (§ 31 ZVG) und Aufhebung des Verfahrens (§ 29 ZVG) nur für und gegen den Gläubiger wirken, der den entsprechenden Antrag gestellt hat, führt nicht dazu, dass für jeden von ihnen ein selbständiges Verfahren anhängig wird. Es gibt nur ein einziges einheitliches Zwangsversteigerungsverfahren, welches anhängig ist und innerhalb dessen die Verfahren der einzelnen betreibenden Gläubiger getrennt nebeneinander herlaufen. Dieses ist in der Übergangsvorschrift des § 62 Abs. 1 WEG gemeint (Böhringer/Hintzen, Rpfleger 2007, 353, 360).

[9] b) Wollte man das anders sehen und unter "anhängiges Verfahren" i.S. von § 62 Abs. 1 WEG das Einzelverfahren jedes betreibenden Gläubigers innerhalb des Gesamtverfahrens der Zwangsversteigerung verstehen, müsste man bis zum Abschluss dieses Verfahrens bei den betreibenden Gläubigern unterscheiden, ob deren Beitritt vor oder nach dem 1. Juli 2007 zugelassen worden ist. Das führte, worauf die Vorinstanzen zu Recht hingewiesen haben, bei der Feststellung des geringsten Gebots (§ 45 ZVG) und der Aufstellung des Teilungsplans (§ 113 ZVG) zu Problemen (Böhringer/Hintzen, aaO). Diese sollten jedoch, wie der Gesetzesbegründung zu entnehmen ist, durch die Übergangsvorschrift des § 62 Abs. 1 WEG dadurch vermieden werden, dass die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der neuen Bestimmungen anhängigen Verfahren durch die Neuregelung nicht berührt werden (BT-Drs. 16/887 S. 43). Dieser Zweck ist nur zu erreichen, wenn man das Gesamtverfahren als "anhängiges Verfahren" i.S. von § 62 Abs. 1 WEG ansieht.

[10] IV. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Verpflichtung der Gläubigerin, die Gerichtskosten zu tragen, ergibt sich aus dem Gesetz; eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet bei Beschwerden in Zwangsversteigerungssachen grundsätzlich nicht statt (Senat, Beschl. v. 21. September 2006, V ZB 76/06, WM 2006, 2266, 2267).

[11] Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens bestimmt sich nach § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG.

Krüger Klein Lemke

Schmidt-Räntsch Czub

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