V ZB 22/10

10.06.2010

BUNDESGERICHTSHOF

vom

10. Juni 2010

in der Grundbuchsache


Nachschlagewerk: ja


BGHZ: ja zu a)

BGHR: ja


BGB §§ 1132, 1192 Abs. 1


a) Eine Gesamtgrundschuld kann an den einzelnen Grundstücken mit unterschiedlichen Fälligkeitsbedingungen bestehen.

Wird eine vor dem 20. August 2008 bestellte Sicherungsgrundschuld auf ein anderes Grundstück erstreckt, gilt die durch das Risikobegrenzungsgesetz eingeführte zwingende Fälligkeitsbestimmung des § 1193 BGB deshalb nur für die Belastung des nachverpfändeten Grundstücks.

b) Eine Gesamtgrundschuld entsteht nicht, wenn der Belastungsgegenstand verschiedener Grundschulden wechselseitig ausgetauscht werden soll (Pfandtausch).


BGH, Beschluss vom 10. Juni 2010 - V ZB 22/10 - OLG München, LG Ingolstadt, AG Ingolstadt


Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Juni 2010 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den Richter Dr. Schmidt-Räntsch, die Richterin Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und Dr. Roth

beschlossen:

Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten werden der Beschluss des Landgerichts Ingolstadt vom 3. September 2009 und die Zwischenverfügungen des Amtsgerichts - Grundbuchamt - Ingolstadt vom 12. August 2009 aufgehoben.

Das Grundbuchamt wird angewiesen, die Eintragungsanträge der Beteiligten nicht aus den Gründen der Zwischenverfügungen vom 12. August 2009 zu verweigern.

Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 6.000 € festgesetzt, davon entfallen 3.000 € auf die Beteiligten zu 1 und 2 und weitere 3.000 € auf den Beteiligten zu 3.

Gründe:

[1] I. 1. Den Beteiligten zu 1 und 2 steht je ein mit dem Sondereigentum an einer Garage verbundener Miteigentumsanteil an dem im Eingang dieses Beschlusses näher bezeichneten Grundstück in M. zu. Auf beiden Anteilen

lastet jeweils eine Grundschuld zugunsten der Sparkasse I. . Mit notariellem Vertrag vom 7. Mai 2009 tauschten die Beteiligten zu 1 und 2 sowie ein dritter Miteigentümer ihre Anteile im Rahmen eines Ringtausches. Der Vertrag enthält hinsichtlich der Grundschulden folgende Regelung:

"§ 5 Pfandunterstellung, Pfandfreigabe

(...) Die Buchgrundschuld des <Beteiligten zu 1> zu 100.000,-- EUR zugunsten der Sparkasse I. soll künftig an der <von diesem> erworbenen Garage G5, die Buchgrundschuld der <Beteiligten zu 2> zu 20.000,-- EUR zugunsten der Sparkasse I. soll künftig an der <von dieser erworbenen> Garage G4 lasten.

Der jeweilige zukünftige Eigentümer unterstellt den heute erworbenen Grundbesitz dem jeweiligen vorbezeichneten Grundpfandrecht als weiteres Pfand. Diese Belastung hat am pfandunterstellten Grundbesitz jeweils Erstrang, notfalls vorerst nächstoffene Rangstelle zu erhalten.

(...)

Entsprechende Pfandunterstellung (...) im Grundbuch wird bewilligt und beantragt.

Der Notar wird beauftragt, von den Gläubigern in Abteilung III entsprechende Freigabeerklärungen einzuholen, wonach die jeweils veräußerte Garage nicht mehr mit der dort eingetragenen Grundschuld belastet ist.

Den zur Lastenfreistellung erforderlichen Gläubigererklärungen wird mit dem Antrag auf grundbuchamtlichen Vollzug zugestimmt."

[2] 2. Der Beteiligte zu 3 erwarb mit notariellem Vertrag vom 28. Mai 2009 von seiner Schwester, mit der er eine Erbengemeinschaft bildete, deren Erbanteile am Nachlass der verstorbenen Eltern. Zu dem Nachlass gehört ein Miteigentumsanteil an dem im Eingang dieses Beschlusses näher bezeichneten Grundbesitz in O. . Im Hinblick auf eine von dem Beteiligten zu 3 zuvor schon an anderen Grundstücken bestellte Grundschuld ist in dem Vertrag folgende Regelung getroffen:

"§ 8 Pfandunterstellung

Die bereits an den Blattstellen (...) und (...) eingetragene Grundschuld ohne Brief zu 243.000,-- DM für die B. bank AG in M. nebst 16 % Zinsen jährlich und vollstreckbar nach § 800 ZPO soll ebenfalls am heute erworbenen Grundbesitz lasten.

Der zukünftige Eigentümer unterstellt den heute erworbenen Grundbesitz dem vorbezeichneten Grundpfandrecht als weiteres Pfand. Diese Belastung hat am pfandunterstellten Grundbesitz Rang nach dem in Abteilung II eingetragnen Recht und in Abteilung III erste Rangstelle zu erhalten, notfalls vorerst nächstoffene Rangstelle.

(...)

Entsprechende Pfandunterstellung (...) im Grundbuch wird bewilligt und beantragt."

[3] Der (in beiden Angelegenheiten tätige) Urkundsnotar beantragte jeweils namens der Beteiligten den Vollzug der Urkunde im Grundbuch, wobei er im ersten Fall zusätzlich die von der Sparkasse I. erteilten Pfandfreigabeerklärungen vorlegte. Daraufhin hat das (in beiden Fällen zuständige) Grundbuchamt mit im Wesentlichen gleich lautenden Zwischenverfügungen vom 12. August 2009 die unterschiedlichen Kündigungsbedingungen der jeweils bestehenden Grundschulden einerseits und der durch Pfanderstreckung neu bestellten Grundschulden andererseits beanstandet und die Vorlage notariell beglaubigter Bewilligungen der Grundschuldgläubiger aufgegeben, durch die eine mit § 1193 BGB n.F. zu vereinbarende Fälligkeit der (bestehenden) Grundschulden erreicht werde.

[4] Die hiergegen durch den Urkundsnotar jeweils eingelegte Beschwerde hat das Landgericht - in einem einheitlichen Beschluss - zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss wendet sich der Urkundsnotar mit der weiteren Beschwerde. Das Oberlandesgericht möchte dem Rechtsmittel stattgeben. Es sieht sich hieran durch die Entscheidung des Kammergerichts vom 23. Januar 1911 (KGJ 40, 299 ff.) gehindert und hat deshalb die weitere Beschwerde dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

[5] II. Die Vorlage der Sache an den Bundesgerichtshof ist statthaft.

[6] 1. Die Zulässigkeit der Vorlage beurteilt sich nach § 79 Abs. 2 GBO a.F. Zwar ist diese Vorschrift durch Art. 36 Nr. 9 FGG-RG (vom 17. Dezember 2008, BGBl. I 2586) aufgehoben worden. Sie findet aber auf Grund der Übergangsregelung in Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG auf die beiden vor dem 1. September 2009 eingeleiteten Eintragungsverfahren, über die das Beschwerdegericht ungeachtet ihrer Selbstständigkeit auch ohne förmliche Verfahrensverbindung in einem Beschluss entscheiden konnte (vgl. BayObLGZ 1967, 25, 29; Keidel/Sternal, FamFG, 16. Aufl., § 20 Rdn. 5), weiterhin Anwendung.

[7] 2. Die Voraussetzungen des § 79 Abs. 2 GBO a.F. sind gegeben. Das vorlegende Oberlandesgericht hält ein Auseinanderfallen der Fälligkeits- und Kündigungsbedingungen bei einer Gesamtgrundschuld für rechtlich zulässig. Demgegenüber vertritt das Kammergericht in der Vergleichsentscheidung - bezogen auf eine Gesamthypothek - die Auffassung, dass die Einheitlichkeit des Hypothekenrechts einen einheitlichen Inhalt der Belastung sämtlicher verpfändeter Grundstücke erfordere und es daher mit dem Wesen der Gesamthypothek unvereinbar sei, die Zahlungs- und Kündigungsbedingungen der Hypothekenforderung für die mehreren verhafteten Grundstücke verschieden zu gestalten.

[8] a) Beide Rechtsauffassungen betreffen dieselbe Rechtsfrage (vgl. zu diesem Erfordernis Senat, BGHZ 7, 339, 341 f.; Beschl. v. 9. November 2006, V ZB 66/06, Rpfleger 2007, 134 m.w.N.; Beschl. v. 11. Februar 2010, V ZB 167/09, zur Veröff. best.). Dass dem Beschluss des Kammergerichts eine Gesamthypothek zugrunde lag, während es vorliegend um den zulässigen Inhalt einer Gesamtgrundschuld geht, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Beide Gesamtgrundpfandrechte weisen dieselbe rechtliche Konstruktion auf (ein Grundpfandrecht erstreckt sich auf mehrere Grundstücke). Zudem findet die Vorschrift in § 1132 BGB über die Gesamthypothek gemäß § 1192 Abs. 1 BGB auf die Gesamtgrundschuld entsprechende Anwendung, da es insoweit auf das Bestehen einer Forderung nicht ankommt (vgl. statt aller Palandt/Bassenge, BGB, 69. Aufl., § 1132 Rdn. 12).

[9] Ebenfalls unerheblich ist, dass in der Vergleichsentscheidung die abweichenden Zahlungs- und Kündigungsbedingungen auf einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung zwischen dem Gläubiger und einem der beiden Grundstückseigentümer beruhten, während hier die abweichenden Voraussetzungen, unter denen die Grundschuld fällig ist, auf eine zwischenzeitlich eingetretene Rechtsänderung zurückzuführen sind. Ob die Fälligkeit eines Gesamtgrundpfandrechts bezüglich der einzelnen belasteten Grundstücke unterschiedlich geregelt sein kann, richtet sich nach den rechtlichen Anforderungen, die sich daraus ergeben, dass ein und dasselbe dingliche Recht auf mehreren Grundstücken lastet. Auf den Rechtsgrund der Abweichung (Vertrag oder Gesetz) kommt es dabei nicht entscheidend an.

[10] b) Die Vergleichsentscheidung beruht auf der abweichenden Rechtsauffassung (dazu Senat, BGHZ 21, 234, 236; Beschl. v. 8. März 2007, V ZB 149/06, NJW-RR 2007, 1569 m.w.N.; Beschl. v. 11. Februar 2010, V ZB 167/09, zur Veröff. best.). Zwar betraf die weitere Beschwerde, über die das Kammergericht zu entscheiden hatte, die Eintragung eines Teilabtretungsvermerks auf einem der mit der Gesamthypothek belasteten Grundstücke. Dessen Eintragungsfähigkeit hat das Kammergericht mit der Begründung verneint, dass die zwischen dem Gläubiger und dem anderen Eigentümer vereinbarte Teilabtretung der Hypothek mit der daneben verabredeten - nach Ansicht des Kammergerichts unzulässigen - Änderung der Zahlungs- und Kündigungsbedingungen eine Einheit bilde (KGJ 40, 299, 301). Der Erfolg der weiteren Beschwerde war daher letztlich von der rechtlichen Beurteilung der unterschiedlichen Fälligkeit der Gesamthypothek abhängig.

c) Darauf, ob sich die von dem vorlegenden Gericht aufgeworfene Rechtsfrage auch in dem an ihn herangetragenen Fall in entscheidungserheblicher Weise stellt - was hier bezüglich der weiteren Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 zu verneinen ist (dazu nachfolgend unter IV. 1.) -, kommt es nicht an. Denn der Bundesgerichtshof ist bei der Prüfung der Zulässigkeit der Vorlage an die Rechtsauffassung des vorlegenden Gerichts gebunden, es könne ohne die Beantwortung der streitigen Rechtsfrage die Sache nicht entscheiden (st. Rspr., vgl. Senat, BGHZ 7, 339, 341; 90, 181, 182; 99, 90, 92; Beschl. v. 11. Februar 2010, V ZB 167/09, zur Veröff. best.).

[11] 3. Das Alter der herangezogenen Entscheidung lässt die Vorlagepflicht nicht entfallen. Die - auf Grund ihrer Aufhebung durch das FGG-RG ohnehin nur noch auf eine begrenzte Zahl von Altverfahren anwendbare - Bestimmung des § 79 Abs. 2 Satz 1 GBO a.F. macht die Statthaftigkeit einer Vorlage an den Bundesgerichtshof lediglich von den dort genannten Voraussetzungen abhängig. Diese sind hier erfüllt.

[12] III. Die weitere Beschwerde sowohl der Beteiligten zu 1 und 2 als auch des Beteiligten zu 3 ist zulässig (§ 78 GBO a.F.). Diese sind selbst Rechtsmittelführer, obwohl sich der Beschwerdeschrift des Urkundsnotars kein Vertretungszusatz entnehmen lässt. Denn im Hinblick auf ein fehlendes eigenes Beschwerderecht des Notars (vgl. BayObLG NJW-RR 1989, 1495, 1496; Demharter, aaO, § 15 Rdn. 20 - jew. m.w.N.) kann ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass dieser bei Erhebung des Rechtsmittels - wovon schon das Beschwerdegericht für die Erstbeschwerden ausgegangen ist - von seiner nach § 15 GBO vermuteten Vertretungsbefugnis zugunsten der antragsberechtigten (§ 13 Abs. 1 Satz 2 GBO) Beteiligten Gebrauch gemacht hat. Deren Beschwerdeberechtigung ergibt sich bereits aus der Zurückweisung ihrer Erstbeschwerden (Senat, BGHZ 151, 116, 121; 162, 137, 138).

[13] IV. Die weitere Beschwerde ist begründet.

[14] 1. Was den Eintragungsantrag der Beteiligten zu 1 und 2 anbelangt, kommt es allerdings auf die Rechtsfrage, ob eine Gesamtgrundschuld abweichenden Fälligkeitsregelungen unterliegen kann, nicht an. Denn eine solche würde hier durch die beantragte Eintragung nicht zur Entstehung gelangen.

[15] a) Nach § 5 des notariellen Vertrages vom 7. Mai 2009 soll die auf den Miteigentumsanteilen der Beteiligten zu 1 und 2 jeweils lastende Grundschuld zugunsten der Sparkasse I. künftig an denjenigen Anteilen bestehen, die im Rahmen des vereinbarten Garagentausches von den Beteiligten zu 1 und 2 erworben werden. Hinsichtlich der veräußerten Anteile ist demgegenüber eine Enthaftung durch Freigabe der bestehenden Grundschulden seitens der Gläubigerin vorgesehen.

[16] Diese vertragliche Konstruktion dient nicht einer Pfanderweiterung. Gewollt und vereinbart war vielmehr ein Pfandtausch (dazu Staudinger/Wolfsteiner, BGB [2009], Einl. zu §§ 1113 ff. Rdn. 178) in dem Sinne, dass die Grundschulden nach Vollzug des Garagentausches ausschließlich an den von den Beteiligten zu 1 und 2 neu erworbenen Miteigentumsanteilen fortbestehen sollten. Die Formulierung im Vertragstext, wonach der jeweils erworbene Grundbesitz dem Grundpfandrecht als "weiteres Pfand" unterstellt wird, rechtfertigt keine andere Deutung. Sie trägt dem Umstand Rechnung, dass ein Pfandtausch im Gesetz nicht vorgesehen ist, sondern es hierzu regelmäßig des Umweges über eine Pfanderstreckung mit anschließender Freigabe des bisherigen Pfandes bedarf (Staudinger/Wolfsteiner, aaO). Beide Schritte sind indessen als einheitlicher Vorgang anzusehen mit der Folge, dass eine Gesamtgrundschuld nicht entsteht.

[17] b) An der Auslegung der notariellen Vereinbarung ist der Senat nicht durch bindende Feststellungen des Beschwerdegerichts gehindert. Denn dieses hat die Frage nach dem Inhalt der Klausel nicht geprüft, sondern ohne Weiteres eine Pfanderstreckung als vereinbart unterstellt. Da weitere tatsächliche Feststellungen nicht zu erwarten sind, ist die Klausel somit auch noch im Verfahren der weiteren Beschwerde einer Auslegung zugänglich (vgl. für das Revisionsverfahren BGHZ 65, 107, 112; 124, 39, 45; Senat, Urt. v. 12. Dezember 1997, V ZR 250/96, NJW 1998, 1219).

[18] 2. Auch dem Antrag des Beteiligten zu 3 steht das von dem Grundbuchamt angenommene Eintragungshindernis nicht entgegen.

[19] a) Als zutreffend erweist sich allerdings der rechtliche Ansatz des Beschwerdegerichts, wonach die an den beiden Grundstücken des Beteiligten zu 3 zuvor bereits bestehende (Gesamt-)Grundschuld anderen Fälligkeitsregelungen folgt als die durch den notariellen Vertrag vom 28. Mai 2009 im Wege der Pfanderstreckung bestellte Grundschuld an dem Bruchteilseigentum, das der Beteiligte zu 3 durch Erbteilsübernahme (§ 2033 Abs. 1 BGB) zu Alleineigentum erworben hat.

[20] aa) Was das zuletzt verpfändete Grundstück anbelangt, gilt für die Fälligkeit der Grundschuld die Bestimmung des § 1193 Abs. 2 Satz 2 BGB. Der zeitliche Anwendungsbereich dieser durch Art. 6 Nr. 8 des Risikobegrenzungsgesetzes vom 12. August 2008 (BGBl. I 1666) eingefügten Vorschrift ist eröffnet. Nach der Übergangsregelung in Art. 229 § 18 Abs. 3 EGBGB ist § 1193 Abs. 2 BGB n.F. nur auf diejenigen Grundschulden anzuwenden, die nach dem 19. August 2008 bestellt werden. Diese Voraussetzung liegt hier vor. Dass die Grundschuld anlässlich der Ausweitung eines schon bestehenden (Gesamt-) Grundpfandrechts auf ein weiteres Grundstück bewilligt wurde, ist ohne Bedeutung. Denn bei der Pfanderstreckung handelt es sich bezogen auf das zusätzlich verpfändete Grundstück um die Neubestellung einer Grundschuld (Senat, BGHZ 80, 119, 123). Rechtsfolge der Anwendbarkeit des § 1193 Abs. 2 Satz 2 BGB ist, dass die neu bestellte Grundschuld, die nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts der Sicherung einer Geldschuld dient, erst nach vorangegangener Kündigung und Ablauf einer sechsmonatigen Kündigungsfrist fällig ist (§ 1193 Abs. 1 Satz 3 BGB).

[21] bb) Demgegenüber ist die Gesamtgrundschuld, soweit sie die zuvor schon belasteten Grundstücke betrifft, sofort zur Zahlung fällig. Die insoweit nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts getroffene Regelung wird durch die Einfügung des § 1193 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht berührt, da die Grundschuld schon vor dem 20. August 2008 bestellt war. Dass die Vorschrift bei einer Pfanderstreckung auch die bereits bestehende Belastung erfasst, sofern lediglich die Erweiterung nach dem 19. August 2008 erfolgt, findet im Wortlaut der Übergangsvorschrift keine Stütze (a.A. LG Berlin Rpfleger 2009, 230, 231). Ein solches Verständnis würde zudem dem Willen des Gesetzgebers zuwiderlaufen, die unter der Geltung des bisherigen Rechts wirksam getroffenen Vereinbarungen zur Fälligkeit und Kündigung von Sicherungsgrundschulden zu respektieren (Bericht des Finanzausschusses, BT-Drs. 16/9821, S. 18). Dass der Gesetzgeber bei der Gesamtgrundschuld hiervon abweichen wollte, kann nicht angenommen werden.

[22] b) Zu Unrecht ist das Beschwerdegericht indes von der Unzulässigkeit abweichender Fälligkeitsbedingungen bei einer Gesamtgrundschuld ausgegangen, ohne sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die Rechtsnatur des Gesamtgrundpfandrechts insoweit zwingend eine einheitliche Ausgestaltung gebietet. Das ist nicht der Fall.

[23] aa) Allerdings hat das Kammergericht in der Vergleichsentscheidung (KGJ 40, 299 f.; ebenso JW 1923, 1038) die gegenteilige Auffassung vertreten. Dieser Meinung haben sich Teile des Schrifttums angeschlossen (vgl. RGRK/Mattern, BGB, 12. Aufl., § 1132 Rdn. 9; Staudinger/Wolfsteiner, BGB [2009], § 1132 Rdn. 35 [unter Aufgabe der in der Bearb. 2002, Rdn. 36, vertretenen Auffassung]; AK-BGB/Winter, § 1132 Rdn. 13; Wegmann in Bauer/von Oefele, GBO, 2. Aufl., § 48 Rdn. 21; Demharter, GBO, 27. Aufl., § 48 Rdn. 10; Güthe/Triebel, GBO, 6. Aufl., § 48 Rdn. 28; Hügel/Reetz, GBO, § 48 Rdn. 29; Meikel/Böhringer, aaO, § 48 Rdn. 26 [anders aber Rdn. 106]; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 14. Aufl., Rdn. 2239, 2651; ebenso Wolff/Raiser, Sachenrecht, 10. Aufl., § 148 III, S. 614 [eine gleichwohl eingetragene Gesamthypothek soll aber gültig entstanden sein, aaO, Fn. 16]). Sie gehen davon aus, dass bei einem Gesamtgrundpfandrecht nur Unterschiede im Umfang der Belastung (z.B. hinsichtlich des Zinssatzes) zulässig seien, ihr Inhalt aber auf allen Grundstücken identisch sein müsse.

[24] bb) Dem ist jedoch nicht zu folgen. Die Fälligkeit kann bei einer Gesamtgrundschuld unterschiedlich geregelt sein (ebenso Bamberger/Roth/Rohe, BGB, 2. Aufl., § 1132 Rdn. 5; Erman/F. Wenzel, BGB, 12. Aufl., § 1132 Rdn. 3; MünchKomm-BGB/Eickmann, 5. Aufl., § 1132 Rdn. 12; Palandt/Bassenge, aaO, § 1132 Rdn. 2 u. § 1193 Rdn. 2; Planck/Strecker, BGB, 5. Aufl., § 1132 Anm. 1 b a.E.; PWW/Waldner, 4. Aufl., § 1132 Rdn. 2; Soergel/Konzen, BGB, 13. Aufl., § 1132 Rdn. 11; Westermann, Sachenrecht, 7. Aufl., § 108 II 2, S. 777; Bestelmeyer, Rpfleger 2009, 377 f.; Böhringer, Rpfleger 2009, 124, 131; ders., BWNotZ 2009, 61, 63; Sommer, RNotZ 2009, 578, 580; Volmer, MittBayNot 2009, 1, 2).

[25] (1) Der Senat hat bereits entschieden, dass sich bei einem Gesamtpfandrecht die auf den betroffenen Grundstücken ruhenden Belastungen nicht lückenlos entsprechen müssen, sondern gewisse Abweichungen zulässig sind (BGHZ 80, 119, 124). So kann etwa der Grundschuld an den einzelnen Grundstücken ein unterschiedlicher Rang zukommen oder ein gesetzlicher Löschungsanspruch nach § 1179a BGB nur für bestimmte Grundstücke bestehen (Senat, aaO, 124 f.). Auch der Umstand, dass lediglich für einige Grundstücke eine Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung nach § 800 ZPO stattgefunden hat, begegnet keinen rechtlichen Bedenken (vgl. Senat, BGHZ 26, 344 ff.).

[26] (2) Das Erfordernis der Gleichartigkeit der Gesamtgrundschuld steht in diesen Fällen nicht entgegen. Es findet seinen Grund darin, dass bei einem Gesamtgrundpfandrecht für eine dingliche Schuld mehrere Grundstücke als Haftungsobjekte zur Verfügung stehen. Diese rechtliche Ausgestaltung ist für die betroffenen Grundstückseigentümer mit Risiken behaftet. Denn es besteht die Gefahr, dass nach der Bildung des Pfandrechts der Haftungszusammenhang, insbesondere durch (Teil-)Verfügungen des Gläubigers über die Grundschuld, aufgelöst wird und die auf den einzelnen Grundstücken ruhenden Belastungen fortan rechtlich getrennte Wege gehen.

[27] Einer solchen Entwicklung, die letztlich zur Herausbildung von Einzelgrundschulden mit einem den Betrag des Gesamtgrundpfandrechts in der Summe übersteigenden Haftungsbetrag führen könnte, wird verfahrensrechtlich durch die Eintragung eines Mithaftvermerks nach § 48 GBO an jedem der belasteten Grundstücke begegnet. Materiell-rechtlich dient vor allem die notwendige Gläubigeridentität (dazu Staudinger/Wolfsteiner, BGB [2009], § 1132 Rdn. 65; Planck/Strecker, aaO, § 1132 Anm. 1 b) dazu, die Existenz der Gesamtgrundschuld zu sichern. Sonstige Abweichungen im Umfang oder Inhalt der Belastung werden dagegen durch den Grundsatz der Gleichartigkeit nicht von vornherein ausgeschlossen. Sie sind zulässig, wenn sie ohne Auswirkungen auf den rechtlichen Bestand der Gesamtgrundschuld bleiben und auch im Übrigen mit deren Wesen zu vereinbaren sind.

[28] (3) Das ist für die Fälligkeit zu bejahen. Der Gläubiger der Grundschuld kann nach § 1132 Abs. 1 Satz 2 BGB (i.V.m. § 1192 Abs. 1 BGB) die Befriedigung seines Anspruchs nach Belieben aus jedem der Grundstücke ganz oder zum Teil suchen. Greift er hierzu auf eines der haftenden Grundstücke zu, bleibt es ohne Bedeutung, wann die Grundschuld auf den anderen Grundstücken fällig ist oder (bei unterbliebener Inanspruchnahme) fällig wäre. Ein abweichender Zeitpunkt kann allenfalls dazu führen, dass - unter Umständen - die Grundschuld auf dem einen Grundstück früher zahlbar ist als auf einem anderen. Schutzwürdige Eigentümerinteressen werden hierdurch nicht betroffen. Das gilt auch mit Blick auf einen möglichen Ausgleichsanspruch im Innenverhältnis der Eigentümer (a.A. AK-BGB/Winter, aaO, § 1132 Rdn. 13). Denn ein solcher wird durch das Gesetz nicht geregelt (BGHZ 108, 179, 186; BGH, Beschl. v. 31. Januar 1995, XI ZB 30/94, NJW-RR 1995, 589), sondern ergibt sich aus den im Einzelfall getroffenen schuldrechtlichen Vereinbarungen.

[29] V. 1. Die beiden von dem Grundbuchamt erlassenen Zwischenverfügungen sind somit aufzuheben, und die Sache ist an dieses zur Entscheidung über den Eintragungsantrag zurückzugeben (BayObLG NJW-RR 1991, 465; Demharter, GBO, 26. Aufl., § 77 Rdn. 15). Was das Eintragungsverfahren der Beteiligten zu 1 und 2 anbelangt, wird das Grundbuchamt auch zu prüfen haben, ob den von der Grundschuldgläubigerin erklärten Pfandfreigaben die Wirkung eines Verzichts (§§ 1192 Abs. 1, 1168 BGB) auf die bestehenden Grundschulden zukommt oder ob insoweit - was auf Grund der in § 5 des notariellen Vertrages vom 7. Mai 2009 vorab erteilten Zustimmung zur Lastenfreistellung nahe liegt - eine Aufhebung (§§ 1192 Abs. 1, 1183 BGB) anzunehmen ist. Mit Blick auf den Eintragungsantrag des Beteiligten zu 3 wird es zu erwägen haben, ob der (aus der Eintragungsbewilligung nicht ersichtliche) Umstand, dass für den neu belasteten Grundbesitz die gesetzliche Kündigungsfrist nach § 1193 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 BGB gilt, durch einen Klarstellungsvermerk im Grundbuch

zu kennzeichnen ist (vgl. Meikel/Böhringer, aaO, § 48 Rdn. 106; Böhringer, Rpfleger 2009, 124, 131).

[30] 2. Ein Kostenausspruch ist nicht veranlasst (§ 131 Abs. 2 und 3 KostO).

Krüger Schmidt-Räntsch Stresemann

Czub Roth

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