VI ZR 192/06

10.07.2007

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

Verkündet am:

10. Juli 2007

Böhringer-MangoldJustizamtsinspektorinals Urkundsbeamtinder Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit


Nachschlagewerk: ja


BGHZ: ja

BGHR: ja


SGB VI § 179 Abs. 1 a


Erstattet der Bund dem Träger einer Werkstatt für behinderte Menschen gemäß § 179 Abs. 1 SGB VI die Rentenversicherungsbeiträge für ein Verkehrsunfallopfer, welches infolge seiner unfallbedingten Verletzungen in der Werkstatt beschäftigt wird, so besteht ein Ersatzanspruch des Bundes gegen den Schädiger bzw. seinen Haftpflichtversicherer gemäß § 179 Abs. 1 a SGB VI nur dann, wenn der Geschädigte hinsichtlich seiner rentenversicherungsrechtlichen Stellung einen konkreten Schaden erlitten hat; dies ist der Fall, wenn die vom Bund erstatteten Rentenversicherungsbeiträge nötig waren, um dem Geschädigten die Stellung in der Rentenversicherung zu erhalten, die er im Zeitpunkt des Unfalls inne hatte, oder wenn der Geschädigte während des in Frage stehenden Zeitraums ohne den Unfall aus sonstigen Gründen rentenversicherungspflichtig geworden wäre und deshalb Beiträge hätte abführen müssen.


BGH, Urteil vom 10. Juli 2007 - VI ZR 192/06 - OLG Oldenburg, LG Osnabrück


Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 10. Juli 2007 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter Wellner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 3. August 2006 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

[1] Das klagende Land nimmt die Beklagte, einen Haftpflichtversicherer, in Prozessstandschaft für die Bundesrepublik Deutschland auf Schadensersatz aus nach § 179 Abs. 1 a SGB VI übergegangenem Recht in Anspruch.

[2] Die Beklagte hat für die materiellen Schäden der im März 1996 bei einem Verkehrsunfall schwer verletzten, seinerzeit 19 Jahre alten Frau G. zu 55 % einzustehen. Frau G. ist seit dem 17. August 2000 in einer Werkstatt für behinderte Menschen beschäftigt. Die Bundesrepublik erstattete dem Heimträger die ab 2001 bis September 2004 für Frau G. gezahlten Rentenversicherungsbeiträge gemäß § 179 Abs. 1 Satz 1 SGB VI in Höhe 14.209,02 €. Hiervon macht das klagende Land gemäß § 179 Abs. 1 a Satz 2 SGB VI gemäß der Haftungsquote von 55 % 7.814,96 € geltend.

[3] Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe:

[4] I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist die Beklagte nicht verpflichtet, der Bundesrepublik die dem Heimträger für die Unfallverletzte erstatteten Rentenversicherungsbeiträge in Höhe der Haftungsquote von 55 % zu ersetzen, weil das klagende Land nicht hinreichend dargetan habe, dass es sich bei den erstatteten Rentenversicherungsbeiträgen um einen übergegangenen Schaden der Frau G. gehandelt habe.

[5] § 179 Abs. 1 a Satz 1 SGB VI bewirke eine Legalzession, die einen Schadensersatzanspruch der Verletzten auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung voraussetze. Hinsichtlich der für Frau G. erstatteten Beiträge bestehe jedoch kein "auf anderen gesetzlichen Vorschriften beruhender Anspruch auf Ersatz eines Schadens" im Sinne dieser Vorschrift, weil Frau G. kein Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung zustehe. Die Beklagte habe unwidersprochen vorgetragen, dass die Verletzte vor dem Unfall keine rentenversicherungspflichtige Tätigkeit ausgeübt habe und eine solche ohne den Unfall nicht aufgenommen hätte. In der Verhandlung vor dem Berufungsgericht habe das klagende Land erklärt, zu dieser Behauptung nicht vortragen zu wollen, so dass die Behauptung der Beklagten als zugestanden anzusehen sei (§ 138 Abs. 3 ZPO).

[6] Zu Unrecht habe das Landgericht den Erstattungsanspruch auf der Grundlage des normativen Schadensbegriffs zuerkannt. Bei den von der Bundesrepublik erstatteten Rentenversicherungsbeiträgen handele es sich um Erstattungen an den die Beiträge abführenden Heimträger aufgrund sozialpolitisch motivierter Normen für behinderte Menschen in beschützenden Werkstätten. Das gesellschaftliche Anliegen, durch die Beitragspflicht der in den Werkstätten arbeitenden behinderten Menschen deren Versorgung im Alter sicherzustellen, rechtfertige es nicht, gegen den eindeutigen Wortlaut des § 179 Abs. 1 a Satz 1 SGB VI sozialpolitisch motivierte Zusatzleistungen des Staates dem Schadensersatzrecht zuzuordnen. Ohne den erlittenen Unfall hätten weder Frau G. selbst noch eine andere Stelle für sie Beiträge in die Rentenversicherung gezahlt. Mithin habe Frau G. durch den Unfall keine Rentenversicherungsbeiträge eingebüßt.

[7] Zu Unrecht bejahe das Landgericht die Frage, ob Frau G. ohne den Unfall in ihrem späteren Leben eine Altersversorgung vermutlich erzielt hätte. Dazu genüge nicht die allgemeine Prognose, Frau G. hätte voraussichtlich durch ihre Heirat und die mögliche Geburt von Kindern Altersversorgungsansprüche begründet. Insoweit müsse konkret dargelegt und gegebenenfalls bewiesen werden, dass die Verletzte in dem maßgeblichen Zeitraum ohne den Unfall Rentenanwartschaften begründet hätte. Erst dann sei Raum für eine Schadensschätzung nach Maßgabe von § 252 BGB, § 287 ZPO. Der Schaden sei nicht abstrakt, sondern konkret nach der tatsächlichen Erwerbsminderung und dem Ausfall von Rentenversicherungsbeiträgen oder dem Verlust von bereits aufgebauten Rentenversicherungsanwartschaften darzustellen. Bei Unfällen vor Eintritt in das Berufsleben - wie hier - sei gemäß § 287 ZPO zu schätzen, wie der berufliche Weg der Verletzten nach ihren persönlichen Fähigkeiten und Eigenschaften, der familiären Situation und den Bedingungen des Arbeitsmarktes ohne das Unfallereignis im Hinblick auf die Altersversorgung voraussichtlich verlaufen wäre. Dazu fehle es an der erforderlichen Darstellung im Klagvorbringen.

[8] II. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision stand. Das Berufungsgericht hat einen Anspruch des Bundes gegen die Beklagte auf Ersatz der die Rentenversicherungsbeiträge für Frau G. betreffenden Erstattungsleistungen mit Recht verneint.

[9] 1. Behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen (§§ 39 ff., 136 ff. SGB IX) tätig sind, sind gemäß § 1 Satz 1 Nr. 2 a SGB VI in der Rentenversicherung versicherungspflichtig, wobei gemäß § 162 Nr. 2 SGB VI beitragspflichtige Einnahmen das Arbeitsentgelt, mindestens aber 80 vom Hundert der Bezugsgröße (§ 18 Abs. 1 SGB IV) sind. Die Werkstatt für behinderte Menschen ist eine Einrichtung zur Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben und zur Eingliederung in das Arbeitsleben (§ 136 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Behinderte Menschen im Arbeitsbereich anerkannter Werkstätten stehen, wenn sie nicht Arbeitnehmer sind, zu den Werkstätten in einem arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnis, soweit sich aus dem zugrunde liegenden Sozialverhältnis nichts anderes ergibt (§ 138 Abs. 1 SGB IX). Die Beiträge zur Rentenversicherung werden bei behinderten Menschen von den Trägern der Einrichtung getragen, wenn ein Arbeitsentgelt nicht bezogen wird oder das monatliche Arbeitsentgelt 20 vom Hundert der monatlichen Bezugsgröße nicht übersteigt, sowie für den Betrag zwischen dem monatlichen Arbeitsentgelt und 80 vom Hundert der monatlichen Bezugsgröße, wenn das monatliche Arbeitsentgelt 80 vom Hundert der monatlichen Bezugsgröße nicht übersteigt, im Übrigen von den Versicherten und den Trägern der Einrichtung je zur Hälfte (§ 168 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI). Der Bund erstattet den Trägern der Einrichtung die Beiträge, die auf den Betrag zwischen dem tatsächlich erzielten Arbeitsentgelt und 80 vom Hundert der monatlichen Bezugsgröße entfallen, wenn das tatsächlich erzielte monatliche Arbeitsentgelt 80 vom Hundert der monatlichen Bezugsgröße nicht übersteigt (§ 179 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Hinsichtlich dieser Erstattungsleistungen trifft § 179 Abs. 1 a SGB VI folgende Bestimmung:

Ein auf anderen gesetzlichen Vorschriften beruhender Anspruch auf Ersatz eines Schadens geht auf den Bund über, soweit dieser aufgrund des Schadensereignisses Erstattungsleistungen nach Absatz 1 Satz 1 und 3 erbracht hat. Die nach Landesrecht für die Erstattung von Aufwendungen für die gesetzliche Rentenversicherung der in Werkstätten beschäftigten behinderten Menschen zuständige Stelle macht den nach Satz 1 übergegangenen Anspruch geltend. § 116 Abs. 2 bis 7, 9 und die §§ 117 und 118 des Zehnten Buches gelten entsprechend...

[10] 2. Angesichts dieser Rechtslage besteht ein Ersatzanspruch des Bundes gegen den Schädiger, der die Behinderung durch den von ihm (mit) zu vertretenden Unfall verursacht hat, bzw. seinen Haftpflichtversicherer nur dann, wenn der Geschädigte hinsichtlich der Leistungen aus der Rentenversicherung einen konkreten Schaden erlitten hat, weil er ohne den Unfall Versicherungsschutz in der gesetzlichen Rentenversicherung gehabt hätte und dieser Schutz ihm ohne die Beitragszahlungen der Werkstatt für behinderte Menschen entzogen oder verkürzt worden wäre.

[11] a) Für die Auslegung des § 179 Abs. 1 a SGB VI kann auf die zu § 116 SGB X (und auch zu § 119 SGB X) entwickelte Rechtsprechung des erkennenden Senats zurückgegriffen werden (so auch OLG München, r+s 2006, 348 f.; LG Augsburg, NZV 2006, 214, 215; Jahnke, Der Verdienstausfall im Schadensersatzrecht, 2. Aufl., Kap. 3 Rn. 721 ff.; ders., VersR 2005, 1203, 1208 f.; Küppersbusch, Ersatzansprüche bei Personenschaden, 9. Aufl., Rn. 758; Langenick/Vatter, NZV 2005, 609, 611 ff.; Langenick, NZV 2007, 105, 108 ff.). Insoweit gilt Folgendes:

[12] aa) Die Beiträge zur sozialen Kranken- und Rentenversicherung einschließlich der Arbeitgeberanteile sowie die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung können grundsätzlich Gegenstand eines Regresses nach den §§ 116, 119 SGB X sein. Sie gehören zum Arbeitseinkommen des pflichtversicherten Arbeitnehmers. Der Schädiger hat deshalb während der von ihm zu vertretenden Arbeitsunfähigkeit des Versicherten auch für diese Beiträge als dessen Verdienstausfallschaden i.S. von §§ 842, 843 BGB aufzukommen, wenn und soweit sie in dieser Zeit fortzuentrichten sind. Ferner hat der Schädiger, wenn infolge des Verlustes der versicherungspflichtigen Beschäftigung die Beitragspflicht entfällt, grundsätzlich die Nachteile zu ersetzen, die dem Versicherten durch diese Störung seines Versicherungsverhältnisses entstehen. Als Erwerbs- und Fortkommensschaden sind auch die Nachteile auszugleichen, die dem Verletzten durch eine Unterbrechung in der Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen entstehen. Insoweit haben der Schädiger und sein Haftpflichtversicherer prinzipiell schon bei Entstehung der Beitragslücken dafür zu sorgen, dass eine unfallbedingte Verkürzung späterer Versicherungsleistungen von vornherein ausgeschlossen wird, wobei die Ersatzpflicht nicht voraussetzt, dass eine nachteilige Beeinflussung der (späteren) Rente bereits feststeht, vielmehr schon die Möglichkeit einer Rentenverkürzung ausreicht, um vom Schädiger den Ersatz der Beiträge zur Fortsetzung der sozialen Vorsorge verlangen zu können (vgl. Senatsurteile BGHZ 43, 378, 381 ff.; 46, 332, 333 ff.; 69, 347, 348 ff.; 97, 330, 332; 101, 207, 211 ff.; 116, 260, 263; 129, 366, 368; 139, 167, 173; 143, 344, 348, 355 f., jeweils m.w.N.).

[13] bb) Allerdings wird nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats schon zu § 1542 RVO jeder Anspruchsübergang auf den Sozialversicherungsträger durch den Umfang der Ansprüche begrenzt, die zunächst bei dem Versicherten entstanden sind, und setzt der Forderungsübergang die sachliche und zeitliche Kongruenz zwischen den Leistungen des Sozialversicherungsträgers und den Ansprüchen des Geschädigten voraus (Senatsurteile vom 13. März 1973 - VI ZR 129/71 - VersR 1973, 436; vom 10. April 1979 - VI ZR 268/76 - VersR 1979, 640, 641). Gleiches gilt bei ähnlich strukturierten Anspruchsübergängen, etwa im Bereich des Beamtenrechts (vgl. Senatsurteil BGHZ 153, 223, 230 f., zu § 52 BRRG, § 87 a BBG).

[14] Der gesetzliche Forderungsübergang soll bewirken, dass die Leistungen des Sozialversicherungsträgers, Dienstherrn oder sonstigen Leistungsträgers aus Anlass der Schädigung weder dem Schädiger zugute kommen noch zu einer doppelten Entschädigung des Geschädigten führen (vgl. GSZ BGHZ 9, 179, 190; Senatsurteile BGHZ 54, 377, 382; 59, 154, 156 f.; 153, 223, 230, m.w.N.). Mit dem gesetzlichen Forderungsübergang, dem der Gedanke der Schadensverlagerung zugrunde liegt, soll sichergestellt werden, dass Leistungen sozialer Sicherung und sozialer Fürsorge, die durch Opfer und Leistungen anderer aufgebracht werden, nicht demjenigen zugute kommen, der den Schadensfall verantwortlich herbeigeführt hat (GSZ BGHZ 9, 179, 190 f.; Senatsurteil BGHZ 153, 223, 230). Ein eigener Anspruch des Leistungsträgers auf Erstattung aller seiner durch das Schadensereignis ausgelösten Leistungen besteht dagegen nicht. Zwischen der - unabhängig von einer bestehenden Schadensersatzpflicht Dritter bestehenden - Leistungsverpflichtung des Leistungsträgers gegenüber der versicherten Person einerseits und seinem Regressanspruch gegenüber einem Schädiger andererseits ist deutlich zu unterscheiden. Übertragen ist dem Leistungsträger (nur) der Schadensersatzanspruch des Versicherten; liegen die Voraussetzungen dieses Schadensersatzanspruches nicht vor, kann auch der Leistungsträger keine Ersatzleistung vom Schädiger verlangen, so wenn er zwar auf Grund einer abstrakt berechneten Erwerbsbeschränkung eine Rente zahlen muss, ein konkreter Schaden dem Verletzten bei der Art seiner Erwerbstätigkeit aber nicht entstanden ist (so schon GSZ BGHZ 9, 179, 189; vgl. ferner Senatsurteile BGHZ 89, 14, 20 f.; 116, 260, 263 f.; 151, 210, 213 f.).

[15] Dementsprechend hat der erkennende Senat entschieden, dass eine Berufsgenossenschaft, die als Rehabilitationsträger für den unfallverletzten Rehabilitanden Beiträge zur Rentenversicherung erbringt, hierfür bei dem für den Unfall verantwortlichen Schädiger dann keinen Rückgriff nehmen kann, wenn der Rehabilitand im Unfallzeitpunkt nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert war, sondern ein anderes System der Vorsorge aufgebaut und in der Zeit seiner unfallbedingten Behinderung fortgesetzt hat (Senatsurteil vom 1. April 1980 - VI ZR 36/79 - VersR 1981, 427, 428; vgl. auch Senatsurteil vom 8. November 1983 - VI ZR 214/82 - VersR 1984, 237, 239). Der Senat hat dazu ausgeführt, es fehle an einer sachlichen Grundlage für den Rückgriff des Rehabilitationsträgers, wenn von einer unfallbedingten Beeinträchtigung des Versicherungsschutzes in der gesetzlichen Rentenversicherung keine Rede sein könne, weil der Rehabilitand in dem maßgebenden Zeitraum ohne den Unfall gar nicht Mitglied in der gesetzlichen Rentenversicherung gewesen wäre; denn dann stelle die Beitragszahlung des Rehabilitationsträgers in die gesetzliche Rentenversicherung für die schadensrechtliche Betrachtung eine "zusätzliche" Vorsorgeleistung dar, die nicht zugleich einen vom Ersatzpflichtigen zu verantwortenden Schaden abdecke.

[16] cc) Diese Grundsätze gelten auch, soweit wegen der Erstattungsleistungen eines einzelnen Leistungsträgers regressiert wird. Insoweit hat der erkennende Senat entschieden, dass ein Sozialversicherungsträger, der aus Anlass eines Schadenfalls an einen anderen Sozialversicherungsträger Beiträge zu erstatten hat, den Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer in Anspruch nehmen kann, wenn die Beitragsleistung erforderlich ist, um dem Verletzten die Stellung in der Sozialversicherung zu erhalten, die er im Zeitpunkt des Unfalls innegehabt hat. Insoweit kommt es also darauf an, ob der Leistende mit seiner Zahlung Beiträge des Verletzten ablöst, die zur Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes des Verletzten nötig sind, während der Versicherungsträger den Ersatzpflichtigen nicht auf Ersatz seines eigenen "Schadens" in Gestalt seiner durch den Versicherungsfall ausgelösten, vom Gesetzgeber angeordneten Leistungsverpflichtungen in Anspruch nehmen kann. Kein Ersatzanspruch besteht also dann, wenn die Heranziehung des Leistungsträgers zu den Beiträgen inhaltlich Ausfluss eines die Stellung des Versicherten selbst unbeeinflusst lassenden internen Lastenausgleichs zwischen den sozialen Leistungsträgern ist (vgl. Senatsurteile BGHZ 89, 14, 17 ff.; vom 18. Februar 1986 - VI ZR 55/85 - VersR 1986, 485, 486). Der Schädiger ist demnach nicht verpflichtet, eine Verbesserung der Rechtsposition des Verletzten herbeizuführen, zu der es ohne das schädigende Ereignis nicht gekommen wäre (vgl. Senatsurteil vom 18. Februar 1986 - VI ZR 55/85 - aaO, S. 487).

[17] b) Für die Auslegung des § 179 Abs. 1 a Satz 1 SGB VI kann nichts anderes gelten. Die dort getroffene Regelung entspricht derjenigen in § 116 Abs. 1 SGB X. Da § 116 SGB X einen Forderungsübergang nur für Sozialversicherungsträger und Träger der Sozialhilfe (Abs. 1) sowie für die Bundesagentur für Arbeit (Abs. 10) anordnet und die gemäß § 179 Abs. 1 SGB VI zu erbringenden Erstattungsleistungen des Bundes auch nicht unter den Begriff der Sozialleistungen zu subsumieren sind, war bis zum Inkrafttreten des § 179 Abs. 1 a SGB VI am 1. Januar 2001 ein Regress des Bundes hinsichtlich seiner Erstattungsleistungen nicht möglich. Auf eine diesen Sachverhalt bemängelnde Initiative des Bundesrechnungshofs hin wurde deshalb § 179 Abs. 1 a SGB VI eingeführt. Der Gesetzesbegründung ist zu entnehmen, dass eine § 116 Abs. 1 Satz 2 SGB X für den Regress des Beitragsanteils des Sozialleistungsträgers entsprechende Vorschrift für die Erstattungsleistungen des Bundes geschaffen werden sollte, woraus sich auch die Anordnung der entsprechenden Anwendbarkeit des § 116 Abs. 2 bis 7, 9 und der §§ 117 und 118 SGB X erklärt (vgl. BT-Drs. 14/4375, S. 54, 55, auszugsweise abgedruckt bei Jahnke, VersR 2005, 1203; Langenick, aaO, S. 108 m.w.N.).

[18] In Anbetracht dieser engen Anlehnung des § 179 Abs. 1 a SGB VI an § 116 Abs. 1 SGB X kann nicht zweifelhaft sein, dass die Maßstäbe für den Forderungsübergang, was die Erforderlichkeit eines eigenen Schadens des Verletzten und der sachlichen und zeitlichen Kongruenz betrifft, nach beiden Vorschriften gleich sein müssen. Unerheblich ist, dass der Wortlaut des § 179 Abs. 1 a Satz 1 SGB VI insoweit von dem des § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X abweicht, als in der letztgenannten Vorschrift ausdrücklich bestimmt ist, dass die zu erbringenden Sozialleistungen "der Behebung eines Schadens der gleichen Art dienen und sich auf denselben Zeitraum wie der vom Schädiger zu leistende Schadensersatz beziehen" müssen. Mit dieser zusätzlichen Formulierung hebt § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X das Erfordernis sachlicher und zeitlicher Kongruenz ausdrücklich hervor. Dieses Erfordernis ist indes, wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, den hier in Frage stehenden Legalzessionen immanent, so dass es keiner ausdrücklichen Erwähnung bedarf. Eine solche fehlte insbesondere in § 1542 RVO, fehlt aber auch in anderen ähnliche Legalzessionen betreffenden Vorschriften (§ 119 Abs. 1 Satz 1 SGB X, § 67 Abs. 1 Satz 1 VVG, § 6 Abs. 1 EFZG, § 87 a Satz 1 BBG, § 52 Satz 1 BRRG; vgl. dazu auch Jahnke, Der Verdienstausfall im Schadensersatzrecht, aaO, Rn. 722; Langenick, aaO, S. 110).

[19] c) Angesichts dieser Rechtslage ist die vom Berufungsgericht aufgeworfene Frage, ob durch die Normierung der Beitragserstattungspflicht des Bundes nach Maßgabe des § 179 Abs. 1 a Satz 1 SGB VI sowohl der Schadenseintritt als auch dessen Schätzung zur Höhe kraft Gesetzes für diejenigen Fälle vorgenommen worden sei, in denen die Beschäftigung eines Mitarbeiters einer Werkstatt für behinderte Menschen auf den Folgen eines Unfalls beruht, ersichtlich zu verneinen.

[20] 3. Bei Anwendung der dargestellten Grundsätze ist der vom Kläger geltend gemachte Anspruch nur begründet, wenn die vom Bund erstatteten Rentenversicherungsbeiträge nötig waren, um Frau G. die Stellung in der Rentenversicherung zu erhalten, die sie im Zeitpunkt des Unfalls inne hatte, oder wenn Frau G. während des in Frage stehenden Zeitraums ohne den Unfall aus sonstigen Gründen rentenversicherungspflichtig geworden wäre und deshalb Beiträge hätte abführen müssen. Entgegen der Ansicht der Revision macht auch der Begriff des normativen Schadens eine entsprechende Sachprüfung nicht entbehrlich.

[21] a) Allerdings ist ein Schaden nicht nur dann gegeben, wenn sich bei dem Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die ohne jenes Ereignis eingetreten wäre, ein rechnerisches Minus ergibt; vielmehr ist auch dann, wenn die Differenzhypothese vordergründig nicht zu einem rechnerischen Schaden führt, die Bejahung eines Vermögensschadens auf einer anderen Beurteilungsgrundlage nicht von vornherein ausgeschlossen. Die Differenzhypothese muss stets einer normativen Kontrolle unterzogen werden, weil sie eine wertneutrale Rechenoperation darstellt, wobei einerseits das konkrete haftungsbegründende Ereignis als Haftungsgrundlage zu berücksichtigen, andererseits die darauf beruhende Vermögensminderung unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände sowie der Verkehrsauffassung in die Betrachtung einzubeziehen sind (GSZ, BGHZ 98, 212, 217 ff., 223; Senatsurteil BGHZ 161, 361, 366 f., m.w.N.). Erforderlich ist also eine wertende Überprüfung des anhand der Differenzhypothese gewonnenen Ergebnisses gemessen am Schutzzweck der Haftung und an der Ausgleichsfunktion des Schadensersatzes (Senatsurteil BGHZ 161, 361, 367). So entspricht es ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats, dass aufgrund gesetzlicher Anordnung erbrachte Leistungen Dritter, die den Geschädigten im Ergebnis schadensfrei stellen, seinen Ersatzanspruch nicht entfallen lassen, wenn es als ungerechtfertigt erscheint, die Drittleistungen dem Schädiger zugute kommen zu lassen (vgl. schon Senatsurteil BGHZ 21, 112, 116 f. unter Bezugnahme auf BGHZ 7, 30, insb. S. 47 ff., beide zur Lohnfortzahlung).

[22] b) Die Revision macht insoweit geltend, es sei nicht gerechtfertigt, den Schädiger deshalb aus seiner Verantwortung zu entlassen, weil seitens der Allgemeinheit Vorsorge für behinderte Menschen getroffen worden sei. Dies ist nach den oben dargelegten Grundsätzen im Prinzip richtig. Danach ist ein auf den Bund übergehender Schadensersatzanspruch des Geschädigten ungeachtet der Leistungen des Bundes zu bejahen, wenn das schädigende Ereignis beim Geschädigten zu einem Ausfall oder einer Verkürzung von Rentenversicherungsbeiträgen führt. Das trifft aber nicht die vorliegende Problemstellung. Entscheidend ist im vorliegenden Fall, ob der geschädigten Frau G. durch den Unfall hinsichtlich ihrer rentenversicherungsrechtlichen Stellung überhaupt Nachteile entstanden sind. Ist dies nicht der Fall, weil Frau G. vor dem Unfall nicht rentenversicherungspflichtig war und aus prozessualen Gründen davon auszugehen ist, dass sie dies ohne den Unfall auch nicht geworden wäre (vgl. dazu unten 4), so hat auch kein Schadensersatzanspruch auf den Bund übergehen können. Die Tatsache, dass das Gesetz dem Bund nur einen vom Geschädigten abgeleiteten Schadensersatzanspruch, nicht aber einen Aufwendungsersatzanspruch für sämtliche kausal auf das Schadensereignis zurückzuführenden Leistungen gibt, kann nicht abgelöst von den Grundsätzen des Schadensersatzrechts "normativ" überbrückt werden. Die Differenzhypothese führt in derartigen Fällen nicht deshalb zur Verneinung eines Schadens, weil eine unfallbedingte Verschlechterung der rentenversicherungsrechtlichen Position des Geschädigten durch Dritte ausgeglichen wird, sondern deshalb, weil der Geschädigte ohne den Unfall überhaupt nicht rentenversicherungspflichtig geworden wäre, d.h. weder Beiträge erbracht noch Ansprüche erworben hätte, sich seine Position durch den Unfall also nicht verschlechtert, sondern im Gegenteil verbessert hat (vgl. auch Senatsurteile vom 21. Oktober 1969 - VI ZR 67/68 - VersR 1970, 40, 41; vom 24. Februar 1981 - VI ZR 154/79 - VersR 1981, 477, 478).

[23] 4. Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden sind die Ausführungen des Berufungsgerichts dazu, dass ein Schaden der Frau G. hinsichtlich ihrer rentenversicherungsrechtlichen Position zu verneinen sei, weil sie vor dem Unfall keine rentenversicherungspflichtige Tätigkeit ausgeübt habe und diese ohne den Unfall nicht aufgenommen hätte.

[24] Die Revision meint, diese Feststellung sei verfahrensfehlerhaft getroffen. Die Beklagte habe diese Behauptung - ohne jede tatsächliche Grundlage im Sachverhalt - ins Blaue hinein aufgestellt. Nichts spreche für die Unterstellung, dass die Geschädigte, die im Zeitpunkt des Unfalls 19 Jahre alt war, im Laufe ihres Lebens niemals eine Berufstätigkeit aufgenommen hätte, wie sie es im Übrigen tatsächlich nach dem Unfall entsprechend der ihr noch verbliebenen Möglichkeiten getan habe. Soweit das klagende Land auf diese Behauptung nicht seinerseits bloße Mutmaßungen habe aufstellen wollen, sei hieraus nicht zu schlussfolgern, dass die Behauptung der Beklagten zugestanden werden solle. Das Berufungsgericht habe unter Berücksichtigung der sich aus §§ 252 BGB, 287 ZPO ergebenden Darlegungs- und Beweiserleichterungen eine Erwerbsprognose anstellen müssen. Dem kann nicht gefolgt werden.

[25] a) Nach § 138 Abs. 3 ZPO sind Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht. Nach den Ausführungen des Berufungsgerichts in dem angefochtenen Urteil hat die Beklagte unwidersprochen vorgetragen, dass die Verletzte vor dem Unfall keine rentenversicherungspflichtige Tätigkeit ausgeübt habe und diese ohne den Unfall nicht aufgenommen hätte, und hat das klagende Land im Verhandlungstermin vor dem Berufungsgericht erklärt, zu dieser Behauptung nicht vortragen zu wollen. Bei dieser Sachlage ist die Annahme des Berufungsgerichts, die Behauptung der Beklagten sei zugestanden, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die Revision zeigt nicht auf, dass im Laufe des Rechtsstreits ein Vortrag erfolgt sei, dem das Berufungsgericht ungeachtet der im Verhandlungstermin abgegebenen Erklärung entnehmen musste, der Vortrag der Beklagten zur Rentenversicherungspflicht der Geschädigten solle bestritten werden.

[26] b) Schon in Anbetracht des als unstreitig anzusehenden Vortrags der Beklagten war das Berufungsgericht nicht gehalten, eine Erwerbsprognose für Frau G. anzustellen. Im Übrigen zeigt die Revision auch nicht auf, welchem Sachvortrag das Berufungsgericht ausreichende Anknüpfungstatsachen für eine Erwerbsprognose hätte entnehmen können. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats, dass für die Schadensschätzung nach § 252 BGB, § 287 ZPO greifbare Tatsachen vorgetragen werden müssen, weil sich nur anhand eines bestimmten Sachverhalts sagen lässt, wie sich die Dinge ohne das Schadensereignis weiterentwickelt hätten, wobei der Kläger die Tatsachen, die seine Gewinnerwartung wahrscheinlich machen, im Einzelnen darlegen und beweisen muss; eine völlig abstrakte Berechnung eines Erwerbsschadens, auch in Form der Schätzung eines "Mindestschadens", ist nicht zulässig (vgl. Senatsurteile BGHZ 54, 45, 53 ff.; 166, 336, 346; vom 16. März 2004 - VI ZR 138/03 - VersR 2004, 874, 875 m.w.N.). Zwar hat der erkennende Senat stets betont, dass an den Vortrag zur Erwerbsprognose bei jüngeren Geschädigten, die noch keine Berufstätigkeit ausgeübt haben oder deren berufliche Entwicklung bisher unstet verlaufen ist, keine überzogenen Anforderungen gestellt werden dürfen, das Gericht vielmehr je nach Sachlage auch ohne näheren Vortrag der Klägerseite auf die Lebenserfahrung abstellen darf und muss, wonach bei einem jüngeren Menschen ohne konkrete Anhaltspunkte nicht angenommen werden kann, dass er auf Dauer die Möglichkeiten, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, nicht nutzen werde (vgl. Senatsurteile vom 17. Januar 1995 - VI ZR 62/94 - VersR 1995, 422, 423 f.; vom 14. Januar 1997 - VI ZR 366/95 - VersR 1997, 366, 367; vom 20. April 1999 - VI ZR 65/98 - VersR 2000, 233 f.; vom 6. Juni 2000 - VI ZR 172/99 - VersR 2000, 1521 f.). Erforderlich ist indes auch insoweit der Vortrag ausreichender Anknüpfungspunkte für eine Prognose. Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Die Revision zeigt nicht auf, dass der Kläger in den Tatsacheninstanzen zur schulischen und möglichen beruflichen Entwicklung von Frau G. Tatsachen vorgetragen habe, die eine Erwerbsprognose auch nur im Ansatz ermöglichen könnte. Es spricht viel dafür, dass - was die Beklagte in der Revisionsverhandlung vorgetragen hat - seitens des Klägers auf einen solchen Vortrag verzichtet wurde, um allein die abstrakte Rechtsfrage nach dem Umfang der Ansprüche des Bundes in Fällen der vorliegenden Art klären zu lassen.

[27] III. Die Revision ist danach mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Müller Wellner Diederichsen

Pauge Zoll

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