VI ZR 77/05

21.03.2006

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

Verkündet am:

21. März 2006

Holmes,Justizangestellteals Urkundsbeamtinder Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit


Nachschlagewerk: ja


BGHZ: nein

BGHR: ja


ZPO § 256


Zum Feststellungsinteresse nach übereinstimmender Erledigungserklärung.


BGH, Urteil vom 21. März 2006 - VI ZR 77/05 - AG Leipzig, LG Leipzig


Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 21. März 2006 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, die Richter Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr

für Recht erkannt:

Die Revision des Klägers gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig vom 23. März 2005 wird - soweit der Rechtsstreit nicht in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt ist - zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits im ersten und zweiten Rechtszug trägt die Beklagte.

Von den Kosten des Revisionsverfahrens tragen der Kläger 44 % und die Beklagte 56 %.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

[1] Der Kläger begehrte von der Beklagten als Haftpflichtversicherer des Schädigers Erstattung der Kosten für ein Sachverständigengutachten, das er nach einem Verkehrsunfall eingeholt hat. Die uneingeschränkte Haftung der Beklagten für die entstandenen Schäden war unstreitig.

[2] Der Kläger beauftragte das Sachverständigenbüro S. & A. in L. mit der Begutachtung seines beschädigten Fahrzeugs. Grundlage der Honorarvereinbarung war eine Gebührentabelle des Sachverständigenbüros, die das Honorar in Abhängigkeit von der Brutto-Schadenshöhe zzgl. Wertminderung beziehungsweise im Falle eines Totalschadens in Abhängigkeit vom Brutto-Wiederbeschaffungswert festlegte. Dem Kläger wurden insgesamt 652 ? netto in Rechnung gestellt. Der Kläger hat die Honorarforderung insgesamt ausgeglichen. Die Beklagte verweigerte die Erstattung. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat das Urteil teilweise abgeändert und die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen zur Zahlung von 335 ? verurteilt. Hiergegen richtete sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers, mit der er die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils begehrte. Die Beklagte hat im Revisionsrechtszug die gesamte Klageforderung einschließlich Zinsen an die Prozessbevollmächtigten des Klägers im II. Rechtszug bezahlt und erklärt, dass sie die angefallenen Gerichtskosten und die festsetzbaren Anwaltskosten des Klägers übernehme.

[3] Der Kläger hat darauf im Termin zur mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache erklärt und die Feststellung beantragt, dass die Klage bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses zulässig und begründet gewesen sei. Die Beklagte hat ebenfalls den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, aber Verwerfung der Feststellungsklage beantragt.

Entscheidungsgründe:

[4] Mit der übereinstimmenden Erledigungserklärung der Parteien hat die Rechtshängigkeit der Leistungsklage des Klägers geendet (vgl. BGH, BGHZ 106, 359, 366).

[5] Eine Entscheidung über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes (§ 91 a Abs. 1 Satz 1 ZPO) ist nicht erforderlich. Der Beklagten sind ohne weitere Sachprüfung die Kosten aufzuerlegen, die auf den erledigten Teil entfallen und die sie anerkannt hat (§ 91 a Abs. 1 Satz 1 ZPO, § 307 ZPO entsprechend; vgl. BGH, Beschluss vom 3. Juni 1985 - II ZR 248/84 - JZ 1985, 853, 854; BAG, Beschluss vom 4. September 1987 - 8 AZR 487/80 - NJW 1988, 990; vom 11. September 2003 - 6 AZR 457/02 - NJW 2004, 533; Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 91 a Rdnr. 22; Musielak/Wolst, ZPO, 4. Aufl., § 91 a Rdnr. 20; Saenger/Gierl, ZPO, § 91 a Rdnr. 46; MünchKomm-ZPO/Lindacher, 2. Aufl., § 91 a Rdnr. 58; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl., § 91 a Rdnr. 36 zu FN 125). Sie hat durch ihren Prozessbevollmächtigten erklärt, die Beklagte übernehme die angefallenen Gerichtskosten und die festsetzbaren Anwaltskosten des Klägers. Der bisherige Sach- und Streitstand ist daher für die Kostenentscheidung nicht mehr maßgebend.

[6] Der Kläger hat seine Erledigungserklärung mit dem Antrag verbunden festzustellen, dass das Zahlungsverlangen bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses zulässig und begründet war. Diese Feststellungsklage ist unzulässig.

[7] Es kann im vorliegenden Fall dahinstehen, ob einer solchen Feststellungsklage verfahrensrechtliche Bedenken entgegenstehen (vgl. einerseits BGH, BGHZ 106, 359, 367; andererseits BGH, Urteil vom 19. März 1998 - I ZR 264/95 - WM 1998, 1699, 1701; Stein/Jonas/Bork, aaO, Rdnr. 27; Westermeier, Die Erledigung der Hauptsache im Deutschen Verfahrensrecht, 2005, S. 332).

[8] Jedenfalls setzt ein solcher in Anwendung des § 264 Ziff. 2 ZPO allein auf Feststellung gerichteter Antrag ein rechtliches Interesse auf Seiten des Klägers voraus (§ 256 ZPO). Ein solches ist hier nicht ersichtlich. Auch wenn es sich aus einer günstigeren Kostenfolge ergeben können sollte (vgl. BGH, Urteil vom 19. März 1998 - I ZR 264/95 - aaO), besteht es infolge der Kostenübernahmeerklärung durch die Beklagte im vorliegenden Fall nicht mehr. Der Umstand, dass die Frage, inwieweit das Honorar eines Kfz-Sachverständigen dem Unfallgeschädigten vom Schädiger zu erstatten ist (§ 249 Abs. 2 Satz 1 BGB), in zahlreichen gleichgelagerten Rechtsstreitigkeiten zwischen anderen Parteien von Interesse sein mag, begründet kein rechtliches Interesse des Klägers an einer alsbaldigen Feststellung. Es ist nicht dargetan und nicht ersichtlich, dass für den unfallgeschädigten Kläger des hier zu entscheidenden Rechtsstreits ein weiteres Mal eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit dadurch droht, dass der Beklagte eine Erstattungspflicht bestreitet und diese Gefahr nur durch die beantragte Feststellung beseitigt werden könnte.

[9] Soweit nach allem die Feststellungsklage als unzulässig abzuweisen ist, ist der Kläger mit den Kosten belastet wie bei einer nur teilweisen Erledigungserklärung (vgl. Stein/Jonas/Bork aaO Rdnr. 27 und 37). Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 a, 92, 97 ZPO.

Müller Greiner Wellner

Pauge Stöhr

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